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Veröffentlicht am 30.04.2022

Geheimnis eines Sommers

Der Papierpalast
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Ein Tag im Sommer in Back Woods am Cape Cod, der sich zu einem ganzen Leben, zu dem Leben einer ganzen Familie entfaltet. Und dies mit meisterhaft gestalteten Bildern, das ist die Geschichte von "Der Papierpalast.

Die ...

Ein Tag im Sommer in Back Woods am Cape Cod, der sich zu einem ganzen Leben, zu dem Leben einer ganzen Familie entfaltet. Und dies mit meisterhaft gestalteten Bildern, das ist die Geschichte von "Der Papierpalast.

Die Autorin Miranda Cowley Heller lässt die 50jährige Elle den vorherigen Abend Revue passieren. Der Abend, an dessen Ende sie ihren Ehemann Peter mit ihrer Jugendliebe Jonas betrogen hat. Nur Sex mit dem besten Freund? So einfach ist es nicht. Wie alles in Elles Leben und dem ihrer weiblichen Vorfahren. Aus dem Rückblick auf den Abend entfaltet die Autorin auf wunderbar erzählerische Art und Weise Elles ganzes Leben. Am Ende eines einzigen Tages versteht nicht nur Elle, sondern auch der Leser/die Leserin versteht. Versteht wie Leben/Biographien zustande kommen, und dass ungeachtet der Tragödien, um die keine Familie herumkommt, es immer weitergeht. So klug der Satz, den Miranda Cowley Heller Elle sagen lässt: "Jede Famile ist auf ihre eigene Weise unglücklich". Überhaupt ist hier ein kluges Buch gelungen, unabhängig von all der Sommerhaus-am-See-Stimmung. Klug, weil es die dunklen Seiten der Familie und des Lebens nicht verschweigt. Kein Leben ist nur hell und schön. Und doch gelingt es, nicht zuletzt immer wieder durch den trockenen Humor von Elles Mutter Walace, dass ein Funken Leichtigkeit hineinkommt.

Für mich ist "Der Papierpalast" ein Highlight in meinem bisherigen Lesejahr. Ein Haus aus Papier, als Übergangslösung geplant, scheint mir ein Gleichnis für das Leben zu sein. Fragil, aber doch standhaft über die Jahrzehnte. Kein Wohlfühl-Roman im klassischen Sinne, und doch entschädigt die Wildheit der Bildsprache, gerade wenn es um die Beschreibung der Natur geht, für alles Schlimme, das man mit Elle tapfer mitleidet. Hätte ich einen Wunsch für eine Buchverfilmung frei, es wäre "Der Papierpalast.

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Veröffentlicht am 21.04.2022

Lieben sich Zwei

Boy meets Girl
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Lieben sich zwei: damit wird alles kompliziert, was einfach erscheint, denn das Leben kommt der Liebe meistens in die Quere. So auch im Roman Boy meets Girl von Julia Holbe.

In Holbes neuem Roman dreht ...

Lieben sich zwei: damit wird alles kompliziert, was einfach erscheint, denn das Leben kommt der Liebe meistens in die Quere. So auch im Roman Boy meets Girl von Julia Holbe.

In Holbes neuem Roman dreht sich alles um das Suchen und Finden der Liebe. Verpasste Chancen, gefundene Wahrheiten und die tiefe Verbundenheit zweier Liebenden: all das wird ohne Kitsch, spannend und mit großer Wärme erzählt.

Nora ist um die fünfzig, sitzt beruflich als Therapeutin fest im Sattel, steht aber privat plötzlich vor einer großen Herausforderung. Als sie realisiert, dass ihr Mann Paul sie zum wiederholten Mal betrogen hat, wird ihr bewusst, dass sie so nicht weitermachen will. Die Ehe mit Paul ist vorbei. Gerade in dieser Umbruchsituation trifft sie ihre Liebe aus vergangener Zeit wieder. Yann, mit dem sie ein tiefe Zuneigung verbindet. Doch so einfach ist es mit der Liebe nie. Nora muss und will sich nach der Trennung von Paul zu allererst selber finden bzw. ihr Leben drehen, wie es ihre Freundin Lou nennt.

Schon lange habe ich keinen so wunderschönen Liebesroman mehr gelesen, der unglaublich viele tiefsinnige Sätze enthält wie Boy meets Girl. An manchen Stellen möchte man laut "Jaa, genau so ist es" rufen. Julia Kolbe ist ein kluger, unterhaltsamer und echter Einblick in das Leben gelungen, welches sich auch außerhalb von Romanen so abspielen könnte. Nur eine Prise romantischer. Aber dafür liebe ich dieses Buch. Große Leseempfehlung für Boy meets Girl!

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Veröffentlicht am 21.04.2022

Sommer der Wahrheit

Schallplattensommer
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Ein Hingucker ist dieses Buch wirklich: Schallplattensommer von Alina Bronsky besticht durch das wunderschöne Cover, und lässt anfangs auf ein Wohlfühlbuch hoffen. Doch schnell merkt man beim Lesen, dass ...

Ein Hingucker ist dieses Buch wirklich: Schallplattensommer von Alina Bronsky besticht durch das wunderschöne Cover, und lässt anfangs auf ein Wohlfühlbuch hoffen. Doch schnell merkt man beim Lesen, dass es hier auch um die tiefergehenden Probleme junger Menschen geht.

Maserati (ja, das junge Mädchen heißt wirklich so) lebt bei ihrer Oma und hilft dieser bei der täglichen Arbeit in der Dorfgaststätte. Anfangs denkt man beim Lesen, dass sie einfach ein sehr fleißiges Mädchen ist. Alina Bronsky schafft es aber auf sehr subtile Weise die Sorgen und Nöte, die Maserati mit und durch die Oma hat, durchblicken zu lassen. Maseratis tägliches Einerlei ändert sich schlagartig mit dem Auftauchen der beiden jungen Männer Casper und Theo. Diese ziehen mit ihrer Familie in die alte Villa am Dorfrand ein und interessieren sich intensiv für Maserati, was dieser erstmal gar nicht passt. Doch zu verlockend sind die Stunden am See mit Casper. Oder war es doch Theo? Jedenfalls steckt Maserati früher oder später in einer verzwickten Liebesgeschichte und muss sich entscheiden.
Auch bei Casper und Theo ist nicht alles gold ist, was glänzt. Kurz dachte ich: ach, die üblichen Probleme jünger Menschen,. Aber das greift wohl zu kurz. Alina Bronsky geht gefühlvoll mit den inneren und äußeren Nöten der Menschen in ihrem Buch um. Empathie fällt damit nicht schwer.
Schallplattensommer ist ein Buch, dass trotz der Schwere und Fülle der Probleme auch Leichtigkeit vermittelt. Die Charaktere sind mir während des Lesens sozusagen ans Herz gewachsen. Und ein bisschen traurig war ich dann schon als die Geschichte zu Ende war. Dieses Buch wird für Menschen zwischen 14-99 empfohlen. Dem kann ich nur zustimmen.

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Veröffentlicht am 04.03.2022

Hat mich gut unterhalten

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Das Leben von Michael Hartung plätschert mehr schlecht als recht vor sich hin. Wenig gewinnbringend betreibt er in Zeiten von Streamingdiensten eine Videothek in Berlin. Aber nicht nur Geldsorgen, sondern ...

Das Leben von Michael Hartung plätschert mehr schlecht als recht vor sich hin. Wenig gewinnbringend betreibt er in Zeiten von Streamingdiensten eine Videothek in Berlin. Aber nicht nur Geldsorgen, sondern auch das kaum vorhandene Verhältnis zu Tochter und Enkelkindern machen Hartung das Leben nicht gerade leicht. Wie gut, dass eines Tages der Journalist Alexander Landmann in seinen Laden kommt, und ihm ein lukratives Geschäft unterbreitet. Landmann seinerseits auf der Suche nach einer Titelblattstory, die ihn beruflich nach vorne bringt, hat alte Stasiakten ausgegraben, in denen ein gewisser Michael Hartung als Fluchthelfer für 126 DDR-Bürger tätig gewesen sein soll. Hartung streitet zuerst ab, doch dann lacht das Geld, und der Held vom Bahnhof Friedrichstraße ist geboren.

Ab da nimmt nicht nur Maxim Leos Buch Fahrt auf, auch das Leben des glücklosen Hartung beginnt sich zu verändern. Immer tiefer gerät er in den Sog der Medien - und damit in den Sumpf der erfundenen Geschichte - bis letztendlich auch der Bundespräsident auf ihn aufmerksam wird. Als Hartung zum Jahrestag des Mauerfalls gar gebeten wird, eine Rede vorm Deutschen Bundestag zu halten, beginnt er die Reißleine zu ziehen.

Amüsant, rasant und witzig beschreibt der Autor die Geschichte des tragischen Helden, der aus meiner Sicht am Ende durch seinen Mut zu einem echten Helden wird. Ein kurzweiliges Buch, dass nicht nur Einblicke in den Medienzirkus gibt, sondern auch Schlaglichter auf Politik, DDR unddas Verhältnis West-Ost wirft. Ich empfehle dieses Buch allen, die beim Lesen gerne schmunzeln und schnelle Szenenwechsel mögen.

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Veröffentlicht am 05.12.2021

Den Honigpanschern auf der Spur

Goldenes Gift
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Nun ermitteln sie wieder: Xavier Kieffer, seines Zeichen ehemaliger Sternekoch, und Valérie Gabin, die mehr oder weniger beschäftigungslose Verlagserbin des Guide Gabin. Autor Tom Hillenbrand hat mit Goldenes ...

Nun ermitteln sie wieder: Xavier Kieffer, seines Zeichen ehemaliger Sternekoch, und Valérie Gabin, die mehr oder weniger beschäftigungslose Verlagserbin des Guide Gabin. Autor Tom Hillenbrand hat mit Goldenes Gift den 7. Band seiner kulinarischen Krimis vorgelegt, und hier geht es actionreich mit einem aktuellen Thema zur Sache.

Der Luxemburger Stadtimker Pol Schneider beliefert nicht nur Kieffers Restaurant Deux Èglise mit seinem Honig, sein scheinbar einträgliches Geschäft mit dem Bienengold macht ihn in der ganzen Stadt bekannt. Als Schneider eines Tages auf dem Dach eines Hochhauses tot aufgefunden wird beginnt nicht nur Kommissarin Lobato zu ermitteln, auch Xavier und Valérie geben alles, um den Fall aufzuklären.

Tom Hillenbrand hat sich in seinem neuen Krimi gleich mehreren aktuellen Themen gewidmet: Honig, Lebensmittelfälschung und auch Genmanipulation werden in Goldenes Gift behandelt. Bücher, in denen es um Bienen geht, sind derzeit sehr im Trend. Hillenbrand allerdings romantisiert nicht und es wird auch nichts beschönigt. Der Handel mit dem Lebensmittel Honig ist dem Profit genauso untergeordnet, wie es in anderen Bereichen üblich ist. Daran können leider auch die vielen Neu-Hobbyimker der letzten Jahre nichts ändern.

Als Leser:in des Krimis wird man mit reichlich Hintergrundwissen versorgt und Hillenbrandt nimmt tatsächlich jede Illusion, die man im Zusammenhang mit Honigproduktion noch hatte. Der Koch und die Journalistin sind ein super Team, was die Ermittlungen angeht. Mir war es an der einer oder anderen Stelle allerdings zu actionreich und auch zu sehr konstruiert. Auch die Ausführungen zu den Möglichkeiten der Genmanipulationen waren mir tatsächlich zu langatmig.

Zum Glück darf man zwischendurch immer mal wieder in Kieffers gemütliches Restaurant in der Luxemburger Altstadt einkehren. Dort finden für mich die Situationen statt, die Hillenbrands kulinarische Krimis bisher den Reiz gegeben haben. Hier geht es international, luxemburgisch und deftig zu. Im nächsten Band von "Xavier Kieffer ermittelt" darf es davon gern wieder mehr sein.

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