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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2023

Unterhaltsamer Schwedenkrimi

Schärensturm
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Inhalt: Kommissarin Sofia Hjortén ist hochschwanger, doch sie lässt es sich trotzdem nicht nehmen, weiterhin zu arbeiten. Als in einer verschneiten Winternacht ein 4-jähriges Mädchen aus dem Ferienhaus ...

Inhalt: Kommissarin Sofia Hjortén ist hochschwanger, doch sie lässt es sich trotzdem nicht nehmen, weiterhin zu arbeiten. Als in einer verschneiten Winternacht ein 4-jähriges Mädchen aus dem Ferienhaus seiner Familie verschwindet, arbeitet auch sie an dem Fall mit. Die großangelegte Suchaktion von Polizei und Einwohnern des Ortes wird durch den Schnee erschwert und verläuft ergebnislos. Dann wird ein weiteres Familienmitglied vermisst …

Meine Meinung: Ich habe schon den ersten Fall von Sofia Hjortén „Schärennacht“ sehr gerne gelesen und mich deshalb sehr auf eine Fortsetzung der Reihe gefreut. Natürlich kann „Schärensturm“ auch als Einzelband gelesen werden, ich finde es allerdings hilfreich, schon etwas Vorwissen zu den Protagonisten zu haben. Ich mag vor allem Sofia gern und die Mischung aus ihren Privatleben - das diesmal hauptsächlich von ihrer Schwangerschaft bestimmt wird - und der Polizeiarbeit gefällt mir sehr. (Allerdings finde ich es etwas ungewöhnlich, dass ihr erlaubt wurde, in der 36. Schwangerschaftswoche noch zu arbeiten). Und auch Sofias Ex-Freund Fredrik spielt in diesem Buch wieder eine Rolle. Über seine positive gesundheitliche Entwicklung habe ich mich gefreut.
Lina Areklew erzählt diesen Krimi aus der Sicht eines allwissenden Erzählers, unterbrochen von kursiv gedruckten kurzen Kapitel aus der Sicht des Täters. Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm und flüssig zu lesen. Dass die Handlung im verschneiten schwedischen Winter spielt, hat mich (jetzt im Mai) überhaupt nicht gestört und die schönen Landschaftsbeschreibungen ließen ein Bild vor meinen Augen entstehen.
Die Polizei tappt sehr lange im Dunkeln, findet weder die verschwundenen Personen, noch ein Motiv für eine Entführung. Die Krimihandlung ist insgesamt eher ruhig. Erst ganz am Ende wird es doch noch spannend und dramatisch. Die Auflösung war für mich völlig überraschend.

Fazit: Alles in allem hätten dem Buch vielleicht fünfzig Seiten weniger gutgetan, doch trotzdem habe ich Sofia, ihre Kollegen und Freunde auch in „Schärensturm“ wieder sehr gerne bei ihrer Arbeit, sowie im Privatleben, begleitet.

Veröffentlicht am 14.05.2023

Erschreckende Erziehungsmaßnamen in den 1960er Jahren

Gezeitenkinder
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Inhalt: Norderney 1962: Nach der gemeinsam absolvierten Ausbildung zu Kinderpflegerinnen, fangen die jungen Cousinen Hanna und Evi an, zusammen im Kindererholungsheim Strandhafer zu arbeiten. Während Evi ...

Inhalt: Norderney 1962: Nach der gemeinsam absolvierten Ausbildung zu Kinderpflegerinnen, fangen die jungen Cousinen Hanna und Evi an, zusammen im Kindererholungsheim Strandhafer zu arbeiten. Während Evi auf ein Abenteuer hofft, freut Hanna sich auf die Arbeit mit den Kindern und hat auch schon einige Beschäftigungsideen. Doch sehr schnell gibt man ihr zu verstehen, dass ihr Engagement und ihre Freundlichkeit den Kindern gegenüber nicht erwünscht ist. Im Heim herrschen sehr strenge Regeln, sowie herzlose und drastische Strafmaßnahmen. Hanna kann das so nicht akzeptieren und möchte etwas dagegen unternehmen, doch nicht einmal Evi ist auf ihrer Seite.

Meine Meinung: Der Einstieg in das Buch fiel mir leicht. Der Schreibstil von Luise Diekhoff ist flüssig, lebendig und bildhaft, so dass ich mir alles sehr gut vorstellen konnte.
Die Autorin erzählt diese Geschichte aus drei verschiedenen Perspektiven. Wir begleiten hauptsächlich Hanna, die voller Vorfreude ihre neue Stelle antritt, doch schon am ersten Tag eine Strafpredigt über sich ergehen lassen muss. Ich mochte Hanna von Anfang an sehr gern. Wegen einer Lern- und Leseschwäche fühlt sie sich oft unsicher, aber sie zeigt viel Empathie und Mut. Die Kapitel aus der Sicht der 10-jährigen Rita, die zur selben Zeit wie Hanna im Heim wohnt, und die ich sofort in mein Herz geschlossen habe, haben mich ganz besonders berührt. Und dann gibt es noch Wilko, den jungen Hausmeister des Kinderheims. Auch ihn mochte ich. Seine Geschichte nimmt Bezug auf die Nazi-Vergangenheit der Insel und die Zwangsarbeiter, die damals dort arbeiten mussten. Die Verbindung zu dem Heim wird erst sehr spät deutlich und dann wird die Handlung sogar noch richtig spannend.
Der absolut herzlose Umgang der Schwestern mit den ihnen anvertrauten Kindern, die drastischen erzieherischen Maßnahmen und Strafen haben mich sehr schockiert. Vor allem, weil es kaum Schwestern gab, die freundlich zu den Kindern waren. Auch Evis Verwandlung hat mich enttäuscht. Sie ist oberflächlich und nur an ihrem eigenen Wohl interessiert.

Veröffentlicht am 01.05.2023

Die Luftbrücke über Berlin

Die Kinder der Luftbrücke
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Inhalt: 1948. Nora wohnt zusammen mit ihrer Schwester, ihrer Mutter und ihren beiden Kindern ziemlich beengt in einer kleinen Wohnung im abgeriegelten Westsektor von Berlin. Bereits seit 1943 gilt ihr ...

Inhalt: 1948. Nora wohnt zusammen mit ihrer Schwester, ihrer Mutter und ihren beiden Kindern ziemlich beengt in einer kleinen Wohnung im abgeriegelten Westsektor von Berlin. Bereits seit 1943 gilt ihr Ehemann Joachim als vermisst. Es ist nicht leicht für Nora, ihre Familie mit den dringend benötigten Lebensmitteln zu versorgen und vor allem die Kinder leiden unter dem Hunger und dem Verzicht. Als sie Arbeit als Übersetzerin bei den US-Alliierten am Flughafen Tempelhof findet, entspannt sich die Situation in klein wenig. Dann trifft Nora dort auf den amerikanischen Piloten Matthew und beide verlieben sich ineinander. Doch sie ist hin- und hergerissen zwischen ihren heftigen Gefühlen zu Matthew, den Schuldgefühlen ihrem vermissten Ehemann gegenüber, sowie dem Pflichtbewusstsein, ihre Familie zusammenzuhalten …

Meine Meinung: Das Cover hat mich sofort auf das Buch aufmerksam gemacht. Ich lese sehr gerne Romane, die in der Kriegs- oder Nachkriegszeit in Deutschland spielen und über die Luftbrücke hatte ich bisher noch nichts gelesen.
Juliana Weinberg erzählt ihre Geschichte aus der Sicht von Nora, die ich sofort gerne mochte. Ich fand sie - wie auch alle anderen Charaktere - sehr authentisch beschrieben und konnte ihre Gedanken gut nachvollziehen, auch wenn meiner Meinung nach die Liebesgeschichte und ihr Zwiespalt zu viel Raum eingenommen hat.
Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich angenehm lesen, zudem gelingt es der Autorin hervorragend, die damalige Atmosphäre lebendig werden zu lassen und den Leser in die schwierige Zeit hineinzuversetzen. Die Menschen sind unendlich froh, dass der Krieg endlich vorbei ist, doch die Zeit ist immer noch sehr entbehrungsreich und viele Männer sind nicht zurückgekehrt. Durch die Blockade der Sowjets wird die Lebenssituation der Berliner noch extremer und die Angst vor einem neuen Krieg wächst. Doch glücklicherweise versorgen die Amerikaner die Bevölkerung über die Luftbrücke. Ich fand es sehr interessant darüber zu lesen und hätte auch gerne noch mehr über die historischen Ereignisse und die Situation in Berlin erfahren. Endlich weiß ich auch, wie es genau dazu kam, die Flugzeuge Rosinenbomber zu nennen :)

Fazit: Ein unterhaltsamer und interessanter historischer Roman, dessen Fokus auf der Liebesgeschichte liegt.

Veröffentlicht am 24.04.2023

Tiefgründig und berührend

Unsere Zukunft flirrt am Horizont
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Inhalt: Simon, Lia und Marcin sind siebzehn Jahre alt, doch das ist schon ihre einzige Gemeinsamkeit, außer dass sie alle drei für einige Zeit in der „Schattigen Pinie“, einem Seniorenheim, Sozialstunden ...

Inhalt: Simon, Lia und Marcin sind siebzehn Jahre alt, doch das ist schon ihre einzige Gemeinsamkeit, außer dass sie alle drei für einige Zeit in der „Schattigen Pinie“, einem Seniorenheim, Sozialstunden ableisten müssen. Jeder von ihnen hat seine eigene traurige Geschichte und eine Menge Probleme zu bewältigen. Doch den so unterschiedlichen Jugendlichen gelingt es innerhalb der nächsten Wochen, sich gegenseitig zu akzeptieren, Vertrauen zueinander aufzubauen und echte Freundschaft zu schließen.

Meine Meinung: Adriana Popescu erzählt in „Unsere Zukunft flirrt am Horizont“ im Wechsel aus den Perspektiven der drei Protagonisten Simon, Lia und Marcin, so dass man als Leser*in die Möglichkeit hat, in den Alltag, sowie in die Gedanken- und Gefühlswelt jedes Einzelnen einzutauchen, ein tiefes Verständnis für sie zu entwickeln und jedem wirklich ganz nah zu kommen. Die Autorin hat ein Händchen dafür, individuelle und authentische Charaktere zu erschaffen - und damit meine ich auch die Nebencharaktere - und voller Empathie über sie zu erzählen. Ich habe alle drei Jugendlichen sehr gemocht, aber besonders Simon ist mir ans Herz gewachsen. Genau wie Frau Waible, Marcins ältere Nachbarin, die mich ganz besonders berührt hat.
Mir hat auch sehr gut gefallen, wie ganz langsam eine Freundschaft zwischen den drei Protagonisten entsteht, wie eng sie zusammenwachsen und sich umeinander kümmern - ohne Missgunst oder offene Eifersucht.
Es gibt in diesem Roman natürlich auch traurige Passagen, denn Simon, Lia und Marcin durchleben gerade eine schwere Zeit und keiner von ihnen findet Rückhalt im Elternhaus, doch trotzdem steckt die Geschichte voller Hoffnung und schöner Momente.

Fazit: Das Buch ist ein Jugendroman, aber ich bin mir ganz sicher, dass auch ältere Leser von dieser tiefgründigen, sehr empathisch und mitreißend geschriebenen Geschichte sehr berührt sein werden.

Veröffentlicht am 14.04.2023

Spannender Fall zum Miträtseln

Liebste Tochter – Du lügst so gut wie ich
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Inhalt: Die junge Saffy und ihr Freund Tom sind erst vor kurzem in das alte Cottage von Saffys Großmutter Rose gezogen. Bei Bauarbeiten im Garten werden zwei skelettierte Leichen gefunden. Alles deutet ...

Inhalt: Die junge Saffy und ihr Freund Tom sind erst vor kurzem in das alte Cottage von Saffys Großmutter Rose gezogen. Bei Bauarbeiten im Garten werden zwei skelettierte Leichen gefunden. Alles deutet auf einen Doppelmord vor einigen Jahrzehnten hin. Doch wer sind die Toten? Saffys Mutter Lorna, die seit einiger Zeit mit ihrem jungen Freund in Spanien lebt, reist zu Saffys Unterstützung an. Die beiden Frauen beginnen selbst zu recherchieren, wobei sie leider nicht mit der Hilfe von Rose, die an Demenz erkrankt ist und nur selten klare Momente hat, rechen können. Bei ihren Nachforschungen stoßen sie auf ein dunkles Familiengeheimnis …

Meine Meinung: Bisher haben mir alle Bücher von Claire Douglas sehr gefallen, und auch „Liebste Tochter“ hat mich überzeugt. Nur der Untertitel „Du lügst so gut wie ich“ hat mich etwas gestört.
Die Autorin erzählt aus verschiedenen Perspektiven und auf zwei Zeitebenen. In der Gegenwart wechseln die Kapitel zwischen Saffy, Lorna und Theo, dessen Verbindung zu den Frauen erst später aufgeklärt wird. Zudem gibt es Rückblicke in das Jahr 1980, in denen Rose in Brief- oder Tagebuchform ihrer Tochter Lorna die damaligen Ereignisse schildert.
Der Schreibstil der Autorin lässt sich wunderbar flüssig lesen und nach einem eher ruhigen Anfang nehmen Tempo und Spannung permanent zu und ich konnte das Buch nur schwer zur Seite legen. Die Charaktere sind glaubwürdig beschrieben und tatsächlich mochte ich die etwas überdrehte Lorna am liebsten. Das Geheimnis um die Morde ist sehr geschickt und komplex konstruiert. Ich hatte sehr schnell eine gewisse Ahnung, wurde aber sehr lange auf die Folter gespannt. Nur ganz langsam entwirren sich die Fäden, wobei es immer wieder zu überraschenden Wendungen kommt und erst nach und nach werden Zusammenhänge deutlich.

Fazit: Ich habe „Liebste Tochter“ sehr gerne gelesen. Eine spannende und wendungsreiche Geschichte zum Miträtseln.