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Veröffentlicht am 06.06.2021

Lesen war Einatmen, Schreiben war Ausatmen

Tage mit Gatsby
2

Die Überschrift meiner Rezension ist nur eins der vielen Zitate, die ich mir zum Wiederfinden markiert habe. Selten hat mich ein Buch derartig sprachlich überzeugt.

Und auch der Inhalt blieb für mich ...

Die Überschrift meiner Rezension ist nur eins der vielen Zitate, die ich mir zum Wiederfinden markiert habe. Selten hat mich ein Buch derartig sprachlich überzeugt.

Und auch der Inhalt blieb für mich durchweg faszinierend. Vor dem Hintergrund, dass eigentlich weder der berühmte Autor F. Scott Fitzgerald, noch seine lebenslustige Frau Zelda wirkliche Sympathieträger darstellen, ist dies eine besonders bemerkenswerte Leistung. Denn die Autorin versteht es herausragend, sowohl dem berühmten Paar genügend Strahlkraft als auch den Roaring Twenties atmosphärische Dichte zu verleihen, so dass ich förmlich an den Seiten geklebt habe.

Der Roman beschränkt sich zum großen Teil auf die Zeit, in der Scott am "Großen Gatsby" schrieb und die die Fitzgeralds in Europa verbrachten. Unzufrieden mit ihrer Mutterrolle, stürzt sich Zelda in Partys und eine leidenschaftliche Affäre. Dass Scott ihre eigene Schreibambitionen unterdrückt und stattdessen ihre Ideen ausschlachtet, macht die Beziehung der beiden nicht einfacher. Realität und Fiktion verschwimmen schließlich immer mehr...

Da die Entstehungsgeschichte des "Gatsby" so großen Raum einnimmt, rasen die letzen Jahre der Fitzgeralds notgedrungen dahin. Wie sehr das Buch mein Interesse gefessellt hat, zeigt, dass ich im Anschluss tatsächlich selbst noch einiges über die beiden und ihre Tochter recherchiert habe.
Ich werde weiter Ausschau noch Büchern von Joséphine Nicolas halten, in der Hoffnung auf weiteres Lesevergnügen.

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  • Geschichte
Veröffentlicht am 29.11.2020

Ocean's Irene

Die verborgene Geschichte
2

Von Irene, Kai und der unsichtbaren Bibliothek kann ich einfach nicht genug bekommen und so war es keine Frage, dass ich ihnen auch bei ihrem 6. Abenteuer folgen würde.
Nur wer die Bände von Beginn an ...

Von Irene, Kai und der unsichtbaren Bibliothek kann ich einfach nicht genug bekommen und so war es keine Frage, dass ich ihnen auch bei ihrem 6. Abenteuer folgen würde.
Nur wer die Bände von Beginn an liest, wird die volle Freude daran, auch wenn dieser Teil sicherlich zu den besten der Reihe zählt.
Mit dem Auftauchen von Irenes Eltern zu Beginn wird wieder geschickt Neugier auf Irenes wahre Herkunft geweckt. Dennoch erfahren wir hier nicht mehr, denn Irene und Kai müssen zu ihrem nächsten Auftrag aufbrechen. Nur ein bestimmtes Buch kann ausgerechnet die Welt retten, in der Irene auf ein Internat gegangen ist. Doch es befindet sich in den Händen eines Elfen, der jedem Bond-Bösewicht Konkurrenz macht. Das Buch gibt er nur heraus, wenn Kai und Irene in einer anderen Welt ein bestimmtes Gemälde stehlen, gemeinsam mit einem Sammelsurium an gaunerartigen Charakteren, die augenzwinkernd an Ocean's Eleven denken lassen. Nur dass das Team hier neben Elfen auch aus einer bisher unbekannten Verwandten Kais besteht, der dieser gar nicht wohlgesonnen ist...
Schlag auf Schlag geht die Handlung voran. In der Parallelwelt gibt nicht nur eine Organisation namens CENSOR Rätsel auf, sondern auch das Auftauchen von Drachen, die es dort gar nicht geben sollte. Wieder einmal finden sich Kai und Irene in ein brandgefährliches, geheimnisvolles Abenteuer verstrickt.
Ich liebe wirklich den feinen Humor der Autorin. Die Dynamik zwischen Kai und Irene macht mir am meisten Spaß, und über die Drachen kann ich gar nicht genug erfahren. Von beidem gab es in diesem Teil endlich einmal besonders viel. Zudem wurde das Ende wieder so raffiniert gestrickt, dass man auch ohne einen klassischen Cliffhanger die Rückkehr zur unsichtbaren Bibliothek gar nicht erwarten kann.

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  • Erzählstil
Veröffentlicht am 03.10.2019

Magisches Prag

Melmoth
2

Ich war sehr gespannt auf „Melmoth“, hatte mir doch „Die Schlange von Essex“ von Sarah Perry als sehr ungewöhnliches Buch herausragend gefallen.

Tatsächlich findet sich in beiden Büchern die gleiche sprachliche, ...

Ich war sehr gespannt auf „Melmoth“, hatte mir doch „Die Schlange von Essex“ von Sarah Perry als sehr ungewöhnliches Buch herausragend gefallen.

Tatsächlich findet sich in beiden Büchern die gleiche sprachliche, nahezu poetische Brillanz. Dennoch hat mich „Melmoth“ etwas weniger begeistert als sein Vorgänger.

Zu fesseln wusste mich der atmösphärische, düstere Auftakt, in dem der in Prag lebende, deutschstämmige J.A. Hoffmann dem Gelehrten Dr.Karel Prazan von einer absonderlichen Gestalt berichtet, die ihn zu verfolgen scheint, doch stets in den Schatten bleibt. Hier wurden wunderbare Anklänge zur schwarzen Romantik und an die englische gothic novel sichtbar. Auch Hoffmann heißt sicherlich nicht zufällig so wie der berühmte Autor des „Sandmann“.

Als Hoffmann auf mysteriöse Weise verstirbt, scheint sich die titelgebende Schattengestalt Melmoth zunächst an Karels, dann an die Fersen seiner Bekannten, der Historikerin Helen zu heften. Helen ist die Hauptprotagonistin des Romans und selbst von einem Geheimnis ihrer Vergangenheit umschattet. Ist es das, was Melmoth zu ihr zieht?

Die Erzählung entfaltet sich unter anderem auch in schriftlichen Berichten der Vergangenheit unterschiedlichster Herkunft, was mir normalerweise gut gefällt. Hier scheinen sie jedoch zum Teil unvermutet quasi aus aller Herren Länder aufzutauchen, was mir ein etwas zerfaserndes Bild lieferte und den Lesefluss in Stocken geraten ließ.  Achtung Spoiler: Zudem machte die Autorin völlig unvermittelt das Grauen der NS-Zeit, anderweitigen Völkermord und die Situation heutiger Geflüchteter zum Thema. Bewegende Themen, auf die mich im Klappentext jedoch nichts vorbereitet hatte. Zufällig lese ich gerade ein anderes Buch über die Aufarbeitung des düsteren Kapitels der deutschen Geschichte. Bei letztgenanntem Buch wusste ich aber von Beginn an, worauf ich mich einlasse. Bei „Melmoth“ habe ich mich daher leider etwas hinters Licht geführt gefühlt, denn ich hatte mich auf ein in ganz anderer Hinsicht schauriges Lesevergnügen gefreut. In dem „Melmoth“ einen Bogen von früheren Greueltaten zur aktuellen Geflüchteten-Debatte schlägt, will die Autorin sehr viel erreichen. Für mich persönlich ist sie dabei etwas über das Ziel hinausgeschossen.

Wer den Hintergrund der „Melmoth the wanderer“-Legende oder des Ahasverus-Mythos nicht wie ich beinahe sein Leben lang kennt, mag ohne Erwartungen an den Roman herangehen, die dann auch nicht enttäuscht werden können. Den unvergleichlichen Charme der „Schlange von Essex“ konnte Sarah Perry mit „Melmoth“ für mich nicht wiederholen. Mit Helen und ihren Bekannten hat sie zwar ähnlich ungewöhnliche, sperrige Protagonisten erschaffen, die für mich jedoch teilweise blasser blieben. Das gilt insbesondere für Helen. Trotzdem war der Roman sprachlich erneut schön wie ein Gemälde, so dass ich nicht bereue, ihn gelesen zu haben. Auch Prag wurde märchenhaft dargestellt. Und der Buchumschlag ist absolut zauberhaft.

 



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Veröffentlicht am 21.05.2019

Toxisch

So schöne Lügen
2

Dieser ungewöhnliche Roman hat sich für mich zum Überraschungshit entwickelt!

Die junge Louise schlägt sich in New York mit Nachhilfejobs und kellnern durch. Dabei sieht sie sich eigentlich als Schriftstellerin. ...

Dieser ungewöhnliche Roman hat sich für mich zum Überraschungshit entwickelt!

Die junge Louise schlägt sich in New York mit Nachhilfejobs und kellnern durch. Dabei sieht sie sich eigentlich als Schriftstellerin. Ihr Leben wandelt sich von Grund auf, als sie der Schwester der reichen, verwöhnten Lavinia Nachhilfe gibt. Lavinias scheinbar sorgenfreies Leben schlägt Louise sofort in ihren Bann und auch Lavinia lässt sich nur zu gern von Louise bewundern. Sie schleppt sie von Party zu Party und Louise entwickelt ein Gespür dafür, wie man es der neuen Freundin am besten Recht macht. Denn schnell begreift sie, dass Lavinias an der Oberfläche so funkelndes Leben Untiefen aufweist. Nur wer so funktioniert, wie sie es möchte, darf daran länger teilhaben.

Der Stil der Geschichte ist sehr wechselhaft. Mal überrascht die Autorin mit sehr einfachen, redundant konstruierten Sätzen, dann beweist sie Erzähltalent. Zwischendurch sagt die Erzählerstimme deutliche Mahnungen kommenden Unheils voraus. So viel sei verraten, in dieser Geschichte überlebt nicht jeder. Doch wer tot ist, muss noch lange nicht für die Welt gestorben sein. Hier rückt die Autorin die heutige Macht der sozialen Medien in den Fokus. Denn auf Facebook lässt sich auch eine Leiche zum Schein lange am Leben erhalten...

Tara Isabella Burton gelingt das seltene Kunststück, eigentlich unsympathische Charaktere zu erschaffen, die dennoch nicht kaltlassen, sondern sogartig faszinieren! Wer Geschichten über toxische Freundschaften mag, ist hier goldrichtig!

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Veröffentlicht am 11.03.2024

Wunschfluch

Das Buch der gefährlichen Wünsche
1

Können Wünsche zugleich Flüche sein?

Anscheinend schon, wenn man es mit der magischen Buchwelt aus der Trilogie um "Das Buch der gelöschten Wörter" zu tun hat. Die Tore zwischen den Buchwelten und unserer ...

Können Wünsche zugleich Flüche sein?

Anscheinend schon, wenn man es mit der magischen Buchwelt aus der Trilogie um "Das Buch der gelöschten Wörter" zu tun hat. Die Tore zwischen den Buchwelten und unserer Zwillingswelt sind nun wieder offen. Izzi Amazing, Buchfigur aus dem Roman "Sehnsuchtserfüllung" ahnt noch gar nichts vom Portieren zwischen den Welten, als ausgerechnet ihr Roman die reale Welt bedroht. Notiert man im Buch einen Wunsch, geht dieser zwar in Erfüllung, stiftet aber gleichzeitig auch sehr viel Unheil. Izzi und ihr tollpatschiger Assistent Higgs müssen die Autorin finden, die sie geschaffen hat, um Schlimmeres zu verhüten...

Auch wenn der Band in sich abgeschlossen ist, hilft die Kenntnis der Trilogie, um den vollen Lesespaß zu haben. Es war wunderbar, die Buchwelt in einem neuen fantastischen Abenteuer wiederzusehen. Zwar ist mir Izzi nicht ganz so ans Herz gewachsen wie Hope in der Trilogie, aber ich habe mich sehr darüber amüsiert, wie sie damit zu kämpfen hat, dass Nebenfigur Higgs auf einmal viel mehr weiß als sie. Izzi und Higgs gemeinsam haben mir als Protagonisten sehr gut gefallen. Lediglich Ahmed fand ich etwas anstrengend.

Man kann in diese Welt nicht eintauchen, ohne sich zu wünschen dass das tatsächliche Bereisen von Buchwelten möglich wäre. Das hat die Autorin wirklich fantasievoll erdacht.

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