Profilbild von SigiLovesBooks

SigiLovesBooks

Lesejury Star
offline

SigiLovesBooks ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SigiLovesBooks über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.12.2019

Weihnachten in Amsterdam

Weihnachten in Amsterdam
0

Die in den Niederlanden sehr bekannte TV-Köchin Yvette van Boven hat ein besonderes Koch- und Weihnachtsbuch vorgelegt, das zurecht den UT "Das Kochbuch für ein entspanntes Fest" trägt, da die (teils festlichen, ...

Die in den Niederlanden sehr bekannte TV-Köchin Yvette van Boven hat ein besonderes Koch- und Weihnachtsbuch vorgelegt, das zurecht den UT "Das Kochbuch für ein entspanntes Fest" trägt, da die (teils festlichen, exquisiten und aufwendigen Gerichte und Menüvorschläge) sich i.d.R. gut vorbereiten lassen, so dass an den Festtagen - oder einem schönen Wintertag mit Freunden - mehr Zeit für Unternehmungen, Freunde und Familie bleibt!

Das Buch mit dem stimmungsvollen Cover lädt zum Nachkochen ein (das durch gute Erklärungen auch gut umsetzbar ist, wie wir selbst herausfinden konnten) und wurde (2019, HC) im Dumont-Verlag veröffentlicht. Wunderschöne, den Winter- und Weihnachtszauber in dieser tollen europäischen Großstadt einfangende, atmosphärische und festliche Fotos stammen von Oof Verschuren.

Die Autorin setzt die Priorität, ihre Rezepte und Gerichte in "Vorbereiten" und "Zubereiten" zu unterteilen, was sich bei anstehenden Festen planungstechnisch als sehr vorteilhaft erweist. Bei den Rezepten geht es ihr nicht nur um weihnachtliche Festessen, sondern auch um z.B. romantische Essen zu zweit oder einen Nachmittag in der Advents- und Winterzeit mit Freunden. So startet das außergewöhnlich schön gestaltete Kochbuch folgerichtig mit praktischen Tipps und auch welchen, die Stress vermeiden helfen. Weiter geht es - untermalt von atmosphärischen Winterbildern - mit einer Checkliste zur Einkaufsplanung.

Nun gilt es sich in den einzelnen Rubriken zu entscheiden: Seien es morgendliche Leckereien wie z.B. Apfel-Cranberry-Brötchen, Weihnachtsbrot, Schottische Eier u.a., die sich auch zum Brunch eignen, Appetithäppchen und Getränke. Den köstlichen Suppen folgen kleine Gerichte (z.B. Lachs- oder Wildkaninchenterrine) wie auch Kartoffelplätzchen mit Krebssalat oder Husarensalat, der optisch schon eine Augenweide ist - und sehr lecker schmeckt!

Sehr festlich warten die Hauptgerichte auf; z.B. eine Weihnachtspastete, und die Vorlieben der Autorin für gesundes Gemüse wie z.B. Rote Bete oder Kohlrabi und Blumenkohl deckt sich mit meinen eigenen; die tollen Rezepte und die Kombinationsmöglichkeiten überraschten mich wirklich sehr positiv!

Einiges war mir persönlich zu ausgefallen und exquisit; doch die Rezeptideen auch einfacherer und winterlicher köstlicher Gerichte konnten mich überzeugen.

Ein Register und Inhaltsverzeichnis am Buchende zum Nachschlagen in übersichtlicher Form "krönen" dieses wundervolle und außergewöhnliche Buch voller Rezeptideen, die mit stimmungsvollen und sehr atmosphärischen Fotos aus Amsterdam geschmacklich perfekt "abgerundet" wurden!
Die gut erklärten Rezepte und Menüs regen zum Nachkochen an - und die Fotos wecken die Lust, Amsterdam auch mal im Winter zu besuchen! 4 *

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Gestaltung
  • Rezepte
Veröffentlicht am 01.12.2019

"Schnitzeljagd" auf Mitford Manor

Die Schwestern von Mitford Manor – Gefährliches Spiel
0

Es handelt sich hier um Band 2 der Reihe der "Schwestern von Mitford Manor" - UT Gefährliches Spiel, das im Pendo-Verlag (broschiert, 2019) erschienen ist.



Mitford Manor und London, 1925:

Zur Feier ...

Es handelt sich hier um Band 2 der Reihe der "Schwestern von Mitford Manor" - UT Gefährliches Spiel, das im Pendo-Verlag (broschiert, 2019) erschienen ist.



Mitford Manor und London, 1925:

Zur Feier des 18jährigen Geburtstages von Pamela wird eine Party organisiert, die auch eine Schnitzeljagd beinhalten soll, da diese in London 'en vogue' sind: Was weder die Familie Resdesdale, der die 6 Schwestern von Mitford Manor entstammen, noch die Partygäste wissen: Ein Teilnehmer, der junge charismatische, wenn auch nicht sonderlich beliebte Adrian Curtis, wird von einer der zu bewältigenden Aufgaben nicht mehr zurückkehren:

Das junge Dienstmädchen Dulcie Long findet ihn unter dem Kirchturm mit verdrehten Gliedmaßen und mausetot: Der Verdacht des ermittelnden Inspectors in Hampshire fällt sofort auf sie und sie wird in Untersuchungshaft verbracht: Einzig Louisa Cannon, ebenfalls Dienstmädchen im Hause der Redesdales, glaubt an Lucies Unschuld und ist überzeugt, dass diese zwar vorhatte, Schmuck mitgehen zu lassen, aber nicht, Adrian vom Kirchturm gestoßen zu haben.

Mit den Ermittlungen zum Fall ist Guy Sullivan, LeserInnen des ersten Bandes bereits bekannt, zwar nicht direkt betraut, steht dieser jedoch (aufgrund seines Ehrgeizes und Beförderungswillens, aber auch, weil er Louisa sehr zugetan ist), Louisa zur Seite und beide nehmen sich in diesem Roman des sprichwörtlichen Falles von Adrian Curtis an. Wer von den Partygästen könnte ein Motiv haben? Was ist an jenem Abend wirklich geschehen und wer hat Adrian zuletzt lebend gesehen?

Um diese Fragen geht es in "Gefährliches Spiel", das teils auf Mitford Manor, dem Landsitz der Redesdales in den Cotswolds spielt und auch in London, wo Alice Diamond und ihre 40 Diebinnen ihr Unwesen treiben. Die Autorin hat hier gekonnt historische Fakten mit fiktionalen Handlungen verknüpft, was auch aus dem Anmerkungen zu den historischen Fakten ersichtlich ist.

Die Sympathieträger und Hauptprotagonisten Louisa Cannon als auch Guy Sullivan, der nun nicht mehr bei der Bahn arbeitet, sondern bei der Londoner Polizei, ermitteln sozusagen im Verborgenen und versuchen, den wahren Mörder zu finden: Einige Spuren führen nach Soho und in den lasterhaften Club "43", in dem sich die berüchtigte "Königin der Diebinnen" gerne aufhält. Louisa, intelligent und mit scharfer Beobachtungsgabe, versucht Alice Diamond und ihren Diebinnen nahezukommen und begibt sich dabei in höchste Gefahr; doch sie möchte Dulcie helfen, die eine sehr ähnliche Biografie aufweist wie sie selbst und an deren Unschuld sie fest glaubt.

Neben der Krimihandlung geht es auch in Band 2 um den Einblick in das (teils recht mondäne) Leben der Redesdales; um Bälle, Empfänge und das Leben der Upperclass, das in diesen Jahren entscheidende Veränderungen erfährt: Viele Adelige können es sich nicht mehr leisten, unzählige Bedienstete zu haben und im gleichen Zeitraum der "Roaring 20ies" emanzipieren sich immer mehr Frauen, in dem sie arbeiten, Stenografie und Schreibmaschine erlernen und in Büros z.B. tätig sind, ihr eigenes Leben führen wollen und sich nicht mehr von einem Mann abhängig machen wollen. In London beeindrucken solche Frauen Louisa so sehr, dass sie die Abgeschiedenheit und ihre Aufgaben in Mitford Manor nunmehr mit anderen Augen sieht: Am liebsten würde sie es diesen Frauen gleichtun...

Während Louisa sehr kreativ und erfinderisch ist, wenn es um ihre Ziele geht, ist der akribische Guy Sullivan sehr darauf bedacht, befördert zu werden und in seinem Beruf die Karriereleiter zu erklimmen. So liest er sich im Zug von London nach Shipton auf dem Weg nach Mitford Manor sorgfältig seine Notizen durch und ist überzeugt, den wahren Mörder von Adrian Curtis zu stellen....

Ein unterhaltsamer Roman mit kriminalistischen Elementen, der zum Miträtseln anregt und durch die sich abwechselnden Kapitel, in denen entweder Louisa und die Mitfords oder Guy und Mary, seine Kollegin präsent sind, sich mehr und mehr Spannung aufbaut; der aber auch gesellschaftliche Verhältnisse in den 20er Jahren mit all ihren Umbrüchen in England (und auf dem Kontinent) zum Thema hat. Ich bin sehr gespannt, ob Louisa nach London ziehen wird und ihre Ziele ansteuert (was ich ihr durchaus zutraue) und freue mich auf Band 3! 4*

Veröffentlicht am 01.12.2019

Frauenfreundschaften

Freundinnen
0

Wie der stimmige Titel schon besagt, geht es in "Freundinnen" von Corinne Luca um die Freundschaft - in diesem Fall zwischen Frauen. Die Idee zum Buch - Freundschaften, warum wir sie schließen, wie sie ...

Wie der stimmige Titel schon besagt, geht es in "Freundinnen" von Corinne Luca um die Freundschaft - in diesem Fall zwischen Frauen. Die Idee zum Buch - Freundschaften, warum wir sie schließen, wie sie sich entwickeln, was sie mit uns machen - schlummerte schon lange in der Autorin.

Schön, dass sie die Idee zum vorliegenden tiefsinnigen, zuweilen humorvollen und einfach schönen Buch umsetzte, die jedes Herz einer wahren Freundin höher schlagen lässt: Findet man sich an vielen Stellen wieder in eigenen Freundschaften, in Erinnerungen, in Bildern, die einen erstaunen und auch oftmals schmunzeln lassen. Die aber allesamt eines besagen: (Fast) nichts geht über wahre Freundschaft!

Es geht um Kinderfreundschaften, Freundschaften in der Adoleszenz und später im Erwachsenenalter, die die Hauptthemen des Sachbuchs sind. Die Autorin lässt ihre eigenen Erfahrungen bildhaft einfließen und beschreibt eigene Freundschaften als Kind, als Heranwachsende - und später dann als Erwachsene. Hierbei wird klar, dass die Erfahrung, eine Freundin oder einen Freund zu haben, sehr positiv für die seelische Entwicklung eines Menschen ist. Bereits als Kind kann man die Erfahrung machen, verstanden und angenommen zu werden - ohne wenn und aber - gemeinsam zu lachen, Pläne zu schmieden, Unfug anzustellen, "Mutproben" zu bestehen wie auch Abenteuer zu erleben. Auch Gemeinsamkeiten verbinden.

Nicht alle Kinderfreundschaften überstehen das gesamte Leben, jedoch gehören sie für mich zum Kostbarsten, was es gibt: Trotz der Gefahr von Entfremdung späterer Lebensphasen (Ausbildung, Beruf, Studium) und Ortswechseln gelingt es mancher Freundschaft, aufrechterhalten werden zu können! Andere werden mit der Zeit nebensächlicher oder verlieren an der tiefen Bedeutung, die sie einmal hatten.

Zu alten Freundschaften aus der Kindheit oder Schule gesellen sich BerufskollegInnen oder Studienfreundinnen, die man nicht missen möchte und ohne die alles viel weniger Spaß machen würde. Zuweilen reicht diese Verbundenheit und gemeinsame Lebensphasen, um das ganze Leben über Freunde zu bleiben, was ich besonders schön finde (auch wenn es nicht immer möglich ist).

"Freundschaften brauchen Empathie, man muss die Perspektive der anderen einnehmen können", so die Autorin (Zitat S. 103). Dies ist vermutlich die Basis einer tiefen und ehrlichen Freundschaft, die auch Kritik vertragen kann und sich nicht beleidigt zurückzieht, sondern an der gemeinsamen freundschaftlichen Beziehung arbeitet. Denn Freundschaft, die auch eine Form von Liebe impliziert, bedeutet auch, stetig daran zu arbeiten; ohne Gegenleistung und bedingungslos für die andere einzutreten.

Die Studienergebnisse im Buch fand ich sehr interessant, zumal sie meine These bestätigen, dass "Freunde die Entschuldigung Gottes für (manche) Verwandten sind". Tiefgehende Gespräche erhöhen das Wohlgefühl und fördern die Gesundheit, stärken laut einer Studie unser Immunsystem.

Entscheidend ist auch, ob eine Freundschaft wandelbar ist - und in der Lage, sich der jeweiligen Lebensbedingungen, die verändernd bei den meisten Menschen eintreten, anpassen zu können. D.h. dass eine plötzliche Entfernung oder das Mutter werden einer der beiden Freundinnen nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Freundschaft hier ein Ende findet: Sogar Krisensituationen überstehen starke Freundschaften, da wahre Freundinnen offen über anstehende Probleme sprechen können und ein großes Verständnis für das Gegenüber vorhanden ist.

"Liebe ist ein Gefühl, das wir für diejenigen empfinden, die tief in unseren Herzen wohnen" (S. 184); einer der schönen Schlusssätze, die Corinne Luca diesem sehr lesenswerten Buch mitgibt. Es ist leicht autobiografisch und sehr gut zu lesen; inhaltlich wird sich jede Frau hier und da darin wiederfinden und eigene Erinnerungen zutage fördern. Am meisten zum Schmunzeln brachte mich persönlich (meine Freundin hat morgen Geburtstag und das Nachfolgende ist DER passende Spruch überhaupt ;)

""Kann man etwas Gutes daran finden, dass die Zeit verstreicht?

Mindestens dieses eine:

Es ist die einzige Möglichkeit, um alte Freundinnen zu werden".

Ich empfehle "Freundinnen" gerne weiter, um das Buch selbst zu lesen und es an die beste Freundin weiterzuschenken! 4*

Veröffentlicht am 15.11.2019

Die Geisterfelder von Norfolk

Grabesgrund
1

Nach "Allerheiligenfluch" konnte ich nun mit "Grabesgrund" von Elly Griffiths die Reihe der Kriminalromane um die forensische Archäologin Ruth Galloway endlich vervollständigen - und habe absolut nicht ...

Nach "Allerheiligenfluch" konnte ich nun mit "Grabesgrund" von Elly Griffiths die Reihe der Kriminalromane um die forensische Archäologin Ruth Galloway endlich vervollständigen - und habe absolut nicht bereut, alle Bände (Tipp: Am besten chronologisch lesen, wie bei jeder Krimireihe sehr empehlenswert) gelesen zu haben.

Wie die Vorgänger spielt auch "Grabesgrund" im beschaulichen und interessanten englischen Norfolk. Dieses Mal in der Nähe einer Ausgrabung zur Bronzezeit, in der Ruth auf verwertbares Material gestoßen ist. Unweit der Ausgrabungsstätte stößt ein Bagger, der eine große Fläche einebnen soll, um möglichst zügig so einige neue Wohnhäuser entstehen zu lassen (Seitenhieb auf die Gier der Immobilienhaie und Baukonzerne, die auch vor schützenswertem Land nicht Halt machen), auf Metall. Es ist ein Flugzeug der RAF aus dem 2. Weltkrieg und das Bizarre daran ist, dass der Pilot noch darin sitzt...

Daher treffen DCI Harry Nelson - Vater der inzwischen 5jährigen Tochter Kate von Ruth - und Ruth zusammen; es stellt sich heraus, dass die Leiche lange Zeit an einem anderen Ort vergraben worden sein musste, da ein früheres Mitglied der Blackstocks, eine wohlhabende Familie mit viel Landbesitz, die noch immer in der Nähe residiert, via DNA auf die Familie der Blackstocks hinweist. Damit tun sich Fragen auf - und sowohl Ruth als auch Nelson haben einiges damit zu tun, dieses Rätsel zu lösen, denn alle Zeichen weisen den Weg ins Herrenhaus der Blackstocks....

Die Autorin lässt wie immer ihre LeserInnen miträtseln und die Charaktere entwickeln sich stetig weiter. Auch Cathbad taucht wieder auf, der inzwischen mit Judy Johnson, der toughen Polizistin, liiert ist und Vater wird; zudem hat ein amerikanisches Filmteam großes Interesse, aus dem Fund in Norfolk eine Sendung über die Geschwader der Kampfflugzeuge der britischen RAF im 2. Weltkrieg zu zeigen, weshalb einige Filmleute mehrere Tage im Anwesen der Blackstocks wohnen sollen, um auch die Familie zu ihren Erinnerungen zu befragen. Damit stechen so einige Leute in ein Wespennest: Die illustre Familie wartet mit netten weiblichen Mitgliedern auf, die männlichen hingegen sind zuweilen das Gegenteil davon.... Was ist wirklich aus den Brüdern des alten George Blackstock geworden?

Diesen Fragen widmet sich auf unterhaltsame und höchst interessante Weise dieser Krimi, den ich aufgrund des stimmigen Inhalts und vor allem des Schreibstils von Elly Griffith absolut weiterempfehlen kann. Die Autorin versteht es, den Leser zu fesseln und die Spannung nicht nur zu halten, sondern gegen Ende hin noch zu steigern und gibt ihren Kriminalromanen eine sehr menschliche Note, in dem sie Ruth, die ihre kleine Tochter alleine erzieht, einerseits sehr mutig, andererseits aber alles andere als perfekt charakterisiert: Auch Harry Nelson mit seinen Sergeants Judy Johnson, David Clough (genannt Cloughie) und Tim werden sehr gut portraitiert. Für Cloughie freut man sich, dass er in Cassie Blackstock eine Seelenverwandte - und die Liebe gefunden hat. Auch weitere menschliche "Verwicklungen" sind natürlich nicht auszuschließen, die den Krimis von Elly Griffiths einen unnachahmlichen Charakterzug geben. Ich freue mich bereits auf weitere Übersetzungen ins Deutsche und hoffe doch sehr, die Übersetzerin Tanja Handels ist bereits "at work" damit - denn die Ruth Galloway-Reihe hat absolutes Suchtpotential ;) Von mir 4,5 * und 98° auf der "Krimi-Couch".

Veröffentlicht am 08.11.2019

Ein literarisches Denkmal für Edith Sitwell

Die Dame hinter dem Vorhang
0

"Die Dame hinter dem Vorhang" von Veronika Peters erschien (HC, gebunden) 2019 im Verlag Wunderraum (Randomhouse) und ist in die Kategorie biografische Romane einzuordnen, da der Roman einer schillernden ...

"Die Dame hinter dem Vorhang" von Veronika Peters erschien (HC, gebunden) 2019 im Verlag Wunderraum (Randomhouse) und ist in die Kategorie biografische Romane einzuordnen, da der Roman einer schillernden Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts gewidmet ist, deren Lebensverlauf sich die Autorin annimmt und, wie sie im Anhang schreibt, zahlreiche Motive und Begebenheiten aus dem Leben der Dichterin und Schriftstellerin verwendete, sich aber auch alle Freiheiten der Literatur nahm, was in diesem Fall auf die Weise geschieht, dass sie

Edith Sitwell (1887-1964)

ein fiktives Dienstmädchen zur Seite stellt. Der Leser betrachtet nun "Dame Edith", die aus aristokratischem Hause kommend, bereits zu Lebzeiten durch ihr exzentrisches Auftreten, aber auch ihr dichterisches Können Furore machte, durch die Augen der Jane Banister, die bereits in der dritten Generation der Ladyschaft dient und deren Vater einst leitender Gärtner im Anwesen der Sitwells in Scarborough, Grafschaft North Yorkshire, England war.

Bereits als Kind entwickelt Edith, die Erstgeborene, einen expressiven Charakter, der sich (laut ihrer Mutter ist sie ein häßliches Baby) auch im Alter von 12 Jahren nicht durch einen sog. "Korrigierapparat", der sowohl die Nase als auch den schiefgewachsenen Rücken "begradigen" soll, verändern lässt und der sich später in einen messerscharfen Verstand und in eine Scharfzüngigkeit entwickelten, gepaart mit einem starken Drang und Willen zu einer Unabhängigkeit (in dieser Zeit für eine Frau eher die Ausnahme), die für ihren Erfolg im schriftstellerischen und dichterischen Bereich sorgen würden. Diese starken inneren Kräften von Dame Edith sind außergewöhnlich ausgeprägt und man kann sie dafür nur bewundern: Nachdem sie das Elternhaus verlassen konnte (im Gegensatz zu ihren beiden Brüdern Osbert und Sachevell, denen sie sehr zugetan war und auch Stücke gemeinsam aufführte in London, hatte sie von ihren reichen Eltern nicht viel zu erwarten), empfand sie die erste Zeit in London als ungeheuer befreiend, "eine Erlösung für ihren sprühenden Geist, der sich fortan in die Dichtung stürzte", so berichtet sie Jane während ihrer Jahre in Paris, wohin sie mit Helen Rootham und Jane, der Dienstbotin und Erzählerin, übersiedelte. Es sollten Jahre skandalumwitterter Aufführungen, Lesungen und Vortragsreihen folgen (teils auch in Amerika) und die Meinungen der Kritiker waren geteilt. Ein Markenzeichen von Dame Edith war jedoch, dass sie sich gerne mit diesen stritt und recht unverblümt ihre Meinung kundtat.

Während man im Buch diese Jahre verfolgt, den Tatendrang teils auch in sehr bescheidenen Verhältnissen sowohl in London als auch später in Paris bewundert und ihr dichterisches Schaffen (im Krieg verfasste sie Gedichte, die zu ihren besten gehören sollten, in dem sie ihre Gedanken und Gefühle - wie sicher auch Ängste - "in Verse goss", begleitet man das Trio (Edith, Jane und Helen, die zur besten Freundin neben Jane von Edith wurde und der sie sehr verbunden war) auch nach Italien, da Helen schwer erkrankte und nach ihrem Tode stellt man als Leser fest, wie sehr Dame Edith um diese Freundschaft trauert. In Liebesdingen hat die Exzentrikerin, die sehr groß gewachsen ist und nicht dem "Schönheitsstandard" der damaligen Zeit entspricht, wenig Glück: Der Künstler Pavel Tchelitchew, den sie sehr fördert, nutzt sie aus und hier ist sie ausnahmsweise einmal eine recht willenlos "Ergebene", sonst überhaupt nicht ihrer Persönlichkeit entsprechend. Er sollte später nach Amerika auswandern, weshalb sie lange Zeit litt. Doch in Freundschaftsbeziehungen ließ sie niemals jemanden im Stich, der ihr freundschaftlich verbunden war, was mir Dame Edith sehr sympathisch machte. Auch war ihr Ton gegenüber Jane nie herrisch und das einander Brauchen schaut aus vielen Seiten hervor.

Etwas schade fand ich, dass die Persönlichkeit von Jane Banister so gut wie keine Rolle spielte; jedoch ließ die Autorin die Gefühlsregungen und Gedanken der Bediensteten von Dame Edith bewusst aus. So entstehen bei mir zwei vollkommen unterschiedliche Frauenbilder des 20. Jahrhunderts; während die eine ihre Neigungen und ihr schriftstellerisches Leben, ihre zahlreichen guten Kontakte auslebt, bleibt die andere - dienend bis zur Selbstaufgabe - im Hintergrund.

Fazit:

Ich nehme an, dass Edith Sitwell in England sehr bekannt ist; mir war die Dame zuvor nicht bekannt, doch ich konnte sie beim Lesen dieses sehr flüssig und atmosphärisch geschriebenen, tiefgründigen Romans ein wenig kennenlernen: Intelligent, eigenwillig und charakterstark trotz schwierigster Kindheit, verletzbar, selbstbewusst - entwickelte sich Edith nicht grundlos zur Exzentrikerin und genialen Schriftstellerin ihrer Zeit. Gesellschaftliche Hintergründe und der Zeitgeist, die Kriegsjahre und Politik fließen ebenfalls mit ein und werden aus Sicht der Familie Sitwell beleuchtet. Der Autorin gelingt so ein bildhaftes Portrait von Edith Sitwell, der sie damit ein Denkmal setzt. Lesenswert!