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Veröffentlicht am 04.10.2022

Die ersten weiblichen Beamtinnen im Polizeidienst

Das Kind der Lügen
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Inhalt: Hamburg 1929: Aufgeregt und verzweifelt meldet die wohlhabende und exzentrische Signe von Arnsberg ihre kleine Tochter Dorothee bei der Polizei als vermisst. Nach einem Ausflug mit der zuverlässigen ...

Inhalt: Hamburg 1929: Aufgeregt und verzweifelt meldet die wohlhabende und exzentrische Signe von Arnsberg ihre kleine Tochter Dorothee bei der Polizei als vermisst. Nach einem Ausflug mit der zuverlässigen Kinderfrau Alma sind beide nicht ins Hotel zurückgekehrt. Doch nur Kommissarin Paula Haydorn glaubt der Frau, während ihre Kollegen Signe nicht ernst nehmen, denn sie ist schon einmal hysterisch bei der Polizei aufgetaucht. Doch dann werden blutige Spuren gefunden…

Meine Meinung: „Das Kind der Lügen“ ist schon der zweite Fall für Paula Haydorn - eine der ersten weiblichen Beamtinnen im Polizeidienst - und ihre Kolleginnen. Leider habe ich Teil 1 nicht gelesen und hatte den Eindruck, einiges an Vorwissen verpasst zu haben. Vor allem Paulas Entwicklung bei der Polizei, ihr Zerwürfnis mit ihren Eltern oder ihr Verhältnis zu Martin Broder, ihrem Chef. Trotzdem ist der 2. Fall in sich abgeschlossen und auch als Einzelband zu lesen.
Obwohl es 1929 kaum Frauen bei der Polizei gab, wird Paula von ihren männlichen Kollegen akzeptiert und geachtet. Sie hat einen guten Spürsinn und zeigt Empathie, wagt aber keine halsbrecherischen Alleingänge, was mir gut gefällt. Mir war Paula schnell sympathisch. Schade fand ich, dass die anderen beiden Polizistinnen des Reviers, Caro und Gertrud, nur relativ kurze Rollen in diesem Buch haben. Ich hätte gerne mehr von den weiblichen Polizistinnen gelesen.
Der Erzählstil ist relativ ruhig, obwohl es auch immer wieder spannende Passagen gibt. Vor allem gegen Ende steigt der Spannungsbogen noch einmal an. Hauptsächlich geht es um die Ermittlungsarbeit der Polizei, die versucht, die verworrenen Familienverhältnisse von Signe zu durchblicken. Signe selber ist dabei keine Hilfe. Aber auch von anderer Seite droht den Hamburger Polizist
innen Gefahr. Erst gegen Ende des Buches gibt es die Auflösung, ob es da einen Zusammenhang mit dem verschwundenen Kind gibt oder nicht.
So richtig packen konnte mich die Handlung leider nicht. Interessant fand ich aber die Beschreibungen des alten Hamburg in den 1920er Jahren und die etwas düstere Atmosphäre.

Fazit: „Das Kind der Lügen“ ist ein historischer Kriminalroman, der mich leider nicht völlig überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 30.09.2022

Spannender Mystery-Thriller mit leichten Schwächen

SCHNEE
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Inhalt: 4 Freunde planen eine abenteuerliche Tour im harten und schneereichen Winter im isländischen Hochland. Doch dann kommt alles überraschend anders… . Ein Rettungsteam sucht nach den Vermissten und ...

Inhalt: 4 Freunde planen eine abenteuerliche Tour im harten und schneereichen Winter im isländischen Hochland. Doch dann kommt alles überraschend anders… . Ein Rettungsteam sucht nach den Vermissten und macht unerklärliche Entdeckungen. Was ist den Freunden passiert?

Meine Meinung: Yrsa Sigurdardóttir erzählt ihre gruselige Geschichte auf drei verschiedenen Perspektiven und auf zwei Zeitebenen - denn die Erlebnisse der Wanderer spielen einige Tage zuvor. Der Schreibstil der Autorin lässt sich wie gewohnt schnell und flüssig lesen. Ihre Beschreibungen der dunklen, kalten und schneebedeckten isländischen Landschaft sind wunderbar anschaulich beschrieben, so dass man fast die Kälte, so wie auch die düstere und unheimliche Atmosphäre beim Lesen spüren kann. Das Erzähltempo ist ruhig, einige Passagen empfand ich sogar als etwas langatmig, doch am Ende vieler Kapitel gibt es einen kleinen Cliffhanger, so dass ich immer wissen wollte, wie es in diesem Handlungsstrang weitergeht.
Zum einen ist da Jóhanna, die ehrenamtlich bei der Rettungswacht arbeitet und nach den vermissten Freunden sucht. Jóhanna findet zusammen mit ihrem Partner die Pjórir die erste Leiche. Sie ist mit dem Polizisten Geiri verheiratet, so dass sie weitgehend über den Stand der Ermittlungen informiert ist. Vor kurzem haben sie zusammen ein Haus gekauft.
Hjövar ist ein Eigenbrötler, der sich von seinen Freunden und seiner Familie immer mehr zurückzieht. Er arbeitet auf einer abgelegenen Radarstation, meistens nur mit einem zugelaufenen Kater als Gesellschaft. Immer häufiger kommt es während seines Dienstes in der einsamen Station zu unheimlichen Vorkommnissen, die ihn nicht zur Ruhe kommen lassen.
Der 3.Handlungsstrang erzählt von den Erlebnissen der vier Freunde und ihrem Führer Haukúr. Nur ganz langsam laufen die losen Fäden der drei Handlungsstränge zusammen und auch die Spannung und der Grusel nehmen immer weiter zu. Doch dann hat mich die abrupte, kurz abgehandelte und meines Empfindens unwahrscheinliche Auflösung sehr enttäuscht, auch wenn es dabei durchaus ein paar Aha-Momente für mich gab.

Fazit: „Schnee“ ist ein Mystery-Thriller mit einer tollen dunklen und kalten Atmosphäre, bei dem mir besonders die gruseligen Momente gefallen haben. Das Ende fand ich dagegen schwach.
Andere Thriller der Autorin haben mich (noch) mehr begeistern können.

Veröffentlicht am 21.09.2022

Toller Schwedenkrimi

Schärennacht
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„Schärennacht“ ist der 1.Teil der neuen Reihe um die schwedische Kommissarin Sofia Hjortén und ich freue mich schon jetzt auf Sofias 2.Fall.
Lina Areklew erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. ...

„Schärennacht“ ist der 1.Teil der neuen Reihe um die schwedische Kommissarin Sofia Hjortén und ich freue mich schon jetzt auf Sofias 2.Fall.
Lina Areklew erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. Zudem gibt es zwischendurch immer wieder Rückblicke in das Jahr 1979, als Pastor Aaron Dirk ein Sommerlager mit einer Gruppe Jugendlicher auf der Insel Ulvön leitete. Diese Passagen habe ich düsterer als den Rest der Handlung empfunden.
Sofia mochte ich als Protagonistin wirklich gern. Sie ist sympathisch und vor allem sehr menschlich. Ihre Beziehung zu dem Tatverdächtigen belastet sie sehr und der Autorin ist eine gute Mischung aus Sofias Privatleben und ihrer Dienstzeit gelungen. Fredrik konnte ich erst nicht so gut einschätzen. Er hat ein wirklich schlimmes Schicksal zu verarbeiten, aber sein leichtsinniger Umgang mit Medikamenten in Verbindung mit Alkohol hat mich gestört. Aber alle Charaktere werden lebendig und authentisch beschrieben.
Das Tempo des Krimis ist ruhig und die Spannung steigt nur langsam, aber ich war trotzdem durchgängig von dem Buch gefesselt. Die Morde werden nicht detailiert beschrieben, sonder eher angedeutet, was mir persönlich mehr zusagt. Fredriks Recherchen zu der Jugendgruppe fand ich insgesamt interessanter als die Ermittlungsarbeit der Polizei zu dem Mord.
Der Schauplatz, eine kleine malerische Insel im Schärengarten, auf der die wenigen Einwohner sich untereinander gut kennen, wird sehr anschaulich beschrieben und hat eine tolle stimmungsvolle Atmosphäre.
Bis kurz vor der Auflösung konnte ich die Zusammenhänge noch nicht klar erkennen, so dass ich schließlich wirklich überrascht war. Etwas „drüber“ fand ich die Beziehung zu dem Gegenstand, den der/die Täter*in immer dabeihatte. Das wäre gar nicht nötig gewesen.

Fazit: „Schärennacht“ ist ein ruhiger, aber durchaus fesselnder Schweden-Krimi mit einer sympathischen Protagonistin und einem wunderschönen Setting.

Veröffentlicht am 14.09.2022

Das blaue GIftfläschchen

Die versteckte Apotheke
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Inhalt: London 1791: Nach dem Tod ihrer Mutter hat Nella deren Apotheke übernommen, doch inzwischen gibt es hier nicht nur heilende Kräuter, sondern auch todbringende Arzneien. Verzweifelte Frauen können ...

Inhalt: London 1791: Nach dem Tod ihrer Mutter hat Nella deren Apotheke übernommen, doch inzwischen gibt es hier nicht nur heilende Kräuter, sondern auch todbringende Arzneien. Verzweifelte Frauen können bei auch heimlich Gift kaufen, mit dem sie gewalttätige oder untreue (Ehe-) Männer ins Jenseits befördern können. Doch dann erreicht sie eine geheimen Nachricht - die Bitte um ein schnell wirkendes Gift - bei der Nella sofort ein ungutes Gefühl hat. Nur ungern erfüllt sie den Wunsch der Kundin - mit fatalen Folgen für sie.
London, Gegenwart: Eigentlich war die Reise nach London zur Feier ihres 10. Hochzeitstages gedacht, doch kurz vorher erfährt Caroline von der Affaire ihres Mannes. Kurzentschlossen reist sie allein nach London. Schon an ihrem ersten Urlaubstag findet sie beim mudlarking (so nennt man die Schatzsuche im Schlamm der Themse) ein altes blaues Apothekerfläschchen mit der Gravur eines kleinen Bären. Caroline, die Geschichte studiert hat und gerne Historikerin geworden wäre, beginnt sofort zu recherchieren. Dabei kommt sie der versteckten Apotheke auf die Spur…

Meine Meinung: Die Geschichte der versteckten Apotheke wird auf zwei Zeitebenen und aus drei verschiedenen Perspektiven jeweils in der Ich-Form erzählt. Von Caroline, Nella und Eliza. So lernt man alle drei Protagonistinnen noch besser kennen. Der Schreibstil ist flüssig und unterhaltsam und der Einstieg in das Buch fiel mir leicht. Aber obwohl mir das Setting in London sehr gut gefallen hat, hätte ich mir die Atmosphäre im historischen London noch etwas düsterer gewünscht.
Eliza ist ein erst zwölfjähriges Dienstmädchen, das von ihrer Herrin in die Apotheke geschickt wird, um das bestellte Gift abzuholen. Sie ist sofort fasziniert von dem was Nella macht, von den heilenden und den todbringenden Kräutern und Pflanzen, und möchte von ihr lernen. Mit ihren zwölf Jahren ist Eliza noch sehr kindlich und naiv und ich mochte sie gerne.
Nella musste vor vielen Jahren einen schweren Betrug und Verlust verkraften. Das veranlasste sie, die tödlichen Arzneien herzustellen, um anderen Frauen in Not zu helfen. Sie bereitet das Gift ausschließlich für Männer zu, mit Frauen ist sie solidarisch. Nella wirkt nach außen barsch und unfreundlich, doch sie hat einen weichen Kern. Obwohl sie eine Mörderin ist, mochte ich sie und war ich immer auf ihrer Seite.
Auch Carolines Geschichte habe ich gerne gelesen, dabei fand ich die Beschreibungen des mudlarking zu Beginn des Buches besonders interessant. Davon habe ich noch nie gehört. Bei ihren Recherchen macht Caroline eine spannende und spektakuläre Entdeckung, die ich allerdings ziemlich unrealistisch finde. So kommt sie der versteckten Apotheke auf die Spur und findet auch bald eine neue Zukunftsperspektive.
Mir hat gut gefallen, wie Sarah Penner beide Zeitebenen miteinander verknüpft, ebenso wie die Gemeinsamkeiten, die Caroline und Nella haben.
Das Ende ist etwas mystisch angehaucht, was ich für diese Geschichte durchaus passend finde.

Fazit: „Die versteckte Apotheke“ ist ein unterhaltsamer Roman, den ich zwar gerne gelesen habe, aber von dem ich trotzdem mehr erwartet hatte. Trotzdem eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 12.09.2022

Lisa Fittko - eine couragierte und selbstlose Frau

Die Wagemutige
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Inhalt: Schon seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ist die junge Lisa im Widerstand. Sie muss Deutschland jedoch 1933 verlassen und flieht nach Frankreich. Dort wir sie als feindliche Ausländerin ...

Inhalt: Schon seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ist die junge Lisa im Widerstand. Sie muss Deutschland jedoch 1933 verlassen und flieht nach Frankreich. Dort wir sie als feindliche Ausländerin im Lager Gurs interniert, kann aber gerade noch rechtzeitig vor den vorrückenden Deutschen fliehen. In Marseille trifft sie ihren Freund und späteren Ehemann Hans Fittko wieder und sie versuchen, an Ausreise-Visa zu gelangen. Zufällig begegnet Lisa dem Amerikaner Louis, in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Doch dann bekommt sie den Auftrag, in den Küstenort Banyuls zu reisen, um von dort eine Fluchtroute in den Pyrenäen für politisch Verfolgte zu finden…

„Jeder noch so lange Weg beginnt mit einem ersten Schritt."

Meine Meinung: „Die Wagemutige“ basiert auf wahren Begebenheiten. Lisa und Hans Fittko, sowie viele im Roman erwähnte Charaktere gab es wirklich. Doch wie im Nachwort der Autorin zu lesen ist, hat sie sich die Freiheit genommen, Lisas Gefühle und Gedanken nach ihrem eigenen Empfinden zu beschreiben, sowie die Person von Louis hinzuzufügen. Diese Mischung aus Realität und fiktiver Romanerzählung ist ihr gut gelungen.
Caroline Bernard schreibt sehr detailliert und bildhaft, so dass ich mir alles wirklich gut vorstellen konnte. Auch die Beschreibungen der Charaktere wirken sehr authentisch und besonders Lisa ist mir beim Lesen sehr nah gekommen. Ich muss einfach den Mut, die Stärke und Menschlichkeit dieser großartigen Frau bewundern. Hans war damals sicher nicht weniger mutig, aber als Roman-Charakter war er mir lange Zeit eher unsympathisch, was aber sicher von der Autorin auch beabsichtigt ist, um die fiktive Liebesgeschichte einfügen zu können. Diese Liebesgeschichte mit Louis lockert zwar die Handlung etwas auf, hätte meiner Meinung nach aber nicht sein müssen.
Es wird eindeutig erklärt, dass Lisa den bewaffneten Widerstand nicht unterstützt und nicht gutheißt, denn die Vergeltungsaktionen der Nazis nach Attentaten der Résistance fordern oft viele unschuldige Menschenleben. Ihr geht es nur darum, Menschen zu helfen. Dass sie Jüdin und Österreicherin ist, wird zwar erwähnt, spielt aber im Roman kaum eine Rolle.
Die bedrohliche Atmosphäre, die permanente Gefahr und Angst, der Lisa und viele andere Charaktere ausgesetzt sind, ist gut spürbar. Aber auch die unerwarteten freundlichen Gesten von fremden Menschen und die Freude darüber wird deutlich.

Fazit: Ein gut recherchierter, berührender und auch spannender Roman über eine beeindruckende und überaus mutige Frau, die für andere Menschen häufig ihr Leben riskiert hat.