Profilbild von PatchisBooks

PatchisBooks

Lesejury Profi
offline

PatchisBooks ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit PatchisBooks über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.11.2020

Ein furchtbarer Protagonist macht den Lesespaß zunichte.

Vicious Love
0

L. J. Shen’s Schreibstil liest bzw. hört sich wunderbar leicht und flüssig. Obwohl ihre Art des Erzählens recht derb und wenig zimperlich ausfällt, gab es keinerlei Stolpersteine oder gar Verständnisprobleme. ...

L. J. Shen’s Schreibstil liest bzw. hört sich wunderbar leicht und flüssig. Obwohl ihre Art des Erzählens recht derb und wenig zimperlich ausfällt, gab es keinerlei Stolpersteine oder gar Verständnisprobleme. Ich kam sehr schnell voran und konnte mir die einzelnen Szenen bildhaft vor Augen führen. Allgemein schien dieser etwas gröbere Stil einfach auch perfekt zur Handlung und vor allem zu den Charakteren zu passen. Die Autorin versteht sich darauf, Emotionen zu übertragen, lebendige Dialoge zu gestalten und den Leser mit der vorherrschenden Atmosphäre in ihren Bann zu ziehen.
Auch die Gliederung, in Form der zwei unterschiedlichen Perspektiven sprach für diesen Roman. Wir können uns so ein deutlich klareres Bild der Figuren machen und verstehen so manch Handlung durch geschickt platzierte Gedankengänge umso besser.
Die beiden Sprecher, Karen Kasche und Christian Scheibhorn, sind ebenfalls sehr glücklich gewählt und passen gut zu den zwei Hauptfiguren. Ich muss zugeben, dass ich oft eher der Fan von weiblichen Sprechern bin, doch hier hielten sich die beiden die Waage – sowohl ihre, wie auch seine Stimmfarbe überzeugten mich und hauchten Emilia und Vicious zusätzliches Leben ein. Besser hätte man es meiner Meinung nach nicht machen können.

Die Charaktere an sich hingegen hatten es etwas schwerer. Vicious ist ein Arschloch durch und durch und derart arrogant und überheblich, dass es einem als Leser schon beinah weh tut. Seine ganze Art und Weise, sein Verhalten, sein Auftreten und seine Aussagen stießen bei mir auf nichts als Unverständnis. Obwohl sich im Laufe des Buches definitiv eine Besserung einstellte, möchte ich kaum behaupten, dieser Mann hätte eine Entwicklung durchgemacht. Allein schon im Vergleich von „damals“ und „nach dem Zeitsprung“ gab es keinen spürbaren Reifeprozess, was ich unheimlich schade fand, denn genau da lag Vicious‘ Potential. Er hätte, aufgrund seines attraktiven Äußeres ein wirklich interessanter, vielschichtiger und geheimnisvoller Charakter sein können mit einiges an Tiefe – so war er einfach nur ein reicher Vollpfosten mit einer recht dramatischen Vergangenheit, die jedoch nicht alles auffängt, was er verbockt.
Emilia hatte ebenfalls einiges an Potential im Gepäck und im Großen und Ganzen gefiel sie mir soweit auch sehr gut – sie konnte durch Sympathie, Liebenswürdigkeit und Authensität glänzen und ihre bedingungslose Liebe und Aufopferung ihrer Schwester gegenüber spielte ihr ebenfalls ein paar Pluspunkte ein – doch es fällt schwer, sie allgemein nachzuvollziehen bzw. sich mit ihr zu identifizieren. Sie ließ sich in meinen Augen viel zu schlecht behandeln und sich zu viel gefallen. Ihre Gefühle bildeten oft nur unzählige Fragen in meinem Kopf und obwohl sich in Hinsicht auf Vicious etwas Besserung bemerkbar machte, war es doch schwer, mit Emilia mitzufühlen. Trotzdem – und das möchte ich nochmal betonen: sie war keine schlechte Protagonistin, sondern schlicht in Bezug auf ihre Gefühlswelt etwas weniger nachvollziehbar, als man es ich generell wünschen würde.
Randfiguren gab es verhältnismäßig wenig. Da waren vor dem Zeitsprung deutlich mehr beteiligte Persönlichkeiten, als danach. Und sie alle alle ausreichend detailliert und ausschweigend dargestellt. Da sie ohnehin keine allzu tragende Rolle spielten, war besonders viel Tiefgang gar nicht nötig und deshalb wurde er von mir auch nicht vermisst.

Die Idee mit dem Auftakt der Sinners of Saint Reihe ist eindeutig keine Neuerfindung des Rads. Das Grundgerüst ist bekannt und meist sind es solche Geschichten dann, die von den Emotionen leben sollten. Da die aber nur schwerlich nachzuempfinden waren, ging die Handlung irgendwie mit ihnen unter. Trotzdem gab es über all die 11 Stunden zu keinem Moment so etwas wie Langeweile. L.J. Shen hat irgendwas eingebaut, was fesselt – und es lässt sich schlicht nicht benennen. Das Buch war interessant, plotreich und rasant erzählt, die Spannung deutlich spürbar und alles in allem gut durchdacht. Klar, typisch für das Genre stoßen wir hier auf sehr viel Drama, sehr viel Tragödien und so manche Übertreibung – aber das alles war wunderbar verpackt und unterhaltsam zu lesen.
Es fällt enorm schwer, ein richtiges Urteil über die Handlung zu bilden, wenn man so hin und her gerissen ist. Eigentlich war es nichts besonderes; aber das Bekannte wurde so niedergeschrieben, dass es einen doch auf gewisse Weise mitreißen konnte. Ich bin mir 100% sicher, wenn die Emotionen und vor allem die Verbindung zum Hauptcharakter gestimmt hätte, hätte das Buch ein Highlight werden können – so war es einfach nur nette Unterhaltung, die von Passage zu Passage mal mehr und mal weniger nervig war.
Auch das Ende konnte dann nichts mehr herausreißen, weil es doch sehr klischeehaft, vorhersehbar und abgedroschen wirkte. Schön verpackt, aber eben nichts, was einen großartig überraschen oder begeistern könnte. Da hätte ich mir vielleicht noch ein wenig mehr Einfallsreichtum gewünscht und mehr Wow-Effekt, um am Ende nochmal was „rausreißen“ zu können.

FAZIT:
„Vicious Love“ von L.J. Shen ist ein stetiges Auf und Ab der Gefühle – aber nicht der Geschichte gegenüber, sondern dem Buch ganz allgemein. Einerseits ist der Schreibstil wirklich gut gewählt, einfach und flüssig zu lesen und passend für diesen Roman. Andererseits ist der Protagonist ein solches Ekelpaket, dass man schon nach dem ersten Kennenlernen am liebsten einfach abbrechen würde. Einerseits sind die Sprecher ein Segen für das Hörbuch, weil sie einen wirklich tollen Job machen; andererseits ist die Grundidee des Buches einfach schon zu „bekannt“ um noch richtig überraschen zu können. Aber gleichzeitig fesselt sie auch auf ihre Art und Weise. Eine echt schwere Entscheidung – aber wenigstens ist mir schon jetzt klar, dass ich Band 2 eine Chance geben möchte. Ich vergebe, aufgrund meinen Schwankungen ganz einfach die goldene Mitte. Es war nett, aber zum Teil auch echt anstrengend und nervig.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.11.2020

Spannend, thematisch super interessant und ein wahrer Pageturner

Die Patientin
0

Schon der Einstieg ist wieder sehr interessant und ereignisreich. Wir treffen schon während den ersten Seiten auf den blinden Nathaniel, und lernen zeitgleich auch Silas, den Sohn des Opfers aus dem ersten ...

Schon der Einstieg ist wieder sehr interessant und ereignisreich. Wir treffen schon während den ersten Seiten auf den blinden Nathaniel, und lernen zeitgleich auch Silas, den Sohn des Opfers aus dem ersten Band kennen. Doch die Spannung lässt, ganz wie wir es von der Autorin bereits kennen, nicht lange auf sich warten. Sie nimmt gleich mehrere Fäden in die Hand und lässt so mehrere Erzähl-Stränge entstehen, die sich alle mit unterschiedlichen Begebenheiten befassen. Während Milla Nova erste Interviews mit scheinbar völlig verrückten „Spezialisten“ führt, geht bei der Polizei, besser gesagt bei Sandro Bandini ein Anruf bezüglich eines Leichenfunds ein. Beide gehen also sehr lange erst einmal ihren eigenen Weg, machen sich Gedanken, ermitteln, recherchieren und versuchen an immer mehr und mehr Informationen zu kommen um ans Ziel zu gelangen. Es ist kein Geheimnis, dass Journalisten und Polizisten nicht unbedingt häufig oder gern zusammenarbeiten und so entsteht eben eine gehörige Spannung innerhalb der Handlung. Fragen, die sich entweder Milla oder Sandro stellt, könnte der jeweils andere längst beantworten, doch da die beiden grundsätzlich nur im Notfall miteinander über ihre aktuellen Fälle sprechen; weiß man als Leser oft bereits mehr, als die Protagonisten selbst. Das Tempo innerhalb der Geschichte ist durchweg sehr zügig, teilweise richtig rasant und man bekommt zu keiner Sekunde den Eindruck, die Handlung würde auf der Stelle tappen. Im Gegenteil – ein Plot jagt den nächsten; man kann sich wunderbar Gedanken machen und selbst ermitteln und wird dank unzähliger Hinweise selbst immer wieder aufs Glatteis geführt. Jedes Mal, wenn man meint, etwas verstanden zu haben, verschieben sich die Puzzleteile wieder und schleudern einen an den Anfang zurück. Christine Brand beherrscht es meisterhaft, vielschichtige Ebenen zu schaffen und den Leser bei Laune zu halten. Die Ermittlungen der Polizei sind ebenso spannend wie die Wege, die eine Journalistin geht auf der Suche nach Antworten und beides ergänzt sich in diesem Krimi nahezu perfekt.
Erst sehr spät zeigen sich erste Berührungspunkte und die Stränge laufen so langsam aber sicher zusammen. Das Ende rückt spürbar näher und damit auch das große, actiongeladene Finale. Die Ereignisse überschlagen sich noch einmal und alles, wirklich alles, was man zuvor für bare Münze gehalten hat, wird nochmal komplett umgekrempelt und eine Überraschung jagt die nächste. Mag sein, dass die ein oder andere Auflösung dabei vielleicht nicht ganz so unerwartet kam; doch die Darstellung eben jener überzeugt dann doch. Die Autorin hat wirklich alles aus der Geschichte herausgeholt. Außerdem hat sie sich ganz offensichtlich eingehend mit den verschiedenen Thematiken auseinander gesetzt, um solch fachliche Erklärungen liefern zu können, ohne dass man sich als Laie erschlagen gefühlt hätte. Für mich war die Handlung nochmal eine Spur stärker, als in Band 1 und das Tempo so wie die Spannung nochmal eine Portion ausgeprägter! Enorm gut gemacht und sehr überzeugend insziniert.

Milla als Hauptfigur glänzt wieder durch ihre eigensinnigen, chaotischen und nicht immer ganz legalen Ermittlungsmethoden und bringt einen damit zum Teil zum Staunen, zum Teil zum Kopf schütteln und zum Teil zum Lachen. Die junge Frau ist einfach durch und durch sympathisch, engagiert und stets neugierig. Jedes Thema, dass sie anpackt, wird aufs gründlichste recherchiert, durchleuchtet und vollen allen Seiten betrachtet, ehe es ausgestrahlt wird. Sie ist Herzblut-Journalistin, aber gleichzeitig eben auch nur ein Mensch, dessen Gefühle manchmal mit ihm durchgehen. So spielt hier nämlich auch Milla’s Privatleben eine deutlich tragendere Rolle, als man im Vorfeld vielleicht vermutet. Trotzdem webt Christine Brand eben jene privaten Angelegenheiten 100% stimmig ins Geschehen ein, sodass weder das eine, noch das andere zu kurz kommt. So ist Milla also die perfekte Mischung aus wissbegieriger Reporterin, liebender Lebensgefährtin und guter Freundin. – was will man mehr? Außerdem bringt sie sich durch ihre chaotische Ader immer wieder in äußerst fragwürdige und skurrile Situationen, was der Handlung ebenfalls in die Karten spielt und das Tempo kontinierlich auf sehr hohem Niveau hält.
Sandro Bandini weiß ebenfalls zu gefallen! In meiner Vorstellung war er, wie schon in Band 1, sehr attraktiv und charmismatisch, sehr ausgeglichen und ein durch und durch überzeugender Polizist. Deutliche Erfahrung in seinem Beruf und die nachvollziehbaren und logischen Gedankengänge seinerseits treiben das Geschehen voran und es kommt – zum Glück – nie zum Stillstand. Sandro macht einen absolut tollen Job, nicht nur bei der Polizei, sondern auch als Protagonist in diesem Roman. Er ist autoritär, gewissenhaft und auf ganzer Linie sympathisch. Er und Milla sind ein so unterschiedliches, aber doch harmonisches Paar und es macht nicht nur Spaß, sie bei ihren jeweiligen Arbeiten zu begleiten, sondern auch einen Blick in ihr privates Leben zu werfen. Denn auch da wird’s garantiert nie langweilig.
Nathaniel hingegen blieb ein wenig auf der Strecke. Er spielt zwar wieder eine wichtige Rolle und ist unabdingbar für die Handlung, doch seine Auftritte sind eher rar gesät. Ich hätte mir durchaus gewünscht, dass er präsenter und im allgemeinen „näher“ beim Leser ist. Trotzdem gefiel er, jedes Mal wenn er auftauchte wieder sehr gut und war außergewöhnlich realistisch und detaillreich dargestellt. Christine Brand hat diesem blinden Mann eine Lebendigkeit eingehaucht, die begeistert und auch wenn er zu selten auf der Bildfläche auftauchte und zu schnell wieder davon verschwand, gab es doch einige tolle Momente mit ihm – und er ist außerdem immer wieder für eine Überraschung gut – immerhin ist sein Mut schon in Band 1 als allererstes herausgestochen – und hier verhielt sich das nicht anders.

Der Schreibstil der Schweizer Autorin war schon in Band 1 absolut gelungen und nah an der Perfektion. Und diesen Eindruck gewinnt man auch hier wieder auf ganzer Linie. Christine Brand schreibt einerseits sehr rasant, temporeich und actiongeladen, bringt aber auch Gefühle ins Spiel, die sehr authentisch und intensiv übertragen wurden. So spürt man während des Lesens zeitgleich den Nervenkitzel wie auch die Verzweiflung, die so manche Figur hier befällt. Doch auch positive Emotionen fallen hier deutlich ins Gewicht und lockern den Krimi immer wieder für (ganz) kurze Zeit auf. Mittels geschickt platzierten Beschreibungen und Informationen wird darüber hinaus auch noch ein glasklares Bild der Szenerien erzeugt. Zuvor hatte ich bereits über die sehr ausschweifende Recherche geschrieben, die hinter dem Buch stecken muss, da viel Fachliches in die Geschichte einfließt – doch auch hier beweist Frau Brand ihr Talent und bringt selbst die kompliziertesten Aspekte absolut verständlich und interessant rüber.
Die einzelnen Erzähl-Stränge, die jeweils mit unterschiedlichen Protagonisten versehen sind, sind sehr geschickt ausgearbeitet und in sich 100% stimmig. Allein wie sie die Stränge aufgebaut hat, ist bemerkenswert und einen deutlichen Pluspunkt wert – immerhin ist es zum Teil so undurchsichtig, dass man eigentlich den Faden verlieren müsste; dies aber aufgrund des Könnens der Autorin nicht tut. Für mich sowohl der perfekte Erzähl-Stil für einen Krimi, als auch die perfekte Gliederung für die Handlung. So macht ein Kriminalroman Spaß!

FAZIT:
„Die Patientin“ von Christine Brand ist wieder ein hochgradig spannender, mitreißender und undurchsichtiger Kriminalroman voller Action, interessanten Aspekten und unvorhersehbaren Wendungen. Trotzdem muss ich jetzt rückblickend sagen, dass mir fürs absolute Highlight noch eine Brise „Wow-Effekt“ gefehlt hat. Zwar war alles in allem absolut stimmig und mit etlichen Überraschungen versehen, doch ich glaube, wenn da noch weitere Bände kommen sollten, liefert die Autorin noch mehr und setzt Band für Band noch einen obendrauf. So verbleibe ich auch hier wieder knapp unterhalb der 5 Sterne, spreche aber eine 100%ige Lese-Empfehlung für alle Krimi-Fans aus! Großartige Unterhaltung, die einfach Spaß macht – und zum Teil sogar ein bisschen gruselt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.09.2020

Sehr starker Einstieg, danach etwas ruhiger

Falling Fast
0

Der Einstieg in die Geschichte rund um Hailee und Chase bereitet einfach Spaß! Es ist ein regelrechtes (Lese-)Erlebnis, die beiden Protagonisten, das kleine Örtchen Fairwood und die Begebenheiten kennen ...

Der Einstieg in die Geschichte rund um Hailee und Chase bereitet einfach Spaß! Es ist ein regelrechtes (Lese-)Erlebnis, die beiden Protagonisten, das kleine Örtchen Fairwood und die Begebenheiten kennen zu lernen und obwohl man meinen könnte, es wäre recht eintönig, sich erst einmal zurecht zu finden, wird durch „Falling Fast“ bzw. durch die ersten Seiten des Buches eines Besseren belehrt. Sofort – wirklich von ersten Buchstaben an – umgibt einen eine sehr einnehmende, mitreißende und packende Atmosphäre, in der man sich bedingungslos wohl und zuhause fühlt. Dabei steht das Kennenlernen nicht unbedingt an erster Stelle – stattdessen setzt die Autorin viel mehr auf einen emotional geladenen Sprung in die Geschichte und webt wichtige Infos über Hailee, Chase & Co. einfach nebenbei ein. Sie lässt bereits einige Fragen aufkommen, die nicht nur neugierig machten, sondern auch zum Miträtseln animieren konnten. So kommt ein gewisses Tempo zu Stande – und es wird, während den ersten Kapitel schlicht keine einzige Sekunde langweilig. Ganz anders sieht es da mit dem weiteren Verlauf aus; denn nachdem sich Hailee und Chase dann begegnet sind, schien das ganze etwas abzuflachen. Einige Klischees traten ans Licht und es passierte nicht mehr allzu viel, was fesseln konnte. Die offenen Fragen blieben offen; es gab weder Auflösung noch andere Anhaltspunkte, ob man mit seinen Spekulationen richtig lag oder völlig ins Blaue geschossen hatte. Nach diesem ergreifenden Start hätte nicht unbedingt eine so lange Durststrecke auftreten sollen. Die ersten 100 Seiten waren sehr stark und haben es mehrfach geschafft, zu Tränen zu rühren, die darauffolgenden 200 Seiten hingegen, erschienen im Vergleich dazu etwas blass und wenig spannend. Die heimelige Stimmung, die schönen Passagen und die authentischen Dialoge blieben, doch so recht voran ging es dabei nicht – weder kam man als Leser weiter, noch rückte das Ziel für die Protagonisten näher. Es fehlte schlicht was; denn selbst die wunderschönsten Momente, die mir ein breites, zufriedenes Lächeln ins Gesicht zauberten und so manch andere Emotion von Hailee oder Chase am eigenen Leib spüren ließen, täuschten nicht darüber hinweg, dass zu wenig geschah.
So ließ das Ende einfach gefühlt endlos auf sich warten. Immer wenn man meinte, jetzt könne sich das große Geheimnis endlich enttarnen, und die Fragen endlich beantwortet werden, verlor man sich wieder in einer recht unnötigen, wenig aussagekräftigen Szene. Erst kurz vor Ende – und zwar echt KURZ vor dem Ende – lichtete sich dann der Nebel und einiges wurde klarer und verständlicher. Leider gab es aber doch 2-3 Punkte, die in meinen Augen etwas vernachlässigt wurden und deshalb eine gewisse Unglaubwürdigkeit erzeugten. Auch dieses irrsinnig offene Ende stellte mich als Leser nicht 100% zufrieden. Es ist klar, dass Bianca Iosivoni damit dazu animieren will, Band 2 zu kaufen und zu lesen; aber eine gewisse Auflösung hätte auch hier stattfinden müssen. So bleibt man einfach fragend zurück und weiß im Grunde, wenn man es so nennen will, ratlos zurück.
Ein weiterer Punkt, den ich hier kurz ansprechen möchte ist die Triggerwarnung nach der Geschichte, auf die vorn im Buch hingewiesen wird, die aber spoilert. Wahrscheinlich ist sie allgemein gesehen schon zurecht in diesem Roman platziert – aber sie impliziert auch, dass da noch ein großer Knall kommen wird – ein Knall, auf den man vergeblich wartet. Es wird gewarnt vor Trigger, die meiner Meinung nach nicht aufgetreten sind. Zumindest nicht gänzlich. Man fragt sich von Anfang an, was so furchtbares passieren wird, dass so etwas wie eine Warnung nötig ist – aber für mich war sie überflüssig (und ich bin jemand, der selbst große Probleme in dem Bereich hat!)

Der Schreibstil von Bianca ist hingegen wieder komplett kritikfrei – diese Frau schreibt so wundervoll, so emotional, so herzerwärmend und ergreifend, so herzzerreißend und lebendig! Es war, durchweg ein Genuss, die Worte von ihr zu inhalieren und es bereitet größte Freude zu spüren, wie gut sie Gefühle transportieren kann. Es gab so viele Szenen, in denen man als Leser meint, den Wind in den eigenen Haaren spüren zu können, in denen man glaubt, das eigene Herz würde brechen und in denen man einfach nur wohlig seufzt und genießt. Dabei kommt man unheimlich schnell voran, eben weil die Atmosphäre sehr dicht ausfällt und einen mit Haut und Haaren in die Geschichte hineinziehen kann. Man vergisst alles um sich herum, kann sich fallen und treiben lassen und man kann mit Hailee und Chase lachen, schreien, verzweifeln und hoffen – und das macht diesen Stil in meinen Augen zu etwas ganz besonderem.
Dabei wird hier, wie in unzähligen anderen Romanen dieser Art, auf wechselnde Perspektiven gesetzt. Heißt, wir lesen nicht nur aus Hailee’s Sicht, sondern bekommen auch einen genauen Einblick in die Gedanken,- und Gefühlswelt von dem männlichen Protagonisten. Dies sollte uns beiden eigentlich näher bringen, doch so richtig geschafft hat es die Gliederung nicht. Wieso und weshalb folgt auf dem Fuße.

Die Charaktere in dem Buch überzeugen, keine Frage. Sowohl Hailee als auch Chase sind sympathisch, liebenswert und einfach unglaublich lebendig. Dieses Mal war es besonders der männliche Part, der mit Tiefgang, Authensität und Nachvollziehbarkeit glänzt; doch auch Hailee ist greifbar und echt und weiß mit ihrer Art für sich zu gewinnen. Lebensfroh, quirrlig und trotzdem mit jeder Menge Ecken und Kanten kommt die junge Frau absolut realistisch daher und begeistert durch Bodenständig und „Normalität“. Eine Person wie Hailee könnte man sicher irgendwann einmal auf der Straße kennenlernen und man würde sie sofort ins Herz schließen – da bin ich mir sicher. Leider schien Bianca Iosivoni ein wenig an ihrer eigenen Courage zu scheitern – denn der Plan der Handlung hatte eine Schwäche: dadurch, dass es gerade Hailee ist, die ein großes Geheimnis hütet, war es der Autorin einfach nicht möglich, sie tiefsinnige Gedankengänge verfolgen zu lassen. Sie blieb immer irgendwie eher oberflächlich und ihre Beweggründe waren an mancher Stelle einfach nicht glaubhaft – da die nötigen Infos schlicht fehlten. Trotzdem fieberte ich beinah bedingungslos mit ihr mit und sah, aufgrund der bestehenden Sympathie, über den fehlenden Tiefgang hinweg. Diese Problematik bestand bei Chase dagegen überhaupt nicht – er war von der ersten Sekunde an voll da, ließ uns Leser an seinen Gedankengängen und Gefühlen teilhaben und verhielt sich allem und jedem gegenüber absolut ehrlich und lebensnah. Allgemein war Chase einfach eine Figur, die einen darauf hinweist, dass es sie noch gibt: die Guten. Also ein Good Guy durch und durch! Eine gelungene Abwechslung zu all den Bad Boys, die man in solchen Romanen antrifft.
Chase schien auf den ersten Blick aalglatt und perfekt; doch schon bald offenbaren sich auch seine Baustellen und das verlieh ihm eine gehörige Portion Tiefe und Greifbarkeit. Allgemein verliert man unweigerlich sein Herz an diesen jungen Mann, weil er eben, wie man so schön sagt, perfekt unperfekt ist.
Auch Randfiguren sind hier enorm „nah“ ausgearbeitet und dargestellt! Es gab so viele Persönlichkeiten, alle unterschiedlich, aber gleichzeitig auch alle extrem sympathisch und liebenswert. Sie sind es letztlich auch, die dem ganzen Geschehen noch mehr Lebendigkeit einhauchen und den Wohlfühl-Faktor in die Höhe treiben. Kabbeleien, Streitereien, Neckereien, gemeinsames „in Erinnerung schwelgen“, sich näher kommen – es war jede Facette vertreten. Selbst der scheinbar unwichtigste Charakter, wie zum Beispiel der kleine Bruder von Chase, erreichte mein Herz mit einer Intensität die mich überraschte und verzauberte zugleich.

FAZIT:
„Falling Fast“ ist eine rund herum stimmige Geschichte, die besonders zu Beginn noch das Potential aufzeigt, ein Highlight zu werden. Leider flacht der Mittelpart etwas ab und zieht sich in die Länge. Zwar sind selbst in den ruhigsten Momenten ganz große Gefühle am Start und der Wohlfühl-Faktor kontinuierlich deutlich spürbar, doch täuscht das keineswegs über die zu wenigen Plots hinweg. Dafür ist das Ende, das zugegebenermaßen echt auf sich warten lässt, wieder deutlich spannender und emotionsgeladener; und mit einem richtig fiesen Cliffhanger versehen. Alles in allem war die Geschichte rund um Hailee und Chase wirklich zuckersüß, herzerwärmend, ergreifend und mit einer enorm einnehmenden Atmosphäre versehen – aber eben nicht ganz perfekt. Trotzdem ist die Vorfreude auf Band 2 ungebremst!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.09.2020

Leider nicht mehr das, was die beiden Vorgänger waren.

Scythe – Das Vermächtnis der Ältesten
0

Ganz wie gewohnt splittete der Autor die Geschichte wieder in so einige Erzähl-Stränge; und jeder für sich hatte seine eigenen Protagonisten. Dementsprechend viele Hauptfiguren gilt es auseinander zu halten. ...

Ganz wie gewohnt splittete der Autor die Geschichte wieder in so einige Erzähl-Stränge; und jeder für sich hatte seine eigenen Protagonisten. Dementsprechend viele Hauptfiguren gilt es auseinander zu halten. Gerade zu Beginn fällt das noch extrem schwer und auch im Laufe der Geschichte verliert man immer wieder den Überblick. Dadurch, dass die Anzahl an wichtigen Personen in diesem dritten Band um ein vielfaches ansteigt, rücken Rowan und Citra dementsprechend in den Hintergrund.
Es fällt schwer, sich wirklich über eine Entwicklung oder dergleichen zu äußern, denn obwohl beide Akteure weiterhin sympathisch sind und man problemlos mit ihnen mitfiebern kann, lässt sich nicht mehr der gewohnte Zugang zu ihnen finden. Die Treffen mit ihnen sind einfach zu rar um überhaupt noch sagen zu können, sie seien Protagonisten. Außerdem haben sowohl Citra als auch Rowan nur noch wenig mit den Figuren zu tun, die man in Band 1 kennenlernte. Damals empfand ich sie noch als sehr realistisch, greifbar und lebendig – in Band 3 hingegen erschienen sie mir wie eine höhere Macht, zu denen man kaum noch durchdringen kann als Normalsterblicher. So komme ich auch nicht umhin zu sagen, dass die in meinen Augen sehr stark nachgelassen haben – aber das könnte natürlich auch daran liegen, dass man plötzlich statt zwei, gleich (gefühlt) 15 Figuren begleitet. Es drängen sich andere Charaktere in den Vordergrund: so war es zum Beispiel Jerry und Grayson, die eine wesentlich größere Rolle spielen – und während wir Grayson bereits kennen, ist uns Jerry zu Beginn an noch fremd. Hier muss man allerdings zugeben, dass Neal Shusterman in Sachen Charaktergestaltung wieder einen wunderbaren Job macht. So sind es also gerade Personen wie Jerry, Grayson oder Loriana, die dieses Finale ausmachen. Einige andere Protagonisten brachten die nötige Undurchsichtigkeit mit, um Zweifel und Zwietracht zu erzeugen und die gesamte Story am Laufen zu halten. Denn während man in Band 1 noch sehr genau wusste, wer auf der guten, wer auf der bösen Seite steht, verschwimmen hier die Grenzen in einem Ausmaß, dass man sich nie sicher sein konnte, was die Absichten eines jeden einzelnen waren.
Randfiguren gab es dafür recht wenige, doch die, die es gab, überzeugten größtenteils. Sie verfügten alle über den nötigen Tiefgang und genügend Greifbarkeit, um sie sich gut vor Augen führen zu können. Letztlich riss dies für mich das Ruder nicht mehr herum – es war schlicht zu viel von allem: von Charakteren, von „Seitenwechseln“ einiger, von Drama und von allgemeinem Input – aber dazu komme ich noch.

Der Schreibstil unterscheidet sich hingegen kaum von den Vorgängern – sehr einnehmend und atmosphärisch erzählt der Autor von einer zukünftigen Welt, die immer mehr aus den Angeln gerückt wird. Neal Shusterman erzeugt mit bloßen Worten einen absolut greifbaren Actionfilm mit allerlei unterschiedlicher Bilder. Sein Erzähltempo ist extrem rasant, die Spannung stets auf höchstem Niveau gehalten und sein Worldbuilding ist nicht von dieser Welt. Hier glänzt der Autor wieder auf ganzer Linie und zeigt, dass er unglaubliches Talent – und eine irrsinnig raumgreifende Kreativität – hat. Gegliedert in zahlreiche, verschiedene Stränge, wechseln die Perspektiven stets zu den richtigen Momenten, um fiese Cliffhanger zu erzeugen und den Leser zu zwingen, am Ball zu bleiben. Außerdem gibt es wieder diese Passagen aus den Tagebücher alter, bereits verstorbener Scythe oder gar dem Thunderhead, was wunderbar passt und der Geschichte noch mehr Nachvollziehbarkeit einhaucht. Alles in allem perfekt erzählt und top unterteilt in kurze, aussagekräftige Kapitel voller Action, Spannung und Atmosphäre.

Die Idee, wie der Autor die Geschichte rund um Citra und Rowan weiterführt ist definitiv überraschend. Das ganze Konstrukt der Handlung besteht aus unzähligen Twists, Nebenplots und unerwarteter Ereignisse. Schon zum Ende des zweiten Bandes hin, nahm die Storyline eine unvorhersehbare Wendung und exakt dieser Faden wird hier weitergeführt. Es ist also wieder von der ersten Seite an immens spannend gewesen und an Brillianz kaum zu überbieten. Allein das Worldbuilding und der Aufbau der Reihe haut einen regelrecht um. Immer neue Einfälle und Geschehnisse kommen ans Licht und obwohl die ganze Sache so komplex ist, ergibt doch alles stets einen Sinn und besitzt Hand und Fuß.
Leider gefiel mir persönlich die Richtung nicht, in die die Geschichte ging. In meinen Augen sah es so aus, als würde Neal Shusterman viel zu viel in diesen einen letzten Band packen wollen – dann wäre es wohl klüger gewesen, doch noch einen vierten Band oben drauf zu setzen, ehe dann ein derartiges Labyrinth an Erzählsträngen entsteht. Denn genau so fühlte ich mich – wie in einem Irrgarten an roten Fäden. Und obwohl jeder Faden für sich allein problemlos zu verfolgen war, verlor ich immer wieder kurzzeitig den Überblick, welcher Charakter nun wo ist; welche Geschehnisse welche Charatere beeinflussen usw. Da hätte man mehr Klarheit schaffen sollen; mehr Durchblick für den Leser und die ein oder andere Figur weniger. So erschien mir so manche davon nämlich als ziemlich unnötig – denn auch wenn derjenige am Ende einiges für die Handlung tat, hätte man das ganze Chaos auch problemlos umschiffen können.
Das Ende – das große Finale der genialen Scythe-Trilogie war dabei sehr ausgeweitet, nahm locker die letzten 100 Seiten des Buches in Anspruch und war actionreicher als alles, was man bisher erlebt hat innerhalb dieser Welt. Während ich den Schluss von Band 2 noch als Feuerwerk und fulminant bezeichnet hatte, empfand ich es hier eher als ein bisschen absurd und nicht als das, was ich mir vorgestellt und gewünscht hätte. Das ganze nahm sehr skurrile Züge an und hatte nicht mehr dieses typische Flair, was ich so vergöttert hatte. Außerdem schienen sich die Ereignisse derart zu überschlagen, dass man schlicht nicht mehr mitkommen konnte. Zu viel auf einmal – das ist einfach das, was dieses Finale wohl am besten beschreibt. Denn stellt man sich mal vor, dass die Charaktere ohnehin schon zu zahlreich innerhalb ihrer Erzählstränge waren, so hatte man am Ende, wenn alles zusammen läuft einen regelrechten Ameisenhaufen an Figuren, die alle irgendwas taten und entschieden, ohne dass dies großartig greifbar gewesen wäre. Sehr schade.

FAZIT:
„Scythe – Das Vermächtnis der Ältesten“ von Neal Shusterman ist, in meinen Augen, kein würdiges Finale für die geniale Trilogie. Hier herrschte zu viel Durcheinander und Chaos, um dem Ganzen problemlos folgen zu können. Viel angebrachter wäre da eher ein vierter Band gewesen, der die zahlreichen Plots aus Band 3 auffängt. Dies hätte zwar die Spannung wohl gemindert, doch in Anbetracht, dass es davon ohnehin immens viel gab, wäre das nicht weiter ins Gewicht gefallen. Zudem fehlten mir Citra und Rowan, denn obwohl die anwesend waren, erschienen sie viel zu selten auf der Bildfläche und verschwanden viel zu schnell wieder. Kurz um: der dritte und finale Band kann für mich längst nicht mit den Vorgängern mithalten, doch schlecht war er definitiv auch nicht. Eine tolle, actionreiche und rasante Entwicklung der Geschichte, massiv überraschende Plots und Ideen und ein Worldbuilding, das alle anderen blass aussehen lässt, vertröstet den Leser doch sehr. Aber eben nicht ganz.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.09.2020

Zu hohe Erwartungen oder einfach schwache Leistung?

Das Flüstern der Magie
0

Laura Kneidl hat einen sehr einfachen, verständlichen Schreibstil, der dem Geschehen eine gewisse Leichtigkeit einhaucht. Man kommt problemlos voran und merkt oft nicht, wie die Seiten (oder wie in meinem ...

Laura Kneidl hat einen sehr einfachen, verständlichen Schreibstil, der dem Geschehen eine gewisse Leichtigkeit einhaucht. Man kommt problemlos voran und merkt oft nicht, wie die Seiten (oder wie in meinem Fall die Minuten) dahinfliegen. Atmosphärisch erzählt sie uns von den Erlebnissen der Protagonisten und führt uns geschickt durch die Geschichte. Die passende Wortwahl und die gut platzierten Beschreibungen lassen alles sehr bildhaft und greifbar, und auf die Thematik abgestimmt, erscheinen. Stellenweise wirkte aber so manch Darstellung fast ein wenig zu einfach – fast ein wenig zu jugendlich. Vielleicht lag das aber schlicht daran, dass ich meiner Jugend längst entwachsen bin und eigentlich gar nicht mehr die eigentliche Zielgruppe für diese Geschichte bin. Dies hatte aber gleichzeitig den Vorteil, dass es wirklich keinerlei Probleme gab, sich zurecht zu finden.
Mehr Sorgen bereitet dafür die Sprecherin. Ich hatte schon einmal ein Hörbuch von Katja Sallay, wo sie mir auch echt sehr gut gefallen hat. Auch hier ist ihre Stimmfarbe wieder sehr einzigartig und kann durchaus begeistern. Das tat sie auch noch über die erste Hälfte, doch je länger man ihr lauscht, desto monotoner wirkt alles. Es wurde größtenteils sehr emotionslos heruntergeleiert und das Tempo blieb, egal ob Liebes-Szene oder Action-Passage, stets gleich lahm. Besonders negativ stechen allerdings die Szenen heraus, in denen sich die Figuren Nachrichten zusenden. Das war schlicht und ergreifend extrem schlecht gemacht – so leid es mir auch tut. Leider hat Katja Sallay hier nicht überzeugt, und hat der Geschichte einiges an Geschwindigkeit und Lebendigkeit geraubt.

Die Charaktergestaltung von Laura Kneidl versetzte schon so manches Mal in Entzücken, hier jedoch fehlte dies komplett. Sowohl Fallon als auch ihr männliches Gegenstück Reed sind zwar nicht schlecht ausgearbeitet, verblassen aber neben Ceylan & Co aus „Die Krone der Dunkelheit“ total. Man kann durchaus mit ihnen mitfiebern, doch mehr als nette Bekanntschaften sind nicht entstanden. Wünscht man sich nicht, mit den Figuren mitzufühlen, mitzuleiden? Eine Freundschaft zu ihnen aufzubauen? Vor allem die Protagonisten sollten einem doch soweit ans Herz wachsen, dass man sie am Ende dann vermisst, wenn man das Buch zuschlägt. Das war weder bei Fallon noch bei Reed der Fall. Beide sind auf ihre Art und Weise sympathisch, liebenswert und in gewisser Weise auch authentisch – aber eben sehr durchschnittlich. Charaktere, wie man sie an jeder Straßenecke findet. Trotzdem, und das möchte ich nochmal betonen, waren alle Figuren – vor allem die beiden Hauptakteure wirklich keinesfalls schlecht oder unsympathisch, sondern einfach in Anbetracht der recht hohen Erwartung etwas blass.
Die 19-jährige Fallon ist trotz ihrer Gabe sehr bodenständig, handelt glaubhaft und bedacht, wirkt aber stellenweise ein wenig naiv in dem, was sie tut. Es fällt schwer, sich so richtig mit ihr zu identifizieren, weil so manch Handlung doch ein wenig fragwürdig erschien und lediglich im Zusammenspiel mit der weiteren Geschichtige Sinn ergab. Trotzdem mochte ich die junge Frau gerne und konnte in der meisten Zeit mit ihr mitfiebern. Sie ist munter, mutig und sehr zielgerichtet. Zwar nicht immer besonders verantwortungsbewusst, aber doch irgendwie ganz süß. Und genau da liegt wohl auch das große Problem: Fallon, wie auch einige andere, waren nichts weiter als „süß“ .. man verfolgt sie gerne, wenn sie aber sterben, ist das auch irgendwie ok. Außerdem hätte ich mir, besonders zum Ende hin, einfach ein wenig Entwicklung ihrerseits gewünscht. Mehr Einsicht und Klarheit und mehr Verantwortungsbewusstsein.
Reed, der Love Interest der Geschichte, war deutlich reifer in seinem Benehmen, wirkte gefestigter und weniger jugendlich. Auf ihn traf „süß“ also nur im entferntesten Sinne zu. Er war mir, genau so wie Fallon auch, sympathisch und außerdem definitiv passend für Handlung – wies aber auch nicht diesen Besonderheits-Faktor auf, den man von den Figuren der Autorin einfach kennt. Er war einfach gefühlt komplett überflüssig. Ständig war er da, brachte aber nichts wirklich zu stande. Jedoch konnte er zumindest mit einer gewissen Undurchsichtigkeit glänzen, die doch noch ein wenig Spannung ins Spiel bringen konnte.
Alle anderen Beteiligten blieben dagegen wiederum etwas oberflächlich und nur wenig greifbar. Am Ende war es wohl Jess, der unter all den Nebenfiguren doch noch ein wenig hervorstach. Fallon’s Eltern hingegen, die durchaus wichtig für den Verlauf waren, hätten noch die ein oder andere Protion Tiefgang gebraucht, um mit ihnen mitzufiebern bzw. ihnen nur das Beste zu wünschen.

Die Handlung. Ja die Handlung. Also erstmal das positive vorweg: die Idee gefällt! Allein der Klappentext macht neugierig und man möchte als Leser wirklich gerne erfahren, was Fallon alles erlebt und welche gravierenden Auswirkungen solche magischen Gegenstände auf „normale“ Menschen haben. Leider wars das dann auch schon mit den Pluspunkten – denn schon auf den ersten Seiten merkt man, dass man hier nicht auf die erhoffte Innovation stößt, die der KT vermuten lässt. Leider ist schon der Einstieg sehr klischeehaft, wenn auch noch ganz spannend und rasant. Ist dann aber die Start-Szene gelesen/gehört, wird es sehr stereotypisch und ziemlich „bekannt“. Es mangelte an erfrischenden Plots, spannenden Wendungen und allgemein interessanten Geschehnissen. Die Handlung dümpelt extrem ruhig dahin, ohne dass groß etwas passiert. Man fühlt sich schon auf während des ersten Drittels an zig andere Jugend/Fantasy-Bücher erinnert, die man schon gelesen hat. Dazu kam dann auch noch so manch fragwürdige Handlung von Seiten der Figuren, die dem Ganzen dann auch noch das letzte Fünkchen Glaubwürdigkeit raubten. Und liebe Laura Kneidl – du schreibst Bücher wie Someone New, Berühre mich. Nicht und Co – wieso ist die Liebesgeschichte hier dann so platt und nichtssagend? Mich konnte nichts, wirklich nichts an Fallon und Reed und ihre vermeindlich ach so tiefen Gefühle zueinander erreichen. Im Gegenteil! Ich fragte mich ständig, was die beiden eigentlich miteinander wollten. Reed der irgendwie immer da war, aber nichts brauchbares zur Handlung beitrug und Fallon, die komplett geblendet und verantwortungslos durchs Leben schreitet. Schwierige Kombination. Wäre die Hauptstory dann wenigstens noch spannend gewesen, hätte man gut und gerne über die nicht ganz so geglückte Lovestory hinwegsehen können, doch so verschlimmerte sie das alles nur noch mehr.
Nichts passiert, kaum Lebendigkeit innerhalb des Geschehens und von dem Tempo und des Vorrankommens keine Spur. Stattdessen zieht sich die Suche nach dem gestohlenen Gegenstand ewig hin und dieser eine, gezwungen wirkende Spannungsmoment verpuffte dann auch innerhalb von Sekunden wieder.
Vom Ende will man deswegen kaum anfangen. Es war zwar durchaus eine Überraschung, wie sich das Blatt wendete, doch da der Rest eh nicht fesseln konnte, verblasste auch das viel zu sehr. Dazu die emotionslose Sprecherin und die plumpe Liebesgeschichte – wirklich kein Genuss. Ich hätte mir an der Stelle einfach mehr gewünscht – mehr von allem! Allgemein wäre die Handlung gut bedient gewesen, wenn einfach mehr da gewesen wäre, was zum Mitfiebern einlädt. Aber vielleicht – ja wirklich nur vielleicht, ist das Buch doch einfach zu jugendlich für mich; das möchte ich nicht ausschließen. Trotzdem schade.

FAZIT:
Das Flüstern der Magie“ von Laura Kneidl ist leider überhaupt nicht das, was ich mir davon versprochen habe. Eine lahme, stereotypische 0-8-15-Handlung ohne nennenswerte Plots, mindestens genau so klischeehafte Figuren und eine komplett emotionslose, nicht nachvollziehbare Lovestory machen das Buch zu einer Tortur. Lediglich Idee und Schreibstil können noch irgendwie punkten, obwohl die Sprecherin den Stil ganz schön nach unten zog. Alles in allem eine herbe Enttäuschung – da ist man viel viel viel viel viel Besseres von der Autorin gewohnt. Schade.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere