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Veröffentlicht am 12.03.2023

Verzwickte Spurensuche

Fünf Winter
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Der amerikanische Autor, James Kestrel, erzählt in seinem Thriller von dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor und den daraus resultierenden Kriegswirren. Joe Mc Grady, Detective beim Honolulu PD, soll ...

Der amerikanische Autor, James Kestrel, erzählt in seinem Thriller von dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor und den daraus resultierenden Kriegswirren. Joe Mc Grady, Detective beim Honolulu PD, soll einen grausamen Doppelmord aufklären und folgt einem Verdächtigen bis nach Hongkong, das dann von den Japanern eingenommen wird. Als Gefangener wird er nach Japan verschleppt, kann jedoch in einem Versteck dem Tode entrinnen, bis es zur Kapitulation Japans kommt. Nach fünf Wintern nimmt er die Verfolgung wieder auf.
Ein tiefgründiger Thriller voller überraschender Twists, grausamen Morden, gewürzt mit Abenteuer, aber auch Liebesgeschichten.
Kestrel hat mit Joe McGrady einen sehr lebendigen Charakter mit vielen Ecken und Kanten geschaffen, aber auch seine „weiche Seite“ sehr gut herausgearbeitet. Viele andere Charaktere sind ebenfalls gut getroffen, wobei ein sehr ruppiger Slang zwischen einigen Polizisten herrscht.
Stefan Lux ist die Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch gut geglückt. Ich hätte mir ein Glossar gewünscht, das gewisse US-typische Begriffe erklärt, ebenso wie eine Landkarte mit den Kriegsschauplätzen, da die meisten Deutschen nur wenig Ahnung davon haben. Mich hat der historische Hintergrund, da größtenteils unbekannt, sehr interessiert. Es ist lesenswert, auch die japanische Kultur- und Denkweise kennenzulernen.
Es geht gleich rasant mit 2 Morden los, und der Spannungsbogen wird über das ganze Buch gehalten, allerdings sind die sehr blutigen Autopsien und die Morde nichts für zartbesaitete Leser*innen.
Sprachlich den Charakteren und Situationen angemessen, wechseln die flotte Dialoge mit leichtverständlichen Schilderungen ab.
Das Cover ist ein Hingucker. Über die Bedeutung der großen roten Sonne kann ich nur spekulieren.
Insgesamt ein toller Thriller, eingebunden in die Zeit des 2.Weltkrieges mit einer verzwickten Spurensuche. Für Krimifans mit historischen Hintergründen sehr zu empfehlen. Das englischsprachige Original hat ja bereits 2 Preise abgesahnt. Das könnte ich mir auch bei der deutschen Übersetzung vorstellen.

Veröffentlicht am 23.02.2023

Wer bin ich wirklich?

Roxy
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Der sehr bekannte Schauspieler, Johann von Bülow, erzählt in seinem Erstlingswerk „Roxy“ von der langjährigen Freundschaft von Marc und Robert, zweier sehr unterschiedlicher Charaktere, die gemeinsam, ...

Der sehr bekannte Schauspieler, Johann von Bülow, erzählt in seinem Erstlingswerk „Roxy“ von der langjährigen Freundschaft von Marc und Robert, zweier sehr unterschiedlicher Charaktere, die gemeinsam, aber in sehr unterschiedlichen Milieus, aufwachsen. Marc hat sein Leben lang nach Anerkennung gesucht und fragt sich auch nach vielen Jahren der Freundschaft zu Robert (Roy), ob er tatsächlich sein bester Freund war und ist, denn Roy, der Sohn sehr reicher Eltern, muss sich niemals anstrengen, ihm steht die Welt offen, jedoch hat er nicht wirklich ernsthafte Ziele im Leben. Sehr gut gefällt mir die charakterliche Ausformung des Duos. Roy ist generell sehr dominant, aber auch unberechenbar in seinen Handlungen und Äußerungen. Er lebt seine Launen bis zum Exzess aus. Durch Roys unbeschränkte Geldquelle hat er einen großen Fan- und Freundeskreis, denn Riesenpartys, Reisen und spontane Aktionen werden immer von ihm ( bzw. seinem Vater ) bezahlt. Dazu passt sehr gut die Münchner Diskothek „Roxy“, die zum Titel des Werkes wird und auch in dem sehr farbenfrohen und verschwommen wirkenden Cover das Farbenspiel der Diskothek symbolisiert. Roy ist dort der Partylöwe säuft und tobt sich bis zu Exzess aus.
Marc ist das totale Gegenteil: immer auf positive Außenwirkung bedacht lässt er sich so manche Schikane von Roy gefallen. Dadurch, dass er Schauspieler wird ( etwa Anspielung auf Johann von Bülow?) kann er seine Selbstfindung initiieren und in andere Rollen schlüpfen. Aber er gleitet immer wieder in den angepassten Charakter ab und verhält sich so, wie andere ihn haben wollen ( vgl. S.320 d. Werkes).
Kritisch blickt er auf sein halbes Leben zurück, als er zu Roys Beerdigung fährt.
Nicht nur durch den häufig sehr ausgefeilten Erzählstil in Hypotaxe, sondern auch durch locker erzählte Passagen und Sprünge in der Erzählstruktur wird das Werk zu einer gelungenen Unterhaltungslektüre, die aber durch Themen wie Verlust, Erwachsenwerden und Tod zum Nachdenken anregt. Wichtig ist auch die Beziehung der beiden zur selben Frau, die sich durch Roys Egoismus kaum überbieten lässt.
Mir hat das Werk sehr gut gefallen, denn es hat positive wie negative Erinnerungen in mir hochkommen lassen.

Veröffentlicht am 15.02.2023

Ausgeliefert

Macht
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Mir gefällt die schöne altrosa Farbe des Covers mit den Scherben darin sehr gut. Es passt mit der „Frauenfarbe“ sehr gut zu diesem Thema.
Die Geschichte spielt in Norwegen. Liv, die Protagonistin, hat ...

Mir gefällt die schöne altrosa Farbe des Covers mit den Scherben darin sehr gut. Es passt mit der „Frauenfarbe“ sehr gut zu diesem Thema.
Die Geschichte spielt in Norwegen. Liv, die Protagonistin, hat mit den Nachwirkungen ihrer Vergewaltigung zu kämpfen, dem Moment, als sie die Macht über sich verloren hat und zu einem Objekt der Begierde eines Mannes wurde. Ständig kreisen ihre Gedanken um dieses Ereignis, obwohl sie inzwischen verheiratet ist, zwei Kinder und ein schönes Zuhause hat. Niemand weiß von der Vergewaltigung.
Das Buch ist schwer und bedrückend. Auch die Aufteilung des Werkes hat keine klare Struktur. Es gibt keine einheitlichen Kapitel, teilweise nur sehr kurze Absätze, die wie Scherben wirken. Manchmal spricht Liv die Lesenden sogar direkt an. Die Sätze sind kurz und wirken oft abgehackt. All das passt zu ihrer zerrissenen Persönlichkeit, andererseits lässt sie sich aber völlig in die Opferrolle fallen, bricht eine Gesprächstherapie nach nur einer Sitzung ab. Will sie sich überhaupt helfen lassen?
Es ist hervorzuheben, dass sie auch bei sich nach der Schuld sucht. Zu recht finde ich, denn wenn man sich bei einem Date volllaufen lässt, dann mit dem Mann nach Hause mitgeht und „es“ über sich ergehen lässt und sich fragen muss, ob man < nein > gesagt hat oder nur gedacht hat, dann war man sehr unvorsichtig, zumal etliche one-night stands vorher und nachher waren. Die Autorin hat die Konfliktsituation sehr gut beschrieben, aber ich finde keinen Zugang zu Liv, dieser jungen, modernen Frau. Für mich gilt der Satz:“ Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.“ Aber scheinbar ist jede zehnte Frau in Norwegen schon vergewaltigt worden, ein abscheuliches Dilekt, welches von der Gesellschaft und der Polizei aber oft mit einem Schulterzucken abgetan wird. Kommt es zu einer Verhandlung, steht Aussage gegen Aussage, so schreibt Furre.
In Italien am „Zufluchtsort“ von Niki de Saint Phalle, die ebenfalls vergewaltigt wurde, schaft Liv die befreiende Offenbarung, dass auch sie diese Schicksal erlitten hat.
Ein Ende, das eine Persönlichkeitsbefreiung bedeuten könnte.
Dieses Werk kann ich allen an der Problematik interessierten Frauen empfehlen, allerdings fehlt mir die Sicht des Mannes, der, in betrunkenen Zustand, oftmals gar nicht ahnen kann, das die Regungslosigkeit der Frau keine Zustimmung, sondern Angst ist
Daher nur 4Punke

Veröffentlicht am 12.01.2023

Kampf ums Überleben

NIGHT – Nacht der Angst
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Riley Sager als Autor war mir bisher unbekannt, umso mehr war ich von „Night“ begeistert.
Schon das Cover, vorwiegend in schwarz gehalten, evoziert Nacht und Angst. Man sieht die einsame Landschaft und ...

Riley Sager als Autor war mir bisher unbekannt, umso mehr war ich von „Night“ begeistert.
Schon das Cover, vorwiegend in schwarz gehalten, evoziert Nacht und Angst. Man sieht die einsame Landschaft und man kann sich somit gut in die Horrornacht eindenken.
Zu Anfang spielt die Handlung vorwiegend im Auto des Mannes, mit dem Charlie; zwecks Mitfahrgelegenheit, zu tun hat. Sie ist die Hauptprotagonistin. Zwar hat dieser erste Teil einige Längen, die man jedoch überfliegen kann. Wir haben hier vorwiegend Dialoge, die eine gute Interpretation der Charaktere ermöglichen.
Der Plot ist sehr vielschichtig und spannend aufgebaut. Die Studentin Charlie ist sehr differenziert beschrieben. Da sie an einer Art Schuldkomplex leidet, weil sie sich für schuldig am Tod ihrer besten Freundin hält, wird für Verwirrung gesorgt. Sie driftet nämlich, besonders in Stresssituationen, in eine irreale Scheinwelt ab, sie nennt sie „Film im Kopf“, jedoch wird dem Leser nicht klar, in welcher Ebene, der realen oder der irrealen sie sich gerade befindet. Somit werden Horrorszenarien geschildert, die zusätzlich Spannung erzeugen, oftmals aber so gar nicht stattgefunden haben.Die Handlung ist bis zum überraschenden, aber stimmigen Ende, überzeugend und fesselnd.
Wechselnde Perspektiven und überraschende Wendungen sorgen für noch mehr Spannung.
Hinzu kommt ein sehr anschaulicher Schreibstil, gespickt mit Details, der sich sehr angenehm lesen lässt. Düstere Landschaftsschilderungen in der Einöde tragen gekonnt zum Schaudern bei.
Ein tolles Werk, das einen fesselt bis zum Schluss. Daher meine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 10.01.2023

Ein Doppelleben

Das glückliche Geheimnis
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Dieses Werk von Arno Geiger ist mein erstes dieses Schriftstellers. Das Cover in Gelb- und Orangetönen evoziert Fröhlichkeit, Losgelöstsein und gute Laune. Es past perfekt zu einem „glücklichen“ Geheimnis.
Ausgewählt ...

Dieses Werk von Arno Geiger ist mein erstes dieses Schriftstellers. Das Cover in Gelb- und Orangetönen evoziert Fröhlichkeit, Losgelöstsein und gute Laune. Es past perfekt zu einem „glücklichen“ Geheimnis.
Ausgewählt habe ich es, da es eine gänzlich andere und für mich neue Thematik behandelt, denn es geht um die Persönlichkeit Arno Geigers und seine Wandlung vom erfolglosen jungen Autor bis zum gesetzten, erfolggekrönten Autor mit zunehmenden Alter. Dabei berichtet er in dieser Biografie schonungslos von seinen Problemen, Erfolg zu haben und davon leben zu können.
Mindestens einmal wöchentlich fuhr er etliche Jahre lang mit dem Fahrrad die Altpapiertonnen in Wien ab, und entdeckte dabei Tagebücher, Briefkonvolute und Bücher. Er tat das, um durch den Verkauf auf dem Flohmarkt seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, aber er erhielt auch viele Anregungen für seine eigenen Bücher, indem er viele „Fundstücke“ intensiv las und somit in die Gedankenwelt fremder Menschen eindringen konnte. Das Wühlen im Papiermüll wurde zu einer Obsession, für die er sich zunächst schämte, es in dieser „Selbstoffenbarung“ aber als notwendig für seine Persönlichkeitsentwicklung darlegt. Geiger teilt diese „glückliche Geheimnis“ nur mit seiner Lebensgefährtin K.
Es wird deutlich, wie Geiger unter Selbstzweifeln gelitten hat, und wie schwer das Leben eines Schriftstellers sein kann, der Perfektion anstrebt und zwar nicht nur in inhaltlicher Hinsicht, sondern auch in grammatikalischer und semantischer Hinsicht. Das wird in dieser Biografie deutlich, die mich oft zum Nachdenken gebracht hat. Er macht den Unterschied zwischen einem Perfektionisten und einem Serienschriftsteller deutlich, was mir besonders gut gefallen hat.
Ein schonungsloses Werk mit inhaltlicher Tiefe.