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Veröffentlicht am 07.01.2018

Die Geschichte einer fiktiven Stadt

Das Licht der Welt
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Inhalt
Varennes-Saint-Jacques, Oberlothringen, 1214: Rémy Fleury kehrt nach Ende seiner Ausbildung in seine Heimatstadt zurück, um dort eine eigene Werkstatt als Schreiber zu eröffnen. Doch damit zieht ...

Inhalt
Varennes-Saint-Jacques, Oberlothringen, 1214: Rémy Fleury kehrt nach Ende seiner Ausbildung in seine Heimatstadt zurück, um dort eine eigene Werkstatt als Schreiber zu eröffnen. Doch damit zieht er sich den Zorn des Abtes von Longchamps zu, der in Rémy einen Konkurrenten sieht, verfügt seine Abtei doch über ein Skriptorium, dessen Dienste sich die Mönche gut bezahlen lassen.
Vier Jahre später: Einige junge Männer Varennes dienen im Heer von König Friedrich II. bei der Belagerung von Amance. Angeführt wird die Schar Freiwilliger von Anseau Lefèvre, der seine Männer für eigenen Ruhm opfert. Als Michel Fleury nach dem Rechten sieht, macht er sich in Lefèvre einen Feind fürs Leben...

Meine Meinung
Wie schon in Das Salz der Erde erzählt Christoph Lode unter dem Pseudonym Daniel Wolf eine Geschichte, die viele Jahre umspannt. Auch wenn zwischen den beiden Romanen einige Jahre liegen, so sind die Verhältnisse doch weitestgehend unverändert, und man trifft auf viele alte Bekannte. Auch wenn es nicht zwingend notwendig ist, den ersten Band der Reihe zu kennen, um die Handlung in Das Licht der Welt zu verstehen, so empfiehlt es sich dennoch, ihn vorher gelesen zu haben.
Dreh- und Angelpunkt des Romans ist mal wieder die fiktive lothringische Stadt Varennes-Saint-Jacques, die sich seit Beginn des ersten Bandes stark verändert hat. Zwar laufen immer mal wieder historische Personen durchs Bild, und reale Ereignisse haben einen Einfluss auf die Stadt, im Großen und Ganzen ist die Handlung aber fiktiv, so dass der Autor große Freiheiten hat, seine Handlung zu gestalten.
War im ersten Roman noch Michel die Hauptperson, nimmt diese Rolle hier Rémy ein, ohne jedoch seinen Vater komplett in den Hintergrund zu drängen.
Wer den ersten Band kennt, ist mit Rémys Persönlichkeit vertraut. Er ist ein Sturkopf, der seinen eigenen Weg geht, der keinen Sinn darin sieht, vor Autoritäten zu buckeln und sich durch seine eigenbrötlerische Art nicht nur Freunde macht. Mit seinem Vater verbindet ihn auch keine innige Liebe. Im Großen und Ganzen ist er dennoch ein liebenswerter Hauptcharakter, der im Gegensatz zu seinem Vater im ersten Band schon seine Ecken und Kanten hat.
Im Vergleich zu Rémy fallen jedoch die meisten anderen Charaktere stark ab. So kann man die meisten mit ihrem ersten Auftreten in Gut und Böse einteilen. Und Böse bedeutet hier nicht nur, gegen Rémy oder Michel eingestellt zu sein. Insbesondere Anseau Lefèvre zeigt geradezu satanische Züge und zögert auch nicht, unbeteiligten Menschen Schaden zuzufügen, solange er einen Nutzen daraus zieht, und wenn es nur dem eigenen vergnügen dient.
Dadurch sind leider Teile der Handlung vorhersehbar. Geschickte Wendungen führen jedoch dazu, dass das Buch spannend bleibt, auch wenn man sie letztlich bereits erwartet. Manche Entwicklungen waren dabei logisch, andere erschienen mir doch recht weit hergeholt.
Die Handlung folgt im Großen und Ganzen einem roten Faden, der sich jedoch gelegentlich in Kleinigkeiten und neuen Handlungssträngen verliert, so dass ich mich schon gelegentlich gefragt habe, worauf das alles hinauslaufen soll.
Die Sprache ist einfach und zweckmäßig, so dass man der Handlung problemlos folgen kann. Auch wenn die Personen mal in deutschen, mal in französischen Gebieten unterwegs sind, so wird doch auf die Verwendung französischer Begriffe weitestgehend verzichtet. Nur in Fällen, in denen es für die Handlung wichtig ist, wird überhaupt auf die Zweisprachigkeit hingewiesen.
Die Taschenbuchausgabe verfügt in der vorderen Klappe über eine farbige Karte der fiktiven Stadt Varennes Saint Jacques sowie einer weiteren Karte der Region Oberlothringen, ein ausführliches Personenregister, ein Glossar sowie ein Nachwort zum historischen Kontext und ist somit sehr gut ausgestattet.

Fazit
Ein spannender Roman, der insbesondere unter den stark stereotypen Charakteren leidet, der mich aber dennoch gut unterhalten konnte. Für Leser con Rebecca Gablé, Ken Follett oder Ildefonso Falcones einen Blick wert, jedoch empfehle ich, vorher den ersten Band der Reihe zu lesen.

Veröffentlicht am 24.11.2017

Ein standhafter Mann im Bürgerkrieg

Das Banner der Königin
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Inhalt
Normandie, 1130: John FitzGilbert ist der junge Marshal des Königs, der Herr über die Ordnung bei Hofe, verantwortlich für reibungslose Abläufe und für die Hofdirnen. Mit dem jungen Robert of Gloucester, ...

Inhalt
Normandie, 1130: John FitzGilbert ist der junge Marshal des Königs, der Herr über die Ordnung bei Hofe, verantwortlich für reibungslose Abläufe und für die Hofdirnen. Mit dem jungen Robert of Gloucester, dem unehelichen Sohn des Königs, verbindet ihn eine tiefe Freundschaft. Sorgen bereitet ihm jedoch der Blick auf die Zukunft, denn es gibt keinen direkten männlichen Thronfolger.
Als der König unerwartet stirbt, entbrennt ein erbitterter Kampf um die Nachfolge. Wem soll sich John anschließen, Matilda, der legitimen Tochter des Königs, auf die die Edlen des Landes eingeschworen wurden, die aber mit dem verhassten Geoffrey von Anjou verheiratet ist, oder einem Neffen des Königs, Stephan von Blois?

Meine Meinung
Während der Recherchen über William Marshal ist der Autorin Elizabeth Chadwick aufgefallen, dass auch das Leben dessen Vaters genügend Material für einen spannenden Roman bietet. Und somit ist Das Banner der Königin nun der nachgeschobene Auftakt der Reihe über die Familie Marshal.
Den geschichtlichen Hintergrund bildet die sogenannte Anarchy, der Bürgerkrieg Englands, in dem es um die Nachfolge Heinrichs I. geht. Als jemand, der eine hohe Position bei Hofe einnimmt, ist John FitzGilbert dicht am Geschehen, und somit verkommt der Krieg nicht nur zur Kulisse, sondern ist entscheidender Teil der Handlung. Oft genug ist er selbst involviert, nimmt an Kämpfen teil, ist beratend tätig, oder seine Familie wird mit in den Krieg hineingezogen. Dabei orientiert sich die Autorin an Fakten, sofern überliefert, und zaubert ein stimmiges Bild dieser Zeit, verpackt in einer Geschichte, die erfunden auch kaum spannender hätte sein können. Ein wenig Vorwissen über diese Zeit kann aufgrund der Fülle der Nebenpersonen nicht schaden, weil man sonst doch recht schnell den Überblick verlieren kann, ist jedoch kein Muss.
Neben den politischen Handlungen ist auch das Familienleben ein großer und wichtiger Bestandteil des Romans, man erfährt etwas über das Alltags- und Liebesleben der Edlen des Landes. Dieses ist im Vergleich nicht ganz so spannend, auch weil man schon recht früh erkennen kann, in welche Richtung es sich entwickelt. Nimmt man jedoch alles zusammen ergibt sich ein stimmiges Bild über das Leben dieser Zeit, das eben nicht nur aus Kampf und Politik, sondern auch aus den schönen Dingen und Alltäglichem besteht.
John FitzGilbert wird als ehrgeiziger Mann geschildert, der durch sein Vermögen, immer den Überblick zu behalten, schon sehr jung eine wichtige Position erworben hat, der aber auch schon mal skrupellos sein kann, wenn es um die Vermehrung seines Vermögens geht und der sehr viel auf seine Ehre gibt. Er ist eben nicht nur ein Gutmensch, sondern ein Kind seiner Zeit, und dennoch war er mir die meiste Zeit über sympathisch.
Weitere wichtige Personen sind Aline Pipard, Johns Mündel und Frau, deren Frömmigkeit stark übertrieben anmutet, aber für die damalige Zeit nicht ganz ungewöhnlich gewesen sein dürfte und die mit der Führung eines Haushalts gnadenlos überfordert ist, sowie Sybilla von Salisbury, ein junges Mädchen, das John aus der Ferne bewundert. Auch wenn es hier einige Charaktere gibt, die eher negativ dargestellt werden, gibt es keine reine Schwarz-Weiß-Zeichnung, jeder, auch John FitzGilbert, zeigt sich von mehreren Seiten und hat einen Grund für sein Handeln.
Die Sprache ist klar und einfach, die Übersetzung gut lesbar. Einzig gestört hat mich, wie auch bei anderen Romanen von Elizabeth Chadwick, das Durcheinander von übersetzten und nicht-übersetzten Namen. Warum muss der englische König unbedingt Heinrich heißen? Sein Schwiegersohn heißt doch auf weiterhin Geoffrey, wenn auch „von“ Anjou, anstelle von Geoffroy oder Gottfried.
Die Taschenbuchausgabe ist mit diversem Zusatzmaterial ausgestattet. So gibt es einige Karten, einen Stammbaum der Marshals, historische Anmerkungen sowie eine kurze Bibliographie.

Fazit
Ein lesenswerter Roman über die Anarchy, den ich allen Interessierten über diese Zeit ans Herz legen möchte und an dem ich neben der übersetzten Namen kaum etwas auszusetzen habe.

Veröffentlicht am 24.11.2017

Der Aufstieg des William Marshal

Der Ritter der Königin
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Inhalt
Normandie, 1167: William Marshal ist der vierte Sohn von John FitzGilbert, Marshal von Heinrich II. Als solcher hat er keine Aussicht auf ein Erbe und muss seinen Platz in der Welt noch finden und ...

Inhalt
Normandie, 1167: William Marshal ist der vierte Sohn von John FitzGilbert, Marshal von Heinrich II. Als solcher hat er keine Aussicht auf ein Erbe und muss seinen Platz in der Welt noch finden und sich hart erarbeiten. Als Knappe im Dienst von Guillaume de Tancarville, einem entfernten Verwandten, hat der Zwanzigjährige die bestmögliche Ausbildung erhalten, doch nach seinem Ritterschlag ist seine Zukunft ungewiss, auch wenn sein Können in der Schlacht und auf Turnierplätzen schon früh überzeugt.
Im Dienst unter seinem Onkel Patrick of Salisbury tritt er ins Gefolge von Königin Eleonore ein – ein Schritt mit großen Folgen!

Meine Meinung
Der Ritter der Königin, im englischen Original The Greatest Knight, ist der erste Roman, den ich von Elizabeth Chadwick gelesen habe, und er sollte nicht der letzte bleiben. Es handelt sich hierbei um den ersten von bisher zwei Bänden (ein dritter soll kommenden März in englischer Sprache erscheinen) über das Leben William Marshals, der es als zunächst mittelloser Ritter sehr weit gebracht hat. Sogar so weit, dass ich zunächst nicht glauben konnte, dass es sich hier eben nicht um einen fiktiven Romancharakter handelt, sondern um jemanden, der tatsächlich gelebt hat, auch wenn die Autorin einige Lücken in seiner Biografie zu füllen hatte. Inwieweit nun alles historisch korrekt ist kann ich nicht beurteilen, für mich erscheint die Handlung jedoch schlüssig und ist so spannend erzählt, dass ich dieses Buch auch zum wiederholten Mal kaum aus der Hand legen konnte.
Der historische Hintergrund wird durch Heinrich II., Königin Eleonore und deren Söhne gebildet, deren Konflikte untereinander und mit Adligen des Reiches, in die William schon bald hineingezogen wird. Vorwissen über diese Zeit ist nicht nötig, um den Roman genießen zu können, aber hilfreich, will man die Feinheiten aufnehmen. Neben dem politischen Hintergrund werden immer wieder zusätzliche Beschreibungen über den Alltag bei Hofe, die Kleidung, das Leben der Menschen eingeflochten, die dafür gesorgt haben, dass ich mir das Beschriebene sehr gut vorstellen konnte und ein regelrechtes Kopfkino abgelaufen ist, ohne dass es zu viele Informationen auf einen Schlag gewesen wären.
Chadwick stellt William Marshal als jemanden dar, der durch ein Erlebnis in jungen Jahren stark geprägt ist: Ihm geht Treue zu seinem jeweiligen Herrn über alles, und auch seine eigene Ehre ist ihm wichtig. Einen Schwur spricht er nicht leichtfertig aus, im Gegensatz zu manchen seiner Zeitgenossen. Da er zudem ein guter Kämpfer, sowohl in Turnieren als auch in echten Schlachten, ist, erscheint er hier schon fast übertrieben gut, edel und geschickt, dazu noch wortgewandt und gutaussehend. Negative Seiten sucht man beinahe vergeblich, denn seine Beschreibung als Vielfraß und Langschläfer sehe ich eher als spöttische Hänselei denn als echte negative Darstellung. Und dennoch kam er mir hier nicht wie ein Übermensch vor, sondern eben als Mensch seiner Zeit, der durch seine Erlebnisse und Mitmenschen geprägt ist. Wer mehr über Williams Jugend lesen will, kann darüber in Das Banner der Königin nachlesen, dies ist aber für das Verständnis nicht notwendig.
Es kommen eine Vielzahl an überwiegend belegt historischen Personen vor, so dass es nicht gerade einfach ist, den Überblick zu behalten – ein Personenregister ist leider in meiner Ausgabe nicht vorhanden, wäre hier aber hilfreich gewesen. An der Darstellung der wenigsten Personen habe ich etwas auszusetzen. Zwar sind einige Charaktere direkt bei ihrer Einführung als Gegenspieler und mögliche spätere Feinde Williams zu erkennen, aber diese Feindseligkeiten werden stets plausibel geschildert.
Sprachlich ist der Roman wenig auffällig. Er ist vielleicht nüchterner, nicht ganz so emotional gehalten wie die manch anderer Autorinnen, dies hat mich jedoch an keiner Stelle gestört. Auch die Übersetzung scheint gelungen, nur ist es, wie schon bei Das Banner der Königin, die Übersetzung einiger Namen, die mir sauer aufstößt. Warum müssen die Namen der Plantagenets eingedeutscht werden, wenn alle anderen Namen der englischen Version des Romans entsprechen?
Zusatzmaterial ist hier kaum vorhanden, einzig eine Anmerkung der Autorin über den historischen William Marshal und eine kurze Danksagung sind enthalten. Gegen ein Personenregister und eine Karte hätte ich nichts einzuwenden gehabt.
(Anmerkung: Gelesen wurde die deutschsprachige TB-Erstausgabe)

Fazit
Eine uneingeschränkte Leseempfehlung für Interessierte an englischer Geschichte dieser Zeit, spannend erzählt.

Veröffentlicht am 16.05.2017

Das Leben des Francis Drake

Der Pirat
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Inhalt
England, 1560: Schon mit zwanzig Jahren ist der junge Seemann Francis Drake ein Ausnahmetalent in seinem Fach, so dass ihm sein Kapitän Sam Richards verspricht, Drake sein Schiff zu vermachen.
Zwanzig ...

Inhalt
England, 1560: Schon mit zwanzig Jahren ist der junge Seemann Francis Drake ein Ausnahmetalent in seinem Fach, so dass ihm sein Kapitän Sam Richards verspricht, Drake sein Schiff zu vermachen.
Zwanzig Jahre später hat Drake alle Weltmeere befahren, einige Schiffe, die unter seinem Kommando standen, verloren, aber auch große Reichtümer gewonnen, als er auf der Rückreise nach England Gefahr läuft, von spanischen Schiffen aufgebracht zu werden. Nur ein Trick kann ihn, den gefürchteten El Draque, jetzt noch retten.
In England angekommen wird Drake gefeiert, die Spanier fordern allerdings seine sofortige Auslieferung. Um ihn außer Gefahr zu schaffen wird der Kapitän auf eine Mission geschickt, die die englische Seefahrt revolutionieren soll…

Meine Meinung
In diesem Roman beschäftigt sich Mac P. Lorne mit dem Leben des berüchtigten Piraten Francis Drake vom Zeitpunkt der Rückkehr seiner Weltumseglung bis zum Kampf mit der spanischen Armada, also dem Zeitraum, in dem Drake vom Glück verfolgt wurde und großes Ansehen erlangt hat. Gerne hätte ich etwas mehr über die frühen Jahre des Piraten oder auch von der großen Weltreise selbst erfahren, schließlich hat Drake hier viele Abenteuer erlebt, Schiffe und Männer verloren, Schätze gewonnen, gekämpft und gelitten. Leider wird auf diese Zeit nur rückblickend eingegangen, so dass man zwar in groben Zügen erfährt, was geschehen ist, aber ohne, dass man als Leser wirklich dabei ist.
Besonderes Augenmerk wird hier stattdessen auf die Abenteuer gelegt, die die Beziehung zwischen England und Spanien beeinflusst haben, doch auch die Reformen des Schiffsbaus der Engländer unter Mathew Baker und die des Bronzegusses unter Joachim Gans, die für England sehr wichtig waren, sind Themen, die hier aufgegriffen und auch für Laien verständlich erklärt werden. Zwar kann ich mir den Unterschied zwischen Galeeren, Galeonen und Galeassen noch immer nicht merken, doch komplizierte Segelmanöver oder auch der Vorteil von Bronzekanonen gegenüber denen aus Eisen oder die Schwierigkeiten des Gusses waren auch für mich zu verstehen.
Lorne beschreibt hier jedoch nicht nur verbürgte Unternehmen Drakes, auch einen Zeitraum, zu dem Drakes Aufenthaltsort unbekannt ist, füllt der Autor mit einer spannenden Episode, die allerdings mit diesem Hintergrund für meinen Geschmack etwas zu viel Raum einnimmt.
Der Schreibstil ist flüssig, auch wird man nach dem Prolog direkt ins Geschehen geworfen, so dass ich gleich von Beginn an mit Drake mitgefiebert hatte, obwohl mir sein Leben in groben Zügen bereits bekannt war.
Viele, wenn nicht die meisten der handelnden Personen sind historisch belegt. Schwarz-Weiß-Malerei oder eine sehr einseitige Darstellung von Personen ist mir nicht negativ aufgefallen. Einzig Drake wird hier sehr positiv beschrieben, wobei der Autor in seinem Nachwort erklärt, dass es sehr schwer war, Belege dafür zu finden, dass er auch negative Seiten hatte.
Und so wird Drake weitestgehend als sympathischer Mensch dargestellt, dem das Glück über weite Teile seines Lebens hold ist. Schlechte Seiten zeigt er kaum, sieht man von einer einzigen Tat ab, die sich vor dem Romangeschehen abspielt und von der man nur rückblickend erfährt, die aber große Auswirkungen auf Drakes weiteres Leben hat. Nicht nur wird der Seemann Drake hier gezeigt, auch als Privatmann lernt man ihn zumindest ein wenig kennen.
Eine weitere wichtige Person in diesem Roman ist Königin Elizabeth. Ihre Wankelmütigkeit, aber auch der Balanceakt, den sie eingehen musste, um die Herrscher verschiedener Länder nicht vor den Kopf zu stoßen und eine Heirat oder Kriege zu vermeiden, werden hier glaubwürdig beschrieben.
Wie man es heute von historischen Romanen erwartet ist auch dieses Buch mit Zusatzmaterial ausgestattet. Neben einem zehnseitigen Nachwort gibt es vorne im Buch ein Personenregister, das allerdings leichte Spoiler beinhaltet und das man aus diesem Grund nur bei Bedarf zurate ziehen sollte, eine Zeittafel zu den wichtigsten Punkten aus den Leben von Elizabeth I. und Francis Drake, ein Glossar, das insbesondere nautische Begriffe erklärt sowie eine Bibliografie.

Fazit
Ein lesenswerter Roman über eine sehr interessante Persönlichkeit, den ich all denjenigen ans Herz legen möchte, die sich auch nur ein klein wenig für Segelmanöver, den Kampf der Engländer gegen die spanische Armada oder eben die Person Francis Drake selber begeistern können, aber auch als Abenteuerroman lässt sich dieses Buch gut lesen.

Veröffentlicht am 16.05.2017

Der zweite Ausflug in die deutsche Geschichte

Die fremde Königin
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Inhalt
Garda, 951: Adelheid, die verwitwete Königin Italiens, wird von Berengar von Ivrea gefangen gehalten. Sie soll seinen Sohn heiraten, damit die Königswürde auf seine Familie übergeht, dabei war es ...

Inhalt
Garda, 951: Adelheid, die verwitwete Königin Italiens, wird von Berengar von Ivrea gefangen gehalten. Sie soll seinen Sohn heiraten, damit die Königswürde auf seine Familie übergeht, dabei war es Berengar, der ihren Mann vergiften ließ. Doch nach viermonatiger Gefangenschaft gelingt es ihr, aus dem Verlies zu fliehen und sich in Sicherheit zu bringen.
Hilfe erhält sie dabei von Gaidemar, einem Bastardsohn aus der Verwandtschaft König Ottos. Schon bald ist er von Adelheid fasziniert, die auch nach so langer Gefangenschaft ungebrochen und immer gefasst ist. Doch in Pavia wartet König Otto auf sie, um ihr ein Angebot zu machen, das sie kaum ausschlagen kann…

Meine Meinung
Die Romane der Autorin Rebecca Gablé stehen für mich für Bücher, die man kaum aus der Hand legen kann, gute Unterhaltung, eingebettet in die tatsächlichen historischen Begebenheiten, dass man so ganz nebenbei noch sehr viel über deutsche und englische Geschichte lernen kann. Und jedes Mal geht es mir wieder so, dass ich Romane dieser Autorin schneller durchlese als manch andere Bücher anderer Autoren, die nur halb so viele Seiten haben.
Man merkt, ich liebe diese Bücher. Dennoch soll dies kein reines Loblied auf sie sein, sondern eine kritische Betrachtung.
Der vorliegende Roman beschreibt die Zeit König Ottos von seiner Hochzeit mit Adelheid bis zur Kaiserkrönung, deckt also etwa elf Jahre ab. In dieser Zeit passiert sehr viel, es gibt Krieg innerhalb der Familie, aber auch mit den Ungarn, den Slawen und den Italienern, und eine der Hauptpersonen ist eigentlich immer mitten drin. Aber auch die Politik spielt eine große Rolle, denn die Herzöge des Reiches sind alle mit Otto verwandt und verschwägert, und auch die kirchliche Macht liegt zum Teil in den Händen der Familie, was nicht nur positive Seiten hat. Hier muss man schon mal ein wenig Konzentration aufwenden, um die Gründe für das Hin und Her über die Dauer des Buches nicht aus den Augen zu verlieren. Wer das nicht mag, ist mit diesem Roman wie auch mit Büchern der Autorin im Allgemeinen nicht gut beraten. Viele Ereignisse sind dabei bis heute überliefert, andere Informationen jedoch nur oberflächlich in den alten Texten enthalten oder sehr widersprüchlich, so dass das Gerüst der Romanhandlung durch die Historie zwar vorgegeben ist, jedoch auch noch genügend Freiraum für die Autorin vorhanden ist, der Phantasie freien Lauf zu lassen und die Handlung mit Leben zu füllen.
Dabei werden die meisten Charaktere aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Insbesondere Adelheid zeigt so viele verschiedene Seiten, dass ich selbst zum Ende hin nicht wusste, ob ich sie als Romanfigur mochte oder nicht, mal war sie mir richtig sympathisch, dann wieder eher das genaue Gegenteil. Sie ist eine sehr gute Politikerin, sehr darauf bedacht, Situationen zum Vorteil ihrer Familie auszunutzen, selbst wenn das bedeutet, ihrem Gatten Informationen vorzuenthalten. Dennoch hat sie auch eine sehr menschliche Seite, die besonders, aber nicht nur im Umgang mit ihren Kindern deutlich wird.
Eine weitere Hauptperson ist Gaidemar, ein fiktiver Charakter aus Ottos Familie. Wer schon den einen oder anderen Roman von Rebecca Gablé gelesen hat, weiß, wie sie ihre fiktiven Charaktere zeichnet: Sie sind in der Regel prinzipientreu und edel, stehen zu ihrem Wort, selbst wenn es sie in Schwierigkeiten bringt, und Freundschaften sind ihnen sehr wichtig. Und genau dies trifft auch auf Gaidemar zu, er ist eindeutig der Sympathieträger in diesem Roman, nur selten bricht er aus seiner Rolle aus, dann aber überrascht dies umso mehr. Dadurch, dass wir ihn erst als jungen Mann von gut zwanzig Jahren kennen lernen, erfahren wir nicht besonders viel über seine Vergangenheit. Er ist ein Panzerreiter, der in einer Ziehfamilie aufgewachsen ist. Er hadert mit seiner Herkunft als Bastard, insbesondere aber damit, dass er nicht weiß, wer seine Eltern waren, macht jedoch das Beste daraus. Im Vergleich zu den fiktiven Hauptcharakteren anderer Romane der Autorin steht jedoch ein wenig im Hintergrund, es ist nicht seine Geschichte, die im Mittelpunkt steht, vielmehr hatte ich den Eindruck, dass die Historie hier das Zentrum der Handlung biödet und Gaidemar nur einen bestimmten Anteil darin hat.
Auch nach inzwischen zehn historischen Romanen weiß ich noch nicht, ob ich es mag oder nicht, wie Frau Gablé ihre Helden zeichnet, denn eigentlich sind sie sich charakterlich zu ähnlich. Dann aber, wenn die fiktiven Hauptcharaktere stärker in den Hintergrund rücken wie hier, fehlt mir irgend etwas. Und so hätte ich hier gerne mehr über Gaidemar gelesen, vielleicht die eine oder andere Episode, die ihn näher beschreibt, um ihn von anderen Gablé-Charakteren zu unterscheiden.
Viele der Personen aus diesem Roman kommen bereits im vorhergehenden Band vor, darunter auch Ottos Bruder Heinrich von Bayern, der hier Henning genannt wird, um es dem Leser zu erleichtern, den Überblick über die ganzen Personen zu behalten. Zwar werden die meisten Charaktere auch hier wieder passend eingeführt, so dass man Das Haupt der Welt nicht zwingend gelesen haben muss, es erleichtert das Verständnis aber sehr, wenn man ihn kennt, schon alleine, um das Verhältnis Ottos zu seinen Brüdern nachvollziehen zu können, denn hier die ganze Vorgeschichte nachzuerzählen hätte einfach den Rahmen gesprengt.
Der Schreibstil ist so, wie man es auch von anderen Romanen der Autorin kennt, nämlich flüssig zu lesen. Komplizierte Sachverhalte werden leicht verständlich dargestellt, Kampfszenen so beschrieben, dass man erkennt, wie brutal der Krieg war, ohne dass dies jedoch ausgemerzt wird. Gleiches gilt für die enthaltene Liebesgeschichte, die sich zwar im Buch findet, aber eben nicht den Hauptteil der Geschichte ausmacht. Auch auf glückliche Zufälle, die die Handlung gerade noch rechtzeitig drehen, verzichtet die Autorin weitestgehend, nur eine Szene gegen Ende könnte man als solchen bezeichnen, ich fand die Situation jedoch schlüssig.
An Zusatzmaterialien wird auch hier nicht gespart. Neben einem ausführlichen Nachwort findet man hier auch wieder ein Personenregister, in dem die wichtigsten Personen enthalten sind, sowie eine Karte, auch ein paar hübsche Illustrationen sind enthalten.

Fazit
Wer schon mit anderen Romanen von Rebecca Gablé wenig anfangen konnte, wird hier wenig Neues finden. Wer sich jedoch für ihre Art, in die Vergangenheit einzutauchen, begeistern kann, wird sich auch hier wieder für viele Stunden an sein Buch gefesselt sehen. Auch wenn dieser Roman vielleicht nicht der beste der Autorin ist, konnte er mich wieder sehr gut unterhalten.

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