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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.10.2019

Humorvoll, lehrreich und mit traumhaft schönen Tierfotos

Die Eulenflüsterin
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Im ersten Teil dieses Buches erzählt die Falknerin und Fotografin Tanja Brandt ehrlich und schonungslos von ihrer Kindheit und Jugend. Sie war ein ungewolltes und auch ungeliebtes Kind. Die Zuneigung der ...

Im ersten Teil dieses Buches erzählt die Falknerin und Fotografin Tanja Brandt ehrlich und schonungslos von ihrer Kindheit und Jugend. Sie war ein ungewolltes und auch ungeliebtes Kind. Die Zuneigung der Eltern galt allein dem jüngeren Bruder. Allein die bedingungslose Liebe ihrer Großmutter gab ihr Rückhalt und Kraft. Auch ihre Liebe zu Tieren zeigte sich schon früh. Ihr Lebensweg hielt einige Stolpersteine für sie bereit, aber sie konnte sich ihren Traum, mit Tieren zu leben und zu arbeiten, erfüllen. Im zweiten Teil erzählt sie von den Eulen und Greifvögeln, die sie bei sich aufgenommen hat und abschließend von verschiedenen Tier-Rettungsmissionen. Für Tanja ist kein Weg zu weit oder zu anstrengend, um in Not geratene Tiere zu retten - oder es wenigstens zu versuchen. Jedem ihrer Vögel widmet sie ein eigenes Kapitel, in dem es zunächst in einem grauen Kästchen fachliche Informationen zur Art gibt, was ich auch sehr interessant fand. Auf humorvolle Weise beschreibt Tanja mit kleinen Anekdoten die Charaktereigenschaften jeden Tieres und man spürt sehr deutlich ihre Liebe zu ihnen. Und diese Liebe ist gegenseitig, auch wenn die Vögel Wildtiere sind und sicher auch wild bleiben.
Tanjas Schreibstil ist locker und schnell zu lesen. Die Kapitel sind relativ kurz und meistens eine Aneinanderreihung von einzelnen Geschichten, die manchmal zeitlich etwas sprunghaft sind und dadurch etwas verwirren können.
Außerdem ist Tanja eine hervorragende Fotografin und die Fotos, die in der Mitte des Buches zusammengefasst sind, sind einfach wunderschön.
Fazit: Ein autobiografisches und sehr persönliches Buch von einer bemerkenswerten Frau. Humorvoll, lehrreich und mit traumhaft schönen Tierfotos.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Thema
  • Geschichte
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 10.10.2019

Opas Tagebuch

Dreck am Stecken
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Inhalt: Die Brüder Johannes, Jakob, Philipp und Simon leben mit ihrer Mutter in einer Hamburger Hochhaussiedlung. Jeder von ihnen hat einen anderen Vater, zu dem es nur wenig bis gar keinen Kontakt gibt. ...

Inhalt: Die Brüder Johannes, Jakob, Philipp und Simon leben mit ihrer Mutter in einer Hamburger Hochhaussiedlung. Jeder von ihnen hat einen anderen Vater, zu dem es nur wenig bis gar keinen Kontakt gibt. Die Mutter trinkt, raucht, hat depressive Schübe und häufig wechselnde Männerbekanntschaften. Eines Tages steht der bis dahin für die Jungen völlig unbekannte Großvater mit einem Koffer vor der Tür. Doch er stört nicht weiter, außer, dass er Platz wegnimmt. Er sitzt entweder vor dem Fernseher oder ist in der Eckkneipe. Nach seinem Tod hinterlässt er den Brüdern eine Kiste, in der sie sein altes Tagebuch finden und schnell wird klar: Opa hat Dreck am Stecken…
Meine Meinung: Die Geschichte wird aus der Sicht von Johannes auf zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt: „Damals“ und „2008“, dazwischen gibt es Ausschnitte aus Opas Tagebuch. In den Rückblicken zu „Damals“ beschreibt Alexandra Fröhlich die Kindheit und Jugend der vier unterschiedlichen Brüder, die sich mit Einfallsreichtum, Raffinesse und manchmal auch mit den Fäusten durch ihr nicht so einfaches Leben kämpfen müssen. Ganz deutlich wird dabei, wie sehr die Jungen zueinanderhalten.
Im Jahr 2008 kommen Johannes, Jakob, Philipp und Simon nach dem Tod des Großvaters zur Testamentseröffnung wieder zusammen. Obwohl sie sich auseinandergelebt haben und jeder seinen eigenen Weg gegangen ist, ist die enge Bindung noch vorhanden. Man spürt, wie sehr ihre Kindheit sie geprägt hat. Sie sind sich einig, dass sie handeln müssen...
Das Thema des Buches ist ernst, aber durch den humorvollen Schreibstil und die chaotischen, manchmal auch unglaubwürdigen Situationen, erscheint es weniger tragisch und ich musste häufiger Schmunzeln. Alle Charaktere werden authentisch beschrieben und besonders Johannes mochte ich sehr. Er ist für alle Brüder der Anlaufpunkt und zeigt am meisten Empathie.

Fazit: Ich mag den Humor von Alexandra Fröhlich sehr gerne und auch dieses Buch hat mir wieder gut gefallen.

Veröffentlicht am 09.09.2019

Wie starb Aurora?

Bis ihr sie findet
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Inhalt: Ein Sommerabend des Jahrs 1983. Sieben Jugendliche zelten in einem Wald. Die jüngste von Ihnen, die 14-jährige Aurora, gehört nicht zu der festen Clique der Schulfreunde, sondern ist die jüngere ...

Inhalt: Ein Sommerabend des Jahrs 1983. Sieben Jugendliche zelten in einem Wald. Die jüngste von Ihnen, die 14-jährige Aurora, gehört nicht zu der festen Clique der Schulfreunde, sondern ist die jüngere Schwester der hübschen und draufgängerischen Topaz. Die zurückhaltende Aurora fühlt sich zwischen den Älteren ziemlich unwohl und nicht wirklich dazugehörig. Am nächsten Morgen ist sie verschwunden. Trotz sofort eingeleiteter Suchaktionen fehlt von Ihr jede Spur. Erst dreißig Jahre später werden ihre sterblichen Überreste durch Zufall in einer kleinen Höhle gefunden. Die sechs Freunde, von denen jeder mehr oder weniger erfolgreich geworden ist, stehen immer noch in Kontakt miteinander. Detektiv Jonah Sheelds, der die Freunde damals flüchtig gekannt hat und vor dreißig Jahren gerade bei der Polizei angefangen hatte, beginnt erneut zu ermitteln. Hat einer von ihnen etwas mit dem Tod von Aurora zu tun gehabt?

Meine Meinung: „Bis ihr sie findet“ ist das Krimidebüt der jungen Engländerin Gytha Lodge und hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gut unterhalten und mich bis zum Schluss rätseln lassen, wer der Mörder sein könnte. War es einer der Freunde oder vielleicht doch ein Außenstehender? Was war das Motiv?
Der allergrößte Teil der Geschichte spielt in der Gegenwart und handelt hauptsächlich von der Ermittlungsarbeit der Polizei. Alle Beteiligten müssen erneut aussagen und bei den Einzelbefragungen ergeben sich einige Unstimmigkeiten zu den früheren Aussagen.
Detektiv Chief Inspektor Jonah Sheens wird von drei Mitarbeitern unterstützt, die ich authentisch und vor allem menschlich empfunden habe. Im Gegensatz dazu sind die sechs Freunde keine großen Sypmpathieträger.
Gytha Lodge hat sehr geschickt ganz kurze Rückblenden aus Auroras Sicht eingefügt, die dem Leser die Ereignisse des Abends im Wald nur häppchenweise schildern. Diese kurzen Kapitel fand ich besonders spannend, denn nach und nach lernt man dadurch die einzelnen Charaktere besser kennen und erfährt, was damals wirklich geschehen ist. Allerdings hat es mich persönlich nicht auf die richtige Spur gebracht.
Gegen Ende steigt die Spannungskurve, die bis dahin nicht besonders hoch ist, dann doch noch gut an und die Auflösung fand ich durchaus akzeptabel.

Fazit: Insgesamt hat mich „Bis ihr sie findet“ sehr gut unterhalten. Ein komplexer, gut zu lesender und kaum zu durchschauender Krimi, mit einem guten Ermittlerteam. Ich hätte mir vielleicht ein klein wenig mehr Spannung gewünscht.

Veröffentlicht am 20.08.2019

Man muss es versuchen...

Vom Himmel zum Meer
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Inhalt: 1892: Agnes Martin ist ein Findelkind und in einem Waisenhaus in Straßburg aufgewachsen. Als sie 21 Jahre alt und damit mündig ist, muss sie das Heim verlassen und wird Gesellschafterin bei der ...

Inhalt: 1892: Agnes Martin ist ein Findelkind und in einem Waisenhaus in Straßburg aufgewachsen. Als sie 21 Jahre alt und damit mündig ist, muss sie das Heim verlassen und wird Gesellschafterin bei der ruppigen Pfarrerswitwe Tilly Bevenkamp in Hamburg. Als sie sich gerade etwas eingelebt hat, bricht in Hamburg die Cholera aus und Agnes und Tilly fliehen zusammen mit elf Heimkindern an die Ostsee. Dort wohnen sie in einer kleinen Kate, die Tillys verstorbenen Eltern gehört hat. Um etwas Geld zu verdienen, verkauft Agnes selbst gebackene Backwaren an die reichen Strandgäste. Doch in der kleinen Küche der Kate wird es schnell zu eng. Die wunderschöne große Küche eines leerstehenden Herrenhauses würde sich für Agnes Zwecke perfekt eignen, doch leider verweigert der reiche Besitzer ihr seine Einwilligung. Aber so schnell lässt sich Agnes nicht von ihrem Plan abbringen…

Meine Meinung: Das Buch lässt sich wunderbar leicht und flüssig lesen und während es am letzten Sonntag ohne Unterbrechung regnete, konnte ich völlig in der Geschichte abtauchen. Sie ist zwar relativ anspruchslos, aber sehr unterhaltsam und warmherzig. Es macht Spaß, die vielen, meist etwas skurrilen Charaktere, kennenzulernen. Auch die, die zunächst etwas abweisend und brummig erscheinen, haben doch ein gutes Herz. Bis auf ganz wenige Ausnahmen wachsen einem alle Charaktere, vor allem Agnes, schnell ans Herz, auch wenn es im Lauf der Geschichte immer mehr werden.
Lisa Marcks hat die Zeit gegen Ende des 19. Jahrhunderts sehr anschaulich beschrieben; z.B. das Leben der ärmeren Bevölkerung, die Anstrengungen der Reisen und auch die Rolle der Frau. Heute ist es unvorstellbar für uns, wie prüde man damals war (googelt mal den Begriff „Badekarren“!). Nach den tollen Beschreibungen von Agnes köstlichen Backwaren hätte ich mir ein paar Rezepte auf den letzten Seiten gewünscht.
Gegen Ende fand ich die Geschichte etwas schwächer; alle Probleme lösen sich wie von allein und schließlich gibt es ein dickes Happy End.

Fazit: Insgesamt ein schöner und unterhaltsamer historischer Roman mit viel Frauenpower.

Veröffentlicht am 04.04.2019

Ein Zeitzeugnis deutscher Geschichte

Was uns erinnern lässt
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Inhalt: Vergangenheit: Das ehemals elegante Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald liegt seit der Trennung Deutschlands zwischen den Grenzzäunen in einer 500 Meter Sperrzone. Das Leben der Bewohner, ...

Inhalt: Vergangenheit: Das ehemals elegante Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald liegt seit der Trennung Deutschlands zwischen den Grenzzäunen in einer 500 Meter Sperrzone. Das Leben der Bewohner, der Familie Dressel, ist stark eingeschränkt, trotzdem wollen sie ihr Zuhause nicht aufgeben. Doch eines Tages im Jahr 1977 werden die Dressels völlig überraschend enteignet und umgesiedelt.
Gegenwart: Auf der Suche nach einem „Lost Place“ für ihren Internet-Account findet die junge Milla in einem Waldstück in Thüringen einen mit Pflanzen überwucherten, aber völlig intakten Keller. Sie ist überglücklich über ihren Fund und möchte mehr darüber erfahren. Sie nimmt Kontakt zu den ehemaligen Besitzern auf und findet in Christine Dressel eine gute Freundin. Gemeinsam versuchen sie die Zwangsenteignung zu beweisen.

Meine Meinung: Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart unterstützt Milla die Familie Dressel bei ihren Bemühungen, alte Unterlagen ausfindig zu machen, um eine Zwangsumsiedlung ohne Entschädigung zu beweisen. Vor allem Christine, die bei der Umsiedlung 14 Jahre alt war, hofft auf die Rückgabe des Grundstücks. Aber nicht alle Familienmitglieder sind damit einverstanden.
Die Geschichte in der Vergangenheit, die kurz vor Kriegsende 1945 beginnt und mit der Umsiedlung 1977 endet, fand ich besonders interessant und berührend. Für mich als Westdeutsche sind viele der damaligen Ereignisse und Reglementierungen kaum zu glauben und haben mich sprachlos gemacht. Denn die 500 Meter Sperrzone zwischen Stacheldrähten und Grenzen wurde besonders stark überwacht und die Menschen, die in diesem Gebiet wohnten, waren so gut wie von der Außenwelt abgeschnitten. Bei jedem kleinen Ausflug in den Wald gab es für die Kinder genaue Anweisungen und Ermahnungen.
Durch die bildhaften und ausführlichen Beschreibungen des Hotels, des Waldes und des Sperrgebietes, konnte ich mir alles gut vorstellen. Auch die Charaktere sind alle gut ausgearbeitet und glaubhaft. Besonders die älteren Dressel Frauen habe ich für ihre Stärke und für ihren Optimismus bewundert. Allen Familienmitgliedern bedeutet das Hotel Waldeshöh und der dazugehörige Dressels Forst auch nach so langer Zeit noch sehr viel.

Fazit: Ein gut recherchiertes und berührendes Zeitzeugnis deutscher Geschichte.