Profilbild von Recensio

Recensio

Lesejury Star
offline

Recensio ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Recensio über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.04.2022

Temporeicher Thriller

Sturmopfer
0

Lucy, Daniel und ihre beiden Kinder Billie und Fin leben in einem Haus auf den Klippen an der Südwestküste Englands. Als eines Tages ihre Yacht herrenlos im Atlantik geborgen und Daniel vermisst wird, ...

Lucy, Daniel und ihre beiden Kinder Billie und Fin leben in einem Haus auf den Klippen an der Südwestküste Englands. Als eines Tages ihre Yacht herrenlos im Atlantik geborgen und Daniel vermisst wird, glaubt Lucy, ihr Mann hätte keinen anderen Ausweg mehr gesehen, für seine Schulden aufzukommen. Auch ein an sie gerichteter Brief scheint dies zu bestätigen.

Zitat Pos. 34:
Anfangs wird es dir schwerfallen zu vergeben. Aber nach einem Jahr, vielleicht zweien, wirst du das anders sehen. Du wirst zurückschauen und verstehen, dass ich recht hatte. Dass das hier die beste Lösung ist. Für uns alle.

Und dann wird plötzlich klar, dass auch die Kinder mit an Bord gewesen sein mussten.

Damit hatte der Autor meine volle Aufmerksamkeit, die auch nicht mehr nachließ. Ein Vater, der seine Kinder und sich selbst umbringt? Warum? Oder ist alles doch ganz anders, als es scheint?

Mit Cliffhangern am Ende jedes kurzen Kapitels bringt Lloyd einen dazu, immer weiter zu lesen, und lockt einen auf falsche Fährten. Unbedingt will man nun den Grund für diese Tragödie herausfinden. Das ein oder andere Tränchen konnte ich mir hierbei nicht verkneifen.

Nicht nur die Hauptprotagonisten, sondern auch der Ermittler Abraham ist zudem, psychologisch gesehen, ein interessanter Charakter, der mir im Laufe des Buches ans Herz gewachsen ist.
Die Story durchläuft einige Wendungen, und zum Ende weiß man kaum noch, was man glauben soll. Erst auf den letzten Seiten versteht man den Hintergrund und bekommt noch einen fulminanten Showdown mit (nur ein bisschen) Happy End.

Fazit: Ein temporeicher Thriller, der mich sowohl emotional als auch der Spannung wegen absolut gut unterhalten hat. Unbedingt lesen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.04.2022

Coole Story mit viel Input zwischen den Zeilen

Phantasmen (Graphic Novel)
0

Die Invasion der Geister bringt das Ende der Welt? Ja, genau. Denn stellt euch vor, dass der Geist jedes Verstorbenen an der Todesstelle verweilt - und zwar für immer und ewig. Und nicht nur das! Sobald ...

Die Invasion der Geister bringt das Ende der Welt? Ja, genau. Denn stellt euch vor, dass der Geist jedes Verstorbenen an der Todesstelle verweilt - und zwar für immer und ewig. Und nicht nur das! Sobald dieser Geist anfängt zu lächeln, sterben alle Menschen in seinem Radius. Die dann auch wieder zu Geistern werden. Und lächeln. Ihr merkt, worauf das hinausläuft? Die Gefahrenzone wird dadurch immer größer, bis es irgendwann keinen Platz mehr für Sterbliche gibt. Übrigens nicht nur auf der Erde, sondern auch im Weltall. So faszinierend und witzig diese Vorstellung erst einmal klingen mag, so beängstigend wird sie, wenn man sich länger mit ihr auseinandersetzt.

Den beiden Schwestern, Rain und Emma, ist längst jedes Lachen darüber vergangen. Zwar fürchten sie sich nicht vor den Geistern, aber vor den Konsequenzen derer. Auf der Suche nach ihren Eltern, die wahrscheinlich bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind, begegnen sie den hellen Wesen immer wieder. Doch sie wollen Gewissheit, wollen mit ihren eigenen Augen sehen, dass ihre Eltern nicht mehr die sind, die sie mal waren. Also machen sie sich mit ihrem rostigen Mini Cooper auf den Weg zur Unglücksstelle in Europas einziger Wüste ohne zu ahnen, was sie dort erwartet. Aber mit allerlei Hoffnung und Zweifeln gleichermaßen im Gepäck, die verdeutlichen, dass eine Wahrheit, die man bereits kennt, trotzdem verdammt weh tun kann, wenn sie sich gänzlich offenbart.

"Jeder, der nicht schnell genug wegkommt, stirbt an Herzversagen. Mittlerweile sind es Millionen Tote auf der ganzen Welt. Zig Millionen in weniger als zwölf Stunden." (Zitat Seite 39)

Das Artwork macht einiges her. Interessant hierbei finde ich den besonderen Stil von Jurek Malottke, der sich nicht um Tiefen und Details schert, sondern auf plastische, fast dezente Art den Fokus auf die Stimmung legt. Dadurch, dass man nicht alles von den Umgebungen wahrnimmt und auch Mimiken hier untergehen, konzentriert man sich auf das Ungesagte zwischen den Zeilen. Man fühlt mehr mit. Es ist schwer, das in Worte zu fassen. Der Sog, der von Seite 1 an entsteht, bleibt bis zuletzt erhalten. Zwar finde ich das Ende für meinen Geschmack eilig abgehandelt, denn es hatte definitiv noch Luft nach oben, dennoch wirkte es stimmig und rundete die Story gut ab. Womöglich liegt es am Leser selbst, welchen Ausgang er erwartet oder sich wünscht und ob er mit dem gebotenen zufrieden sein kann.

Fazit: Eine fantastische Geistergeschichte über das Ende der Welt mit Illustrationen, die insbesondere die Gefühle der Figuren so glaubhaft vermitteln, dass diese förmlich zum Leben erweckt werden. Hier bekommt man ordentlich was für sein Geld geboten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.04.2022

Cooles Setting, rotzige Sprache

Hit the Road
0

Es ist das Jahr 1969 und wir befinden uns im Westen von Nevada. Genauer gesagt in Reno, der größten Kleinstadt der Welt. Vicky hat heute Geburtstag, doch statt eines Geschenkes und einer großen Party bekommt ...

Es ist das Jahr 1969 und wir befinden uns im Westen von Nevada. Genauer gesagt in Reno, der größten Kleinstadt der Welt. Vicky hat heute Geburtstag, doch statt eines Geschenkes und einer großen Party bekommt sie lediglich ihren allerersten Auftrag. Als Teil einer berüchtigten Mafia-Familie ist es ihre Pflicht, alles zu tun, was das Oberhaupt, Granny, von ihr verlangt. Dabei hat Vicky eigentlich ganz andere Sorgen, die sie belasten.

In einem anderen Erzählstrang lernen wir Clyde kennen, der aufgrund eines Verfahrensfehlers gerade aus dem Knast entlassen wurde und nach einem "kleinen Malheur" mit seinem Bruder dringend einen Doktor für diesen benötigt. Und so kommt es, dass sich die Wege von Clyde und Vicky wie zufällig kreuzen. Willkommen im großen Schlamassel; bitte schnallen Sie sich an!

Dass nur einer von ihnen weiß, wer der andere eigentlich ist, sorgte für einen kleinen Überraschungseffekt, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Tatsächlich vermutete ich etwas völlig anderes und musste mich dann sogar an die neue Erkenntnis gewöhnen. Im positiven Sinne!

Die Illustrationen vermitteln gekonnt die jeweilige Atmosphäre der knappen Textpassagen. Alles wirkt pointiert, ohne unnötiges Geschwafel. Und auch der knackige, lockere Schreibstil fügt sich problemlos mit ein.

"Wir wissen doch beide, dass du früher oder später in den Knast zurückkommst oder dass du draußen elendig verreckst." (Zitat Seite 10)

Lediglich das Ende war dann zu plump abgehandelt und hätte durchaus noch ein, zwei Seiten mehr verdient gehabt. Es passte zwar inhaltlich zur vorangegangenen Story, war jedoch weniger spannend und verursachte bei mir ein unzufriedenes Seufzen.

Staubige Straßen, durchlöcherte Kerle, züngelnde Schlangen und mexikanischer Tequila: "Hit the Road" ist ein Road Trip voller Gefahren, Adrenalin und einem coolen Setting. Wer dreckigen Western-Flair und die dafür typische rotzige (Fäkal-)Sprache mag, wird hier gut unterhalten.

Kleines Schmankerl: Sogar Stephen King hat ein bisschen Platz bekommen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.04.2022

Kein typischer Fitzek

Schreib oder stirb
0

David Dolla ist Literaturagent und erhält einen zwielichtigen Anruf. Ein potentieller Kindesentführer bittet um Audienz in der psychiatrischen Klinik und verlangt, dass David ein Buch über ihn schreibt, ...

David Dolla ist Literaturagent und erhält einen zwielichtigen Anruf. Ein potentieller Kindesentführer bittet um Audienz in der psychiatrischen Klinik und verlangt, dass David ein Buch über ihn schreibt, dieses veröffentlicht und promotet. Für einen Vorschuss von einer Million Euro gibt er im Gegenzug den Aufenthaltsort seines letzten Entführungsopfers preis. David lässt sich auf den Deal nicht ein und bereut es schon nach kurzer Zeit. Er wird plötzlich zur Hauptfigur in einem unveröffentlichten Thriller, in dem nur David selbst die weitere Handlung bestimmen kann...

"Sehr bald schon werden Sie eine Entscheidung treffen müssen, von der das Leben der kleinen Pia abhängt. Es ist wie bei jedem Showdown: Der Held, in dem Falle Sie, muss alles auf eine Karte setzen. Und dann entscheidet sich das Genre unseres Romans: Ein Thriller mit Happy- End oder eine Tragödie ohne Hoffnung." (Zitat)

Ich habe einige Zeit gebraucht, um in die Handlung reinzukommen, und hatte am Ende doch das Gefühl, nie wirklich angekommen zu sein. Die Idee hinter der Story fand ich klasse und war auch irre neugierig darauf. Aber leider konnte mich das Autoren-Duo mit der Geschichte weder abholen noch überzeugen. Zu sehr fiel der typische Fitzek-Schreibstil leider unter den Tisch, da der beisenherz'sche Comedy-Schreibstil Oberhand behielt und dem Plot somit jegliche Spannung nahm.

Natürlich war es auch mal witzig, über einen Hauptprotagonisten zu lachen, der sich selbst auf die Schippe nimmt. Das hat die Handlung aufgelockert, aber hatte meiner Meinung nach mit einem Thriller leider wenig gemeinsam. Vergeblich wartete ich auf das Eingreifen von Fitzek und verlor so immer mehr die Lust am Weiterlesen. Schade!

An den Charakteren selbst lag es nicht, denn diese wurden authentisch und real gezeichnet. Aber ein wenig hat mir auch hier die Nähe gefehlt. Es wurden einfach zu wenige Informationen preisgegeben, sodass es mir schwerfiel, einen Bezug herzustellen. Die Kapitel, die hauptsächlich aus der Sicht von David Dolla erzählt werden, hatten eine angenehme Länge und gingen fließend ineinander über.

Das Ende kam überraschend und ich konnte einen leichten Fitzek-Wiedererkennungswert ausmachen. Ich gebe jedoch zu, dass ich es nur mühsam bis dahin geschafft hatte und zwischendrin öfter mal mit dem Gedanken haderte, das Buch einfach zur Seite zu legen. Noch nie war mir das bei einem Fitzek-Thriller in den Sinn gekommen. War also für mich eine neue Erfahrung.

Fazit: Ein Buch, das aufgrund des komödiantischen Schreibstils zwar unterhält, aber keinesfalls als Thriller deklariert werden sollte. Fitzek steht zwar drauf, ist aber eher weniger vorhanden, was ich leider ein wenig enttäuschend fand. Deshalb gibt es diesmal keine Empfehlung meinerseits.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.04.2022

Solider Reihenauftakt

TEAM HELSINKI
0

Als absoluter Fan skandinavischer Krimis und Thriller war für mich sofort klar, dass „Team Helsinki“ bei mir einziehen muss. Zumal es thematisch nicht aktueller sein könnte. Machtmissbrauch, Rassismus ...

Als absoluter Fan skandinavischer Krimis und Thriller war für mich sofort klar, dass „Team Helsinki“ bei mir einziehen muss. Zumal es thematisch nicht aktueller sein könnte. Machtmissbrauch, Rassismus und eine mit Vorurteilen behaftete Gesellschaft. Wenn diese Themen nicht genügend Sprengstoff für einen guten Kriminalroman bieten, dann weiß ich auch nicht. Theoretisch, denn in der Praxis sieht das hier ganz anders aus.

Leider hat die Story einige Längen, die man gut auch überspringen kann, weil sie weder wirklich zur Klärung des Falls beitragen noch tiefe Einblicke in das Privatleben der Figuren erlauben, die zum Beispiel Verhaltensweisen erklären würden. Teilweise habe ich mich gefragt, warum manche Details überhaupt erzählt werden, wenn sie so schnell in Vergessenheit geraten, wie sie aus dem Hut gezaubert wurden, oder einfach ohne weitere Erklärung für sich stehen gelassen werden.

Die Ermittler des Teams rund um Paula Pihjala sind im Großen und Ganzen sehr cool angelegt. Ein Team, das aufgrund seiner persönlichen Unterschiede nicht besser zusammenpassen könnte. So gut angelegt aber das Team ist, so sehr hat mir bei den anderen handelnden Personen irgendwie die Tiefe gefehlt. Zwar wurden allesamt individuell gestaltet, jedoch wären einige von ihnen auch beliebig austauschbar gewesen.

Das Autorenehepaar Ollikainen hat wirklich gute Ideen, allerdings fehlt der ganzen Kiste einfach die nötige Spannung. Gerade die ersten beiden Teile haben viele gute Ansätze, die dann aber nicht weiter ausgebaut werden und schnell wieder abflauen. Der stellenweise stark berichtende Erzählstil hat es mir hin und wieder sehr schwer gemacht, Emotionen zuzulassen. Für mich persönlich ist das aber genau für dieses „Ich kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen“-Gefühl nötig. Auf den letzten Seiten, im dritten Teil, bekam die Story zwar noch mal den nötigen Drive, leider konnte der Endspurt es dann aber auch nicht mehr rausreißen.

Fazit: Ein ganz solider Einstieg in eine neue Ermittlerreihe, die grundsätzlich Potenzial hat, für mich allerdings bei Weitem nicht mit meinen skandinavischen Krimi-Highlights mithalten kann. Wer es ruhiger mag und einfach mal nur unterhalten werden will, kommt hier vielleicht auf seine Kosten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere