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Veröffentlicht am 22.02.2023

Ergreifende Geschichte mit geschichtlichem Hintergrund

Als Großmutter im Regen tanzte
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Zum Inhalt: In der Gegenwart kehrt Juni in das Haus ihrer verstorbenen Großeltern auf eine kleine Insel in Norwegen zurück. Sie ist vor ihrem gewalttätigen Ehemann geflohen und braucht einen Rückzugsort. ...

Zum Inhalt: In der Gegenwart kehrt Juni in das Haus ihrer verstorbenen Großeltern auf eine kleine Insel in Norwegen zurück. Sie ist vor ihrem gewalttätigen Ehemann geflohen und braucht einen Rückzugsort. Im Haus entdeckt sie alte Fotos ihrer Großmutter Thekla, die diese mit einem deutschen Soldaten zeigen. Wer ist dieser Mann? Die Suche nach der Wahrheit führt Juni nach Deutschland.
In der Vergangenheit, ganz kurz nach dem Ende des 2.Weltkriegs, verliebt Thekla sich in Otto, einen deutschen Soldaten. In Norwegen als „Deutschenmädchen“ oder sogar „Deutschenhure“ beschimpft, beschließt Thekla zusammen mit Otto zu seiner Familie nach Demmin in Ostdeutschland zu reisen. Schon die Reise ist äußerst beschwerlich und aufreibend, doch in Demmin erwartet sie eine grauenvolle Überraschung.

Meinung: „Als Großmutter im Regen tanzte“ wird von der norwegischen Autorin Trude Teige auf zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt, die durch ein unterschiedliches Schriftbild gut zu unterscheiden sind. Ihr Schreibstil ist ruhig und einfühlsam. Sie schildert glaubwürdig die tragischen Ereignisse in Demmin, sowie auch die Zerstörung der Städte, den Hunger, die Kälte und die Wohnungsnot im Deutschland nach dem Krieg. Die Mischung aus historischen und fiktiven Ereignissen ist ihr gut gelungen.
Als ich begann, dieses Buch zu lesen, hatte ich überhaupt keine Vorstellung davon, was mich erwarten würde und ich wurde deshalb von den historischen Ereignissen in Demmin völlig überrumpelt und geschockt. Ich hatte bisher noch nie etwas davon gehört. Aber auch das, was Thekla und Otto zugestoßen ist, war für mich nur schwer zu lesen. Trotzdem fand ich die Geschichte insgesamt sehr fesselnd und wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Die Atmosphäre bleibt zwar eher düster, aber man spürt auch die Hoffnung der Menschen auf ein besseres Leben.
Im Laufe der Geschichte werden lang gehütete Familiengeheimnisse aufgedeckt und so wird deutlich, wie sehr die traumatischen Erlebnisse Theklas weiteres Leben geprägt, und wieviel Einfluss sie noch auf die nachfolgenden Generationen haben.
Theklas Geschichte endet leider ziemlich abrupt. Zwar erfahren wir von Juni noch etwas über Thekla, doch ich hätte die Geschichte lieber weiterhin aus deren Sicht gelesen. Und auch in Junis Geschichte bleiben Fragen offen.
Ganz wichtig finde ich die Triggerwarnung vorne im Buch: „Der Roman enthält Szenen von sexualisierter Gewalt.“ , die an dieser Stelle allerdings leicht übersehen werden kann.

Fazit: Eine berührende, aber auch schockierende und gut recherchierte Geschichte über ein relativ unbekanntes Stück deutscher Geschichte.

Veröffentlicht am 17.02.2023

Düsterer Schwedenthriller

Rotwild
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Inhalt: Nach dem Notruf einer Mädchen-Motorradclique findet die Kommissarin Sanna Berling auf einer verlassenen Farm einen sterbenden jungen Mann. Er ist nackt und sein Körper übersät mit Verletzungen. ...


Inhalt: Nach dem Notruf einer Mädchen-Motorradclique findet die Kommissarin Sanna Berling auf einer verlassenen Farm einen sterbenden jungen Mann. Er ist nackt und sein Körper übersät mit Verletzungen. Bevor er stirbt, versucht er Sanna noch etwas mitzuteilen, doch mehr als „das Mädchen“ kann er nicht mehr sagen.
Obwohl Sanna inzwischen auf einem kleineren Revier arbeitet, lässt sie sich überreden, zusammen mit ihrer ehemaligen Kollegin Eir Pedersen in dem Fall zu ermitteln …

Meine Meinung: „Rotwild“ ist bereits der zweite Fall für Sanna und Eir. Da häufig Bezug auf den ersten Fall „Fuchsmädchen“ genommen wird, würde ich zum besseren Verständnis empfehlen, diesen Teil zuerst zu lesen. Ist aber kein Muss!
Der Schreibstil von Maria Grund lässt sich flüssig lesen und gefällt mir gut. Sie beschreibt die Umgebung und die Charaktere sehr anschaulich und erzeugt eine düstere und bedrohliche Atmosphäre. Die Spannung steigert sich langsam und leider gibt es auch einige Längen bei der Aufklärung des Falls, doch gegen Ende konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Ich mochte Sanna und Eir schon im ersten Teil sehr gerne. Inzwischen haben sich beide positiv weiterentwickelt. Sanna, die Mann und Sohn bei einem Feuer verloren hat, möchte endlich damit abschließen. Sie lenkt sich mit dem großen Wolfshund Sixten und ihrer Arbeit ab, macht jedoch immer wieder gefährliche Alleingänge. Zudem bekommt sie anonyme Anrufe, die sie vermuten lassen, dass der entkommene Mörder des Fuchsmädchens (Teil 1) ein makabres Spiel mit ihr treibt. Auch Eir hatte eine schwere Vergangenheit. Sie leicht reizbar und aufbrausend, aber sie ist auch eine verlässliche und empathische Kollegin und hat eigentlich einen weichen Kern. Beide Frauen sind scharfsinnige Ermittlerinnen und inzwischen auch gute Freundinnen. Der neue Chef, Niklas Jovanovic, ist so nett, kollegial und verständnisvoll, dass er mir sofort verdächtig war :).
In dem Thriller geht es hauptsächlich um die Ermittlungsarbeit der Polizei, aber auch um das Leben der beiden unterschiedlichen Protagonistinnen außerhalb der Dienstzeiten. Besonders spannend und unheimlich fand ich die Szenen, in denen Sanna ein Gefühl der Bedrohung gespürt hat … .

Fazit: Ein komplexer Thriller mit Höhen und Tiefen. Ich fand „Rotwild" etwas schwächer als „Fuchsmädchen", freue mich aber schon wegen Sanna und Eir, sowie ihrem Team, auf eine Fortsetzung.

Veröffentlicht am 10.02.2023

Geschichte in Romanform

Ginsterhöhe
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Inhalt: 1919. Nach dem Ende des 1.Weltkriegs kehrt der junge Bauer Albert Lintermann in sein Heimatdorf Wollseifen in der Eifel und zu seiner Familie zurück. Wegen seiner schweren Gesichtsverletzung mag ...

Inhalt: 1919. Nach dem Ende des 1.Weltkriegs kehrt der junge Bauer Albert Lintermann in sein Heimatdorf Wollseifen in der Eifel und zu seiner Familie zurück. Wegen seiner schweren Gesichtsverletzung mag seine Frau Bertha ihn nicht mehr anschauen und zieht sich von ihm zurück. Sie empfindet ihm gegenüber nur noch Abscheu. Doch zum Glück reagieren nicht alle Einwohner des kleinen Ortes so und Albert wird wieder Teil der Dorfgemeinschaft. Besonders mit dem italienischen Wirt Silvio und Leni, der Verlobten seines im Krieg gefallenen Freundes, verbindet ihn eine enge Freundschaft. Das Leben in Wollseifen verläuft in den nächsten Jahren relativ ruhig und trotz der Inflation geht es auch technisch voran. Doch nach Hitlers Machtübernahme beanspruchen die Nationalsozialisten einen Teil des Landes in Dorfnähe um es für eigene Zwecke zu nutzen.

Meine Meinung: Anna -Maria Caspari erzählt diese fiktive Geschichte, die jedoch auf wahren Begebenheiten beruht, aus verschiedenen Perspektiven und über den Zeitraum von fast drei Jahrzehnten. Doch im Mittelpunkt des Romans steht Albert. Die Einblicke in das Leben der Dorfbewohner lässt die traurige Geschichte des kleinen Eifeldorfes Wollseifen wieder lebendig werden. Durch den angenehmen, ruhigen und detailierten Schreibstil, sowie Alberts berührendes Schicksal konnte mich das Buch schnell fesseln. Vor allem am Anfang habe ich mit Albert, der sehr unter seinem missgestalteten Gesicht leidet, mitgelitten. Aber auch viele andere Charaktere mochte ich, doch natürlich gibt es auch einen richtigen „Fiesling“, der absolut unsympathisch ist und im Dorf für Unruhe sorgt. Anna-Maria Caspari beschreibt die Charaktere, das Dorf und die Arbeit der Bauern, sowie deren Liebe zu diesem Fleckchen Erde, so bildhaft und authentisch, dass ich mir alles sehr gut vorstellen konnte und ein Bild vor Augen hatte. Zwischendurch gibt es immer wieder Einblicke in die Tagebucheinträge des Lehrers Martin Faßbender über das Dorfgeschehen und die politische Entwicklung.
Als sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten die bislang ruhigen Zeiten ändern, fürchten viele Dorfbewohner - vor allem die, die bereits einen Krieg erleben mussten - Schlimmes. Doch es gibt auch genug Einwohner, die von den Ideen der Nazis begeistert sind und sich später freiwillig zum Kriegsdienst melden. Das Kriegsgeschehen findet in den ersten Jahren zwar woanders statt, doch die Nähe eines Schulungslagers und der Nazi-Hochburg Vogelsang wird den Wollseifenern später zum Verhängnis. Auch die Rassenideologie der Nazis macht keinen Halt vor dem Dorf. Zudem bangen die im Dorf zurückgebliebenen Bewohner täglich um ihre Söhne an der Front und natürlich kommen nicht alle jungen Männer wieder nach Hause.

Fazit: Mir hat dieses ruhige und berührende Buch sehr gut gefallen. Ich hatte vorher noch nie von Wollseifen gehört und fand dieses Kapitel deutscher Geschichte so interessant, dass ich nach Beenden des Buches noch weiter darüber recherchiert habe. Von mir gibt es eine Leseempfehlung und ich freue mich schon auf den nächsten Eifel-Roman der Autorin, der im Juli erscheinen wird.

Veröffentlicht am 09.02.2023

Sehr witziges Bilderbuch

Wo Drachen wachen
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Inhalt: Es war einmal ein Ritter, der sich mit Hilfe einer Karte auf den Weg machte, um einen Drachen zu finden und gegen ihn zu kämpfen. Was Ritter eben so machen … . Die anderen Ritter behaupten, es ...

Inhalt: Es war einmal ein Ritter, der sich mit Hilfe einer Karte auf den Weg machte, um einen Drachen zu finden und gegen ihn zu kämpfen. Was Ritter eben so machen … . Die anderen Ritter behaupten, es gäbe keine Drachen und halten ihn für verrückt, doch er will es ihnen beweisen! Er reitet los, doch kann weit und breit keinen Drachen entdecken…

Meine Meinung: Als ich zum ersten mal diese Geschichte las und mir die Bilder anschaute, war ich sofort total begeistert, denn Text und Illustrationen entsprechen genau meinem Humor, und ich war seht gespannt, wie meinem viereinhalbjährigem Enkel diese Geschichte gefällt.
Für das Lesen und Anschauen dieses Buches sollte man sich Zeit nehmen und sich die witzigen Illustrationen genau anschauen, damit man nichts Wichtiges übersieht und um die Geschichte richtig verstehen zu können. Die teilweise altmodische Sprache habe ich zuerst etwas abgewandelt (modernisiert) und beim wiederholten Lesen immer etwas mehr erklärt, denn welcher Vierjährige kennt heute Ausdrücke wie „führwahr“, „wohlan“„vermaledeit“, „bei meiner Treu“ oder „Jungfrau in Nöten“. Auch entstanden durch die Bilder viel Anregungen für Gespräche und es kam zu einigen Fragen, sowie zu lustigen Spekulationen (Warum wachsen auf dem Drachen Bäume? Was ist mit dem Ritter passiert, der vermisst wird? Wie konnte der Drache die Prinzessin fesseln und warum hat sie ein Taschentuch im Mund?). Je häufiger wir uns das Buch angeschaut haben - am ersten Tag schon sechsmal - desto mehr witzige Details entdeckten wir und hatten wirklich großen Spaß an dem Buch. Es gibt außer dem Drachen auch noch andere Fabelwesen (z.B. Faun, Einhorn, Yeti) zu entdecken und ganz viele kleine Tiere, die den Ritter von überall ängstlich beobachten.
Der Ritter ist sehr witzig gezeichnet, super dünn und mit einem arroganten Gesichtsausdruck, aber leider ist er strohdumm! Sogar sein Pferd ist wesentlich intelligenter als er. Er übersieht alle - sehr deutlichen - Anzeichen und Warnungen, die auf den Drachen hindeuten und letztendlich ist es die taffe Prinzessin, die den Drachen verjagt. Uns hat diese neue Rollenverteilung sehr gut gefallen.

Fazit: Ein ganz zauberhaftes und äußerst witziges Bilderbuch, das durch Text und Illustrationen gleichermaßen begeistert. Ein neues Lieblings-Bilderbuch!

Veröffentlicht am 02.02.2023

Hat mich nicht überzeugen können

Frau Holles Labyrinth
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Ich war schon immer ein großer Märchenfan und deshalb sehr gespannt auf diese Märchenadaption. Das Buch ist mit dem farbig illustrierten Buchschnitt wunderschön gestaltet.
Stefanie Lasthaus erzählt diese ...

Ich war schon immer ein großer Märchenfan und deshalb sehr gespannt auf diese Märchenadaption. Das Buch ist mit dem farbig illustrierten Buchschnitt wunderschön gestaltet.
Stefanie Lasthaus erzählt diese Geschichte komplett aus Marys Perspektive, was ich teilweise schade fand, denn ich hätte sehr gerne auch mehr von Moira, der Eminenz und vor allem von Frau Holle - hier nur Holle genannt - erfahren. Meiner Meinung nach ist ausgerechnet der Teil mit Holle - der Titelgeberin - viel zu kurz.
Die Welt, aus der Mary und Moira kommen, ist unserer sehr ähnlich, doch dort besitzt jeder Mensch eine andere magische Fähigkeit. Die Welt von Holle dagegen ist wie aus einer vergangenen Zeit und zudem immer grau, dunkel, gefährlich und bedrückend. Die Geschichte ist düster und blutig und Grundidee hat mir wirklich gut gefallen, genauso wie die gefährlichen zerlumpten Kreaturen (die mich immer an die Zombies von „The Walking Dead“ erinnerten). Allerdings hätte ich mir eine märchenhaftere Atmosphäre gewünscht.
Bis zur Mitte hat mir das Buch ganz gut gefallen, doch dann verlor sich die Spannung und damit auch meine Aufmerksamkeit. Irgendwann habe ich Seiten teilweise nur noch überflogen. Erst im letzten Drittel wird die Handlung wieder dynamischer und spannender und auch das Ende fand ich zufriedenstellend, doch der Epilog hat mir dann überhaupt nicht gefallen.