Lesenswerte Geschichte
PreiselbeertageAls ich den Titel gelesen und das Cover gesehen hatte, dachte ich an eine schwedische Familiengeschichte. Aber das Cover und der Titel täuschen. Es geht um eine Familie aus Leipzig, die Ende der 80iger ...
Als ich den Titel gelesen und das Cover gesehen hatte, dachte ich an eine schwedische Familiengeschichte. Aber das Cover und der Titel täuschen. Es geht um eine Familie aus Leipzig, die Ende der 80iger Jahre in den Konflikt mit dem Staat (DDR) kommt und bis heute mit den Erlebnissen zu kämpfen hat.
Stina Lund hat die Geschichte aus mehreren Perspektiven geschrieben. Auf der einen Seite steht die Tochter Ariane, die in der DDR geboren wurde und die ersten Jahre auch in der DDR gelebt hat. Auf der anderen Seite steht ihre Mutter Ina, die nach einem Auftritt bei einem Chorfestival in Schweden nicht wieder zurückgekehrt war.
Während Ina die ganze Wahrheit kennt, hat Ariane bis zum Tode des Vaters an eine andere Wahrheit geglaubt. Doch nach dem Tod beginnt das Gerüst zu wackeln und die ganzen vergrabenen und unterdrückten Gefühle kommen an die Oberfläche. Die Familie gerät in eine Art Strudel, der die Fronten zwischen Ina und Ariane immer mehr verhärtet. Ariane will Antworten auf ihre Fragen, Ina verweigert ihr diese und schafft dadurch zwischen ihnen einen immer tieferen Graben.
Stina Lund hat eine Familiengeschichte geschrieben, die den Leser gefangen nimmt und ihm schreckliche Seite des DDR-Systems aufzeigt. Das rigorose Vorgehen der Stasi mit den Familien, die Trauer und die Wut auf einzelne Personen, auf den Staat. Dazu kommt Ohnmacht nichts dagegen tun zu können. Die Aussichtslosigkeit und die Entfremdung über die Zeit beschreibt Stina Lund sehr detailliert und klar, so dass man das Gefühl bekommt dabei zu sein. Man spürt die Kälte, die Verzweiflung und liest das Aneinanderklammern und doch nicht Nahekommen der Familienmitglieder. Man bekommt immer wieder eine leichte Gänsehaut und wünscht sich nur, dass die Familie sich öffnet und miteinander redet.
Das Ende war mir persönlich etwas zu glatt und einfach, aber für die Seele wahrscheinlich der beste Abschluss.