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Veröffentlicht am 19.09.2021

Metropolis Berlin

Anarchie Déco
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Ja, Berlin ist unheimlich Dem kann ich als gebürtige Berlinerin nur zustimmen. Das hat auch das Autorenpaar schön herausgearbeitet, indem sie das Berlin der Goldenen Zwanziger des vorigen Jahrhunderts ...

Ja, Berlin ist unheimlich Dem kann ich als gebürtige Berlinerin nur zustimmen. Das hat auch das Autorenpaar schön herausgearbeitet, indem sie das Berlin der Goldenen Zwanziger des vorigen Jahrhunderts zum Handlungsort ihres Genre-Mix Urban Fantasyromans machen.

1927 öffnet sich hier quasi eine historische Alternativwelt, als am Kulminationspunkt von Physik und Kunst plötzlich Magie entsteht. Die junge Physikerin Nike Wehner ist Expertin für das neue Phänomen und versteht es auch selbst anzuwenden. Nebenher arbeitet sie für die Polizei, denn die Magie eignet sich hervorragend für Missbrauch. Plötzlich fangen nicht nur Statuen an zu leben, sondern eine vermisste Vermieterin wird versteinert wiedergefundenund ein Politiker steckt tot in verflüssigtem Beton.

Da die Magie die Dualität von Mann und Frau sowie Physik und Kunst braucht, erhalten Nike und die Polizei Unterstützung vom Künstler Sandor.

Nike und Sandor gaben für mich zunächst ein äußerst interessantes Ermittlerduo ab, ebenso wie mich all die Ausflüge in Politik und Baukunst des historischen Berlins fesselten. Leider trennen sich aber ab der Mitte des Buches Nikes und Sandors Wege oft und ich hatte den Eindruck, dass sich die Geschichte von da ab immer mehr auf Genderfragen und -diversitäten, vor allem rund um Nike, fokussiert. Dies war für mich nicht nur unerwartet, sondern auch etwas zu viel. Beinahe jeder deutsche Fantasyroman, den ich in letzter Zeit zur Hand genommen habe, hat dies thematisiert. Nun bin ich zwar sensibler geworden, wie man sich fühlt, wenn man ständig Sexualität vorgesetzt bekommt, die nicht der eigenen entspricht, aber ich finde als heterosexuelle Frau einfach in Fantasy, die nicht den Anspruch hat, alle Facetten des LGBTQ zu illustrieren, nun mal zwangsläufig einfach viel mehr Identifikationspunkte.

Insgesamt hat mich aber die einfallsreiche, innovative Geschichte mit tollem Setting dennoch begeistert.

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Veröffentlicht am 12.09.2021

Bleischwere Hoffnungslosigkeit

Die vier Winde
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Kristin Hannahs Romane sind für mich eigentlich immer etwas Besonderes. Ich lese sonst eher andere Genres, aber bei ihr mache ich stets eine Ausnahme.

Auch dieser Roman ist wieder virtuos verfasst und ...

Kristin Hannahs Romane sind für mich eigentlich immer etwas Besonderes. Ich lese sonst eher andere Genres, aber bei ihr mache ich stets eine Ausnahme.

Auch dieser Roman ist wieder virtuos verfasst und bewegend. Allerdings muss ich sagen, hier mutet Hannah ihren Protagonisten so viel zu , dass es nur schwer zu ertragen ist. Einfach alles scheint für Elsa schief zu gehen. Ungeliebt von ihren Eltern, angeblich wegen Unscheinbarkeit und Kränklichkeit, lässt sie sich schwängern und wird nun auch noch verstoßen. Auch wenn die Ehe nicht glücklich wird, findet sie liebevolle Schwiegereltern und Trost in der Liebe zu ihren Kindern Loreda und Anthony. Doch dann bricht 1934 die Weltwirtschaftskrise herein und nicht nur die Farm der Schwiegereltern, sondern ganz Texas wird Teil der sog. Dust Bowl, nicht mehr zu bewirtschaften und von vernichtenden Sandstürmen geplagt. Elsa verlässt die Farm nicht einmal, als ihr Mann plötzlich auf und davon ist. Erst viel später macht sie sich mit ihren Kindern auf nach Kalifornien. Dass dort nicht Milch und Honig für Zugezogene fließen, sondern Ausgrenzung und eine Armut herrschen, die mich selbst beim Lesen bleischwer heruntergezogen hat, müssen die drei schmerzlich erfahren.

Auch in "Liebe und Verderben" ließ Hannah ihre Protagonisten gegen allmächtige Naturgewalten kämpfen. Aber an eine solche Ausweglosigkeit erinnere ich mich dort nicht. Auch wenn Elsa und Loreda eine beeindruckende Entwicklung durchmachen, war der Preis, der hier zum Ende für Zivilcourage und Kampf gegen Ungerechtigkeit gefordert wurde, in meinen Augen zu hoch. Die Hoffnung, die in der Inhaltsangabe beschworen wird, habe ich nicht nachhaltig gespürt.

Ich habe viel über die USA in der Weltwirtschaftskrise gelernt und war stets gefesselt. Dennoch habe ich Kristin Hannahs andere Romane mehr genossen.

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Veröffentlicht am 05.09.2021

Odyssee und viel mehr

Der Sohn des Odysseus
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Schon als Kind mochte ich die Sagen rund um den Trojanischen Krieg. Annika Thor liefert hier eine wunderbare Neuerzählung mit ganz anderer Perspektive und interessanten Twists. Gleichzeitig ist es eine ...

Schon als Kind mochte ich die Sagen rund um den Trojanischen Krieg. Annika Thor liefert hier eine wunderbare Neuerzählung mit ganz anderer Perspektive und interessanten Twists. Gleichzeitig ist es eine überzeugende Coming of Age-Story, denn Held der Geschichte ist nicht Odysseus selbst, sondern sein Sohn Telemachos.

Ein Jahr alt war Telemachos, als Odysseus gegen seinen Willen in den Trojanischen Krieg gelockt wurde. Odysseus' List hat den Griechen den Sieg gebracht. Doch Telemachos und seine Mutter Penelope warten vergebens auf die Rückkehr von Odysseus, des Königs von Ithaka. Was seinen Vater aufhalten könnte, erzählt Telemachos Kinderfrau ihm in Nacherzählungen ihrer farbenprächtigen Träume. Auch Penelope und Telemachos selbst haben solche Träume. Dabei lässt die Autorin stets raffiniert offen, ob es sich dabei um die Realität handelt.
Zehn Jahre des Wartens vergehen. Während Telemachos darum kämpft, ohne väterliches Vorbild zum Mann in Haus und Thronsaal heranzureifen, sammeln sich die Freier um Penelope, die Odysseus für tot erklären und die Macht auf Ithaka übernehmen wollen. Als selbst Telemachos' Leben bedroht scheint, macht sich Telemachos auf, seinen Vater zu suchen. Werden ihm die Götter zur Seite stehen wie einst seinem Vater?

Die Autorin zeigt Telemachos als Protagonisten mit all seinen Schwächen und Unsicherheiten, was ihn nur umso sympathischer macht. Gleichzeitig eröffnet sie hier einen ganz anderen Blick auf den großen Helden Odysseus und zeigt, dass häufig alles nicht so ist, wie es scheint. Auch Penelope ist keine bloße Randfigur, sondern eine starke Frau, die eigentlich fähig wäre, allein zu herrschen.
Mit dem überraschenden Ende, das gleichzeitig eine schöne Botschaft transportiert, hat mich Annika Thor vollends von ihrer Geschichte überzeugt.

Das Buch ist eigentlich als Jugendbuch ausgewiesen und mit schönen Schwarz-Weiß-Zeichnungen geschmückt. Durch das Thema ist es zwanglsläufig nicht frei von Brutalität. Ich habe mich als Erwachsene ebenfalls als zur Zielgruppe gehörig gefühlt.

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Veröffentlicht am 04.09.2021

Ambitioniert

Rosa Parks
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Wie ich jetzt gesehen habe, gehört zu diesem Buch noch eine ganze Reihe von Biographien für die kleinen Leser zwischen vier und zehn Jahren, die sich zum Ziel gesetzt haben, große Persönlichkeiten und ...

Wie ich jetzt gesehen habe, gehört zu diesem Buch noch eine ganze Reihe von Biographien für die kleinen Leser zwischen vier und zehn Jahren, die sich zum Ziel gesetzt haben, große Persönlichkeiten und die von ihnen vollbrachten Leistungen sowie die dahinterstehende positive Weltanschauung begreifbar zu machen. So war die Geschichte von Rosa Parks auch für mich als Vorlesende recht interessant, hat doch Rosa Parks durch ihre Zivelcourage einen wichtigen Beitrag zu mehr Chancengleichheit gesorgt zu Zeiten starker Ausgrenzung aufgrund der Hautfarbe.

Trotz der schönen Gestaltung muss ich sagen, dass ich bei meinen kleinen Neffen mit Tier-Bilderbüchern oder Büchern, mit denen ihr eigener Alltag aufgrund von Tierfiguren erklärt wird, deutlich mehr punkten kann. Vielleicht kommt das Buch für sie noch etwas zu früh und ist eher etwas für Kinder am Ende des genannten Altersspektrums. Oder die früheren Denkweisen sind für sie einfach so unvollstellbar, dass ihnen zum Glück einfach der Bezug dazu fehlt.

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Veröffentlicht am 31.08.2021

Cozy Wellness

Frau Maier macht Dampf
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Wenn ich jemals in ein Wellnesshotel fahren würde, wäre dieses Buch die perfekte Cozy Crime dafür. Aber auch so hat es mich sehr gut unterhalten. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass Frau Maiers schwarze ...

Wenn ich jemals in ein Wellnesshotel fahren würde, wäre dieses Buch die perfekte Cozy Crime dafür. Aber auch so hat es mich sehr gut unterhalten. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass Frau Maiers schwarze Katze fast nur auf Bildern auftaucht: dem wunderschönen Cover und auf Fotos, die Freund Andreas ihr von zu Hause schickt.

Frau Maier, eine erfolgreiche Hobbydetektivin, hat sich nämlich von einer Freundin nötigen lassen, an deren statt den gewonnenen Wellnessurlaub anzutreten. In vier früheren Bänden hat sie bereits erfolgreich Verbrechen aufgeklärt. Diese kenne ich leider nicht, hatte aber trotzdem von Anfang an großen Spaß an der Lektüre.

Jessica Kremser schreibt flockig leicht, ohne dabei seicht zu werden. Ihre etwas kauzige Frau Maier hat mir sofort gefallen, ebenso wie das Konzept, jedem Abschnitt einen kleinen Teil aus einem fiktiven Wellnessratgeber voranzustellen, den Frau Maier dann wunderbar bissig kommentiert. Auch zwischendurch flackerte hin und wieder ein feiner Witz auf, der die mysteriösen Ereignisse um den verschwundenen Direktor des Hotels, einen Todesfall und weitere dunkle Machenschften auf Schönste begeistert.

Wirklich gelungene Cozy Crime. Nur wesentlich mehr Katze hätte ich mir gewünscht.

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