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Veröffentlicht am 25.12.2023

4,5 Sterne: Rundum gelungene, fesselnde Fortsetzung mit einem Love Interest zum Verlieben!

Das Reich der Sieben Höfe – Flammen und Finsternis
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Feyre hat es geschafft: Sie hat Amarantha besiegt, den Fluch gebrochen und das Fae-Reich gerettet. Doch sie ist auch traumatisiert, kann nicht schlafen, muss sich immer ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Feyre hat es geschafft: Sie hat Amarantha besiegt, den Fluch gebrochen und das Fae-Reich gerettet. Doch sie ist auch traumatisiert, kann nicht schlafen, muss sich immer wieder übergeben. Es hilft nicht, dass Tamlin aus Angst um ihre Sicherheit anfängt, sie im Schloss einzusperren. Und dann wäre da auch noch der gefürchtete High Lord der Nacht, Rhysand, bei dem sie wegen eines Vertrages jeden Monat eine Woche verbringen muss… Aber ist der Hof der Nacht wirklich so schrecklich, wie alle Welt glaubt?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1/5 (aktuell)
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis etwas länger

Inhaltswarnung: Blut, Gewalt, Tod, Gewalt gegen Frauen, s+xualisierte Gewalt Gaslighting, toxische Beziehung
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: H+re (für alle Geschlechter), Miststück, Weib

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- Slow-Burn-Liebesgeschichte (sehr langsam!)
- Found Family
- nicht viel, aber detaillierter Spice
- Magie und magische Wesen (Fae usw.)
- Intrigen, Politik
- Umgang mit Trauma
- toxische Beziehung bzw. Befreiung daraus
- Liebesgeschichte im Fokus, trotzdem auch Worldbuilding & Handlung vorhanden
- Setting: Hof der Nacht, Winter, Berge
- unaufdringlicher Feminismus
- viele starke Frauenfiguren

Meine Rezension

„Nur wenige haben je die Grenze zum Hof der Nacht überschritten und überlebt.“ Seite 548

Nachdem mir Band 1 des „Reichs der sieben Höfe“ in den Sommerferien so überraschend gut gefallen hatte, war eine Verlängerung unserer Leserunde auf Bookstagram schnell beschlossen. Meine Erwartungen an Band 2 waren sogar noch höher, weil er immerhin als bester Teil der Reihe gilt…

Doch konnte mich auch die Fortsetzung wieder überzeugen oder haben wir es hier mit einem mittelmäßigen zweiten Band zu tun (was ja ganz oft bei Reihen der Fall ist)? Hier kann ich euch beruhigen (bzw. beunruhigen, falls ihr entsetzt seid, dass mir ACOTAR gefällt): Auch Band 2 liefert wieder ab und die Liebesgeschichte ist dieses Mal sogar NOCH besser!

Tamlin mochte ich in Band 1 ja noch sehr (zum Glück aber kein Tattoo stechen lassen, yes!), aber die traumatischen Ereignisse haben ihn sehr zum Negativen verändert. Diese Entwicklung finde ich keinesfalls an den Haaren herbeigezogen, sondern sie ist stringent und glaubwürdig – was Tamlin allerdings keine Spur sympathischer macht. Sein Beschützerinstinkt nimmt überhand und kontrolliert jetzt IHN. So engt und sperrt er Feyre immer mehr ein, weil er den Gedanken nicht ertragen kann, dass ihr etwas passieren könnte (was leider auch nicht unwahrscheinlich ist). Doch das ist noch nicht alles: Er traut ihr nichts zu, sieht sie als Besitz, hat seine Wut nicht unter Kontrolle, will eine brave Ehefrau aus ihr machen, die sich aus den Regierungsangelegenheiten heraushält und stattdessen die pompöse Hochzeit plant.

Auftritt Rhysand, der sich für alle Fehler in Band 1 ernsthaft entschuldigt, feministische Reden schwingt, Feyre ernst nimmt, zu jeder Zeit auf Consent achtet, keine Angst vor ihren Fähigkeiten hat und sie sogar noch trainiert und zur Kriegerin ausbildet. Da schlägt das Herz DIESER Feministin natürlich direkt höher! Seite für Seite hat sich dieser Kerl in mein Herz geschlichen, bis ich mich selbst (und nicht nur ein bisschen!) in ihn verliebt hatte – und das passiert mir selten! Für mich ist Rhysand ein wirklich toller Love Interest und der ideale „Book Boyfriend“. Feyres Gefühle für ihn nachzuvollziehen war dementsprechend einfach.

„Rhysand, der High Lord des Hofs der Nacht, stand neben mir. Dunkelheit umwaberte seine Gestalt wie Tinte, die im Wasser Schlieren zieht.“ Seite 592

Sarah J. Maas entwickelt die Enemies-to-lovers-Liebesgeschichte extrem langsam und erzeugt eine unglaublich dichte, kribbelnde Atmosphäre zwischen Rhysand und Feyre. Weil so lang im Buch nicht viel passiert außer Mini-Annäherungen und Wortgefechten, haben selbst kleine Momente eine große Wirkung: Wenn Rhysand beispielsweise Feyre den Waffengurt umschnallt und dabei ihre Oberschenkel an der Außenseite berührt, könnte man ausrasten vor Glücksgefühlen! Und das hat es wirklich, dieses Buch – mich viele Stunden lang glücklich gemacht, denn für mich ist das ein echter Wohlfühlroman zum Eintauchen und Alles-um-sich-herum-Vergessen. Was den Spice betrifft (wenn er dann mal vorkommt, denn erneut sind es wenige Szenen), so ist dieser in diesem Band allerdings deutlich detailverliebter, ausufernder und direkter (weniger poetisch) – hier mochte ich Band 1 deutlich lieber, aber das ist sicher Geschmackssache.

Thematisch stehen die emotionale und physische Entwicklung der Hauptfigur, der Umgang mit Trauma, Vorurteile, die Befreiung aus einer toxischen Beziehung, Freundschaft, Liebe, aber auch Diskriminierung, Macht, Intrigen und Politik im Vordergrund. Erneut werden diese Dinge mit angemessener Tiefe (für Romantasy) behandelt. Ein absolutes Highlight war natürlich Rhysands Freundeskreis, der zusammenhält wie Pech und Schwefel (Found-Family-Trope der feinsten Sorte!). Aus feministischer Sicht hat mir Band 2 auch deutlich besser als der Auftakt gefallen, was nicht zuletzt an Rhysand liegt, den man durchaus als Feministen bezeichnen könnte. Seine Führungsriege besteht z. B. (auch) aus intelligenten, starken, teilweise furchteinflößenden Frauen, wodurch er sich jedoch nicht einschüchtern lässt. Außerdem wird mit den traditionellen Geschlechterrollen immer wieder gebrochen (z. B. haben wir hier ein männliches Opfer von s+xueller Gewalt), auch wenn es trotzdem ein paar unnötige Klischees gibt, die man sich hätte sparen können. Abzug gibt es wieder für die Übersetzung: Wie schwer kann es sein, eine Frau z. B. als „VerräterIN“ zu bezeichnen und hier zu gendern?!

„Und unter meiner Haut, in meinen Knochen hämmerte und pulsierte etwas. Erhob sich, stieg auf, peitschte durch mein Blut.“ Seite 591

Mein einziger Kritikpunkt ist dieses Mal, dass die Handlung im Vergleich zu Band 1 etwas zu sehr in den Hintergrund tritt und dass man das Buch kürzen und straffen hätte müssen, um das Tempo und die Spannung durchgehend hoch halten zu können. Das Ende wurde mir dann jedoch fast wieder etwas zu hastig abgehandelt, hier hätte ich mir dann doch ein paar Seiten mehr gewünscht. Beim Pacing gibt es also noch Luft nach oben – und von mir einen halben Stern Abzug.

Mein Fazit

„Flammen und Finsternis“ ist vielleicht nicht ganz perfekt (beim Pacing und der Spannung gibt es noch etwas Luft nach oben), aber doch eine richtig gute, deutlich feministischere, fesselnde, mitreißende und berührende Romantasy-Fortsetzung. Band 3 ist schon ganz fest eingeplant – ich kann es kaum erwarten, noch mehr von der Autorin zu lesen! Von mir gibt es jedenfalls wieder eine Leseempfehlung!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 3 Sterne
Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Umsetzung: 4,5 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 3 Sterne
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 5 Sterne ♥
Figuren: 5 Sterne ♥
Spannung: 3,5 Sterne
Tempo: 3 Sterne
Wendungen: 4 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 5 Sterne ♥
Einzigartigkeit: 4 Sterne

Insgesamt:

☆★☆★,5 Sterne

Dieses Buch bekommt von mir viereinhalb Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.12.2023

Richtig gute, mitreißende Vampir-Romantasy fürs Herz! ♥

When The King Falls
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Achtung! Die Rezension enthält leichte Spoiler!

Inhalt

Jedes Jahr wählt der Vampir-König eine neue menschliche Braut aus, von der er sich in den kommenden Monaten ernähren wird. Dieses Jahr hat es ...

Achtung! Die Rezension enthält leichte Spoiler!

Inhalt

Jedes Jahr wählt der Vampir-König eine neue menschliche Braut aus, von der er sich in den kommenden Monaten ernähren wird. Dieses Jahr hat es Florence nach 8 Versuchen endlich in die Top 10 und zum großen Ball der Entscheidung geschafft. Sie hat Glück und wird erwählt. Was der König eigentlich nicht weiß: Florence gehört zu einer Familie von Rebell:innen, die den Herrscher stürzen wollen. Seit Generationen haben sie auf genau diese Moment hingearbeitet. Jetzt liegt es an der geliebten Tochter und Schwester, die sie für das Wohl der Menschen geopfert habe, den Vampirkönig zu töten…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1/2
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis etwas länger

Inhaltswarnung: Blut, Tod, Trauer, Gewalt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- Slow-Burn-Liebesgeschichte
- Enemies to lovers (dt. von Feindschaft zu Liebe)
- stilvoller Spice
- Vampire
- Respektvoller Love Interest, der Wert auf Consent legt
- Machtgefälle, das NICHT ausgenutzt wird
- unaufdringlicher Feminismus
- Frauenfreundschaft
- wenig Worldbuilding

Wollt ihr wirklich meine Sicht? Dann lest mein Rezensionsgedicht!

“Ich will wissen, wer der Mann ist, in dessen Hände ich mein Leben lege. Ich will sein Gesicht sehen und mir endlich vorstellen können, wie er aussieht, wenn er stirbt.“ Seite 14

Es wirkte wie eine Falle, Cover und Farbschnitt waren einfach zu schick,
doch seit ich es gesehen habe, glaub‘ ich auf Liebe auf den ersten Blick!
Klappentext gelesen – irgendwas mit Vampiren, wird schon passen –
und schnell das Buch in meinen Einkaufswagen fallen lassen.
Klar, das Ding könnte über die Laufstege in Paris stolzieren,
aber auch für die inneren Werte braucht es sich nicht zu genieren!

Im Gegenteil, starker Einstieg und danach geht es nur noch bergauf,
ich bin sicher, auch ihr würdet ihn nicht bereuen, diesen Kauf!
Flott und fesselnd geschrieben, Spannung, Fokus auf Gefühle und Innenwelt,
kurz: eine Vampir-Romantasy, wie sie mir gefällt!

Auch wenn die Rebellin Florence beim großen Ball noch so offensiv um den Vampirkönig und die Stelle als Blutbraut wirbt,
eigentlich will sie nur sein Gesicht sehen, damit sie endlich weiß, wie er aussieht, wenn er stirbt.
Dass sie den König hasst, kann sie im Bad neben seiner Schwester nicht verhehlen,
doch – was für ein Twist – die rennt zu ihrem Bruder und überzeugt ihn, sie zu wählen.
Nicht wie eine Spionin, sondern devot soll sie sich geben,
aber Florence als unterwürfiges Mäuschen? Nicht mehr in diesem Leben!

Die Familie so: Florence, unser Schatz, du verstehst das sicherlich!
Um diesen Krieg zu gewinnen, müssen wir jemanden opfern, und zwar: dich.
Du schaffst das, das wissen wir, weil wir dich kennen –
und falls doch nicht, erreg keine Aufmerksamkeit und versuch nicht zu rennen.
Viel Glück, liebes Kind, wir geben dir die Pille mit im Kleid,
und beobachten deine lebensgefährliche Mission aus der Sicherheit.

Florence‘ Auftrag ist klar: Komm dem Vampirkönig näher, Zielort: Bett.
Doch der Plan hat eine Schwachstelle, denn: Verdammt, ist der NETT!
Ihre Rolle und ihre echten Gefühle lassen sich immer schwerer trennen,
am liebsten würde sie einfach davor wegrennen.
Denn egal, was sie fühlt – fest steht das Ende:
Sie muss ihn töten zur Sonnenwende!

Um die Mission nicht zu gefährden, wäre es wichtig, dass Florence sich niemals gegen ihn verteidigt,
trotzdem hat sie ihn nach zwei Treffen schon dreimal beleidigt.
Wirkliche Assassinen-Skills hat sie (leider!) nicht, aber ihr Mundwerk schießt schneller als Lucky Luke‘s Schatten,
und – zack – ist schon wieder eine Konversation vollkommen außer Kontrolle geraten.
Mir als Leserin zauberten diese Momente ein Schmunzeln ins Gesicht,
und ganz ehrlich, was Besseres gibt es doch nicht!

Ich habe aufgelacht, breit gegrinst, die Geschichte hat mich berührt
und mit jeder Seite erneut zum Weiterlesen verführt!
Man fühlt so mit Florence mit, spürt jedes Kribbeln, ihren Schmerz,
ja, dieses (feministisch angehauchte) Buch ist wirklich was fürs Herz!
Auch das Hörbuch wird wunderbar von Dagmar Bittner gelesen,
sie gibt jeder Figur eine eigene Stimme, ein eigenes Wesen.

Bleibt mir fern mit euren Christian Greys, Huntern und Mafia-Bossen,
Benedict ist ein respektvolles Monster, und das hab‘ ich genossen!
Endlich mal kein Milliardär, der sich in einen Kontrollfreak verwandelt,
sondern ein Typ, der sich um die Prota kümmert und sie echt gut behandelt.
Consent ist ihm wichtig, Rücksicht immer vorhanden,
solche Männer sind „hot“, das hat Marie Niehoff verstanden.
Dazu noch eine ausgezeichnete Chemie und die dichte Atmosphäre –
wäre schön, wenn das bei jeder Liebesgeschichte so wäre!

Für Denis Scheck wäre die Lektüre wahrscheinlich eine ganz fürchterliche Qual –
naja, zum Glück ist das für mich mittlerweile ein Qualitätsmerkmal.
Ich schreibe seine Empfehlungen ganz genau mit, all die wichtigen Sachen –
nur um dann das genaue Gegenteil zu machen…
Herr Scheck, wollen Sie sich nicht lieber „hochwertige Literatur“ besorgen?
Die Mülltonne mit den „schlechten“ Büchern bitte an meine Adresse, ich werde sie fachgerecht entsorgen!

Alle anderen bekommen aber genau das, was sie sich erwarten,
da spielt die Autorin mit offenen Karten.
Eine mitreißende Liebesgeschichte, später lovers, vorher natürlich enemies,
am besten hat mir gefallen, dass sich die Autorin dabei so viel Zeit ließ!
Als nach einer gefühlten Ewigkeit die Annäherung endlich kam,
passte sie dann sogar mir in den Kram (und das heißt was!).

What a ride – und dann lässt man uns einfach warten? Hey!
Doch was ist das? Band 2 schon im Jänner?! Marie Niehoff – SLAY!
Zum Cliffhanger am Ende – es stimmt, der ist gemein,
aber die Fortsetzung wollte ich sowieso lesen, also will ich mal nicht so sein…
4,5 Sterne, denn ich hätte gern noch mehr erfahren über diese fremde Welt,
dann ist es um die Wertung nächstes Mal sogar noch besser bestellt.

Mein Fazit

Nach langer Zeit ist das endlich wieder ein richtig gutes Vampirbuch gewesen,
deshalb meine Empfehlung: Lesen, lesen, lesen!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 5 Sterne ♥
Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Umsetzung: 4,5 Sterne
Worldbuilding: 2,5 Sterne
Einstieg: 5 Sterne ♥
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 5 Sterne ♥
Figuren: 4,5 Sterne
Spannung: 4 Sterne
Tempo: 4 Sterne
Wendungen: 3 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 5 Sterne ♥
Einzigartigkeit: 3 Sterne

Insgesamt:

☆★☆★,5 Sterne

Dieses Buch bekommt von mir viereinhalb Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2023

Wollte es hassen, hab mich stattdessen verliebt… Jahreshighlight! ♥

Das Reich der sieben Höfe – Dornen und Rosen
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Spoilerfreie Rezension!

Klappentext (Lovelybooks)

Als die junge Jägerin Feyre im Wald einen Wolf tötet, erscheint eine furchteinflößende Kreatur. Und verschleppt Feyre in das Reich der Fae. Bald entdeckt ...

Spoilerfreie Rezension!

Klappentext (Lovelybooks)

Als die junge Jägerin Feyre im Wald einen Wolf tötet, erscheint eine furchteinflößende Kreatur. Und verschleppt Feyre in das Reich der Fae. Bald entdeckt Feyre, dass Tamlin, ihr Entführer, ein Prinz der Fae ist. Gefangen an seinem Hof merkt Feyre, dass ihre Gefühle sich Tamlin gegenüber ändern und keine Legende, die sie je über die trügerisch schönen, mächtigen Fae gehört hat, kann das ändern. Doch was Feyre nicht weiß: Tamlin ist verflucht…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 2 von 5
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis länger

Inhaltswarnung: Gewalt (auch gegen Frauen), Blut, Folter, explizite S+x-Szenen, Prostitution, Tod von Tieren, Tierquälerei
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: H+re (aber für beide Geschlechter), Weib

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen (dieser Abschnitt ist inspiriert von @sassthxtic auf Lovelybooks):

- starke weibliche Hauptfigur
- Romantasy, aber mit gut durchdachtem Plot & Worldbuilding
- Liebesgeschichte: enemies to lovers (dt. von Feindschaft zu Liebe)
- Märchen-Neuerzählungen („Die Schöne und das Biest“)
- Magie und magische Wesen (Fae, Gestaltwandler:innen)
- unerwartete Wendungen
- Setting: Frühling
- Kampf gegen das Böse / David-gegen-Goliath-Geschichte

Meine Rezension

„Wenn er aus Prythian kam, wenn er irgendeine Art Fae war, dann drohten mir noch ganz andere Gefahren als die, gefressen zu werden. Wenn er ein Fae war, dann sollte ich mich umdrehen und weglaufen, so schnell ich konnte.“ Seite 9

„Das Reich der sieben Höfe“ (im Englischen oft als ACOTAR abgekürzt) gehört sicher zu den bekanntesten und gehyptesten Romantasy-Reihen auf Bookstagram, in der Blogger:innen-Szene und generell auf dem Buchmarkt. Da ich über die Jahre immer wieder auch sehr negative Rezensionen zur Reihe gesehen hatte, habe ich sie über viele Jahre bewusst gemieden. Doch heuer hat mich der Instagram-Algorithmus schließlich mürbe gemacht, der mir immer wieder Reels zu den Büchern in die Vorschläge gespült hat: Mir reichte es! Ich wollte endlich diese Reels verstehen, ich wollte endlich mitreden können! Schnell war der Entschluss gefasst, Band 1 zu lesen, und genauso schnell war eine Gruppe mit Gleichgesinnten für eine Leserunde gefunden. Das gemeinsame Lesen und Diskutieren hat großen Spaß gemacht, danke dafür!

„Was für eine verfluchte Macht besaßen sie, dass sie ihr Reich so anders gestalten konnten als wir das unsere, dass sie die Jahreszeiten und das Wetter kontrollieren konnten, als wären sie ihnen untertan?“ Seite 65

Da ich damit gerechnet hatte, dass ich das Buch generell, mindestens aber aus feministischer Sicht hassen und auf Bookstagram in meinen Storys „ironisch“ kommentieren würde, traf es mich gänzlich unvorbereitet, als ich gemerkt habe, dass es mir tatsächlich… gefällt. Denn, ja, verdammt, Sarah J. Maas KANN fesselnd schreiben – und zwar so mitreißend, dass man nur so durch die Seiten fliegt und das Buch kaum noch weglegen kann. So anschaulich, dass man alles vor sich sieht und so fantasievoll und atmosphärisch, dass man wirklich vollkommen in ihre Welt eintaucht. Die eine oder andere schöne Stelle im Buch habe ich mir sogar markiert. Ja, das „Reich der sieben Höfe“ ist keine hohe Literatur und nein, es wird keine Buchpreise gewinnen – aber das will es ja auch nicht. Was es hingegen will, nämlich über Stunden richtig gut zu unterhalten, DAS gelingt ihm wunderbar. Nun wollt ihr sicher noch eine Sache wissen: Gab es Logiklöcher? Tja, keine Ahnung! Mit einem aufgewühlten Herzen und Tränen in den Augen lassen die sich so schwer erkennen! Ihr wisst doch, wenn mich ein Buch emotional berührt, bin ich verloren!

Ganz oft habe ich übrigens gehört, dass ACOTAR als „fairy p+rn“ bezeichnet wurde. Leute. Leute! Jetzt mal im Ernst! Zweieinhalb auserzählte S+x-Szenen in über 500 Seiten (E-Book) sind für euch schon P+rnographie? Dann solltet aber niemals einen Blick auf die nachmittägliche Lieblingstelenovela meiner Oma werfen. Absolut skandalös, was da abgeht! Es würde euch wahrscheinlich schockieren. Also kurz: Nein, zumindest ACOTAR 1 ist meiner Meinung nach weder Er+tik-Buch noch „Smut“-Feuerwerk noch „fairy p+rn“! Dazu kommt, dass ich von der Art, wie Sarah J. Maas weibliches Verlangen und die S+x-Szenen beschreibt, regelrecht verzaubert war: Statt den primitiven und ordinären Schilderungen, die ich erwartet habe, wird uns hier ganz kompromisslos der „Female Gaze“ (dt. weibliche Blick) serviert – mit einem Fokus auf Gesichtsregungen und Gefühle, wodurch mal einfach als Leser:in emotional total mitgenommen wird. Ich fand diese Momente jedenfalls sehr passend, sehr ästhetisch (stellenweise fast poetisch) und gar nicht unangenehm beschrieben und habe sie überraschend gern gelesen.

Im Vergleich mit der englischen Ausgabe ist mir allerdings nicht nur aufgefallen, dass stellenweise von Alexandra Ernst nicht nur freier und weniger elegant übersetzt wurde als erhofft (leider!), sondern dass auch die S+x-Szenen stellenweise leicht entschärft wurden – ganz im Gegensatz übrigens zu den ganzen Szenen voller Gewalt, Blut und Folter. Doppelmoral? Ja. Überraschend? Nicht wirklich. Gestört hat mich auch, dass Feyre, eine Frau, immer wieder z. B. als „Ernährer“ usw. bezeichnet wurde – im Englischen gibt es diese gegenderten Formen nicht, im Deutschen aber sehr wohl, und es wäre schon nett und zeitgemäß, wenn dann bei der Übersetzung auch die weibliche Form, nämlich ErnährerIN, verwendet werden würde!

Erfrischend fand ich, dass es einen gut durchdachten Plot (bei dem auch Kleinigkeiten später wichtig werden), ein gelungenes Worldbuilding und viele unerwarteten Wendungen gibt, die einen eiskalt treffen. Mir ist es nämlich auch bei Romantasy wichtig, dass die Handlung (wie hier) eben NICHT nur Beiwerk ist. Dabei ist ACOTAR sicher nicht das tiefgründigste Buch, das ihr je gelesen habt, oder das Buch, das euch zum Nachdenken bringen wird wie kein anderes zuvor – aber es behandelt Themen wie Erwachsenwerden, Emanzipation von der Familie, Liebe, Armut, Unterdrückung, Vorurteile und Freundschaft mit angemessener Tiefe.

Auch die Figurenzeichnung hat mich absolut überzeugt. Die Charaktere wachsen einem ans Herz und wirken nach einer Weile wie echte Menschen; man vergisst total, dass sie ja alle nur fiktiv und erfunden sind. Ein größeres Kompliment gibt es meiner Meinung nach für Schriftsteller:innen nicht! Die Figuren bekommen außerdem fast alle so einen unvergesslichen Auftritt, dass man sie nie mehr vergisst und es unmöglich ist, sie miteinander zu verwechseln. Feyre ist eine starke Protagonistin, die sich nichts sagen lässt, und sich im Laufe der Geschichte glaubhaft weiterentwickelt und über sich hinauswächst.

Tamlin mochte ich als Love Interest (zumindest in diesem ersten Band), obwohl da die Meinungen in unserer Leserunde sehr auseinandergingen und es zu leidenschaftlichen Diskussionen kam. Warum? Tamlin ist sehr sensibel und kein Mann, der hart durchgreift – im Gegenteil, er wird eher passiv und duckt sich, wenn er Druck ausgesetzt ist, aber er hat ein gutes Herz. Gerade das gefiel mir an ihm, weil es mal nicht diese toxische, sondern eine andere Art von Männlichkeit war. Ich konnte sein Verhalten immer nachvollziehen und er tat mir auch leid, denn ein guter Anführer für seinen Frühlingshof ist er sicher nicht. Ich habe allerdings immer ein Herz für die Außenseiter und die Menschen (oder auch Fae), die Fehler machen – also auch für ihn. Eine feministische Analyse lässt mich ebenfalls insgesamt zufrieden zurück, denn es gibt nicht nur eine starke weibliche Protagonistin, die sich auf viele verschiedene Arten durch das Buch kämpft, sondern auch eine mächtige, extrem furchteinflößende Bösewichtin, die gerne einmal die typischen Geschlechterrollen umkehrt und versucht, Fae-Männer in ihr Bett zu zwingen.

Einen halben Stern Abzug gibt es trotzdem, und zwar dafür, dass man gerade am Anfang auf das eine oder andere Klischee trifft und manche negativen Figuren (besonders Feyres undankbare Familie) so überzeichnet werden. An einigen Stellen war es mir auch ein bisschen „too much“ (dt. zu viel) – zu schwülstig, zu pathetisch, zu dramatisch, zu sehr „in your face“. Für Subtilität war da leider wenig Platz. Allerdings wird das im Laufe des Buches dann besser. Mein Hauptkritikpunkt und absoluter Fremdscham-Moment war aber diese komische „Jungfrauen-Zeremonie“ (um nicht zu spoilern, werde ich nicht näher darauf eingehen). Einfach nur cringe und unangenehm – das hätte man sich echt sparen können! Auch Rhysand, der in diesem Band als Antagonist auftritt, leistet sich ziemlich toxisches Verhalten. Den Großteil davon konnte ich ihm verzeihen, als er seine Motive enthüllte, aber zweimal waren seine Handlungen absolut unnötig und grausam (einmal packt er Feyres verletzt Hand, um ihr Schmerzen zuzufügen und ein Argument zu gewinnen, einmal küsst er sie übertrieben grob). Deshalb steht er jetzt im 2. Band (den ich bereits begonnen habe und gerade mit großer Freude lese) bei mir auch „unter Beobachtung“. Jetzt kann er zeigen, wie er wirklich ist und so manches wiedergutmachen – oder auch nicht. Jetzt gibt es jedenfalls keine Ausreden mehr!

Mein Fazit

Meine Grundeinstellung dem Buch gegenüber war am Anfang alles andere als wohlwollend, ich war mir sogar ziemlich sicher, dass ich es hassen würde – doch dann hat mich die Autorin mit jedem Satz mehr um den Finger gewickelt und sich immer mehr in mein Herz geschrieben. War da vielleicht Fae-Magie im Spiel? Wer weiß das schon! Jedenfalls hat mich der erste Band des „Reichs der sieben Höfe“ auf ganzer Linie überzeugt. Er hat mich gefesselt, emotional berührt und viele Stunden lang wunderbar unterhalten. Den Hype hat sich Sarah J. Maas aus meiner Sicht redlich verdient. Für mich war ACOTAR 1 jedenfalls ein Jahreshighlight! Da draußen schwirren ja so viele Rezensionen und Meinungen herum – emotionale Liebeserklärungen und leidenschaftliche Hassreden –, vielleicht ist es an der Zeit, dass auch ihr euch endlich euer eigenes Bild macht. Und wer weiß, vielleicht erwartet den einen oder die andere von euch ja auch (wie mich) eine positive Überraschung?

Bewertung

Cover / Aufmachung: 3 Sterne
Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 4,5 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 5 Sterne ♥
Einstieg: 3 Sterne
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 4 Sterne
Figuren: 5 Sterne ♥
Spannung: 5 Sterne ♥
Tempo: 4 Sterne
Wendungen: 5 Sterne ♥
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 4,5 Sterne
Einzigartigkeit: 4 Sterne

Insgesamt:

☆★☆★,5 Sterne

Dieses Buch bekommt von mir viereinhalb Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.08.2023

4,5 Sterne: Auch im Jahr 2023 immer noch eine brandaktuelle und fesselnde Schullektüre!

Die Welle: Bericht über einen Unterrichtsversuch, der zu weit ging. (Ein Buch, das vor rechter Propaganda und blindem Gehorsam warnt)
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Ein junger, engagierter Geschichtelehrer will seinen Schüler*innen mit einem Experiment zeigen, wie es sich anfühlt, in einer faschistischen Gesellschaft zu leben. Doch ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Ein junger, engagierter Geschichtelehrer will seinen Schüler*innen mit einem Experiment zeigen, wie es sich anfühlt, in einer faschistischen Gesellschaft zu leben. Doch schon bald muss er sich fragen, ob er überhaupt noch die Kontrolle über seine immer größer werdende Bewegung hat…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche und männliche Perspektive
Kapitellänge: kurz

Inhaltswarnung: Gewalt (auch Gewalt gegen Frauen), Mobbing, Gehirnwäsche
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen (dieser Abschnitt ist inspiriert von @sassthxtic auf Lovelybooks):

- ethische und philosophische Fragestellungen
- soziale Experimente
- Geschichte
- Politik
- starke weibliche Hauptfigur
- Setting Schule

Meine Rezension

„‚Wie konnten sich denn die Deutschen ganz ruhig verhalten, während die Nazis massenweise Menschen abschlachteten, und dann behaupten, sie hätten von alledem nichts gewusst?‘“ Seite 21

Obwohl die 1981 erstmals erschiene „Welle“ sicher eine der beliebtesten Klassenlektüren überhaupt ist, habe ich es irgendwie geschafft, sie trotz Germanistik- und Lehramtsstudium bis jetzt zu umgehen. Nun, da ich selbst Deutschlehrerin bin, wollte ich natürlich endlich mitreden können und herausfinden, ob das Buch auch heute noch gut mit 13-/14-Jährigen gelesen werden kann.

„‘Nach dem Krieg haben viele Nazis versucht, ihr Verhalten damit zu erklären, dass sie nur Befehle ausgeführt hätten und dass jede Weigerung ihr eigenes Leben gefährdet hätte.‘“ Seite 23

Überzeugt die „Welle“ auch im Jahr 2023 noch aus pädagogischer Sicht und, vor allem, hat sie mich auch persönlich überzeugt? Hier kann ich guten Gewissens auf beide Fragen mit einem deutlichen Ja antworten. Obwohl das Jugendbuch mittlerweile mehr als 40 Jahre alt ist, hat es von seiner Aktualität nichts eingebüßt – gerade in einer Zeit, in der sich die Neuen Rechten verführerischer, volksnaher, moderner präsentieren als je zuvor und in denen rechte Parteien wie die AFD und FPÖ bei Wahlumfragen erschreckend hohe Prozentzahlen erreichen. Die Aufklärung über die NS-Zeit (und die Gefahren von rechtem Gedankengut) und unsere Erinnerungskultur sind auch heute noch unglaublich wichtig, vielleicht sogar wichtiger denn je.

„‘Das ist keine Enschuldigung. […] Sie hatten doch ihre eigenen Augen und ihren eigenen Verstand. Sie konnten selber denken. Niemand befolgt doch blind solche Befehle!‘“
‚Genau das haben sie aber getan‘, wiederholte Ben.“ Seite 23

Dabei überzeugt das Jugendbuch nicht nur mit seiner Kürze von unter 200 Seiten (wodurch auch Lesemuffel nicht eingeschüchtert werden und eine genaue Nachbesprechung möglich ist) sondern auch mit seinem schnörkellosen, aber sehr fesselnden Schreibstil, den tiefgründigen Themen und den ethischen Fragen, die immer wieder gestellt werden. Ständig passiert etwas, das (noch dazu auf einer wahren Begebenheit basierende!) Experiment gerät immer weiter aus dem Ruder; es fällt leicht, bei dieser spannenden Geschichte mitzufiebern. Ein weiterer Pluspunkt dieser Klassenlektüre sind mit Sicherheit die überraschend starken und intelligenten Frauenfiguren, deren Darstellung auch heute noch als zeitgemäß zu betrachten ist, und die Beziehungen auf Augenhöhe (z. B. gerecht aufgeteilte Hausarbeit beim Lehrer:innen-Ehepaar Ben und Christy). In meiner Klasse kam das Buch übrigens auch sehr gut an! Auch Unterrichtsmaterial gibt es dazu genügend, was die Begleitung (die ist bei diesem Buch auf jeden Fall notwendig!) für Lehrpersonen vereinfacht.

„‘Vergiss es! Es ist einmal geschehen, und die Welt hat etwas daraus gelernt. Es wird nie wieder geschehen.‘“ Seite 32

Für 5 Sterne hat es dann aber trotzdem nicht gereicht, denn ich hätte mir einfach von allem noch ein bisschen mehr gewünscht: mehr Seiten, mehr Tiefe, mehr Zeit für die Figurenzeichnung. Manche Entwicklungen gingen mir dann vor allem in der zweiten Hälfte einfach zu schnell. Mir ist zwar klar, dass es sich hier um ein Jugendbuch handelt, aber etwas mehr könnte man den Teens meiner Meinung nach durchaus zutrauen. Die Verfilmung habe ich übrigens auch mit meiner Klasse angeschaut – sie hat sehr polarisiert. Ich persönlich kann damit wenig anfangen, weil nicht nur die Namen gewechselt, sondern auch sonst (zu) viel geändert wurde. Statt auf Buchtreue wird hier auf Drama, billige Schocks und mehr Gewalt gesetzt, was mich leider schlussendlich enttäuscht hat. Wenigstens gibt eine vergleichende Analyse von Buch und Film dadurch viel her.

Mein Fazit

Auch im Jahr 2023 ist „Die Welle“ noch brandaktuell, spannend und regt zum Nachdenken an – das sagt auch meine Klasse. Auch die moderne Darstellung der starken weiblichen Figuren ist gelungen – lediglich etwas mehr Seiten und Tiefe hätte ich mir noch gewünscht. Von mir gibt es jedenfalls eine Leseempfehlung – sowohl fürs jugendliche Zielpublikum als auch für Lehrpersonen.

Bewertung

Cover / Aufmachung: 3 Sterne
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 3 Sterne
Einstieg: 4 Sterne
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonist:innen: 4 Sterne
Figuren: 4 Sterne
Spannung: 5 Sterne ♥
Tempo: 4 Sterne
Wendungen: 4 Sterne
Atmosphäre: 4 Sterne
Emotionale Involviertheit: 4 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 4 Sterne
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

☆★☆★,5 Sterne

Dieses Buch bekommt von mir viereinhalb Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.07.2023

Wie man richtig gute Fantasy schreibt… Jahreshighlight!

Wie man einen Prinzen tötet
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Eine Prinzessin will ihre Schwester vor einem gewalttätigen Prinzen (ihrem Ehemann) retten, indem sie ihn tötet. Werden Marra und ihre nur mittelmäßig kompetente Reisegruppe ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Eine Prinzessin will ihre Schwester vor einem gewalttätigen Prinzen (ihrem Ehemann) retten, indem sie ihn tötet. Werden Marra und ihre nur mittelmäßig kompetente Reisegruppe ihr Ziel gemeinsam erreichen?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis lang

Inhaltswarnung: Tod von Menschen, Gewalt gegen Frauen, Gewalt, Blut, Krankheit, Geburt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen (dieser Abschnitt ist inspiriert von @sassthxtic auf Lovelybooks):

- Found Family (dt. Wahlfamilie) / bunte Reisetruppe
- lange Reise
- düstere Fantasy
- Märchen
- untypische Prinzessin als Heldin
- Rettungsmission
- David-gegen-Goliath-Story
- Slow-Burn-Liebesgeschichte
- Unvorhersehbarkeit

Meine Rezension

„[…] und ihr wurde klar, dass sie noch nie zuvor gehasst hatte. DAS musste dieses neue Gefühl sein. Es nahm so viel Platz in ihrer Brust ein, dass sie nicht wusste, ob sie noch um es herum atmen konnte.“ Seite 80

Als ich das deutsche Cover und den coolen Titel gesehen habe (eines der wenigen Male, bei denen der übersetzte Titel besser ist als der des Originals), habe ich mich sofort in dieses Buch verliebt! Die positiven Rezensionen auf Bookstagram und die Tatsache, dass die Protagonistin schon 30 Jahre alt ist (endlich mal keine Jugendprobleme!) haben den Rest erledigt. Ich MUSSTE es lesen – und zwar am besten sofort. Die Erwartungen waren also wieder einmal unverschämt hoch, das konnte ja nur schiefgehen – oder?

Lasst und gleich am Anfang die wichtigste Frage klären: Ist das Buch so gut wie erhofft? JA! Seit „Bird Box“ im Jänner hatte ich leider kein einziges Jahreshighlight mehr, nur mittelmäßige bis gute Bücher – doch nun scheint der „Fluch“ endlich gebrochen! Denn „Wie man einen Prinzen tötet“ konnte mich auf ganzer Linie überzeugen.

„Als junges Mädchen hätte sie das wohl nicht verstanden, doch Marra war nicht mehr das Mädchen von früher. Sie war dreißig Jahre alt, und alles, was von jenem Mädchen übrig geblieben war, waren die Knochen.“ Seite 13

Schon die ersten Seiten voller Eiter-Metaphern, Verwesung und Kannibalismus, in denen eine unglaublich düstere Welt beschrieben wird, haben mein Leserinnen-Herz höher schlagen lassen! T. Kingfisher schreibt sehr angenehm, nuanciert (besonders, wenn es um Gefühle geht), anschaulich, aber nicht zu ausufernd, und an manchen Stellen echt zum Niederknien schön! Die Dialoge wirken zudem lebendig und fühlen sich sehr natürlich und authentisch an. Außerdem wird man als Leserin immer wieder mit kreativen Ideen und neuartigen Wesen überrascht, sodass einem nie langweilig wird und es großen Spaß macht, die magische Welt dieses „Anti-Märchens“ zu entdecken. Tatsächlich spielt T. Kingfisher nämlich immer wieder mit typischen Märchentropen – nur um diese dann im nächsten Satz zu brechen oder ins Gegenteil zu verkehren. Das mochte ich sehr!

„Beobachte einen Mörder, der durch die Welt geht, und du wirst sehen, wie all seine Opfer an schwarzen Schnüren hinter ihm herlaufen, wie Geister, die auf ihre Chance warten.“ Seite 110

So steht im Mittelpunkt der Geschichte auch keine Prinzessin der Kategorie „Jungfrau in Nöten“, sondern eine Adelstochter, die sich aufmacht, um – allen Widrigkeiten zum Trotz – ihre Schwester aus den Fängen ihres gewalttätigen Ehemannes, dem titelgebenden Prinzen, zu retten. Schnell steht fest: Der Prinz muss sterben! Aber wie? Begleitet wird sie hierbei von einer leicht inkompetenten, aber unglaublich charmanten, bunten Reisetruppe – ihrer neuen „Found Family“. Man fühlt und fiebert mit und fliegt nur so durchs Buch, weil man unbedingt wissen will, wie diese gänzlich unvorhersehbare, wendungsreiche „Quest“ am Ende aus- und wie es den liebgewonnenen Figuren (neben Marra habe ich vor allem Agnes, das Küken und den Knochenhund echt ins ♥ geschlossen) am Ende ergeht. Deshalb war „Wie man einen Prinzen tötet“ für mich auch ein absoluter Wohlfühlroman, zu dem ich nach einem anstrengenden Tag immer gerne zurückgekehrt bin.

„WENN WIR MÄNNER WÄREN… […] Sie waren keine, und die Geschichte der Welt wurde in den Bäuchen von Frauen und mit ihrem Blut geschrieben, und niemals würde ihr erlaubt werden, etwas daran zu ändern.“ Seite 92

Zwischendurch wird die scheinbar zum Scheitern verurteilte Mission immer wieder durch humorvolle Passagen aufgelockert, die mich das eine oder andere Mal zum Schmunzeln gebracht haben. Auch aus feministischer Sicht gibt es hier ganz und gar nichts auszusetzen, da wir im Buch auf viele starke, intelligente, mächtige Frauen treffen und schwierige Themen wie die Unterdrückung von Frauen, ihre Abhängigkeit von ihren Ehemännern und Gewalt gegen Frauen angesprochen und kritisiert werden. Die sanftmütige Marra (aber auch die anderen Figuren) bricht immer wieder Geschlechterstereotype, zum Beispiel, indem sie gleich auf den ersten Seiten klarstellt, dass SIE keinen Prinzen haben wolle (nein, sie nicht!), und zeigt, wie wenig sie mit neugeborenen Babys anfangen kann. Als Frau ohne Kinderwunsch konnte ich mich deshalb sehr gut mit ihr identifizieren und fand ihre Ansichten sehr erfrischend!

Große Kritikpunkte habe ich glücklicherweise nicht, einen gibt es aber schon (mehr als einen halben Stern kann und will ich aber dafür nicht abziehen): beim Erzähltempo ist noch etwas Luft nach oben. In manchen Momenten schritt mir die Handlung zu schnell voran, hier hätte ich mir gewünscht, dass nicht so viel übersprungen wird bzw. manche Szenen genauer auserzählt worden wären. In anderen Momenten hingegen (vor allem im zweiten Viertel) hätte ich mir wiederum etwas mehr Tempo und Spannung gewünscht. Außerdem hätte ich gerne noch mehr über die eitrige Welt der ersten Kapitel erfahren – schade, dass sie nur so kurz zum Schauplatz gemacht wurde. Vielleicht ist das ja dann Stoff für ein anderes Buch – ich würde mich jedenfalls freuen. Die letzte Geschichte von T. Kingfisher wird es für mich nämlich definitiv nicht bleiben!

Mein Fazit

Meine Erwartungen an „Wie man einen Prinzen tötet“ waren unverschämt hoch, zum Glück hat das Buch dann aber auch abgeliefert – und wie! Von der märchenhaften Erzählweise über die liebevolle Figurenzeichnung, die starken Frauenrollen und den Humor bis hin zum kreativen Worldbuilding konnte mich dieser erfrischende Fantasy-Roman auf ganzer Linie überzeugen und mit seinen unerwarteten Wendungen immer wieder überraschen. SO geht gute Fantasy! Bitte mehr davon! Und an euch: Unbedingt lesen!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 5 Sterne ♥
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 4,5 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 5 Sterne ♥
Ende: 5 Sterne ♥
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Humor: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 5 Sterne ♥
Figuren: 5 Sterne ♥
Spannung: 4 Sterne
Tempo: 3 Sterne
Wendungen: 5 Sterne ♥
Atmosphäre: 5 Sterne
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 5 Sterne ♥
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀,5 Sterne

Dieses Buch bekommt von mir viereinhalb begeisterte Sterne!

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