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Veröffentlicht am 23.11.2023

Was für ein cooler Auftakt!

Stalking Jack the Ripper
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Eine Story, die im viktorianischen England spielt und Jack the Ripper thematisiert, musste ich unbedingt lesen. Einige Rezensenten meinten, dass das Ganze wie ein Crossover zwischen Jane Austen und Rechtsmedizin ...

Eine Story, die im viktorianischen England spielt und Jack the Ripper thematisiert, musste ich unbedingt lesen. Einige Rezensenten meinten, dass das Ganze wie ein Crossover zwischen Jane Austen und Rechtsmedizin anmutet, was für mich erst einmal kurios klang, mich aber dennoch neugierig gemacht hat.

Tatsächlich ist es Maniscalco sehr gut gelungen, die Atmosphäre im London gegen Ende des 19. Jahrhunderts einzufangen. Lebhafte Beschreibungen der Stadt sowie der Gesellschaft zeichnen ein Bild, bei dem ich froh war, es nicht am eigenen Leib erfahren zu haben. Nicht nur die hygienischen Umstände, auch das soziale Umfeld der Protagonistin Audrey Wadsworth bescherten mir so manches Mal eine Gänsehaut.

Audrey hingegen erinnerte mich oft an Hazel aus „Anatomy“ von Dana Schwartz – was die anderen Damen der feinen Teegesellschaft über sie dachten, war ihr egal. Sie ging ihrer Leidenschaft nach, was nur wegen ihrer Privilegien möglich war, und studierte Gerichtsmedizin. Eigentlich waren die „höheren“ medizinischen Berufe den Männern vorbehalten, doch das störte Audrey nicht weiter. Die taffe, wissbegierige und humorvolle Lady hat einfach ihr Ding durchgezogen und mir damit ziemlich imponiert. Sie ist ihrer Zeit weit voraus und der damals noch nicht sehr weit verbreiteten Ansicht, dass Männer nicht aufgrund ihres Geschlechts Respekt gezollt werden muss, sondern sie sich Respekt durch ihre Taten verdienen müssen. Irgendwann wurden mir die Wiederholungen allerdings zu eintönig – obwohl ich Audrey ansonsten sehr gerne mochte.

Dieses Buch ist Maniscalcos Debüt und ich muss sagen, dass ihr hier eine spannende Story über den wohl schrecklichsten Mörder aller Zeiten gelungen ist. Die Personen sind exzellent in das Setting eingebaut worden und glänzen durch ihre Dynamik in verschiedenen Situationen. Gerade die Beziehung zwischen Audrey und (dem teilweise echt arroganten, aber liebevollen) Thomas ist authentisch und realitätsnah. Das Geplänkel zwischen den beiden passierte mehr so nebenbei, sodass die Spannung nicht darunter litt, sondern ständig im Vordergrund war.

Allerdings würde ich die Story trotz der Morde nicht als Horror oder Thriller eingruppieren – ein Spannungsroman würde eher passen. Weder habe ich mich gegruselt noch gab es Folter oder ähnliches. Sicher ist das Sezieren von Leichen und die (gelungene bildliche) Darstellung davon nicht immer harmlos, doch hier hielt es sich im Rahmen.

Das Werk regt außerdem zum Miträtseln an, lässt aber eine tatsächliche Festnahme von Jack the Ripper - oder eine Aufdeckung seiner Identität - offen. Was logisch ist, denn bis heute ist unbekannt, wer sich hinter dem Namen verbirgt. Die Auflösung per se hat für mich auch so gepasst und ließ mich zufrieden zurück.

Fazit: Die meisten werden die Autorin aus dem Fantasy-Bereich kennen („Kingdom of the Wicked“), hier hat sie jedoch eindrucksvoll gezeigt, dass Spannung ebenso zu ihren Stärken gehört wie das Erschaffen von (historischen) Welten. Ich freue mich schon riesig auf den nächsten Band „Hunting Prince Dracula“. Weiterempfehlung!

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Veröffentlicht am 23.11.2023

Was für ein Pageturner!

The Lies We Tell – Niemand ist ohne Schuld
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Sarah und Tom sind überglücklich. Nach etlichen Fehlgeburten hat es endlich geklappt und Sohn Freddie ist gesund zur Welt gekommen. Er hat ihre Liebe perfekt gemacht und Sarah eine Aufgabe gegeben. Sie ...

Sarah und Tom sind überglücklich. Nach etlichen Fehlgeburten hat es endlich geklappt und Sohn Freddie ist gesund zur Welt gekommen. Er hat ihre Liebe perfekt gemacht und Sarah eine Aufgabe gegeben. Sie ist mit Leib und Seele Mutter und stellt ihre Bedürfnisse und auch die ihres Mannes hintenan. Als Freddie eines Nachts nach Hause kommt und gesteht, jemanden getötet zu haben, bricht für Sarah eine Welt zusammen. Ihr ist nur noch wichtig, dass Freddie keinesfalls bestraft wird. Sie muss ihren Sohn schützen und vergisst dabei, dass ihre Vergangenheit auch nicht fehlerfrei war. Jede Handlung kann auch sie in große Gefahr bringen…

Als ich die ersten Zeilen gelesen habe, stand für mich direkt fest, dass dieses Buch ein echter Pageturner wird. Und ich sollte recht behalten. Die Story, die Corry uns hier präsentiert, hat mich in Atem gehalten und einfach nicht mehr losgelassen. Zu oft habe ich mich in Sarah wiedererkannt, wenn es darum ging, ihren Sohn zu schützen. Viele Gedanken und Emotionen konnte ich so real nachempfinden, weil ich sie teilweise selbst erlebt habe bzw. mein Mutterherz einfach ähnlich gefühlt hat. Sarah ist mir somit sofort ans Herz gewachsen. Sie mag in manchen Situationen übertrieben haben und auch hin und wieder eine Helikopter-Mutter gewesen sein, aber für mich waren es oft Handlungen, die sie aus purer Liebe zu ihrem Sohn durchgeführt hat.

Die Spannung zieht den Leser gleich zu Beginn in den Bann. Denn nach Freddies Geständnis steht die Familienwelt von Sarah und Tom erstmal auf dem Kopf. Ich war unglaublich neugierig und wollte unbedingt erfahren, wie es mit Freddie nun weitergeht, aber darauf musste ich ganz schön lange warten.

Mit ihrem eloquenten und fesselnden Schreibstil nimmt uns die Autorin mit in die Vergangenheit. Hier erzählt sie uns, wie sich Sarah und Tom kennen und lieben gelernt haben, wie groß der Wunsch nach einem Kind war und wie lange die beiden darauf warten mussten. Es sind Erzählungen, die mir sehr nahe gingen und die mich verstanden ließen, wieso Sarah und Tom so sind, wie sie sind. Dabei macht der Buchtitel der Story alle Ehre, denn im Laufe der Handlung kommen so viele Lügen ans Licht, bei denen ich mich gefragt habe, wie man diese überhaupt so lange vor seinem Partner verbergen kann.

Den Schlussteil hat Corry grandios umgesetzt. Im Vorfeld hat schon einiges auf solch einen Ausgang hingedeutet - und obwohl er dadurch vorhersehbar war, war ich dennoch völlig von den Socken. Es blieben für mich keine Fragen offen und meine Erwartungen wurden vollends erfüllt.

Fazit: Wie weit darf die Liebe einer Mutter gehen? Wer entscheidet überhaupt, wie ich mein Kind schützen darf oder nicht? Diesen Fragen geht Corry auf den Grund und hält ihre Leserschaft ordentlich auf Trab. Wer auf großes Familiendrama, dunkle Geheimnisse und unterschwellige Spannung steht, der ist hier genau richtig. Endlich mal wieder ein cooler Pageturner!

/RO, Sabrina

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Veröffentlicht am 19.11.2023

Reihe gelungen fortgeführt

Die Essenz des Bösen
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Will Raven und Sarah Fisher, die beide bei dem bekannten Dr. Simpson, dem Erfinder des Chloroforms, wohnen und arbeiten, wollen nach dem letzten Teil getrennte Wege gehen. Doch als einige Mordfälle Edinburgh ...

Will Raven und Sarah Fisher, die beide bei dem bekannten Dr. Simpson, dem Erfinder des Chloroforms, wohnen und arbeiten, wollen nach dem letzten Teil getrennte Wege gehen. Doch als einige Mordfälle Edinburgh erschüttern, werden beide, unabhängig voneinander, involviert.

"Die Essenz des Bösen" ist der dritte Teil aus der Reihe "Die Morde von Edinburgh" und spielt im 19. Jahrhundert. Eine Zeit, in der Frauen nicht viel zugestanden wurde und nur Männer Macht ausübten - vor allem natürlich die reichen.

Zitat S. 11:
"Niemand hatte die Wahl, was er erbte, in welches Haus er geboren wurde und was ihn dort erwartete: Reichtum oder Armut, Liebe oder Grausamkeit, Hege oder Verwahrlosung."

Zu dieser Zeit jedoch war es fast unmöglich, sich von seiner Bestimmung zu befreien. Das muss auch Sarah feststellen, die so gerne Medizinerin werden würde, der es als Frau aber nicht gestattet ist zu studieren. Dennoch begibt sie sich auf die Suche nach Elisabeth Blackwell, der ersten Frau, die 1849 ein Studium der Medizin abschloss, um von ihr Beistand und Hilfe zu bekommen.
Will Raven konzentriert sich ebenso auf seine weitere Karriere, zudem auch eine Heirat zuträglich wäre. Als Arzt für Geburtshilfe wird erwartet, dass er eine Ehe eingeht und Kinder bekommt.

Ein beachtlicher Teil des Buches befasst sich mit diesen beiden Protagonisten, sodass es hier sicher von Vorteil ist, die Vorgängerbände gelesen zu haben. Denn nur so kann man die Hintergründe und die Entscheidungen der beiden wirklich nachempfinden. Auch historisch sind die Einblicke und die Anfänge eines Zeitwandels interessant zu verfolgen.

Erst ab etwa der Hälfte des Buches liegt der Fokus mehr auf den Morden, die sowohl Will als auch Sarah wieder zusammenbringen. Die erschütternden Hintergründe, die erst Stück für Stück ans Tageslicht kommen und immer tragischer werden, sind spannend verpackt.

Das Autorenduo verknüpft hier wahre Vorkommnisse (im Nachwort nachzulesen) mit fiktiven Fällen, deren Ausmaß einem sehr schockierend die Nöte, vor allem die der Frauen, der damaligen Zeit vor Auge halten.

Zitat S. 351:
"Sarah dachte an einige der Abscheulichkeiten, die sie über die letzten Jahre gesehen hatte. (...) Doch das hier konnte man nicht unter Verschluss halten."

Die Auflösung der Morde ist recht kompliziert, aber sehr authentisch und teilweise überraschend - auf jeden Fall aber höchstspannend, schockierend und schier unglaublich, dass es sich damals wirklich so oder so ähnlich abgespielt hat.

Fazit: Ein auf wahren Begebenheiten beruhender Kriminalroman des 19. Jahrhunderts mit interessanten historischen Hintergründen und schockierenden Mordfällen, die sehr authentisch und spannend aufgelöst werden. Eine Pflichtlektüre für Fans historischer Kriminalromane.

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Veröffentlicht am 19.11.2023

Cooler Rätselspaß

Jack the Ripper – ein Fall für „Verbrechen von nebenan“
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Ich könnte mich den ganzen Tag mit True-Crime beschäftigen und nehme euch heute mit in die Welt des berüchtigten Serienmörders Jack the Ripper. Er war im London des 19. Jahrhunderts für fünf brutale Frauen-Morde ...

Ich könnte mich den ganzen Tag mit True-Crime beschäftigen und nehme euch heute mit in die Welt des berüchtigten Serienmörders Jack the Ripper. Er war im London des 19. Jahrhunderts für fünf brutale Frauen-Morde verantwortlich. So glaubt zumindest die Polizei, denn gefasst wurde Jack the Ripper nie. Seine wahre Identität ist bis heute unbekannt. Immer wieder wird die Geschichte um ihn neu aufgerollt, sei es in Serien, Büchern, Filmen oder Dokumentationen. So auch von Philipp Fleiter, den viele von euch aufgrund seines erfolgreichen Podcasts „Verbrechen von nebenan“ kennen dürften.

Das Buch ist aufgeteilt in kleine Kapitel und beinhaltet zehn Rätsel. Diese sind nicht zu schwierig, jedoch muss man sein Köpfchen schon ein wenig anstrengen, genau lesen und ermitteln. Falls man doch einmal nicht weiterkommen sollte, kein Problem, hinten im Buch stehen die Lösungen. Die Rätsel haben die Geschichte angenehm aufgelockert und es hat mir viel Spaß gemacht, diese zu lösen.

Vorweg gibt es ein Personenverzeichnis, denn es kommen immer wieder unterschiedliche Charaktere vor. Das hat mir geholfen, nicht durcheinander zu kommen. Jede Figur ist authentisch, hat ihren eigenen Kopf und wurde gut ausgearbeitet. Charlotte Foster könnte man als Hauptprotagonistin bezeichnen. Wir ermitteln mit ihr gemeinsam und sind Jack höchstpersönlich auf der Spur. Charlotte ist tough, Reporterin durch und durch, und versucht sich in einer männerdominierten Welt durchzusetzen. Sie selbst ist eine fiktive Person, aber es gab wirklich eine Reporterin, die Fleiter als ihr Vorbild genommen hat.

Es gab viele spannende Wendungen und Höhepunkte, die mich überraschen konnten. Und selbst das Ende des Buches durfte ich selbst mitgestalten, daher war es unvorhersehbar und einfallsreich.

Fazit: Mir hat diese Art von True-Crime richtig gut gefallen. Eine aufregende Spurensuche durch London zum Miträtseln und Mitfiebern. Fesselnd, faszinierend, mal was anderes. Ich bin begeistert!

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Veröffentlicht am 14.11.2023

Poetisch, düster, beeindruckend!

Requiem für einen blutroten Stern
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Wärt ihr gern unsterblich?

Cedric Edwards kann diese Frage mit Ja beantworten. Der Familienvater hat seine geliebte Frau aufgrund einer Krankheit verloren und ist nun selbst sterbenskrank. Cedrics einzige ...

Wärt ihr gern unsterblich?

Cedric Edwards kann diese Frage mit Ja beantworten. Der Familienvater hat seine geliebte Frau aufgrund einer Krankheit verloren und ist nun selbst sterbenskrank. Cedrics einzige Sorge gilt seinen beiden Töchtern, die viel zu jung sind, um zurückgelassen zu werden. Da kommt ihm das Angebot seiner Ärztin gerade recht: ein Forschungsserum, das unsterblich macht. Cedric stimmt zu und ahnt nicht, worauf er sich wirklich eingelassen hat.

Das klingt jetzt vermutlich wie ein Klischee, aber es ist die Wahrheit: Ich habe die erste Seite begonnen und war sofort gefangen. Der ganze Plot lebt nicht nur von den fein gezeichneten Figuren und der Vielzahl an Ideen, mich haben insbesondere Sprache und Stil beeindruckt. Wann liest man schon mal Wörter wie "zuvorderst"? Anika Beer findet stets die richtigen Worte und lässt das Viktorianische Zeitalter gekonnt mit einfließen. Dabei wechselt sie die Perspektive und legt den Fokus mal auf Cedric in Michigan, mal auf andere Figuren wie Dorián, Dorothy und Bartosz in Rom - bis die einzelnen Erzählstränge zusammengeführt werden und man vor lauter Spannung fast das Atmen vergisst.

Die Autorin gibt uns genug Zeit, um alle Charaktere kennenzulernen und diese bei den unterschiedlichsten Ereignissen zu begleiten. Ich habe mit Cedric Klavier gespielt, menschliches Blut getrunken, bin mit Dorián auf die Dächer Roms geklettert, habe in der Stadt um ein paar Münzen gebettelt und im Waisenhaus die Teller gewaschen. Die Geschichte wirkt so unglaublich lebendig, dass man mittendrin ist.

Die Kapitel werden mit kleinen Illustrationen und Klavierstücken eingeleitet, sodass auch hier der rote Faden erkennbar bleibt.

Dieser Roman erinnert mich an Anne Rices "Interview mit einem Vampir", da Cedric seine eigene Geschichte einem Jungen erzählt. Wir erfahren also vieles aus diesen Rückblenden. Doch "Requiem für einen blutroten Stern" ist so viel mehr als eine simple Vampirgeschichte. Es ist eine düstere Klaviatur des (Un)Todes und zeitgleich eine Ode an das Leben und die Liebe. Ein Mahnmal für all jene, die manchmal die Hoffnung verlieren, ihren Platz in der Gesellschaft suchen und Angst davor haben, jemanden zurückzulassen.

Lest dieses Buch!

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