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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2023

Bis zum letzten Drittel wunderschön erzählt, dann leider nicht mehr ganz so überzeugend

Leuchtturmsommer
1

Inhalt:
Es soll ein Neuanfang werden: nach der Trennung von ihrem Mann zieht Eva mit ihrer Tochter nach Liebwitz an die Ostsee. Dort übernimmt sie ein Café, das sie wieder zum Laufen bringen soll. Was ...

Inhalt:
Es soll ein Neuanfang werden: nach der Trennung von ihrem Mann zieht Eva mit ihrer Tochter nach Liebwitz an die Ostsee. Dort übernimmt sie ein Café, das sie wieder zum Laufen bringen soll. Was ihr der Bürgermeister aber nicht gesagt hat: das Café ist stark renovierungsbedürftig und ihr läuft die Zeit davon. Schliesslich stehen im benachbarten Standesamt bald wieder einige Trauungen an. Auch der griesgrämige Standesbeamte Jakob macht ihr das Leben nicht gerade einfach. Immerhin sind die restlichen Bewohnerinnen und Bewohner des kleinen Örtchens sehr zuvorkommend.

Meine Meinung:
Ich habe mich riesig auf diese Leserunde gefreut, weil der Schreibstil der Leseprobe mich sofort für sich eingenommen hat. Die Beschreibungen des Klimas an der Ostsee sowie die vielen liebenswerten und hilfsbereiten Figuren und nicht zuletzt natürlich Eva und ihre Tochter Nele haben mich sofort für sich eingenommen. Ich wurde zuerst auch nicht enttäuscht. Die Geschichte beinhaltet viele sehr humorvolle aber auch nachdenkliche Momente und auch wenn von Anfang an klar ist, dass es zwischen Eva und dem mürrischen Standesbeamten Jakob schon bald zu knistern beginnt, bleiben doch noch einige unvorhergesehene Wendungen und Momente übrig. Die ersten zwei Drittel des Buches haben mir sehr, sehr gut gefallen. Die Liebesgeschichte nimmt nicht zu viel Platz ein, sondern es bleibt auch noch viel Raum für Evas Entwicklung, für die Renovation und Eröffnungsfeier des Cafés und um die weiteren Figuren kennenzulernen. Ausserdem zeigt sich, dass auch die Teenagerin Nele an ihrer Vergangenheit und der Trennung ihrer Eltern zu knabbern hat, was sehr realistisch dargestellt wird.
Im letzten Drittel aber passiert etwas, was mir so gar nicht gefallen hat. Die ganze Entwicklung von Eva wird zunichte gemacht und die eigentlich mitten im Leben stehende Frau wird wie ein naives Kleinkind ohne eigenen Willen dargestellt. Zusätzlich gab es mir da dann auch noch zu viel romantisches Hin und Her, was mir überhaupt nicht gefallen hat, weshalb ich dann in meiner Bewertung einiges abziehen musste.
Das Buch ist übrigens der Nachfolgeband von "Strandkorbzauber", kann aber komplett unabhängig davon gelesen werden.

Schreibstil und Aufbau:
Marie Merburg zeigt in den ersten zwei Dritteln ihres Buches "Leuchtturmsommer" dass sie so richtig gut und schön beschreiben kann. Die salzige, windige Seeluft, Sonnenuntergänge am Strand aber auch Evas im neu renovierten Café kredenzte Köstlichkeiten sind sehr fassbar und realistisch beschrieben und haben einige Male das Fernweh in mir geweckt. Leider zieht sich die Geschichte im letzten Abschnitt in die Länge und einige unnötige Komplikationen, bei denen die Protagonistin wirklich nicht gut wegkommt, werden eingebaut. Es ist schade, dass die immer selbstbewusster gewordenen Eva plötzlich wieder sehr naiv dargestellt wird und ausserdem sind einige Entwicklungen in der Handlung auch nicht ganz logisch erzählt.

Fazit:
Den Abzügen im Aufbau zum Trotz beinhaltet das Buch eine schön erzählte Geschichte, die ganz viel Meerweh in mir geweckt hat. Ob ich aber die weiteren Bände der Reihe lesen werde, wird von den Meinungen der Rezensent:innen abhängen.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 01.04.2023

Da wäre mehr möglich gewesen

Einübung ins Schweben
0

Inhalt:
Nach einer Lesung in Sarajevo beschliesst der Altphilologe und Mythenforscher Peter Hurd, seinen Aufenthalt in der Stadt zu verlängern. Sein Übersetzer und Freund Rajko, der ihn über alle Massen ...

Inhalt:
Nach einer Lesung in Sarajevo beschliesst der Altphilologe und Mythenforscher Peter Hurd, seinen Aufenthalt in der Stadt zu verlängern. Sein Übersetzer und Freund Rajko, der ihn über alle Massen bewundert, steht ihm mit Rat und Tat zur Seite. Als der Krieg ausbricht und die Stadt über vier Jahre hinweg belagert wird, gibt Hurd sich einem Rausch nach dem anderen hin, probiert alle Drogen aus, die er finden kann und entfernt sich immer weiter von seinem alten Selbst, das der Ich-Erzähler Rajko vergeblich nach wie vor in ihm zu finden sucht, während er selber in seinem Alltagstrott stehen und gefangen bleibt.

Meine Meinung:
Am 8. Februar bin ich mit Marija von @allemeinebuecher ins Literaturhaus Zürich gegangen und habe gemeinsam mit ihr die Lesung von Dževad Karahasan zu seinem neuen Buch "Einübung ins Schweben" besucht (die Bilder seht ihr HIER). Zu diesem Zeitpunkt hatte ich etwa hundert Seiten des Buches gelesen und Karahasan hat an besagtem Abend zufällig auch genau die drei Szenen vorgelesen, die mir bis dahin am besten gefallen hatten. So weit, so gut. Schon bei der Lesung zeigte sich aber auch: dieser Mann holt gerne aus, weicht ab und doziert unaufhaltsam vor sich hin und die Moderatorin Katrin Eckert hatte ihre liebe Mühe, zu Wort zu kommen. Beim weiteren Lesen dieses Buches haben genau diese Eigenschaften, das endlose Abschweifen, das zuweilen krampfhaft anmutende Suchen nach Analogien in der griechischen Mythologie und Philosophie, das Aneinanderreihen von Worten, dazu geführt, dass ich dieses Buch nur noch weglegen wollte. Nicht nur wird kaum aus der belagerten Stadt berichtet (ich frage mich, welches Buch der Feuilleton gelesen hat, wenn er einstimmig von diesen "eindringlichen Schilderungen" schwärmt), sondern vor allem Rajkos Innensicht imklusive zahlreicher philosophischer Betrachtungen abgebildet, auch wird ein Drogentrip erzählt, der konstruiert wirkt und nicht zuletzt sind die Frauenfiguren stereotyp erzählt und kleingehalten. Ausserdem wird eine vermutliche Vergewaltigung verharmlost. Karahasan, der durchaus erzählen könnte, was er in zahlreichen unterhaltsamen Anekdoten beweist und dessen Liebe zu Sarajevo ungebrochen ist, will mit seinem neuesten Buch wohl vor allem zeigen, wie belesen und lebenserfahren er ist. Vielleicht ist dieser Stil einfach ein wenig in die Jahre gekommen, aber vielleicht wird ein solcher Text von einem alten weissen Mann halt auch dann nicht besser, wenn er aus dem Land stammt, in dem das Erzählen eigentlich ein eigener Sport ist.

"Mir ist nicht einmal der Krieg passiert, mir ist auch nicht die Belagerung Sarajevos passiert. Mir ist nur der Verlust meiner Stadt passiert, und der ist mir wirklich passiert."

Fazit:
Weniger wäre mehr gewesen. Hätte Karahasan sich auf seine Geschichte konzentriert und dem roten Faden eine Chance gegeben, sich zu entspinnen, wäre das eine schöne, runde Sache mit grossem Potenzial geworden. Ich bin froh, dass ich bereits sehr viele andere Autorinnen und Autoren aus dem ehemaligen Jugoslawien für mich entdecken durfte, die mich mehr zu überzeugen vermochten und kann für dieses Buch keine Empfehlung aussprechen.

Veröffentlicht am 30.03.2023

Ein Herzensbuch

Kummer aller Art
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Inhalt:
Liebeskummer, Schlaflosigkeit, grosse Träume, leise Wünsche, laute Schritte, Hundespaziergänge, Nachbarschaftsliebe, Zwänge, Ängste, Fürsorge, Sehnsucht, Abschied, Glück... In 39 herzerwärmenden ...

Inhalt:
Liebeskummer, Schlaflosigkeit, grosse Träume, leise Wünsche, laute Schritte, Hundespaziergänge, Nachbarschaftsliebe, Zwänge, Ängste, Fürsorge, Sehnsucht, Abschied, Glück... In 39 herzerwärmenden Texten - ursprünglich für die "Psychologie heute" geschriebene Kolumnen, die Leky eigens für dieses Buch überarbeitet hat - nähert sich Leky in humorvoller, tröstlicher und genau beobachtender Art allen grossen und kleinen Gefühlen und Alltäglichkeiten der Menschheit hat. Wiederkehrende und liebevoll skizzierte Figuren wie die Nachbarin Frau Wiese, der Nachbar Herr Pohl mit seinem Hund Lori oder auch der Onkel Ulrich sorgen dafür, dass man sich beim Lesen immer willkommener und umsorgter fühlt.

Meine Meinung:
Von Mariana Leky habe ich bereits "Was man von hier aus sehen kann" (der Film lohnt sich übrigens auch sehr) sowie "Liebesperlen" gelesen und geliebt. In "Kummer aller Art" zeigt die Autorin, dass sie auch in den kürzesten Texten ganz grosse Geschichten und Gefühle erzählen kann. Obwohl die meisten ihrer Figuren grossen und kleinen Kummer mit sich herumtragen, ist da doch so viel Platz für Liebe, Freundschaft und Trost. Genauestens beobachtend und gewohnt poetisch erzählend nähert sich Leky dem Kummer ihrer Figuren an und zeigt auf kluge und kurzweilige Art, dass es in Ordnung ist, stets Kummer mit sich herumzutragen oder dass man dem Kummer manchmal ein Schnippchen schlagen kann oder dass er manchmal kleiner wird, wenn man ihn teilt oder einfach lange genug wartet. Diese Buch ist eine literarische Umarmung, ein buchiges "Kopf hoch" und eine Erinnerung an die schönen zwischenmenschlichen Begegnungen in unserem Leben.
Mariana Leky ist eine begnadete Erzählerin, die unglaublisch schöne literarische Bilder zeichnet und deren besondere Spezialität die Beschreibungen von Menschen sind. Egal, wie sonderlich eine Figur scheint, Leky nähert sich ihr stets auf wohlwollende, achtsame, respektvolle Weise und dies berührt mich stets bis ins Innerste.

Meine Empfehlung:
Ich möchte dieses Buch am liebsten allen Menschen in meinem Umfeld schenken, die es gerade nicht so leicht haben oder einfach generell allen Menschen. Ich hätte gerne noch sehr viele weitere Kummer-Erzählungen gelesen und empfehle euch dieses Herzensbuch sehr gerne weiter.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.03.2023

Leider war mir das zu wenig

In fünf Jahren
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Inhalt:
Dannie und David sind das Traumpaar schlechthin. Sie sind beide sehr erfolgreich in ihrem Beruf und haben sowohl einen beruflichen als auch einen privaten Fünfjahresplan. Sie unterstützen sich ...

Inhalt:
Dannie und David sind das Traumpaar schlechthin. Sie sind beide sehr erfolgreich in ihrem Beruf und haben sowohl einen beruflichen als auch einen privaten Fünfjahresplan. Sie unterstützen sich gegenseitig und als David Dannie den erwarteten Antrag macht, scheint ihr Glück perfekt. Doch ein sehr realistisch wirkender Traum katapultiert Dannie fünf Jahre in die Zukunft und in die Arme eines fremden Mannes. Zurück in ihrem Alltag kriegt sie den Traum nicht aus dem Kopf und findet immer mehr Gründe, die Hochzeit zu verschieben. Als schliesslich der Mann aus ihren Träumen an der Seite ihrer besten Freundin Bella in Dannies Leben tritt, muss Dannie sich über einige Dinge klar werden.

Meine Meinung:
"In fünf Jahren" stand lange auf meiner Wunschliste, die vielen begeisterten Rezensionen haben mich neugierig gemacht. Dann endlich habe ich es in einem offenen Bücherschrank entdeckt und am gleichen Tag hat Daniela vom Blog readeatlive das Buch im Rahmen des Posts "Fünf Bücher, die mich glücklich machen" erneut empfohlen (schon ihre Rezension hat mir sehr gut gefallen). Nur leider hat mir die Geschichte nicht wie erwartet zugesagt. Die Protagonistin Dannie, die sich in ihrem Leben und ihrem Beruf verrannt hat, empfand ich als ziemlich anstrengend. Ich definiere mich selber auch sehr stark über meinen Beruf und trotzdem ist es mir möglich, auf mein Herz zu hören. Das kann Dannie überhaupt nicht. Wahre Liebe empfindet sie eigentlich nur für ihre beste Freundin Bella. Diese Freundschaft wird aber sehr schön dargestellt, finde ich. Und es ist eigentlich die einzige wirkliche und überzeugende Liebesgeschichte in diesem Buch. Die Handlung entwickelt sich ganz anders, als erwartet. Der schon von einigen erwähnte Plottwist konnte auch mich überraschen, was mir sehr gut gefallen hat, das Ende war dann aber leider sehr vorsehbar. Der tragischen Entwicklung zum Trotz kamen bei mir keine Emotionen auf, die Figuren haben sich in meinen Augen zu wenig entwickelt und die Geschichte blieb oberflächlich und sehr, sehr seicht. Immerhin liest sich das Buch sehr leicht, so bin ich immerhin schnell zum Ende gekommen

Fazit:
Leider hat dieses Buch meinen Geschmack nicht ganz getroffen. Die Geschichte hat sich viel zu schwerfällig und oberflächlich entwickelt und Dannie ist eine ziemlich anstrengende Protagonistin, die sich selber permanent im Weg steht. Von mir gibt es - allen positiven Rezensionen zum Trotz - keine Empfehlung und das Buch wandert zurück in den Bücherschrank.

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Veröffentlicht am 27.03.2023

Spannend, eindringlich und trotzdem sehr humorvoll erzählt

Laienspiel
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Inhalt:
Kommissar Kluftiger kann sich vor Herausforderungen kaum retten. Er steckt mitten in den Endproben für die grosse Freilichtspiel-Inszenierung des "Wilhelm Tell", Erika Kluftinger hat ihn und das ...

Inhalt:
Kommissar Kluftiger kann sich vor Herausforderungen kaum retten. Er steckt mitten in den Endproben für die grosse Freilichtspiel-Inszenierung des "Wilhelm Tell", Erika Kluftinger hat ihn und das Ehepaar Langhammer zu einem Tanzkurs angemeldet, bei dem Klufti Doktor Langhammer ungewollt nahe kommt, der Umzug in neue Büroräumlichkeiten steht unmittelbar bevor und österreichische Ermittler bringen einen brisanten Fall ins Allgäu, der das BKA auf den Plan ruft, mit Terroristen ist schliesslich nicht zu spassen...

Meine Meinung:
Kommissar Kluftinger und das Autorenduo Klüpfel-Kobr laufen in diesem Krimi definitiv zu Höchstleistungen auf. Nicht nur ist dieser Kluftinger der in meinen Augen bisher unterhaltsamste Teil der Reihe, der Fall ist auch äusserst klug und spannend erzählt. Nicht selten ist es unser grummeliger Liebslingskommissar, der entscheidende Hinweise liefert und die richtigen Fragen stellt, der aber auch immer wieder für grosse Erheiterung sorgt. Kluftinger wird Teil einer Sonderermittlungstruppe, die von Faruk Yildrim, Terrorexperte des BKA, geleitet wird. Nicht nur wird die diffuse Bedrohung durch einen Terroranschlag im Allgäu äusserst realistisch thematisiert, auch unterschiedliche Vorurteile gegenüber Religionen und spannende Diskussionen zwischen Klufti und Yildrim sorgen für Tiefgang. Spannend finde ich, dass Kluftinger einerseits kein Fettnäpfchen auslässt und dass vor allem durch sein Unverständnis gegenüber der moderndsten Technik auch einiges an Situationskomik entsteht, dass aber andererseits auch immer Platz für leise, nachdenkliche Töne ist. Was geschieht, wenn plötzlich unschuldige Bürgerinnen und Bürger durch anonyme Drohungen gefährdet sind, was es mit den Menschen macht, wenn plötzlich alles und alle ein potenzielles Ziel darstellen, wird dabei eindringlich gezeigt. Vor allem das Ende des Krimis hat es mir diesbezüglich angetan und ich bin schon sehr neugierig auf weitere spannende Fälle aus dem Allgäu.

Meine Empfehlung:
Ganz ehrlich: dieser vierte Teil der Kluftinger-Reihe hat mich bis jetzt am besten unterhalten. So lustig (und trotzdem nicht plump) war Klufti noch nie und der Fall hat es ebenfalls in sich und ist klug und packend aufgebaut. Von mir gibt es eine sehr herzliche Leseempfehlung.

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