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Veröffentlicht am 06.11.2023

Mister Chips und das Maß aller Dinge

Leb wohl, Mister Chips
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"Leb wohl, Mister Chips" von James Hilton (1900-1954) in deutscher Übersetzung aus dem Englischen von Manfred Allié erschien (2023, HC geb., 141 Seiten) im Kampa Verlag, Zürich. Das englische Original ...

"Leb wohl, Mister Chips" von James Hilton (1900-1954) in deutscher Übersetzung aus dem Englischen von Manfred Allié erschien (2023, HC geb., 141 Seiten) im Kampa Verlag, Zürich. Das englische Original erschien bereits 1934; der Roman ist, wie der Verlag auf dem Buchrücken schreibt, "ein Juwel der englischen Literatur" - so auch für mich. Besonders faszinierend fand ich hier die Tatsache, dass in dem recht schmalen Büchlein so viel 'zwischen den Zeilen' zu lesen ist, dass es; auch in emotional-menschlicher Hinsicht, prallgefüllt an Emotionen, mehr als auf die 'gefühlte' doppelte Seitenzahl kommt!


Inhalt:


"Er war jahrzehntelang Lehrer in Brookfield, einem Jungeninternat. Er hat Hunderte, wenn nicht Tausende Schüler unterrichtet. Er war kein wirklich guter Lehrer, Ambitionen hatte er keine. Aber er hatte Humor, Prinzipien, vor allem aber einen warmherzigen Blick auf die Welt. Die Schüler liebten ihn, und so ist er in Brookfield zur Legende geworden. Einst lebte Mr. Chips für seine Schüler, nun lebt er in den Büchern, die er liest. Ein kurzes, unverhofftes Liebesglück hat er erleben dürfen, aber das ist lange her. Jetzt wohnt er bei der Haushälterin Mrs. Wickett, sitzt vor dem Kamin - und erinnert sich."

(Quelle: Buchrückentext)


Meine Meinung:

Genau dort, am Kamin bei seiner Vermieterin, Mrs. Wickett, seinen Gewohnheiten nachgehend, ein Tässchen Tee trinkend abends, einen Krimi schmökernd und beim Rückblick und seinen Erinnerungen auf ein schönes und friedliches Leben lernen wir den früheren Lehrer für Latein am Jungeninternat Brookfields (das er gleich mochte) kennen. Der Roman gewährt uns Einblicke in das Leben eines Lehrers zwischen ca. 1870 bis Mr. Chips ins Rentenalter kommt. Berührende Einblicke sowohl ins Berufs- als auch ins Privatleben des Lehrers, der sich selbst eher mittelmäßig findet, dem es nicht immer leichtfällt, für Disziplin zu sorgen und der sich doch von Anfang an sehr wohlfühlt in Brookfield, jenem Jungeninternat, in dem er (500 unbändige Raufbolde) unterrichtet. Er schafft es als junger Lehrer, sich Respekt zu verschaffen, wollte anfangs in eine Schule der ersten Liga (Brookfield gehört in die zweite), hat jedoch einen realistischen Blick und erkennt ein Jahrzehnt später, dass er die Schule gar nicht mehr wechseln wollte. Hatte er doch "mit 40 Wurzeln geschlagen, mit 50 war er der Älteste und Weiseste im Kollegium und mit 60 - mit neuem, jungen Schulleiter - war ER Brookfield".


So ist dieser liebenswerte, prinzipientreue, humorvolle Mr. Chips, in den Herbststürmen seines Lebens angekommen, voller Heiterkeit und Kummer in derartigen Wellen, dass zuweilen Tränen kullern - und er selbst nicht weiß, ob er gerade lacht oder weint: Die Nähe zur Schule hatte er immer gehalten, indem er sich schräg gegenüber bei Mrs. Wickett einmietete und neue Schüler wie auch Lehrer stets zu sich zum Tee einlud. So blieb er, der auch in Kriegszeiten später nochmal "den Laden zusammenhalten" sollte, stets in Kontakt zu den Schülern und Lehrern und durchlief eine charakterliche Entwicklung, die es Freude macht zu lesen: War er anfangs etwas farblos, so merkt man doch, dass Mr. Chips sein Herz am richtigen Fleck hat. Seine leider kurze Ehe mit Katherine holt noch mehr aus ihm hervor, das zuvor in ihm schlummerte: So traten sein Sinn für Abenteuer und Humor, seine Selbstsicherheit noch mehr zutage und seine Beliebtheit wuchs. Seine Witze wurden stets begierig weitergetragen (kennst du schon den Neuesten?) und die Schüler urteilten über den längst ergrauten älteren Lehrer: "Anständiger alter Knabe".


Auch zeitgeschichtliche Ereignisse fließen in den Roman mit ein (Burenkriege, Tod von König Edward, das Ende des Viktorianischen Zeitalters, der Untergang der Titanic etc.) und Mr. Chips hat natürlich auch mit Schulleitern zu kämpfen, die ihm und seinen (älteren) Lehrmethoden nicht gewogen sind: Dennoch können diese nicht damit rechnen, dass Mr. Chips so ohne weiteres "das Feld räumte".

Wichtig war ihm stets das "Maß der Dinge", das Brookfield und somit auch er den Jungen beibringen sollte: Belohnt wurde er im Alter oft mit netten Besuchen ehemaliger Schüler, die sich nach seinem Wohlergehen erkundigten. Besonders gefiel mir der älter gewordene Lehrer, als er (um die Jahrhundertwende um 1900) "von einer Milde durchdrungen wurde, die seine Schrullen und seine immergleichen Scherze zu einer Harmonie verband" (Zitat S. 65). Die Zweifel an seiner Arbeit wichen (zurecht) einem Stolz, der in ihm aufkam. Am Ende wurde er zum Scherzbold deklariert, da er immer in allem das Komische sah und zur Schullegende. Brookfield war nicht Brookfield ohne Mr. Chips!


Der Stil James Hilton's ist atmosphärisch und von großer Tiefe, wenn er seinen Hauptprotagonisten, Mr. Chips, ausleuchtet. Gleichzeitig ist der Roman von einer brillanten Schnörkellosigkeit und Ausdrucksstärke, die ich sehr schätze. Man wünscht sich, es hätte mehr von den Menschen wie Mr. Chips gegeben (oder würde es noch); vermutlich wäre dann die Welt ein besserer Ort?


"Das Maß der Dinge ging mehr und mehr in der Welt verloren, da musste man es wenigstens zu Hause bewahren", so Chips in der Zeit des 1. Weltkriegs; dadurch hat dieser Roman auch gerade in unserer Zeit einen aktuellen Bezug.


Fazit:


Ein wundervoller Roman über einen liebenswerten Lehrer, der Rückblicke in sein erfülltes Leben gewährt. Seinem Unterricht in einem Jungeninternat im englischen Brookfield. Berührend, zutiefst menschlich und voller Humor zählt dieser Roman zu meinen "literarischen Kleinoden", einem Juwel englischer Literatur und erhält ausser einer absoluten Leseempfehlung (vielleicht gab es - bestenfalls - in jedem Leben einen Lehrer, der Mr. Chips auf irgendeine Weise ähnelte?) auch 5* von mir.

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Veröffentlicht am 03.11.2023

Wohlfühlroman mit Tiefgang à Carsten Henn!

Die Butterbrotbriefe
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Gleich vorneweg: Wer an Carsten Henn's Romanen "Der Buchspazierer" und "Der Geschichtenbäcker" seine helle (Lese-)freude hatte, der wird auch "Die Butterbrotbriefe" lieben! Der Autor steht für mich durch ...

Gleich vorneweg: Wer an Carsten Henn's Romanen "Der Buchspazierer" und "Der Geschichtenbäcker" seine helle (Lese-)freude hatte, der wird auch "Die Butterbrotbriefe" lieben! Der Autor steht für mich durch diese Bücher beispielhaft für emotionale, berührende und literarisch gute Unterhaltung mit Tiefgang - und einigen 'Schmunzlern' und humorvollen Einlagen, die ich in einem "feel-good-Roman" sehr schätze! Hier geht es um die Frage, ob das Leben Zufall oder Schicksal ist? (Und noch um vieles mehr).


Inhalt:


"Wer schreibt heute noch Briefe? Richtige Briefe auf Papier, mit der Hand? Kati Waldstein, die mit fast 40 Jahren ein neues Leben beginnen will und Abschiedsworte für alle verfasst, die sie geprägt haben. 37 Briefe insgesamt. Sie nimmt dafür Butterbrotpapier, das ihr Vater über viele Jahre für sie gesammelt hat.

Dann trifft sie auf Severin, der sein Leben als Klavierstimmer wegen eines von ihm verschuldeten Unglücks hinter sich lassen musste. Und der gute Gründe hat zu glauben, das Kati und ihr Heimatort sein Schicksal sind. Doch das Schicksal bestimmt vielleicht, wer in unser Leben kommt, aber das Herz, wer darin bleibt."

(Quelle: Buchrückentext, Piper Verlag)


Meine Meinung:


Da ich der 'aussterbenden Spezies' der BriefeschreiberInnen angehöre, habe ich mich auf diesen Roman sehr gefreut; und ich wurde nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Carsten Henn gelingt es durch seine poetisch-atmosphärische Art, eine Geschichte zu schreiben, den Leser von Beginn an neugierig zu machen: Hier lernen wir die sympathische, aber lange durch die eigene Mutter fremdbestimmte Kati kennen, die nach dem Tod der Eltern erkennt, dass sie wie eine Marionette an Fäden hing, die sie jetzt, nach dem Tod von Helga Waldstein, unbedingt durchtrennen möchte, um ein freies und unabhängiges Leben zu führen. Ist die Mutter hier sehr empathielos, sogar hart der Tochter gegenüber beschrieben, ist die Inhaberin des Frisiersalons Rose, Madame Catherine, das absolute Gegenteil: Seit Kindesbeinen liebt sie Kati sehr und gestattet ihr später, sich samstags Utensilien zum Haarschnitt Obdachloser (auf kostenloser Basis) auszuleihen, so steht Kati jeden Samstag auf dem Markt - zur Freude von Scholle und anderen Wohnungslosen, bis sich eines Tages ein "Namenloser" dazugesellt, der seinen Namen später preisgeben sollte: Severin, ein Klavierstimmer, der drei Jahre auf der Straße lebte und sich bei Kati für deren Freundlichkeit bedanken möchte. Auch Onkel Martin, Katis kauzigen Onkel, der - selbst nie an der Arktis gewesen, den Polarkreis aber liebend - lernen wir in seinem Arktismuseum oder "Svenssons Polarwelt" kennen: Diese Figur fand ich mit am Sympathischsten von allen; auch er mag Kati sehr, die in ihrer Kindheit mehr Zeit bei Martin verbrachte als im eigenen Elternhaus. So freut man sich als LeserIn, dass sich auch Severin und Martin anfreunden - und staunt über den jungen Lukas, der Martin bei allen Arbeiten im und am Museum hilfreich zur Seite steht (und zum Schluss eine mehr als gute 'Figur' macht, als ein Schicksalsschlag über Martin hereinbricht).


So verfolgt man lesend; mal schmunzelnd und auch mit traurigen Passagen versehen, wie sich Kati und Severin, die grundverschieden erscheinen, einander mehr und mehr annähern; sich ineinander verlieben: Man verweilt in der Jurte, geht mit dem alten Elch gemeinsam mit beiden ins Dorf zum Einkaufen - und verteilt die noch übrigen Briefe an alle, die Kati enttäuschten oder ihr Unrecht taten; aber auch an alle, denen sie ihren Dank aussprechen möchte (der Schönste von allen war für mich der an Madame Catherine, die das Herz am richtigen Fleck hat). Auch ihrem verstorbenen Vater schreibt sie einen Brief, da sie nie verstanden hat, weshalb seine Zuneigung nach ihrem 8. Geburtstag plötzlich abebbte... Wir sitzen mit Kati und Severin im alten Kino des Vaters und lauschen ihren Abschiedsworten. Als Kati den "Palast", die Villa der Mutter nach deren Tod ausräumt, findet sie einen Stapel Briefe - von ihrer Mutter: Hier muss man beim Lesen schon arg schlucken, da hier ein unheilvolles Familiengeheimnis ruht, dessen schuldloses Opfer Kati lange Zeit war.


Die Themen dieses Romans sind vielfältig: Es geht (in teils poetischer Weise) um wahre Liebe, um Loslassen, um Emotionen und Aufrichtigkeit, um Briefe und um eine Menge "Ungesagtes" oder "Ungeschriebenes", das oftmals zwischen Menschen steht. Der Roman ist eine Hymne an das Briefeschreiben; an Briefe an sich, da sie "Zeit und Mühe waren, das Denken an den anderen. Das wertvollste Geschenk." (Zitat S. 10) Besonders gefiel mir gegen Romanende, dass Kati sich nicht von ihrem Entschluss abbringen lässt, wegzugehen - und sei es für eine geraume Zeit - und somit ein Stück eigene Unabhängigkeit entdeckt, das ihr zuvor verwehrt (worden) war. Besonders schön fand ich den Vergleich mit den Kranichen, die man dieser Tage auf ihrem Flug nach Süden hört - und ihre Formationen am Himmel sieht: Auch zu diesen habe ich seit Kindertagen durch ein bezauberndes Jugendbuch (und Gurion, dem Kranich) ein besonders inniges Gefühl.


Fazit:


Ein warmherziger, sehr berührender Wohlfühlroman mit Tiefgang; eine Hymne auf Emotionen und das zu-sich-selbst-stehen, über die Liebe und das Loslassen, aber auch über Briefe und Ungesagtes in verbaler und schriftlicher Form: Ein Plädoyer zum Griff nach Papier und Feder (ein Kugelschreiber oder Bleistift, ein Füller erfüllt den gleichen Zweck ;) und das Briefeschreiben, das im digitalen Zeitalter mehr und mehr verlorengeht. Poetisch, klug und sehr atmosphärisch: Unterhaltung auf sehr gutem literarischen Niveau! Von mir eine absolute Empfehlung und 4,5 *

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Veröffentlicht am 10.10.2023

Wenn aus lahmen Enten wilde Gänse werden....

Joe Country
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Als Fan der ersten Stunde, die durch Zufall (oder auch durch 'vorablesen') Mick Herron mit seinen "Slow Horses", die Agententruppe des MI5, die es allesamt vermasselt haben und im 'Slow House' landeten ...

Als Fan der ersten Stunde, die durch Zufall (oder auch durch 'vorablesen') Mick Herron mit seinen "Slow Horses", die Agententruppe des MI5, die es allesamt vermasselt haben und im 'Slow House' landeten - auf unbestimmte Zeit (oder durch Eigenkündigung), bin ich auch vom nun vorliegenden 6. Band der Spionage-Krimireihe mehr als begeistert! Vielen Dank an dieser Stelle auch an Stefanie Schäfer, die auch Herron's (bzw. Jackson Lamb's "Frozzeleien" herrlich ins Deutsche übersetzt.


"Joe Country" von Mick Herron erschien im Diogenes-Verlag, Zürich (2023, Softcover, - hier mit hohem Wiedererkennungswert - , 476 Seiten. Inzwischen wurde Bd. 1 "Slow Horses" auch verfilmt und ist in Apple+ zu sehen.


Dieses Mal geleiten Erinnerungen (und keine guten) den Leser ins Slow House, in London-Finsbury, das einem faulen Zahn in einem schlechten Gebiss ähnelt; so heruntergekommen und verdreckt ist es dort. Hier agieren auf monotone Weise die "Abservierten" und es gibt ein Wiedersehen mit Jackson Lamb, der wiederum mit köstlichen Dialogen von seinen Slow Horses, die er dirigiert, gefürchtet wird, stets mit einem Verhalten glänzt, das an anderer Stelle unerträglich wäre: Dennoch hat Lamb, der seit Jahrzehnten dem MI5 angehört und bereits im Kalten Krieg eingesetzt war, Qualitäten, - im Gegensatz zu anderen auch menschliche, wie er im Falle Catherine zeigen sollte - die ihn hätten ganz nach oben bringen können. Wenn nicht alles schiefgelaufen wäre. Wenn nicht Lady Di (Diana Taverner) dort sitzen würde - und darüber sinnieren würde, wie sie ihn endgültig loswerden könnte...

Im Falle von Emma Flyte gelingt ihr dies (leider), die kurzerhand und unverschuldet ins Slow House "versetzt" wird - und daraufhin kündigt.


Ausser den bekannten Agenten (Catherine Standish, River Cartwright, Shirley Dander, Roddy Ho, Louisa Guy und J.K. Coe) gesellt sich hier ein weiterer hinzu, aus Gründen, die selbst dem IT-Genie Roderick Ho unergründlich bleiben, vom "Park" (Regent's Park, Sitz des MI5) ins Slow House 'verfrachtet': Lech Wicinsky, der lieber Alec genannt werden möchte und als Analytiker im Park etwas überprüft hat, das einigen Leuten weniger gefallen hat...

Was es damit auf sich hat, ist gar nicht weit hergeholt und unterstreicht, welche realistischen Ideen Mick Herron oftmals als Grundlage seiner Romane dienen.


Der alte O.B. (River's Großvater und eine Geheimdienstlegende) wird zu Grabe getragen und ein alter Ex-CIA-Spion, der Blut im Slow House hinterlassen hat , observiert die Trauergäste: Es wird nicht das letzte Mal sein, dass River hier auf ihn trifft (es ist sein Vater, der bereits lange auf kriminellen Abwegen wandelt). River sprintet über das Grab seines Großvaters (der ihn großzog), um Frank Harkness zu erwischen: Letzterer hat einen Auftrag angenommen, von dem noch niemand etwas weiß.


Louisa Guy trauert noch immer um Min Harper, als dessen Ex-Frau sich an sie wendet, da Lucas, der 17jährige Sohn, auf der Bildfläche verschwunden ist - und Clara Harper, nun Addison, sich große Sorgen macht. Louisa nimmt sich kurzerhand Urlaub und versucht, einiges herauszubekommen, wo Lucas sich aufhalten könnte. Eine große Hilfe ist wie immer Roddy Ho, der King des virtuellen Universums, der den Fitnesstracker von Lucas ausmachen kann: Die Spur führt nach Wales; ebenso wie die Spur des Ex-CIA-Agenten und dessen Helfershelfer: Wird es den Slow Horses - oder hier den "Lahmen Enten" gelingen, den Jungen zu finden? Was steckt dahinter, dass einige gut bezahlte Killer sich an dessen Fersen hefteten?


Meine Meinung:


Jede Seite dieses genialen, intelligenten und sehr stimmigen Spionagekrimis ist ein absoluter Lesegenuss: Inhaltlich wie sprachlich, da Mick Herron mit herrlichen Seitenhieben die heutige englische Gesellschaft und die weniger bekannten Aufgaben des MI5 (die nicht nur daraus bestehen, das Land zu beschützen) beschreibt, wobei eine hohe Sprachdichte, köstliche Dialoge, schwarzer Humor und Sarkasmus, die Atmosphäre sowohl im Slow House als auch im tief verschneiten Wales verbunden mit viel Spannung diese Reihe zu dem machen, was sie ist: Etwas ganz Besonderem!


Es gibt einige Rückblicke auf die Vorgängerbände, jedoch ist jeder einzelne Band der Reihe in sich abgeschlossen. Jeder Satz strotzt vor intelligenter und sprachlich gewitzter "Schnodderigkeit", was ich sehr mag - und auch zu den schrägen Figuren passt. Man empfindet Unmut bei Menschen wie Peter Judd, der wieder in die Politik zurückmöchte und fragwürdige Allianzen mit Lady Di, der Regentin des Parks schmieden möchte; bangt mit den Agenten, die in Wales allesamt ihr Leben riskieren, liest von finsteren internen Machenschaften von Personen, die über Leichen zu gehen bereit sind, um stets mit reiner Weste dazustehen. Hört vom "Fugue-Protokoll" des Parks, das Lady Di vorrangig dazu dienen soll, sich abzusichern.


Die letzten 60 Seiten bestehen aus sehr kurzen Abschnitten, die die Spannung in winterlicher Atmosphäre ins Unermessliche treiben und man im Showdown mit einigen der Agenten (River, Louisa, Emma und Coe); den "Joe Countrys", also Agenten im Außendienst, das Schlimmste befürchtet. Unter Einsatz ihres Lebens kämpfen sie um das Leben eines Jungen. Und erinnern hier eher an wilde Gänse als an "Lahme Enten", wenn auch nicht alle zurückkehren werden.


Am Ende hängen die ins Slow House Zurückgekehrten in der ein oder anderen Form ihren Erinnerungen nach, außer Roddy Ho, der im virtuellen Universum des MI5 auf Tauchgang geht - und Unglaubliches entdeckt!

Ich bin auf die nächste Folge (Band 7, im englischen gibt es bereits einige mehr) mehr als gespannt und hoffe, dass Lamb Lady Di einen gewaltigen Strich durch ihre (miese) Rechnung machen kann! Von mir eine absolute Leseempfehlung für Krimi- und Thrillerfans, die an dieser Reihe ihre helle Freude haben werden. Und das in jeglicher Hinsicht! 5* und: BUCHTIPP!


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Veröffentlicht am 06.10.2023

Tweed Time - mit Theresa Baumgärtner!

Tweed Time
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"Tweed Time" ist das soeben erschienene, innen wie außen auf prachtvolle Weise ausgestattete Buch der Kochbuchautorin Theresa Baumgärtner, die hier gemeinsam mit einem Team (Lucia Baumgärtner, Melina Kutelas, ...

"Tweed Time" ist das soeben erschienene, innen wie außen auf prachtvolle Weise ausgestattete Buch der Kochbuchautorin Theresa Baumgärtner, die hier gemeinsam mit einem Team (Lucia Baumgärtner, Melina Kutelas, Julia Leissing, Katharina Ralser und Magdalena Burghardt) ein sensationell schönes Koch-, Back-, Rezepte- und Genussbuch im Brandstätter Verlag (HC, geb., 2023, 256 Seiten) veröffentlichte.


Die Autorin ist auch Inhaberin des legendären "Hazelnut House" in einem malerischen Teil Luxemburgs gelegen.


Sie und das Team widmen sich in "Tweed Time", das dem Namen nach schon auf eine Reise der Autorin nach Schottland hinweist, "dem Duft des Herbstes und der Freude auf den Winter" (UT) und speziell die Themen Natur, Rezepte und Handwerk gekonnt und auf die "Baumgärtner'sche zauberhafte Art" (und als Augen- und Gaumenschmaus) hier mit passenden Texten, Illustrationen und tollen Rezepten des Herbstes miteinander verwebt. So kann der geneigte Leser, Betrachter und Hobbykoch in eine bunte Herbstwelt eintauchen, die es an Farbenpracht in sich hat: Die aus Schottland mitgebrachten Inspirationen und landestypischen Rezepte lassen das Herz schon beim Betrachten höherschlagen und werden ins 'Hazelnut House' transferiert, so dass ausser wunderbaren (und gut nachzubereitenden) Herbstgerichten auch viele schottische Rezepte im Buch zu finden sind. So trifft man die Zwetschgentarte ebenso wie Scones aus den Highlands; eine Lauchquiche ebenso wie Fish & Chips und Oaties neben einem Nussguglhupf.


Untergliedert ist die geniale "Tweed Time" in


- Goldene Tage (vom Glück des Erntens)

- Komm, träum mit mir (eine Reise nach Schottland)

- Raureif (eine Vorahnung auf den Winter).


Verortet sind die Themenbereiche, die sich auch auf Tweed und Wolle erstrecken, sowohl in den schottischen Highlands, die die Autorin bereiste, als auch im Hazelnut House; zu beiden schönen Örtlichkeiten gibt es stimmungsvolle und bezaubernde Herbst- und Winterfotos.


Als Schottlandfan haben mich die Fotos und Berichte (z.B. das Hotel Ivybank Lodge in Blairgrowie) mehr als begeistert; ebenso wie die Illustrationen, Zitate und Lyrics (Morgenstern, Robert Burns), aber auch die herbstlichen DIY-Projekte, die sehr gut beschrieben werden, haben mich sehr inspiriert und mir gefallen (Stempel-Atelier, Blättermobile z.B.)


So "wimmelt" es auf 256 Seiten von klassischen und schottischen Herbstrezepten, stimmungsvollen Bildern und Fotos, einem Flowerschool-Besuch, Spuren des Tweedstoffes in einer alten Fabrik (Glenlyon Tweed Mill) und ein Tweed-Guide, der dieser stimmungsvollen Gesamtkomposition ein Krönchen aufsetzte.


Fazit:


Ein prachtvolles Kaleidoskop herbstlicher Koch- und Backrezepte mit schottischer Note, verbunden mit sehr stimmungsvollen Fotos und Texten: Ein must-have für Fans von Theresa Baumgärtner und auch eine wundervolle Geschenkidee! Von mir eine absolute Empfehlung und 5*.

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Veröffentlicht am 06.10.2023

Überzeugendes Familienbackbuch rund ums ganze Jahr!

Backen macht glücklich
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Auf über 190 Seiten hat die sympathische und erfolgreiche Bloggerin, Autorin, Journalistin und Mutter Kathrin Runge vielfach erprobte, leckere und zu jedem Anlass passende Rezepte in diesem empfehlenswerten ...

Auf über 190 Seiten hat die sympathische und erfolgreiche Bloggerin, Autorin, Journalistin und Mutter Kathrin Runge vielfach erprobte, leckere und zu jedem Anlass passende Rezepte in diesem empfehlenswerten Backbuch zusammengestellt, die auch von Backanfängern leicht nachzubacken sind, von süß bis herzhaft reichen und teils gemeinsam mit Kindern gebacken werden können (diese Rezepte haben eine spezielle Kennzeichnung, was ich sehr positiv finde!).


"Backen macht glücklich" - Das Familienbackbuch von Kathrin Runge erschien (2023, HC geb.) im DK-Verlag und enthält 80 bewährte, teils klassische und sehr leckere Backrezeptideen, die auch dank guter Beschreibung der Zubereitung sehr gut nachzubacken sind. So finden sich für jeden Anlass rund ums Jahr köstliche Rezepte, die mit tollen Fotos der Autorin und Bloggerin garniert sind.


Sehr gelungen finde ich die Gliederung und vor allem die Basics zu den Teigarten und dem Zubehör (und Alternativen) sowie die 'Pannenhilfe' und die kreative Resteverwertung. Diese Basics erleichtern Einsteigern das Eintreten in die Welt des Backens; das Backen erfordert wenig Zeit, so dass es auch im trubeligen Alltag jeder Familie Platz hat. Der Hauptteil gliedert sich in die Rubriken


- Kuchen, - Feste, - köstliche Kleinigkeiten, - Süßspeisen und - Herzhaftes


Für Kids gefielen mir besonders der Cookie-Cake und die Regenbogentorte; an Herzhaftem das indische Naan und die Spinat-Feta-Muffins; an Klassikern der Rosenkuchen (Hefepuddingschnecken) und der Apple-Crumble, den wir sehr lieben und der besonders in die jetzige Herbstzeit passt.


Fazit:


Tolle Backinspirationen und 80 leicht nachzubackende, in den Alltag zu integrierende wundervolle Backrezepte, die meist anfängertauglich sind und teils auch gemeinsam mit Kindern gebacken werdn können: Ein Basic-Backbuch, toll illustriert und sehr gut beschriebene Rezepte, die für jeden feierlichen Anlass - oder auch zwischendurch - viel Backfreude und das Genießen des jeweiligen Ergebnisses garantieren! Auch als Geschenk eignet sich dieses Backbuch sehr; ich kann es bestens empfehlen und vergebe die volle Punktezahl! 5*

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