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Veröffentlicht am 01.03.2025

Spannender Kriminalfall sowie gute Mischung aus Fiktion und Fakten

Nacht der Ruinen
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Cay Rademachers "Nacht der Ruinen" vermischt vor dem Hintergrund der letzten Wochen des 2. Weltkriegs historische Fakten mit Fiktion, um daraus einen interessanten Kriminalroman zu schaffen.

Köln im ...

Cay Rademachers "Nacht der Ruinen" vermischt vor dem Hintergrund der letzten Wochen des 2. Weltkriegs historische Fakten mit Fiktion, um daraus einen interessanten Kriminalroman zu schaffen.

Köln im März 1945: Joe Salmon - jüdischer Emigrant - kehrt im Auftrag der US Army in seine Heimatstadt Köln zurück, um den Mord an einem jungen Kampfpiloten aufzuklären. Aber Joe will nicht nur den Mord aufklären. Er möchte auch herausfinden, was aus seinem besten Freund Jakub und seiner großen Liebe Hilda geworden ist.

Cay Rademachers Kriminalroman lebt vor allem von den gut recherchierten Details, die er immer wieder in die Erzählung einbindet. Wie das zerbombte Köln beschrieben wird, führt eindringlich vor Augen, was für ein schrecklicher Alptraum Kriege sind. Köln besteht praktisch nur noch aus Ruinen - Beton-, Stein-, Schutthaufen, Leichen liegen herum -, für die überlebenden Menschen geht es nur darum, irgendwie den nächsten Tag und die nächste Nacht zu überleben.

Dank des Kniffs, Köln und die Nazi-Diktatur vor allem durch die Augen Joe Salmons - ehemals Joseph Salomon - zu betrachten, ergibt sich ein ambivalentes Bild. Zum einen entwickelt sich Mitgefühl für die Zivilbevölkerung, die unter den Folgen der Diktatur, aber auch des Kriegs zu leiden hat. Zum anderen stellt sich aber auch immer wieder ein "geschieht denen recht"-Gefühl ein, wenn wir im Zuge des Romans DenunziantInnen, MitläuferInnen, Nazi-Schergen und so weiter begegnen, aber auch erfahren, was Joe und seiner Familie sowie Jakub widerfahren ist. Rademacher arbeitet sehr gut auch die Grautöne heraus, was mir sehr gefallen hat.

Der Kriminalfall selbst scheint zunächst unlösbar zu sein. Zum einen ist Joe kein Detektiv, zum anderen gibt es keine Leiche, keinen Beweis, dass der Kampfpilot tatsächlich gelyncht wurde. Es handelt sich vielmehr um Vermutungen. Doch Joe schafft es - auch dank diverser Zufälle -, ZeugInnen zu finden und den Täter nach und nach einzukreisen.

Im Verlauf der Ermittlungen muss Joe feststellen, dass Juden zwar Hauptopfer der Nazis waren, aber auch andere marginalisierte Bevölkerungsgruppen Opfer eines Systems wurden, das zwischen lebenswerten und nicht lebenswertem Menschen entschieden hat. Rademacher lässt diese Erkenntnis nach und nach in Joes Bewusstsein tröpfeln - und dadurch uns LeserInnen. Er arbeitet auch sehr gut heraus, zu welch unterschiedlichem Umgang mit diesem System das bei Angehörigen geführt hat, die ihre Kinder, Geschwister oder Eltern zu schützen versuchten.

Man möchte als LeserIn natürlich gerne moralisch erhaben sein - so wie auch Joe es gerne für sich in Anspruch nähme -, am Ende steht die Erkenntnis, dass es fraglich ist, ob man selbst besser gehandelt hätte, wenn es um Menschen geht, die man liebt. Wie weit ist man bereit zu gehen? Was ist man bereit zu tun? Insofern ist das Setting in "Nacht der Ruinen" nicht zufällig gewählt, sondern bietet die Möglichkeit, Grautönen zu schaffen, die so nur innerhalb dieser Prämisse möglich sind. Beeindruckend ist auch, dass Rademacher die Ambivalenz und die Motive sehr schön herausarbeitet, aber nicht allgemeingültig Absolution erteilt. Eher ergibt sich durch Rademachers Erzählung eine weitere Ebene des Grauens, die oft vergessen wird.

Beeindruckend ist an dem Roman aber auch, dass Rademacher es schafft, nicht nur die zerbombte Stadt Köln auferstehen zu lassen, sondern auch historisch verbürgte Personen in die Handlung einzuweben, ohne dass es störend wäre: George Orwell, Konrad Adenauer, Karl Winkler, Hermann Claasen und viele mehr tauchen im Verlauf der Geschichte auf - wenn auch natürlich in fiktionalisierter Form - und hauchen so dem Roman Leben ein.

"Nacht der Ruinen" bietet also ziemlich viel, mir persönlich war es zwischendurch einen Tick zu viel. Die Handlung und damit der Kriminalfall treten zeitweise zugunsten der Detailfreudigkeit in den Hintergrund.

Alles in allem ist "Nacht der Ruinen" ein gelungener historischer Kriminalroman, dessen Auflösung zwar wenig überraschend ist, aber im Sinne des Settings konsequent.

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Veröffentlicht am 22.02.2025

Fundiert und interessant

Das Deutsche Demokratische Reich
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Wenige Bücher sind momentan so aktuell wie Volker Weiß' "Das Deutsche Demokratische Reich - Wie die extreme Rechte Geschichte und Demokratie zerstört".

Volker Weiß analysiert und zeigt den LeserInnen ...

Wenige Bücher sind momentan so aktuell wie Volker Weiß' "Das Deutsche Demokratische Reich - Wie die extreme Rechte Geschichte und Demokratie zerstört".

Volker Weiß analysiert und zeigt den LeserInnen anhand einiger exemplarischer Beispiele auf, wie die extreme Rechte Geschichte umdeutet.

Zunächst widmet sich Weiß dem Verhältnis der Rechtsextremisten zu Russland. Einerseits galt Russland lange als der "natürliche Feind" der extremen Rechten, die sich nach wie vor einen Sieg über Russland erhofft. Gleichzeitig bewundert die extreme Rechte das autoritär geführte Russland und sieht in ihm ein letztes Bollwerk und einen Verbündeten gegen den von ihr verhassten liberal-dekadenten und verweichlichten Westen. Die Hinwendung zu Putins Russland wird dank dessen Unterstützung extremistischer Organisationen und Parteien in Europa erleichtert.

Entsprechend ambivalent ist auch der Umgang der Rechten in Bezug auf den Ukraine-Krieg. Die einen sehen die Möglichkeit gekommen, endlich Russland zu besiegen, die andere Fraktion wiederum sieht die Ukraine auf dem Weg zu einem westlich-liberalen und somit falschen Weg und unterstützt Russland.

Ausführlich widmet sich Weiß auch der Umdeutung des Nationalsozialismus durch die extreme Rechte. Exemplarisch geht Weiß auf die Behauptung ein, die Nationalsozialisten seien eigentlich Linke gewesen. Weiß hat sich die Mühe gemacht und tief gegraben, um die vermeintliche Quelle aufzutun. Er arbeitet sehr anschaulich heraus, warum erstens die Quellenangabe falsch ist und zweitens die Bezeichnung der Nationalsozialisten als angebliche Linke komplett falsch ist. Falls also jemand mal Munition gegen diese steile Behauptung benötigt, lohnt ich schon allein deswegen der Kauf des Buches.

Sehr faszinierend ist auch der Abschnitt, in dem Weiß die Haltung der extremen Rechten zur DDR im Besonderen und Ostdeutschlands im Allgemeinen analysiert. Hier wird besonders deutlich, dass sie sich die Geschichte gerne so zurechtbiegt, wie es ihr gerade passt. Einerseits ist die DDR dank der Mauer sozusagen ein Hort reiner Deutscher, Ostdeutschland ein Sehnsuchtsort, weil nicht vom Westen und insbesondere den USA infiltriert, andererseits aber wird - hier ist die extreme Rechte ausgesprochen flexibel - die DDR gerne herabwürdigend genutzt, um zum Beispiel Angela Merkel als SED-Schergin zu diskreditieren.

Volker Weiß hat nicht den Anspruch zu erklären, warum die extreme Rechte dermaßen erfolgreich ist; das hätte wahrscheinlich den Rahmen des Buches gesprengt. Ansätze gibt es zwar, aber der Autor bleibt im Wesentlichen bei der Analyse der Geschichtsumschreibungen der extremen Rechten und deren Einordnung. Er zeigt die Widersprüche auf und auch, wie opportunistisch die extreme Rechte vorgeht, um (mehr) Macht zu erlangen.

Alles in allem ist "Das Deutsche Demokratische Reich" ein sehr lesenswertes Buch, das fundiert darlegt, warum und wie die extreme Rechte Geschichte umschreibt bzw. umzuschreiben versucht.

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Veröffentlicht am 13.02.2025

Tolles Buch mit Infos zu (ausgewählten) Gewürzen und wunderbaren Rezepten

Gewürzliebe
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Mich hat zunächst das Cover von "Gewürzliebe" angelacht. Ich mag die Farben und die Schlichtheit. Dennoch ist sofort erkennbar, um was es geht. Und dann ist da natürlich der Titel, der so hinreißend einfach ...

Mich hat zunächst das Cover von "Gewürzliebe" angelacht. Ich mag die Farben und die Schlichtheit. Dennoch ist sofort erkennbar, um was es geht. Und dann ist da natürlich der Titel, der so hinreißend einfach ist, aber dank der Einbindung des Wortes "Liebe" dermaßen positiv daher kommt, dass ich das Buch unbedingt lesen musste.

Aber auch aus persönlichen Gründen interessiert mich alles, was mit Gewürzen (und Kräutern) zu tun hat. Ich darf nur 4 Gramm Salz pro Tag - und das nicht auf einmal, sondern gut verteilt - zu mir nehmen. Ich bin muss also meine Ernährung umstellen. Um nicht auf Geschmack verzichten zu müssen, bin ich auf Gewürze (und Kräuter) angewiesen. Auch aus diesem Grund hat mich "Gewürzliebe" sofort angesprochen.

Nun soll es aber endlich um den Inhalt gehen! Da wären natürlich erst einmal die wunderschönen Bilder, die die Texte und natürlich die Rezepte begleiten. Allein die machen schon wahnsinnig Appetit - und Lust, Gewürze einzusetzen und die Rezepte auszuprobieren.

Vor allem aber hat ich das Buch inhaltlich überzeugt.

Nach der mittlerweile üblichen "Einleitung", in der sich die Autorinnen vorstellen und die Gründe benennen, warum sie dieses Buch schreiben, folgt auch schon das Kapitel "Grundlagen", das vor allem für EinsteigerInnen in die Thematik Gewürze interessant sein dürfte. Hier wird bereits darauf eingegangen, wie man für sich die richtigen Gewürze aussucht, worauf man beim Einkauf achten sollte, wie die Gewürze nach dem Kauf richtig gelagert werden und wie man generell richtig mit ihnen kocht (also sie mahlt, röstet, backt und so weiter). Allein dieses Kapitel rechtfertigt meiner Meinung nach bereits den Kauf des Buches, denn es ist für mich absolut hilfreich und erhellend gewesen. Ganz am Ende gibt es noch eine Übersicht mit Hinweisen zu den Rezepten.

Dann geht es auch schon weiter mit dem Abschnitt "Gewürze". Die Vielfalt ist so groß, dass die Autorinnen natürlich nicht auf jedes einzelne Gewürz eingehen können. Deshalb haben sie sich entschlossen, eine kleine Auswahl - diese aber ausführlich - vorzustellen, die dann auch im späteren Rezeptteil auftauchen wird.

Den Auftakt macht Piment - und auch hier habe ich unglaublich viel gelernt, obwohl die Ausführungen gerade einmal zwei Seiten einnehmen. Herrlich! Weiter geht es mit Amchur, Kümmelsamen, Kardamom, Chili, Zimt, Koriandersamen, Pul Biber und so weiter und so fort. Alles in allem wird eine schöne Mischung aus weithin bekannten und weniger bekannten Gewürzen geboten. Zu jedem Gewürz erfahren wir viele interessante Hintergründe - wie sie nach Europa gelangt sind, was das Gewürz geschmacklich bietet, wie man es am besten zubereitet etc. Faszinierend fand ich diesbezüglich auch die Vielfalt von Kümmel! Kreuzkümmel, Schwarzkümmelsamen, Kümmel - es gibt eine Riesenauswahl, von der ich bisher gar nichts wusste!

Es war und ist extrem interessant, diesen Abschnitt zu lesen. Mir hat auch die Auswahl gefallen. Wer hätte gedacht, dass Pfefferkörner als Gewürz so viel mehr zu bieten haben als das, was wir im Supermarkt in den Gewürzregalen finden?

Den Abschluss des Abschnitts "Gewürze" bildet - und dafür bin ich sehr dankbar - Ausführungen zur "Golden-Milk-Gewürzmischung" inklusive Zutatenliste, so dass ich zukünftig selbst meine Mischung herstellen kann sowie "House Blend" der Firma Rooted Spices, ebenfalls inklusive Zutatenliste und Tipps.

Das Schöne ist, dass alles genau richtig präsentiert wird. Die Ausführungen sind weder zu lang noch zu kurz, sondern bieten genau das, was wir LeserInnen erwarten können (und vielleicht ein bisschen mehr).

Weiter geht geht es dann mit dem Rezeptteil. Den Anfang macht der Abschnitt "Frühstück und Brunch". Schon das erste Rezept hat mir so gut gefallen, dass ich es gleich nachgebacken habe. Und was soll ich sagen? Das Resultat ist ausgesprochen schmackhaft. Zutatenliste, Mengenangaben und Vorgehensweise funktionieren gut. Ich hatte keine Probleme. Die restlichen Rezepte sind ebenso ansprechend, aber ich konnte sie noch nicht ausprobieren.

Weiter geht es dann mit "Einfache Abendessen". Die Zutatenlisten wirken oft etwas lang, dafür, dass es sich um "einfache" Abendessen handelt, aber hat man alles vorrätig, ist alles nur noch halb so schlimm. Tatsächlich sind die Rezepte mit alles in allem ziemlich geringem Aufwand zuzubereiten. Wie schon bei den Rezepten zu "Frühstück und Brunch" ist alles stimmig. Mir gefällt auch, dass oben unter der Bezeichnung des Gerichts auf die Seiten, auf denen man die benötigten Gewürze näher beschrieben findet, verwiesen wird. So muss man nicht lange suchen, wenn man weitere Informationen zu den Gewürzen sucht.

Bei den einfachen Abendessen bietet sich schon eine sehr schöne Auswahl verschiedenster regionaler Einflüsse - japanisch angehauchte Rezepte finden hier ebenso wie Einflüsse aus der Karibik, dem Mittleren Osten und so weiter. Gut gefällt mir auch, dass einige vegetarische Gerichte Eingang gefunden haben. Insgesamt ist es aber doch fleisch- und fischlastig.

"Köstliches fürs Wochenende" ist schon etwas aufwändiger, aber immer noch relativ einfach bzw. ohne übermäßigen Aufwand nachzukochen. Hier dominieren Fleisch- und Fischgerichte, vegetarische Gerichte gibt es vor allem als Salate oder abgewandelte Beilagen. Klar, sie sind schmackhaft, aber abgesehen von einem wunderbaren indischen Gericht fand ich die Auswahl für VegetarierInnen ehrlich gesagt ziemlich einfallslos. Fleisch- und FischesserInnen kommen dafür aber voll auf ihre Kosten! Hier habe ich mich am Togarashi-Hähnchen probiert. Auch dieses Rezept funktioniert sehr gut, das Ergebnis ist ausgesprochen schmackhaft. Allerdings gehört es zu den Rezepten, die Zeit und Geduld erfordern. Dass es Geschmacksexplosionen verursacht ist also das Mindeste!

"Beilagen und Snacks" bietet verführerische Rezepte, die teilweise so einfach sind, dass ich mich frage, warum ich nicht von allein darauf gekommen bin. Aber auch dafür sind Rezeptbücher toll: Sie erinnern uns, dass gute Küche nicht immer superaufwändig sein muss. Einfacher als Ofenkürbis (diesmal mit Gewürzen zubereitet, auf die ich nie im Leben allein gekommen wäre) geht es kaum. Aber wie schön, dass dieses Rezept trotzdem den Weg in das Buch und. zu mir nach Hause geschafft hat!

Den Abschluss des Rezeptteils bildet mein Lieblingsabschnitt in jedem Kochbuch und bei jedem Menü: "Süßes und Gebäck". Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Wer da nicht schwach wird, lässt sich was entgehen! Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, wenn ich nur daran denke, was ich mir da in nächster Zeit gönnen werde.

Den Abschluss des Buches bilden die übliche Vorstellung der Autorinnen, Danksagung und Register sowie Bezugsquellen.

Fazit: Ein wunderbares Kochbuch, das ich gerne nutze. Ich habe viel über ausgewählte Gewürze gelernt. Der Rezeptteil bietet eine große Bandbreite wunderbarer Gerichte. Von einfachen bis aufwändigen Gerichten ist alles dabei. Ich persönlich hätte mir etwas mehr Einfallsreichtum bei den vegetarischen Hauptgerichten gewünscht.

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Veröffentlicht am 11.02.2025

Super zu lesen, angenehm differenziert

Toxisch Reich
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Sebastian Klein dürfte den meisten Menschen bekannt sein als einer der Gründer der App Blinkist. Der Verkauf seiner Anteile an der App hat ihn reich gemacht. Zudem engagiert er sich zum Beispiel über taxmenow ...

Sebastian Klein dürfte den meisten Menschen bekannt sein als einer der Gründer der App Blinkist. Der Verkauf seiner Anteile an der App hat ihn reich gemacht. Zudem engagiert er sich zum Beispiel über taxmenow für einen gerechteren Umgang mit Vermögen. Ähnlich wie Marlene Engelhorn widmet er sich entschlossen für eine gerechtere Gesellschaft und dafür, überreiche Menschen stärker zu besteuern, um deren Macht und schlechten Einfluss auf die Gesellschaft einzudämmen.

Mit seinem Buch "Toxisch reich - Warum extremer Reichtum unsere Demokratie gefährdet" erläutert er zum einen seine Beweggründe, einen Großteil seines Vermögens zu spenden, zum anderen, warum extremer Reichtum eine Gefahr für gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit Demokratien darstellt.

Aufgeteilt ist das Buch im Wesentlichen in zwei Abschnitte, die in mehrere Kapitel unterteilt sind. Der erste Abschnitt behandelt das "Heute", als den Ist-Zustand. Der zweite Abschnitt widmet sich dem "Morgen", als unserer Zukunft bzw. einer wünschenswerten Zukunft.

Um es vorwegzunehmen: Mir hat das Buch gefallen. Das liegt zum einen an dem angenehmen Schreibstil von Sebastian Klein, der keine abgehobenes Fachvokabular verwendet, sondern sich allgemeinverständlich ausdrückt. Zum anderen argumentiert er differenziert. Soll heißen: Er wettert nicht gegen Reichtum an sich, sondern gegen Überreichtum, wie er von Elon Musk, Marc Zuckerberg, Bill Gates, aber auch Susanne Klatten, die Oetker-Familie und so weiter angehäuft wurde und wird.

An lebensnahen und gut verständlichen Beispielen zeigt er auf, dass diese Überreichen in vielerlei Hinsicht eine Gefahr nicht nur für unsere Gesellschaft und das Gemeinwohl darstellen, sondern auch für unsere Demokratie. Er zeigt auf, dass keiner (oder kaum einer) von den Überreichen ihren Reichtum allein durch eigene Arbeit/Leistung erschaffen hatte, sondern sie alle entweder durch Erbschaft (prominentestes Beispiel ist sicherlich Susanne Klatten) oder wohlhabendes Elternhaus (Gates, Musk, Zuckerberg etc.) Startbedingungen hatten, die der Mehrheit nicht zur Verfügung stehen.

Er beschreibt auch, dass arme Menschen bei weitem nicht die gleichen Chancen haben wie Kinder aus wohlhabendem Haus. Er führt aus - und belegt dies -, dass arme Menschen nicht nur bei der Bildung, bei Jobchancen, sondern auch vor Gericht benachteiligt werden.

Vor allem aber zeigt er auf, wie viel Macht extrem reiche Menschen angehäuft haben - nicht nur in den USA, wo es besonders auffällig ist, sondern auch in Deutschland.

Das alles belegt Sebastian Klein sehr gut anhand von Fußnoten und Interviews. Einige Thesen spiegeln seine eigene Meinung wider - und das ist okay, denn der Großteil dessen, was er anführt, belegt er. Ich persönlich hätte mir bei einigen Meinungspassagen bzw. Rückschlüssen gewünscht, sie wären etwas deutlicher als solche gekennzeichnet gewesen, statt sie wie Fakten zu präsentieren.

Der zweite Teil, "Morgen", ist ein Blick in die Zukunft wie Sebastian Klein sie sich wünscht, ohne ins Utopische abzugleiten. Er stellt Mittel und Wege vor, wie die extremen Ungleichheiten, die derzeit vorherrschen, seiner Meinung nach beseitigt werden können. Das fängt damit an, zum Beispiel mit dem gängigen "Leistungs"begriff aufzuräumen und Leistung nicht allein über die Anhäufung von Vermögen zu definieren, sondern darüber, welchen gesellschaftlichen Mehrwert Leistung erbringt. Es geht weiter mit einer echten progressiven Besteuerung. Auch hier bringt er sehr gute Beispiele, bezieht sich unter anderem auf Vorschläge der OECD und so weiter.

Ich kann und will nicht jede Einzelheit des Buches wiedergeben, das würde den Rahmen der Rezension sprengen, aber "Toxisch reich" ist ein alles in allem sehr erhellendes Buch. Man muss nicht mit allem einverstanden sein, was Sebastian Klein schreibt, aber er schreibt und argumentiert sehr gut und ich persönlich stimme ihm in den meisten Punkten zu.

Ich habe unglaublich viele Passagen markiert, beenden möchte ich meinen Text zu dem Buch aber mit folgendem Zitat aus "Toxisch reich", das im Prinzip die beste Zusammenfassung des Buches liefert, die möglich ist:

"In unserer hyperindividualisierten Gesellschaft wird gern ausgeblendet, dass Menschen mit viel Geld auch eine besonders hohe Verantwortung für das Wohl der ganzen Gesellschaft tragen. Es ist an der Zeit, von ihnen zu fordern, sich endlich dieser Verantwortung zu stellen."

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Veröffentlicht am 22.01.2025

Ein tolles Kinderbuch!

Mein Freund Otto, das große Geheimnis und ich
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"Mein Freund Otto, das große Geheimnis und ich" von Silke Lambeck hat meinem Sohn und mir sehr gut gefallen. Das Buch wird ab einem Alter von 9 Jahren empfohlen. Dieser Empfehlung schließe ich mich an.

Es ...

"Mein Freund Otto, das große Geheimnis und ich" von Silke Lambeck hat meinem Sohn und mir sehr gut gefallen. Das Buch wird ab einem Alter von 9 Jahren empfohlen. Dieser Empfehlung schließe ich mich an.

Es handelt sich bei diesem Buch um einen zweiten Teil. Allerdings ist Silke Lambeck so geschickt vorgegangen, dass man es gut lesen kann, ohne den Vorgänger-Band zu kennen.

Besonders gut hat mir gefallen, dass Silke Lambeck es schafft, in diesem Buch schwierige Themen kindgerecht zu verarbeiten. Das gelingt ihr zu allem Überfluss auch noch auf ausgesprochen charmant-humorige Weise. Mein Sohn jedenfalls hat die Mischung aus Witz, flotten Sprüchen, Spannung und Drama sehr genossen. Ich übrigens auch.

Garniert werden Silke Lambecks wunderbare Ideen mit Bildern von Barbara Jung, die das Buch optisch auflockern. Ich erwähnte das deshalb, weil zum Beispiel mein Sohn Bücher komplett ohne Bilder (noch) total langweilig findet. Dieses hier fand er also nicht nur wegen der Geschichte, sondern auch wegen der Illustrationen klasse.

Ich hatte bereits erwähnt, dass in dem Buch nicht nur eitel Sonnenschein herrscht. Zum einen streiten sich die Eltern von Otto zwar immer, diesmal aber so heftig, dass Otto Mutter sogar auszieht! Außerdem haben Matti und Otto eine neue Mitschülerin, Mina, die bei Matti ÜBERmäßige Gefühle auslöst. Und dann gibt's noch das Thema Gewalt in der Familie - und ich hätte nicht gedacht, dass man dieses Thema derart gut in einer Geschichte für Kinder einweben kann, ohne dass es Kinder überfordert oder ihnen schlaflose Nächte bereitet. Dafür ziehe ich meinen Hut vor Silke Lambeck.

Silke Lambeck erzählt ihre Geschichte mit viel Herz, Humor und vor allem kindgerecht, ohne dass es jemals langweilig oder nervend wird. Alle Handlungsstränge ergeben Sinn und auch wenn schwierige Themen ihren Eingang gefunden haben, ist das Buch vor allem unterhaltsam und zeugt von Respekt der jungen Leserschaft gegenüber.

Von mir gibt's eine klare Kaufempfehlung. Das Buch ist super!

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