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Veröffentlicht am 07.08.2023

Spannendes Prequel zum Orden!

Das Kloster des geheimen Baumes - Die Thronfolgerin
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Vielen lieben Dank an den penhaligon-Verlag und das Penguin Random House Bloggerportal für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche ...

Vielen lieben Dank an den penhaligon-Verlag und das Penguin Random House Bloggerportal für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Der Verlag hat das Cover des Originals „A Day of Fallen Night“ übernommen, was ich super finde, da es einfach nur wunderschön ist und zudem auch im gleichen Stil von „Priory of the Orange Tree“ gehalten ist, man somit sofort erkennt, dass die Bücher zusammengehören.
Zusätzlich hat der deutsche Verlag den Schutzumschlag des Hardcovers mit blauer Metallicfolierung an den Drachenschuppen veredelt, was dem Buch direkt einen viel hochwertigeren Gesamteindruck verleiht. Anders als die beiden Teile der Übersetzung von „Priory of the Orange Tree“, „Der Orden des Geheimen Baumes“, hat „Das Kloster des Geheimen Baumes“ leider kein Lesebändchen, aber das finde ich in Ordnung. Insgesamt ist der Preis von 22 € wegen der hochwertigen Aufmachung nämlich trotzdem mehr als gerechtfertigt, zumal sich im Innenteil einige Karten befinden, mit deren Hilfe man die Wege der Protagonisten verfolgen kann.
Einzig den deutschen Titel des Prequels „Das Kloster des Geheimen Baumes“ finde ich nicht so gut gewählt; zwar passt er irgendwie schon zum Inhalt, da es auch hier natürlich immer noch um die Priorei geht, aber er ist meines Erachtens viel zu ähnlich zum deutschen Titel der Hauptreihe (bzw. des Hauptbuches, im Original ist es ja ein Einzelband) und hat dadurch natürlich wenig Wiedererkennungswert.


Meine Meinung:
Vorab muss ich dazu sagen, dass ich den „Orden des Geheimen Baumes“ bereits vor gut zweieinhalb Jahren gelesen habe – nicht nur wegen dieser großen Zeitspanne, sondern auch angesichts der Komplexität des Buches konnte ich mich zu Beginn an kaum noch etwas erinnern. Ich wusste nur noch, dass ich das Magiesystem und Worldbuilding absolut genial fand, mir aber gleichzeitig die Erzählung vor allem im ersten Teil der deutschen Übersetzung viel zu langwierig war, ich also gemischte Gefühle zum Orden hatte.
Dennoch war ich neugierig auf das Prequel, in dem es um ein Ereignis geht, das im Orden mehrfach erwähnt wird und an das ich mich auch noch vage erinnern konnte.
Ich bin also mit eher moderaten Erwartungen an „Das Kloster des Geheimen Baumes“ herangegangen und wurde dafür dann positiv überrascht!

Denn obwohl ich mich, wie gesagt, an kaum etwas erinnern konnte, habe ich den Einstieg in das Prequel viel leichter gefunden als in das Hauptbuch. Da es sich um die gleiche Welt handelt, ist auch das „Kloster“ natürlich sehr komplex, der Schreibstil ist schwierig und man muss sich viele Details und Figuren merken, um sich im Buch zurechtzufinden.
Damit hatte ich keinerlei Probleme – auch wenn ich anfangs noch sehr verwirrt war, war ich gefesselt von dieser Welt, die ich, da das Buch 500 Jahre vor dem „Orden“ spielt, noch einmal neu kennengelernt habe.

Das lag zum Teil aber auch daran, dass man hier so viel mehr von der Welt kennenlernt als im „Orden“. Die Kapitel sind jeweils aus der Sicht einer Figur geschrieben, die im Osten, Westen, Norden oder Süden wohnt – jede Himmelsrichtung steht dabei für ein eigenes Land in dieser Welt, das seine eigenen Sitten und seine eigene Politik hat.
Was auf den ersten Blick so klingt, als sei das Buch unheimlich komplex und als bekäme man unfassbar viele Informationen, die man verarbeiten muss, ist natürlich auch genau so. Aus dem Grund würde ich die Bücher von Samantha Shannon auch keinem Genreeinsteiger empfehlen.
Aber die Art, wie sie die Informationen mit dem Leser teilt, wie sie ihn durch die Welt führt und ihren Figuren und ihrem Magiesystem näherbringt, sorgt dafür, dass man sich schnell zuhause fühlt und sich alles bei aller Komplexität trotzdem natürlich anfühlt.
Man bekommt viel an die Hand, was man verarbeiten muss, ja, aber man wird nicht mit Informationen zubombardiert, sodass man irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
Stattdessen schafft Shannon hier ein ganz großartiges High Fantasy-Epos, das – für einen Einzelband äußerst ungewöhnlich – unheimlich vielschichtig und reich an Details ist.

Zudem besticht Shannon hier mit einer Originalität, die ihresgleichen sucht. Von Wortneuschöpfungen, über unbekannte Wesen, bis hin zu Kulturen und Völkern, die zwar irgendwie an uns Bekannte erinnern, aber doch auf eigenen Beinen stehen, ist hier alles dabei, was das High Fantasy-Herz begehrt.
Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber trotzdem nicht allzu häufig in diesem Genre auftaucht und daher trotzdem bemerkenswert ist: Wie auch schon der „Orden“, zeigt „Das Kloster des Geheimen Baumes“, dass High Fantasy nicht sexistisch sein muss. In so gut wie allen HF-Büchern, die in einem mittelalterlichen Setting spielen, ist es Gang und Gäbe, dass Frauen von Männern unterdrückt, ausgenutzt und belächelt werden. Eben, weil es im „echten“ Mittelalter so war. Aber wer sagt denn, dass das in Fantasy auch so sein muss? Fantasy ist doch gerade das Genre, in dem alles erlaubt ist!
Und das zeigt dieses Buch: Das Königinnenreich Inys bspw., oder auch der Orden des Orangenbaumes sind Matriarchate. Auch in vielen anderen Teilen dieser Welt sind Frauen diejenigen, die leitende Positionen und Macht innehaben – nicht in allen, es gibt auch Könige und Kaiser!
Frauen und Männer sind hier also gleichberechtigt, und das wird nicht einmal zum Thema gemacht, sondern ist einfach so. Gleiches gilt übrigens auch für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Es gibt hier mehrere Figuren, die sich zum gleichen oder zu mehreren Geschlechtern hingezogen fühlen, und auch das wird nicht weiter kommentiert, sondern einfach dahingestellt.


Fazit:
„Das Kloster des Geheimen Baumes“ ist ein äußerst spannendes Prequel zum „Orden des Geheimen Baumes“, das die Hauptgeschichte sowohl unterstützt als auch völlig eigenständig existiert. Ich würde zwar empfehlen, zuerst das Hauptbuch, dann das Prequel zu lesen, da die Bücher eben in dieser Reihenfolge erschienen sind und man sich so in dieser hochkomplexen Welt, in die im „Orden“ noch stärker eingeführt wird als im „Kloster“, vielleicht noch ein bisschen besser zurechtfindet. Man kann aber meines Erachtens auch genauso gut zuerst das Prequel und dann das Hauptbuch oder eben nur das Prequel lesen.
Inhaltlich finde ich „Das Kloster des Geheimen Baumes“ nämlich ein wenig stärker als den „Orden“, da es ein rasanteres Erzähltempo, eine höhere Plotdichte und ein noch weitreichenderes, detailliertes Worldbuilding hat als das Hauptbuch. Einen halben Stern Abzug gibt es, weil es trotz allem auch hier ein paar Längen gibt, aber im Großen und Ganzen hat Samantha Shannon hier ein unfassbar beeindruckendes High Fantasy Epos geschaffen, dessen detailreiche Gesamtheit man gar nicht unbedingt auf den ersten Blick erfassen kann. Umso beeindruckender, dass das Buch im Original ein Einzelband ist!
4,5/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.07.2023

Meine liebste Persephone und Hades-Adaption ♥

Lore Olympus - Teil 3
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Vielen lieben Dank an die #bloggerjury und den Lyx-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
„Lore ...

Vielen lieben Dank an die #bloggerjury und den Lyx-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
„Lore Olympus“ ist ein Webtoon-Comic, der vor allem auch mit seinen ausdrucksstarken, lebhaften und farbenfrohen Zeichnungen überzeugt – diesen wird die hochwertige Aufmachung der gebundenen Ausgabe vom Lyx-Verlag mehr als nur gerecht!
Das dicke Papier und der gestochen scharfe Druck der einzelnen Panels mit den kräftigen, gesättigten Farben, in denen vor allem Persephones Pink hervorsticht, laden dazu ein, sich jede einzelne Zeichnung ganz ergiebig anzusehen – genau das, was „Lore Olympus“ braucht und verdient hat!
Insofern kann ich gar nichts anderes mehr dazu sagen, außer, dass der Preis dieser Graphic Novel mehr als nur gerechtfertigt ist – obwohl man den Comic über Webtoon natürlich auch kostenlos lesen kann!


Meine Meinung:
„Lore Olympus“ habe ich schon lange im Blick, einfach, weil der Mythos um Persephone und Hades zu meinen liebsten aus der griechischen Mythologie zählt, ich aber bisher noch keine Adaption gelesen habe, die mich wirklich überzeugen konnte.
Als ich dann Volume 3, also Episoden 50-75 dieses Webtoons als Hardcover vom Lyx-Verlag zugeschickt bekommen habe, habe ich das als die Gelegenheit gesehen, endlich mal mit diesem Comic zu starten. Jetzt frage ich mich, warum ich das nicht schon viel früher gemacht habe, denn „Lore Olympus“ ist mit Abstand die beste, emotionalste, humorvollste und mitreißendste Neuerzählung von Persephone und Hades!

In Volume 3 kommen sich Persephone und Hades immer näher, auch wenn er versucht, sie durch seine Beziehung mit Minthe auf Abstand zu halten, da er erfahren hat, dass sie bei den Göttinnen Ewiger Jungfräulichkeit aufgenommen wurde.
Aber nicht nur die Konflikte, die damit einhergehen, sind Teil der Handlung. Nun wird auch so langsam das aufgearbeitet, was Apollon Persephone zum Ende von Volume 1 angetan hat. Das Trauma, das Persephone zugefügt wurde, beginnt sie, auch in Alltagssituationen heimzusuchen. Gleichzeitig fängt sie an zu begreifen, dass sie keine Schuld trifft und Apollon ihr Unrecht getan hat.

Dabei hilft ihr auch Eros, der hier ebenfalls eine größere Rolle spielt. Nicht nur seine Funktion als neuer Freund Persephones, sondern auch seine eigene tragische Liebesgeschichte mit Psyche, über die man immer mehr erfährt, machen ihn zu einer Lieblingsfigur. Die meiste Zeit ist er der freche Gott der Leidenschaft, der kein Blatt vor den Mund nimmt, sich anderen fast schon aufdrängt, dabei aber die ganze Zeit charmant und unterhaltsam ist. In der Art, wie er aber mit denjenigen umgeht, die ihm wichtig sind, erkennt man, dass er nicht bloß ein lauter, etwas von sich eingenommener Spaßvogel ist, sondern vor allem jemand, der sehr einfühlsam und mit hoher emotionaler Intelligenz ausgestattet ist. Sein Nebenplot mit Psyche verspricht, noch mehr Seiten von ihm zu zeigen, worauf ich mich jetzt schon freue!

Daneben bekommen weitere Figuren mehr Aufmerksamkeit oder werden neu eingeführt, wie Thetis, Hestia oder Hermes, und eine ganze Menge anderer bekannter Gestalten aus der Mythologie.
Damit komme ich zu einem weiteren Aspekt, der mir an „Lore Olympus“ so viel besser gefällt, als an den bisherigen Adaptionen des Persephone und Hades-Mythos: Die Autorin verwebt so viele Aspekte und Geschichten aus der Mythologie in ihren Comic, Eros und Psyche ist nur ein kleiner Teil davon. Wer sich ein wenig mit der Mythologie auskennt, wird immer mal wieder Anspielungen auf die Originale finden oder Figuren erkennen, die auch in den echten Geschichten eine Rolle spielen.
Dabei drückt Rachel Smythe ihrer Interpretation aber trotz allem deutlich ihren eigenen Stempel auf, was sich bspw. darin widerspiegelt, dass göttliche Welt modern gestaltet ist – es gibt Technologie wie Handys und Computer, Autos, riesige Bürokomplexe, eine Universität usw. –, während die sterbliche Welt antik anmutet. In den Adaptionen (nicht nur speziell von Persephone und Hades), die ich bisher gelesen habe, war das entweder umgekehrt, oder beide Welten befanden in derselben Zeit.


Was diese Graphic Novel aber vor allem von anderen Geschichten unterscheidet, ist der oben bereits genannte ausdrucksstarke Zeichenstil, der trotz seiner Simplizität so viele Emotionen und Liebe zum Detail zeigt, dass man darüber nur staunen kann. Die reine Geschichte an sich ist bereits emotional und sorgt dafür, dass man ein Tränchen verdrückt oder sich vor Lachen kaum noch halten kann, und der Zeichenstil von Rachel Smythe unterstreicht und verstärkt das noch.

Der Humor ist zuletzt auch, neben der Chemie zwischen den beiden Protagonisten, ihrer slow burn-Romanze und den charmanten Nebenfiguren, mit der Hauptgrund dafür, weshalb ich mich in „Lore Olympus“ verliebt habe. Dazu kann ich gar nicht allzu viel sagen, lest es einfach selbst.


Fazit:
„Lore Olympus“ ist mit Abstand meine liebste Adaption des Mythos um Persephone und Hades. Sie spricht vor allem in diesen Episoden eindeutig sehr ernste Themen an, und zwar gleichermaßen subtil, wie auch auf eine direkte, unmissverständliche Weise, die einen durchaus auch mal schlucken lässt und bei der ich dringend empfehle, vorher die Content Notes zu lesen. Der grandiose, trockene Humor der Autorin, den sie stets an den richtigen Stellen einbaut, zusammen mit der unschuldigen, liebenswerten Art der Protagonistin, die selbstverliebte, aber dennoch charmante Art von Eros, Hades´ überforderter, etwas verlorener, lieber Charakter, der in starkem Kontrast zu seinem gnadenlosen Ruf steht, und ganz allgemein die leichte Überspitztheit und Liebenswürdigkeit, mit der die Autorin ihre Figuren und ihre Welten schafft, sorgen aber dafür, dass man sich trotz der Ernsthaftigkeit besagter Themen mit Leichtigkeit in diese Mythologie-Adaption fallenlassen kann. Man verliebt sich bereits in den ersten Episoden in die Figuren und den bemerkenswert simplen, aber doch emotionalen Zeichenstil, und das verstärkt sich in Volume 3 nur noch. Ich freue mich auf die nächsten Episoden!
5/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.07.2023

Humorvolle Regency-Romance mit kleineren Schwächen

Eine Lady hat die Wahl
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Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Das Cover passt ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Das Cover passt wunderbar zum ersten Band, sodass man sofort erkennt, dass die Bücher zusammengehören müssen. Trotzdem unterscheidet es sich im Hinblick auf die Grundfarben (hier blau und dunkelrot) und natürlich der abgebildeten Personen wesentlich vom Auftakt der Reihe. Ich bin ja bekanntlich kein allzu großer Fan von Personen auf dem Cover, muss aber trotzdem sagen, dass die Gestaltung hier wieder einmal gelungen ist – auch wenn ich mir Eliza völlig anders vorgestellt habe, was insbesondere auch damit zusammenhängt, dass sie fast das gesamte Buch lang Trauerkleidung trägt und niemals in einem so hellen Kleid hätte herumlaufen können. Das ist aber natürlich nur eine Kleinigkeit, die eigentlich nicht weiter erwähnenswert ist. :D
Viel auffälliger ist folgender Unterschied: Während beim ersten Band noch die hintere Buchklappe bis über den Buchschnitt nach vorne gefaltet ist, hat „Eine Lady hat die Wahl“ einen „echten“ Farbschnitt und zwei normale Klappen. Man kann jetzt darüber streiten, was hübscher aussieht, so ist es aber jedenfalls praktischer beim Lesen.
Wie auch schon beim Auftakt ist die vordere Innenklappe mit Zitaten geschmückt, dieses Mal sind jedoch die beiden Herren abgedruckt, ein Porträt von Eliza sucht man vergeblich. Das finde ich aber nicht weiter schlimm. In der hinteren Klappe wird „Wie man sich einen Lord angelt“ mit seiner Protagonistin Kitty noch einmal vorgestellt.


Meine Meinung:
„Wie man sich einen Lord angelt“ war mein erster Schritt zu den Regency Romances, den ich noch nicht einmal geplant hatte – der Knaur-Verlag hat mir letztes Jahr nämlich einfach so ein Exemplar davon zugeschickt! Mit diesem Buch war es dann aber um mich geschehen, und kurz darauf habe ich „Bridgerton“ auf Netflix weggesuchtet und einige andere Regency Romances gelesen und gehört (mit Sophia natürlich, hehe). Im Nachhinein kann ich nun sagen, dass ich Sophia zustimmen muss: „Wie man sich einen Lord angelt“ ähnelt sehr stark dem Plot der zweiten „Bridgerton“-Staffel. Würde ich meine Rezensionen im Nachhinein verändern, würde ich diesen Punkt bemängeln und sicherlich durchaus einen Punkt abziehen, da es dem Buch so natürlich um einiges an Originalität fehlt.
Da ich aber ja immer das bewerte, was das Buch zu dem Zeitpunkt, zu dem ich es gelesen habe, in mir auslöst, fühlt es sich nicht fair an, dem Buch gut ein Jahr später nun eine schlechtere Bewertung zu geben.
Warum ich euch jetzt mit so viel Vorgeplänkel belästigt habe, wird euch sicher am Ende der Rezension noch klar werden, jetzt geht es aber nun endlich um meine Gedanken zu „Eine Lady hat die Wahl“.


Wie auch schon der Auftaktband konnte diese Fortsetzung vor allem mit dem Humor der Autorin überzeugen. Sie versteht sich wunderbar darauf, den Dialogen und Gedanken ihrer Figuren einen überspitzten, fast schon übertrieben aufgesetzten Unterton zu geben, ohne, dass es albern wirkt. Ich bin keine Expertin, aber ihr exzentrischer Stil fügt sich so natürlich in die Geschichte ein, dass man nicht daran zweifelt, dass die gehobene Gesellschaft Englands zu Beginn des 19. Jahrhunderts wirklich so geredet hat. Mit etwas Abstand erkennt man, dass das Ganze durchaus recht albern ist, aber dadurch, dass sich die Autorin durchweg nicht allzu ernst zu nehmen scheint, macht es sehr viel Spaß, der Skurrilität ihrer Geschichte zu folgen.


Unterstrichen wird dieser Punkt vor allem durch Lord Melville, der verglichen mit den anderen Gentlemen, auf die Eliza trifft, relativ modern ist, nicht nur in seinem Kleidungsstil, sondern auch in seinen Ansichten bezüglich dessen, was sich innerhalb der Gesellschaft gehört, und was man sich herausnehmen kann. Das spiegelt sich in der Weise wider, wie er beim Sprechen kein Blatt vor den Mund nimmt, nicht vor Sarkasmus scheut und vor allem gegenüber einer gewissen Person seinen Unmut fast schon unverschämt höflich zum Ausdruck bringt. Seine Zunge ist dabei stets so spitz, dass ich beim Lesen seiner unverblümten Kommentare oft laut aufgelacht habe.

„‚Gib gut acht, wo du hintrittst, Caro‘, sagte er. ‚Hier wimmelt es geradezu vor berühmten Namen.‘“ (S. 69/400)

Nichtsdestotrotz zeigt er sich in einigen Momenten auch verletzlich und ernsthaft. Man erkennt, dass er eben nicht nur jemand ist, für den alles ein Spaß ist, sondern, dass er seinen Witz und seine Wortgewandtheit als Waffe in einer Gesellschaft verwendet, die nicht gut auf ihn zu sprechen ist. Das macht ihn nicht nur zur sympathischsten, sondern auch zur tiefgründigsten Person dieses Buches.

„Er hatte manchmal so eine Art, einen mit seinem ganzen Wesen wahrzunehmen, dann ruhten plötzlich all seine lebhaften Gesten, Sprüche und seine Belustigung, während er die Gesamtheit seines strahlenden Verstandes direkt auf sein Gegenüber zu richten schien. Es war ein Gefühl – jetzt wie schon beim ersten Mal –, als träte man in einen warmen Sonnenstrahl.“ (S. 257/400)


Ähnlich gut gefallen hat mir aber auch seine Schwester Caroline, die, wie er, nicht auf den Mund gefallen ist, und sich nichts daraus macht, was die Gesellschaft über sie spricht oder denkt. Sie lässt sich von den Gentlemen und den anderen Ladys nicht einschüchtern und sagt stets jedem, was sie von ihnen denkt, ohne jedoch dabei ihr Gesicht zu verlieren. Auch bei ihr erkennt man aber im Laufe der Handlung, dass hinter ihrer selbstbewussten Fassade noch viel mehr steckt, als es zunächst den Anschein hat.

Die dritte Figur, die dafür gesorgt hat, dass ich mit „Eine Lady hat die Wahl“ viel Freude hatte, ist Elizas Cousine Margaret, die, ähnlich wie Caroline, nur noch nicht ganz so selbstbewusst, ihre scharfe Zunge nicht im Zaum hält und sich nicht von jedem alles gefallen lässt.
Diese drei Figuren haben wesentlich dafür gesorgt, dass ich mich über Eliza nicht so sehr aufgeregt habe, wie es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre.

Die Protagonistin selbst ist nämlich das genaue Gegenteil der Drei, was aber von der Autorin vermutlich genauso gewollt ist. Nach zehn Jahren Ehe mit einem Mann, der kein warmes Wort für sie übrig hatte und sie stets nur „Dummes Mädchen“ genannt hat, sowie einer Familie, die nur Erwartungen an sie hat, ohne überhaupt zu versuchen, ihr zuzuhören, ist es aber auch nicht weiter verwunderlich, dass Eliza zunächst ein graues Mäuschen ist, das sich vor jeder Auseinandersetzung und schlechten Worten der Gesellschaft so sehr fürchtet, dass sie sich stets mit Vorsicht für alles entschuldigt.
Trotzdem, und das muss man ihr zugutehalten, lernt sie mit der Zeit immer mehr sich durchzusetzen und entwickelt sich zum Ende hin zu einer Person, die dazu in der Lage ist, sich mit einem Selbstbewusstsein, dass dem Carolines immer ähnlicher wird, dafür einzusetzen, was sie selbst für sich will. Diese Entwicklung beobachtet man über die ganze Geschichte hinweg, wenn sie auch anfangs lange auf sich warten lässt. Dennoch ist Eliza deshalb, auch wenn sich ihr Verhalten am Ende stark vom Anfang unterscheidet, immer noch die gleiche sanfte Person, nur eben etwas selbstbewusster. Das hat mir gut gefallen – dass ich Eliza selbst, vor allem im Vergleich mit den Melvilles und Margaret, durchweg als blasser und „schwächer“ empfunden habe, was auch ihre Entwicklung nicht ändern konnte, liegt also nicht an ihrer Charakterisierung durch die Autorin, sondern ist einfach subjektives Empfinden.


Eine Schwäche von „Eine Lady hat die Wahl“ ist dagegen eher der Plot, wobei das bei einer Regency Romance auch nicht weiter überraschend ist: Außer, dass Eliza trauert und sich hier und da bei gesellschaftlichen Anlässen blicken lässt, während derer sie entweder mit Lord Melville oder Lord Somerset spricht, passiert hier nicht viel, und das, was passiert, ist recht vorhersehbar. Das ist aber, wie gesagt, bei dem Genre ja nicht unüblich und habe ich auch gar nicht anders erwartet. Das Buch kann nämlich trotzdem – insbesondere wegen Melville – gut unterhalten, auch wenn an sich nicht viel passiert.

Etwas eher schade fand ich dagegen, dass „Eine Lady hat die Wahl“ nicht allzu viel mit „Wie man sich einen Lord angelt“ zu tun hat, auch wenn beides Teile einer Reihe sind. Bestimmt gibt es hier und da wenige unbedeutende Nebenfiguren, die in beiden Bänden mal kurz auftauchen oder erwähnt werden – so genau kann ich das gar nicht sagen, weil ich mich nicht mehr an so viele Figuren aus dem Auftakt erinnere –, aber dafür, dass beide Bücher eigentlich zum „Lady´s Guide“ gehören, erwartet man da irgendwie mehr. So sind es einfach nur zwei Regency Romances derselben Autorin, die miteinander aber anscheinend nichts zu tun haben.


Bevor ich diese Rezension nun abschließe, möchte ich zum Schluss aber noch einen kleinen Pluspunkt erwähnen: „Eine Lady hat die Wahl“ ist die erste Regency Romance, die ich gelesen habe, mit einem LGBTQ-Subplot. In dem „Bridgerton“-Prequel „Queen Charlotte“ gibt es zwar auch einen, ansonsten sucht man in diesem Genre aber wohl eher vergeblich danach – ich habe mich immer nach dem Warum gefragt, da es zu der Zeit ja auch queere Beziehungen gab?
Sophie Irwin ergreift hier also endlich die Gelegenheit und baut auf natürliche und selbstverständliche Art eine süße queere Liebesgeschichte in die Nebenhandlung ein, mit der man fast noch mehr mitfiebert als mit Elizas Romanzen.
Wie der Hauptplot, ist auch dieser Nebenaspekt ähnlich vorhersehbar, angesichts der vielen Anspielungen, die die Autorin im Laufe der Geschichte macht, bevor es ausdrücklich angesprochen wird, ist das aber, glaube ich, gerade gewollt, da man mit den beiden Figuren im Sinne eines „Will they, won´t they?“ so noch mehr mitfiebert.
Gut gefallen hat mir hierbei auch, dass sie die Probleme, die gleichgeschlechtliche Beziehungen in der gehobenen Gesellschaft zur Regency-Zeit mit sich bringen, anspricht – zwar nicht so ausführlich und in der Tiefe, wie es hätte sein können, aber doch genau mit der Aufmerksamkeit und Emotionalität, die sich insgesamt gut in „Eine Lady hat die Wahl“ einfügen.

Warum ich jetzt also in meiner Einleitung so viel über „Wie man sich einen Lord angelt“ gesprochen habe: Rückblickend, nachdem ich nun einige Regency Romances kenne, hat mir „Eine Lady hat die Wahl“ um einiges besser gefallen als der Auftakt – trotzdem gebe ich diesem Band am Ende einen halben Punkt weniger, da ich durchaus einige Kritikpunkte an dem Buch habe, die eine höhere Bewertung nicht rechtfertigen würden.


Fazit:
„Eine Lady hat die Wahl“ ist eine charmante, teils stark überspitzte Regency Romance, die vor allem mit drei Nebenfiguren überzeugen kann: Lord Melville, seine Schwester Caroline und Margaret, die Cousine der Protagonistin. Alle drei Figuren haben auf ihre eigene Art eine spitze Zunge und viel Selbstbewusstsein, was dafür sorgt, dass man beim Lesen eine sehr lustige Zeit hat.
Mit der Protagonistin bin ich persönlich nicht ganz so warmgeworden, was aber nicht etwa an fehlendem Charakter liegt (dem ist nicht so), sondern einfach subjektives Empfinden ist.
Schade, aber für das Genre nicht weiter überraschend, ist der fehlende Plot, auch wenn das Buch trotzdem gut unterhält. Einen Bezug zum Auftakt konnte ich auch nicht feststellen, dafür überrascht „Eine Lady hat die Wahl“ mit einem LGBTQ-Subplot, was das Buch zu einer Ausnahme in diesem Genre macht.
4/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.07.2023

Humorvolle Regency-Romance mit kleineren Schwächen

Eine Lady hat die Wahl
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Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Das Cover passt ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Das Cover passt wunderbar zum ersten Band, sodass man sofort erkennt, dass die Bücher zusammengehören müssen. Trotzdem unterscheidet es sich im Hinblick auf die Grundfarben (hier blau und dunkelrot) und natürlich der abgebildeten Personen wesentlich vom Auftakt der Reihe. Ich bin ja bekanntlich kein allzu großer Fan von Personen auf dem Cover, muss aber trotzdem sagen, dass die Gestaltung hier wieder einmal gelungen ist – auch wenn ich mir Eliza völlig anders vorgestellt habe, was insbesondere auch damit zusammenhängt, dass sie fast das gesamte Buch lang Trauerkleidung trägt und niemals in einem so hellen Kleid hätte herumlaufen können. Das ist aber natürlich nur eine Kleinigkeit, die eigentlich nicht weiter erwähnenswert ist. :D
Viel auffälliger ist folgender Unterschied: Während beim ersten Band noch die hintere Buchklappe bis über den Buchschnitt nach vorne gefaltet ist, hat „Eine Lady hat die Wahl“ einen „echten“ Farbschnitt und zwei normale Klappen. Man kann jetzt darüber streiten, was hübscher aussieht, so ist es aber jedenfalls praktischer beim Lesen.
Wie auch schon beim Auftakt ist die vordere Innenklappe mit Zitaten geschmückt, dieses Mal sind jedoch die beiden Herren abgedruckt, ein Porträt von Eliza sucht man vergeblich. Das finde ich aber nicht weiter schlimm. In der hinteren Klappe wird „Wie man sich einen Lord angelt“ mit seiner Protagonistin Kitty noch einmal vorgestellt.


Meine Meinung:
„Wie man sich einen Lord angelt“ war mein erster Schritt zu den Regency Romances, den ich noch nicht einmal geplant hatte – der Knaur-Verlag hat mir letztes Jahr nämlich einfach so ein Exemplar davon zugeschickt! Mit diesem Buch war es dann aber um mich geschehen, und kurz darauf habe ich „Bridgerton“ auf Netflix weggesuchtet und einige andere Regency Romances gelesen und gehört (mit Sophia natürlich, hehe). Im Nachhinein kann ich nun sagen, dass ich Sophia zustimmen muss: „Wie man sich einen Lord angelt“ ähnelt sehr stark dem Plot der zweiten „Bridgerton“-Staffel. Würde ich meine Rezensionen im Nachhinein verändern, würde ich diesen Punkt bemängeln und sicherlich durchaus einen Punkt abziehen, da es dem Buch so natürlich um einiges an Originalität fehlt.
Da ich aber ja immer das bewerte, was das Buch zu dem Zeitpunkt, zu dem ich es gelesen habe, in mir auslöst, fühlt es sich nicht fair an, dem Buch gut ein Jahr später nun eine schlechtere Bewertung zu geben.
Warum ich euch jetzt mit so viel Vorgeplänkel belästigt habe, wird euch sicher am Ende der Rezension noch klar werden, jetzt geht es aber nun endlich um meine Gedanken zu „Eine Lady hat die Wahl“.


Wie auch schon der Auftaktband konnte diese Fortsetzung vor allem mit dem Humor der Autorin überzeugen. Sie versteht sich wunderbar darauf, den Dialogen und Gedanken ihrer Figuren einen überspitzten, fast schon übertrieben aufgesetzten Unterton zu geben, ohne, dass es albern wirkt. Ich bin keine Expertin, aber ihr exzentrischer Stil fügt sich so natürlich in die Geschichte ein, dass man nicht daran zweifelt, dass die gehobene Gesellschaft Englands zu Beginn des 19. Jahrhunderts wirklich so geredet hat. Mit etwas Abstand erkennt man, dass das Ganze durchaus recht albern ist, aber dadurch, dass sich die Autorin durchweg nicht allzu ernst zu nehmen scheint, macht es sehr viel Spaß, der Skurrilität ihrer Geschichte zu folgen.


Unterstrichen wird dieser Punkt vor allem durch Lord Melville, der verglichen mit den anderen Gentlemen, auf die Eliza trifft, relativ modern ist, nicht nur in seinem Kleidungsstil, sondern auch in seinen Ansichten bezüglich dessen, was sich innerhalb der Gesellschaft gehört, und was man sich herausnehmen kann. Das spiegelt sich in der Weise wider, wie er beim Sprechen kein Blatt vor den Mund nimmt, nicht vor Sarkasmus scheut und vor allem gegenüber einer gewissen Person seinen Unmut fast schon unverschämt höflich zum Ausdruck bringt. Seine Zunge ist dabei stets so spitz, dass ich beim Lesen seiner unverblümten Kommentare oft laut aufgelacht habe.

„‚Gib gut acht, wo du hintrittst, Caro‘, sagte er. ‚Hier wimmelt es geradezu vor berühmten Namen.‘“ (S. 69/400)

Nichtsdestotrotz zeigt er sich in einigen Momenten auch verletzlich und ernsthaft. Man erkennt, dass er eben nicht nur jemand ist, für den alles ein Spaß ist, sondern, dass er seinen Witz und seine Wortgewandtheit als Waffe in einer Gesellschaft verwendet, die nicht gut auf ihn zu sprechen ist. Das macht ihn nicht nur zur sympathischsten, sondern auch zur tiefgründigsten Person dieses Buches.

„Er hatte manchmal so eine Art, einen mit seinem ganzen Wesen wahrzunehmen, dann ruhten plötzlich all seine lebhaften Gesten, Sprüche und seine Belustigung, während er die Gesamtheit seines strahlenden Verstandes direkt auf sein Gegenüber zu richten schien. Es war ein Gefühl – jetzt wie schon beim ersten Mal –, als träte man in einen warmen Sonnenstrahl.“ (S. 257/400)


Ähnlich gut gefallen hat mir aber auch seine Schwester Caroline, die, wie er, nicht auf den Mund gefallen ist, und sich nichts daraus macht, was die Gesellschaft über sie spricht oder denkt. Sie lässt sich von den Gentlemen und den anderen Ladys nicht einschüchtern und sagt stets jedem, was sie von ihnen denkt, ohne jedoch dabei ihr Gesicht zu verlieren. Auch bei ihr erkennt man aber im Laufe der Handlung, dass hinter ihrer selbstbewussten Fassade noch viel mehr steckt, als es zunächst den Anschein hat.

Die dritte Figur, die dafür gesorgt hat, dass ich mit „Eine Lady hat die Wahl“ viel Freude hatte, ist Elizas Cousine Margaret, die, ähnlich wie Caroline, nur noch nicht ganz so selbstbewusst, ihre scharfe Zunge nicht im Zaum hält und sich nicht von jedem alles gefallen lässt.
Diese drei Figuren haben wesentlich dafür gesorgt, dass ich mich über Eliza nicht so sehr aufgeregt habe, wie es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre.

Die Protagonistin selbst ist nämlich das genaue Gegenteil der Drei, was aber von der Autorin vermutlich genauso gewollt ist. Nach zehn Jahren Ehe mit einem Mann, der kein warmes Wort für sie übrig hatte und sie stets nur „Dummes Mädchen“ genannt hat, sowie einer Familie, die nur Erwartungen an sie hat, ohne überhaupt zu versuchen, ihr zuzuhören, ist es aber auch nicht weiter verwunderlich, dass Eliza zunächst ein graues Mäuschen ist, das sich vor jeder Auseinandersetzung und schlechten Worten der Gesellschaft so sehr fürchtet, dass sie sich stets mit Vorsicht für alles entschuldigt.
Trotzdem, und das muss man ihr zugutehalten, lernt sie mit der Zeit immer mehr sich durchzusetzen und entwickelt sich zum Ende hin zu einer Person, die dazu in der Lage ist, sich mit einem Selbstbewusstsein, dass dem Carolines immer ähnlicher wird, dafür einzusetzen, was sie selbst für sich will. Diese Entwicklung beobachtet man über die ganze Geschichte hinweg, wenn sie auch anfangs lange auf sich warten lässt. Dennoch ist Eliza deshalb, auch wenn sich ihr Verhalten am Ende stark vom Anfang unterscheidet, immer noch die gleiche sanfte Person, nur eben etwas selbstbewusster. Das hat mir gut gefallen – dass ich Eliza selbst, vor allem im Vergleich mit den Melvilles und Margaret, durchweg als blasser und „schwächer“ empfunden habe, was auch ihre Entwicklung nicht ändern konnte, liegt also nicht an ihrer Charakterisierung durch die Autorin, sondern ist einfach subjektives Empfinden.


Eine Schwäche von „Eine Lady hat die Wahl“ ist dagegen eher der Plot, wobei das bei einer Regency Romance auch nicht weiter überraschend ist: Außer, dass Eliza trauert und sich hier und da bei gesellschaftlichen Anlässen blicken lässt, während derer sie entweder mit Lord Melville oder Lord Somerset spricht, passiert hier nicht viel, und das, was passiert, ist recht vorhersehbar. Das ist aber, wie gesagt, bei dem Genre ja nicht unüblich und habe ich auch gar nicht anders erwartet. Das Buch kann nämlich trotzdem – insbesondere wegen Melville – gut unterhalten, auch wenn an sich nicht viel passiert.

Etwas eher schade fand ich dagegen, dass „Eine Lady hat die Wahl“ nicht allzu viel mit „Wie man sich einen Lord angelt“ zu tun hat, auch wenn beides Teile einer Reihe sind. Bestimmt gibt es hier und da wenige unbedeutende Nebenfiguren, die in beiden Bänden mal kurz auftauchen oder erwähnt werden – so genau kann ich das gar nicht sagen, weil ich mich nicht mehr an so viele Figuren aus dem Auftakt erinnere –, aber dafür, dass beide Bücher eigentlich zum „Lady´s Guide“ gehören, erwartet man da irgendwie mehr. So sind es einfach nur zwei Regency Romances derselben Autorin, die miteinander aber anscheinend nichts zu tun haben.


Bevor ich diese Rezension nun abschließe, möchte ich zum Schluss aber noch einen kleinen Pluspunkt erwähnen: „Eine Lady hat die Wahl“ ist die erste Regency Romance, die ich gelesen habe, mit einem LGBTQ-Subplot. In dem „Bridgerton“-Prequel „Queen Charlotte“ gibt es zwar auch einen, ansonsten sucht man in diesem Genre aber wohl eher vergeblich danach – ich habe mich immer nach dem Warum gefragt, da es zu der Zeit ja auch queere Beziehungen gab?
Sophie Irwin ergreift hier also endlich die Gelegenheit und baut auf natürliche und selbstverständliche Art eine süße queere Liebesgeschichte in die Nebenhandlung ein, mit der man fast noch mehr mitfiebert als mit Elizas Romanzen.
Wie der Hauptplot, ist auch dieser Nebenaspekt ähnlich vorhersehbar, angesichts der vielen Anspielungen, die die Autorin im Laufe der Geschichte macht, bevor es ausdrücklich angesprochen wird, ist das aber, glaube ich, gerade gewollt, da man mit den beiden Figuren im Sinne eines „Will they, won´t they?“ so noch mehr mitfiebert.
Gut gefallen hat mir hierbei auch, dass sie die Probleme, die gleichgeschlechtliche Beziehungen in der gehobenen Gesellschaft zur Regency-Zeit mit sich bringen, anspricht – zwar nicht so ausführlich und in der Tiefe, wie es hätte sein können, aber doch genau mit der Aufmerksamkeit und Emotionalität, die sich insgesamt gut in „Eine Lady hat die Wahl“ einfügen.

Warum ich jetzt also in meiner Einleitung so viel über „Wie man sich einen Lord angelt“ gesprochen habe: Rückblickend, nachdem ich nun einige Regency Romances kenne, hat mir „Eine Lady hat die Wahl“ um einiges besser gefallen als der Auftakt – trotzdem gebe ich diesem Band am Ende einen halben Punkt weniger, da ich durchaus einige Kritikpunkte an dem Buch habe, die eine höhere Bewertung nicht rechtfertigen würden.


Fazit:
„Eine Lady hat die Wahl“ ist eine charmante, teils stark überspitzte Regency Romance, die vor allem mit drei Nebenfiguren überzeugen kann: Lord Melville, seine Schwester Caroline und Margaret, die Cousine der Protagonistin. Alle drei Figuren haben auf ihre eigene Art eine spitze Zunge und viel Selbstbewusstsein, was dafür sorgt, dass man beim Lesen eine sehr lustige Zeit hat.
Mit der Protagonistin bin ich persönlich nicht ganz so warmgeworden, was aber nicht etwa an fehlendem Charakter liegt (dem ist nicht so), sondern einfach subjektives Empfinden ist.
Schade, aber für das Genre nicht weiter überraschend, ist der fehlende Plot, auch wenn das Buch trotzdem gut unterhält. Einen Bezug zum Auftakt konnte ich auch nicht feststellen, dafür überrascht „Eine Lady hat die Wahl“ mit einem LGBTQ-Subplot, was das Buch zu einer Ausnahme in diesem Genre macht.
4/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 17.06.2023

Das ist jetzt meine Lieblings-RomCom! ♥

Royal Blue
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Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Ich habe die blaue ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Ich habe die blaue Sonderausgabe mit Farbschnitt und Artwork in den Innenklappen und muss sagen: Ich bin verliebt!
Besonders gut gefällt mir natürlich das Artwork, das viele verschiedene Szenen zwischen Alex und Henry zeigt; in der vorderen Klappe auf blauem Untergrund alle Schlüsselszenen zwischen den beiden, die in den USA passieren, und in der hinteren Klappe auf rosa Untergrund die Szenen in England. Beim Lesen habe ich immer wieder nachgeschaut, ob von der jeweiligen Szene auch eine Zeichnung vorhanden ist und welche Szenen ich davon schon gelesen habe. Das kann man sich also nicht nur vorher und hinterher schön angucken, sondern auch, während man der Handlung folgt.
Es hat sich also definitiv gelohnt, auf diese hübsche Schmuckausgabe zu warten!


Meine Meinung:
Durch die durchweg positiven Meinungen online bin ich mit relativ hohen Erwartungen an die Geschichte herangegangen und ich kann jetzt nur sagen: Die wurden weit übertroffen!
Allzu lang wird die Rezension vermutlich nicht ausfallen, da ich rein gar nichts auszusetzen habe.

Das fängt bereits mit dem leichten, jugendlichen Schreibstil der Autorin an, den ich bereits aus „I Kissed Shara Wheeler“ kenne und der hier noch einmal besonders gut zur Geltung kommt. Die Geschichte wird (mit Ausnahme des Bonuskapitels) ausschließlich aus Alex´ Perspektive erzählt, und zu seiner frechen, vorlauten, aber doch grundehrlichen Art passt der kecke, frische Stil der Autorin hervorragend. Dadurch ließe sich das Buch prima auch in einem Rutsch durchlesen, trotz seiner doch nicht unbeachtlichen Länge von 500 Seiten.
Aufgelockert wird das Ganze durch den fröhlichen, lockeren Humor, der die Figuren abrundet und mich mehr als nur einmal sehr zum Lachen gebracht hat.


Die größte Stärke von „Royal Blue“ sind seine Figuren. Vor allem die beiden Hauptfiguren Alex und Henry, die – der eine laut, extrovertiert, der andere eher ruhig und zurückhaltend – auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten, die sich aber doch wunderbar ergänzen. Ich habe es sehr genossen, wie sie sich von anfänglicher „Antipathie“ – hier in Anführungsstrichen, weil jeder außer Alex selbst direkt erkennt, dass er Henry eigentlich doch mag; das macht auch einen wesentlichen Teil des Charmes dieses Buches aus – immer mehr annähern und wie sich dadurch nicht nur eine starke Freundschaft entwickelt, sondern natürlich auch die Gefühle der beiden füreinander immer stärker und immer deutlicher werden.

„Er weiß jetzt mehr über Henry, versteht ihn besser, und er kann die Seltenheit eines echten Lächelns auf dem gleichen, für seine Schönheit berühmten Gesicht würdigen.
Es erzeugt eine merkwürdige kognitive Dissonanz – der Henry jetzt und der Henry von damals. Bestimmt fühlt sich der Bereich unter seinem Brustbein deshalb so unruhig und heiß an. Deshalb und wegen des Whiskeys.“ (S. 112/496)

Ich fand es sehr schön, wie Alex und Henry sich aufeinander verlassen konnten und füreinander da waren, wenn der andere sie gebraucht hat. Beide können wirklich gut zuhören, und das tiefe Vertrauen, das sie dem jeweils anderen entgegenbringen, ist förmlich greifbar.
Das schafft die Autorin nicht nur dadurch, dass sie ein tiefes Verständnis für ihre Figuren aufbringt, und sie so wunderbar rund und mehrdimensional charakterisiert hat, dass sie sich praktisch von alleine weiterentwickeln, sondern auch mit ihrem ehrlichen Schreibstil, der vor allem auch in den E-Mails, die Alex und Henry sich einander schicken, wieder deutlich wird.
Bemerkenswert ist dabei im Übrigen, dass anhand des erzählerischen Untertons stets deutlich wird, wer gerade spricht oder von wem die Mails bzw. Textnachrichten sind, da jeder der beiden Figuren (und auch einiger Nebenfiguren) eine eigene sprachliche Einfärbung bekommt, die so subtil ist, dass sie einem zunächst gar nicht bewusst ist.

Neben Alex und Henry sind mir aber auch die Nebenfiguren allesamt ans Herz gewachsen, insbesondere Alex´ Mutter, deren direkte, aber dennoch herzliche Art ich sofort liebgewonnen habe. Auch June, Nora und Bea sind hier mehr als nur Nebenfiguren; sie sind starke Präsenzen, nehmen eigenständige Rollen innerhalb der Geschichte ein und sind ebenso greifbar wie die Protagonisten.

„‚Schatz, ich kann dir gar nicht sagen, wie gleichgültig es den Medien ist, wer hier mit was angefangen hat‘, sagt Ellen. ‚Als deine Mutter kann ich anerkennen, dass es vielleicht nicht deine Schuld war, aber als Präsidentin wünsche ich mir nur, dass die CIA deinen Tod vortäuscht und ich das Mitgefühl wegen meines toten Kindes ausnutzen kann, um für eine zweite Amtszeit gewählt zu werden.‘“ (S. 30/496)


Zu guter Letzt hat mir auch der Plot ausnahmslos gefallen – von der ersten Seite an war ich gefesselt und konnte mich nicht mehr vom Buch losreißen.
Im Vordergrund steht natürlich die geheime (verbotene) Beziehung à la Pyramus und Thysbe zwischen Henry und Alex; alleine schon deshalb, weil man die beiden aufgrund ihrer Positionen in ihren jeweiligen Heimatländern sowie natürlich auch innerhalb der Weltpolitik, nicht zusammen erwischen durfte. Das sorgt für eine gewisse Grundspannung, die stets spürbar ist, wenn sie sich wieder einmal zusammen verstecken.
Aber auch darüber hinaus ist die Entwicklung ihrer Beziehung so aufgebaut, dass man zwar seine Vorstellungen davon hat, worauf es am besten hinausläuft (auf ein Happy End selbstverständlich), aber die Autorin es gleichzeitig versteht, wie sie den Leser auf raffinierte Weise stets im Ungewissen lässt.
Was Alex´ und Henrys Beziehung weiterhin so besonders macht, sind die Vergleiche und Parallelen, die sie selbst immer wieder zu berühmten fiktiven oder realen Paaren ziehen.

Daneben steht aber auch der Wahlkampf von Alex´ Mutter, der, ganz im US-amerikanischen Stil natürlich sehr dramatisch verläuft, sowie Henrys Leben im britischen Königshaus. Der starke Kontrast zwischen der freien, lauten, fast schon vulgären Kultur Amerikas zu den vornehmen Traditionen des britischen Königshauses, die besonders penibel auf eine feine Außenwirkung bedacht ist, wird hier besonders deutlich.
Beide haben aber eines gemeinsam: Alex´ Bisexualität und Henrys Schwulsein passt in beiden Ländern nicht zum traditionellen Familienbild. Das ist hier selbstverständlich ein großes Thema, und die Sensibilität, aber auch Ehrlichkeit und Bestimmtheit, mit der McQuiston die damit einhergehenden Probleme und Konflikte angesprochen hat, die hier zutage treten, hat mir sehr gefallen.
Im Prinzip ist „Royal Blue“ in der Hinsicht ein großes Gedankenexperiment: Was wäre, wenn eine der führenden Personen von zwei der mächtigsten Länder der Welt queer wäre? Das Ergebnis, zu dem die Autorin hier im Laufe der Handlung kommt, kommt dem, wie man es sich vorstellt, dass es in der Realität aussehen würde, sehr nahe und ernüchtert erst einmal sehr und macht auch traurig.
Gleichzeitig schafft sie es mit ihrer Erzählung – auch im Hinblick auf Ellen Claremont, die erste weibliche US-Präsidentin, sowie der Einwanderer-Hintergrund ihrer Familie –, ein hoffnungsvolles Bild zu malen, und das berührt.


Das Bonuskapitel ist im Übrigen supersüß, wenn auch nicht wirklich notwendig – es ist eben ein Bonuskapitel. Es ist eindeutig für Fans geschrieben, aber ich habe mich sehr darüber gefreut!


Fazit:
„Royal Blue“ ist ein großes Highlight und kann ich jedem von euch nur ans Herz legen!
Die Beziehung zwischen Henry und Alex ist ehrlich, frisch und zuckersüß und vor allem die Dynamik zwischen dem frechen, vorlauten Alex und dem zurückhaltenden Henry kann begeistern.
Aber nicht nur die Hauptfiguren, auch die Nebenfiguren, allen voran Alex´ Mutter Ellen, June, Nora und Bea wachsen einem sofort ans Herz.
Neben einer mitreißenden Liebesgeschichte à la Pyramus und Thisbe kann „Royal Blue“ aber auch mit dem politischen Subplot, der Kritik an die US-amerikanische Regierung, das britische Königshaus und auch an den Rest der Welt und die Schwierigkeiten und Konflikte, denen sich queere Menschen stellen müssen, überzeugen.
Das Buch sollte jeder gelesen haben, spätestens, wenn im August der Film auf Prime Video erscheint!
5/5 Lesehasen.



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