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Veröffentlicht am 03.10.2021

Ein Buch in guter alter Leykam-Manier

Die Party
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Durch mehrere Zufälle endet eine namenlose studierte Softeisverkäuferin auf einer exquisiten Kochparty, veranstaltet von einem von sich selbst überzeugten Künstler und Theaterregisseure. Und so endet sie ...

Durch mehrere Zufälle endet eine namenlose studierte Softeisverkäuferin auf einer exquisiten Kochparty, veranstaltet von einem von sich selbst überzeugten Künstler und Theaterregisseure. Und so endet sie zwischen teuren Küchenutensilien, erlesenen Kochkünsten und einer Gruppe von mittelständischen Besuchern, die alle mit ihren feministischen Akten, ihrem Dasein als Powerfrauen und ihrer kalten Weltoffenheit prahlen. Schon bald merkt sie aber, dass es mit diesen links-grünen Moralvorstellungen nicht so ganz stimmt, und sich die Gäste, aber auch der Veranstalter der Feier in ein gutes Licht rücken wollen. Es wird gelästert und getratscht, und im Kopf der Softeisverkäuferin beginnen die Gedanken zu kreisen, in welchem Absturz sie da nur gelandet ist. Mehr und mehr zieht sich die Schlinge zu, und es scheint immer mehr so, als würde sie diesem Wahnsinn nicht mehr entkommen können.

Sprachlich konnte mich das buch schon auf der ersten Seite abholen. Der sprachliche Stil ist sehr verschachtelt und besteht aus ewig langen Satzgefügen, immer wieder unterbrochen durch einzelne Gedanken der Protagonistin, durch deren Augen die Geschichte auch wahrgenommen wird. Sicherlich ist dieser Stil sehr anspruchsvoll und mag nicht jedem und jeder gefallen, ich war aber insofern begeistert, da mich diese Verschachteltheit an mich selbst, meinen eigenen Stil zu sprechen erinnert hat, und sich dieser auch wunderbar authentisch angefühlt hat. Die Geschichte lebt von und durch die Gedanken der Protagonistin und was diese zu hören bekommt, was zwar eine sehr hohe Reizdichte erzeugt, gerade dadurch aber eine Palette an Facetten für die Geschichte erzeugt. So wage ich es sogar zu behaupten, dass ich selten so etwas wunderbar authentisches Gelesen habe, wie das Gefühl, das dieser sprachliche Stil mir vermittelt. Nahbar und intensiv. Ganz besonders sind aber die Protagonistinnen und Protagonisten von der Autorin gestaltet worden. Die Softeisverkäuferin ist ganz bewusst ohne Namen und äußeres Erscheinungsbild geblieben, da sie als Apperat für die Leser:innen dient, die Geschichte selbst als Teil einer Party zu erleben. Man wird also in die gleiche Situation wie die Softeisverkäuferin gedrängt. Ein intensives Bild ergibt sich aber auch bei der Betrachtung der anderen wichtigen, zumindest für die Softeisverkäuferin relevanten Teilnehmer der Party. Da haben wir den Regisseur und Künstler, ein hochtrabender Feminist, der auf den zweiten, wenn nicht sogar ersten Blick sich viel mehr als Antifeminist und notorischer Verfechter konservativer Lebensbilder erscheint. Daneben Die Verena, die allen ihre Meinung aufzwingen muss, und meint zu jeder Thematik sich einen umfassenden Kommentar erlauben zu können. Mein persönlicher wahrer Schrecken war, aber das glückliche Paar. Die beiden sind in meinen Augen eine wirkliche Zumutung hinsichtlich ihrer Doppelmoral und ihrer zwangsgetriebenen Vorstellungen. Diese intensive Mischung erzeugt beim Lesen wirklich Kopfweh und lässt einen an der Richtigkeit und Gerechtigkeit der Welt zweifeln, vor allem deswegen, weil diese Protagonisten in all ihrer geistigen Verkehrtheit extrem nahe an der Realität gehalten sind. Und so macht neben der Softeisverkäuferin nur die erdfarbene Frau eine Ausnahme in dieser Ansammlung von verqueren Realitätsbildern. Diese erdfarbene Frau wird im Laufe der Geschichte dann auch zum Alley der Eisverkäuferin, ohne sich dessen bewusst zu sein, nämlich zu einem Fels in der Brandung des erhitzten Abends. Bei den Protagonist:innen ist es auch hier schön zu sehen, wie die Softeisverkäuferin ganz in ihrer Authentizität, ihr Umfeld mit einem gewissen Tunnelblick beschreibt.

Hinsichtlich der Thematik - Feminismus, Rassismus, Integrationswille und gesellschaftlichen Ungleichgewichten - hält das Buch ein sehr hohes Niveau. Akribisch wird jeweils ein gewisser Aspekt der jeweiligen Thematik beleuchtet und auseinandergenommen, ohne dabei jeweils den Blick auch nur ansatzweise auf das Gesamtbild in all seinem Facettenreichtum zu richten. Schnell wird zum nächsten "Unding" der Gesellschaft und der modernen und feministischen Vorstellung einer halbwegs erträglichen Welt weitergegangen, bevor man früher oder später wieder zum ursprünglichen Thema zurückkehrt. So bildet sich eine Kreisfahrt, ganz nach den Vorbildern realer Diskussionen und Gespräche.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Buch zwar gewisse Tücken beim Lesen bereiten kann, aber ein sehr intensives und Lesenswertes Erlebnis bietet. Auf eine für Literatur ungewöhnliche, aber nicht minder authentische Art werden so von der Autorin gesellschaftsrelevante Themen erörtert, die zum Lebens- und Diskussionsalltag eines jeden und jeder von uns gehören. Kurzum: ein Highlight für mich.

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Veröffentlicht am 16.09.2021

Ein Roman, der mein Innerstes berührt hat

Shuggie Bain
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Shuggie wächst im Glasgow der Achtzigerjahre auf. Ein Leben zwischen den schäbigen Arbeitersiedlungen und der Ungewissheit, ob es am Ende der Woche noch genug zu Essen geben wird. Denn Shuggies Mutter ...

Shuggie wächst im Glasgow der Achtzigerjahre auf. Ein Leben zwischen den schäbigen Arbeitersiedlungen und der Ungewissheit, ob es am Ende der Woche noch genug zu Essen geben wird. Denn Shuggies Mutter hat ein Problem, ein Problem, das mehr und mehr Geld verschlingt und den Familiensegen mehr und mehr zerstört. Doch Shuggie hat auch noch ein anderes Problem. Er schafft es nicht, den männlichen Idealvorstellungen der Arbeitergesellschaft gerecht zu werden, und landet so immer weiter am Rande des erträglichen Lebens. Geschlagen und getreten, wie es sich für jemanden gehört, der nicht normal ist. Doch der Junge hat noch einen Stern an seinem Himmel. Seine Mutter, deren Schönheit er idealisiert, auch wenn sie droht, ihn in den Abgrund ihrer eigenen Probleme mit hinab zu reisen.

Ich war unglaublich gespannt, auf die Geschichte, da ich die sozialen Brennpunkte der britischen Industriezentren zur Zeit von Thatcher extrem interessant finde, selbst aber viel zu jung bin, um diese selbst wahrgenommen zu haben. Und gerade diese Milieustudie ist extrem gut und anschaulich gelungen. Gepaart mit einem Schreibstil, direkt, einvernehmlich und voller Schmerz, wird diese Epoche und ihre Probleme deutlich greifbar. Massenarbeitslosigkeit trifft auf veraltete Rollenbilder, sodass als Endergebnis finanzielle Abhängigkeit und Armut unbarmherzig zuschlagen. Thematisch werden auch noch andere gesellschaftliche Probleme wie Homophobie, toxische Männlichkeit und Alkoholmissbrauch in die Geschichte miteingeflochten, immer wieder in den Fokus gerückt. Insgesamt bildet sich ein erdrückendes Gesamtkonstruckt, depressiv und ohne jede Hoffnung auf Besserung. Hinzu kommen noch die Nebencharaktere, die beispielgebend für die Doppelmoral dieser Gesellschaft sind. Herablassend werden die eigenen Unzulänglichkeiten und Inkompetenzen unter den Teppich gekehrt und diejenigen, die es wagen, die Pfade der gesellschaftlichen Zwangsvorstellungen verlassen, mit beißendem Spot übergossen. Extrem gut gelungen sind auch die Protagonist:innen. Shuggie, seine Mutter, sein Vater und sein Bruder sind extrem facettenreich gestaltet, einzigartig und extrem authentisch in ihrer Geltungssucht und ihren Problemen. Auch die Konflikte, die inneren und die äußeren sind von einer überzeugenden Authentizität, sodass sie dieses triste Stimmungsbild noch weiter verstärken. Besonders intensiv wird neben Alkoholismus in allen Stadien auch Homophobie aufgegriffen, und zwar in einem Ausmaß, mit dem ich vor Lesebeginn noch nicht gerechnet habe. Hier werden dieses gesellschaftliche Problem so akribisch aufgegriffen, dass es beim Lesen schon wehtut, und man dermaßen froh ist, bis jetzt sich nie in vergleichbaren Situationen wiedergefunden zu haben. Gerade diese Homophobie und der Alkoholismus haben an Tagesaktualität in keinster Weiße eingebüßt, womit der Autor eine Brücke in die Gegenwart schlägt. Einzig und alleine die Übersetzung hinkt hinsichtlich des Slangs der Unterschicht ein wenig, allerdings in einem Maße, dass ich mich beim Lesen nicht eingeschränkt gefühlt habe. Trotzdem ergibt sich bei den Dialogen und Monologen ein Gefühl davon, in welchen gesellschaftlichen Kreisen sich die Geschichte bewegt.

Im Nachhinein, nachdem ich die Geschichte noch ein wenig nachklingen habe lassen, kann ich sagen, dass es sich um eine außergewöhnliche Milieustudie gepaart mit Kritik an dem niederträchtigen Umgang gesellschaftlicher Probleme handelt, deren Lektüre sich zwar eindeutig lohnt, aber definitiv schwere Kost ist.

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Veröffentlicht am 07.09.2021

Mystisch, düstere Geschichte

Junge mit schwarzem Hahn
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Martin, elf Jahre alt, hat schon vor langem seine komplette Familie verloren. Ihm bleibt nur mehr ein schwarzer Hahn, der sein treuer Begleiter ist. Dieser schwarze Hahn, kombiniert mit Martins klugen ...

Martin, elf Jahre alt, hat schon vor langem seine komplette Familie verloren. Ihm bleibt nur mehr ein schwarzer Hahn, der sein treuer Begleiter ist. Dieser schwarze Hahn, kombiniert mit Martins klugen und offenherzigem Wesen, macht er sich immer mehr zum Opfer des Hasses und Furcht der Dorfbewohner. Er ist einfach zu anders, übersteigt den Verstand aller anderen Menschen in seinem Umfeld. Und so ergreift er die Chance, als ein Maler in das Dorf kommt, mit diesem das Dorf und sein bisheriges Leben hinter sich zu lassen. So wird Martin vom Maler eingeführt in eine Welt, die das Spiegelbild Martins zu sein schein: kalt, unbarmherzig und schauerlich.

Beim Lesen taucht man sehr schnell in die Geschichte ein. Geradlinige Erzählung, immer wieder nur unterbrochen von kurzen Rückblenden aus dem Leben Martins. Und gerade dieser geradlinige, reduzierte sprachliche Stil erinnert beim Lesen der Geschichte sehr stark an ein Märchen. Zusätzlich haben wir auch keine genauen Orts- und Zeitangaben, teilweise schon klischeehaft gestaltete Protagonisten und eine recht knapp bemessene Protagonistenpalette. Außerdem arbeitet die Autorin sehr intensiv mit Symbolen und Anspielungen auf Vergangenheit und auch Gengenwart, sodass man mit offenen Augen durch das Buch gehen muss, um diese auf unsere heutige Gesellschaft projizieren zu können. Auch die figürliche Gestaltung ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Wir haben einen sehr starken und interessanten Hauptcharakter - Martin, den die Leserschaft ins Herz schließt, und der mit seiner Weisheit und seiner ehrlichen Art, die beides für einen elfjährigen Jungen ungewöhnlich anmuten mögen, beim Lesen immer wieder überrascht. So bekommt Martin schon beinahe übernatürliche Charakterzüge, wohingegen die anderen Protagnisten recht klischeehaft, knapp und facettenlos erscheinen, und damit genau die Stilmittel eines Märchens bedienen. Wir haben naive Dorftrottel, die sich für die Größten der Welt halten, treu ergebene Freunde und böse Hexen, die die Welt in Atem halten. Und trotz dieses Märchenhaften Settings scheinen immer wieder die Verbindungen zur Gegenwart durch und jeder dieser Protagonisten lässt sich auch heute noch finden.

So hat Stefanie vor Schulte mit ihrem Debüt ein ganz schönes Stück Literatur geschaffen, das zwar einen regen Geist erfordert, aber noch lange nachklingen wird.

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Ein Romandebüt das es in sich hat

Rochade
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Österreich befindet sich dabei, unter der Herrschaft eines jungen und aufstrebenden Kanzlers sich immer mehr in eine illiberale Demokratie zu verwandeln. Als nun eines der berühmtesten Gemälde aus dem ...

Österreich befindet sich dabei, unter der Herrschaft eines jungen und aufstrebenden Kanzlers sich immer mehr in eine illiberale Demokratie zu verwandeln. Als nun eines der berühmtesten Gemälde aus dem Kunsthistorischen Museum Wiens einem Terroranschlag zum Opfer fällt, wirft dieser nun ein begehrliches Auge darauf. Er will es für sich haben, der Öffentlichkeit entreißen. Doch das passt Clemens Hartmann, dem Restaurator, der dafür verantwortlich ist, dass das Gemälde restauriert wird, überhaupt nicht. Er wird dazu gedrängt, es schneller zu restaurieren, als normalerweise an Zeit notwendig für qualitative Arbeit wäre. Das Risiko, dabei das Gemälde zu beschädigen ist in seinen Augen verantwortungslos hoch und auch ist Hartmann davon überzeugt, dass solch berühmte und wichtige Gemälde und Kunstgegenstände in Museen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Und so beginnt Clemens Hartmann damit, Pläne zu bereiten, wie er den Kanzler täuschen kann, ohne dabei jedoch sich selbst ins Schussfeld zu manövrieren.

Thematisch bietet das Buch ein Potpourri an Themen in Sachen Kunst und Politik. Beides wird gekonnt vom Autor in die Geschichte mit einbezogen. So erfährt man während des Lesens immer mehr über die Geschichte von Vermeers Die Malkunst, die ja das Gemälde ist, welches zur Begierde des Kanzlers geworden ist. Vor allem erfährt man vieles über die Methoden und die Arbeit der Gemälderestauratoren , aber auch Fälscher. Hier begleitet man beim Lesen unseren Protagonisten bei seiner Arbeit und erfährt in langwierigen Prozessen, was er da so macht. Für manche mag dies langweilig wirken, allerdings sind hier die interessanten Fakten so in die Geschichte mit eingebunden, dass sie Lesefluss in keiner Weise stören, sondern viel mehr notwendig für das Verständnis dieser sind. Neben der Kunst hat das Buch aber noch ein anderes ganz großes Thema, das unterschwellig, aber dennoch eine Omnipräsenz innehatte. Und zwar die Politik, oder, wenn man es genauer nehmen will, Kritik an Populismus und dem Bundesbasti. Beim Lesen fällt schon stark auf, dass die Figur des Kanzlers vom Verhalten, den politischen Ausrichtungen und auch dem Aussehen sehr stark an Sebastian Kur angelehnt ist. Und so gibt es auch immer wieder kleine Momente oder Nebenbemerkungen in der Geschichte, die diese Theorie füttern. "Drei Tageszeitungen wurden von einem Milliardär aufgekauft, einem Freund des Kanzlers." S. 277. Hier brauche ich nichts mehr zu sagen. Ich glaube, wer sich ein bisschen mit Kurz und seiner Gang beschäftigt hat, weiß, worauf der Autor hier anspielt. Neben der Thematik, die das buch für mich so außerordentlich spannend und lesenswert gemacht hat, hat das buch auch ein enormes sprachliches Niveau. Die Geschichte ist aus der Sicht von Clemens Hartmann geschrieben. Eigentlich bin ich kein großer Fan vom Ich-Erzähler, wohingegen er hier so eingesetzt wird, dass man als Leser:in das Gefühl bekommt, mit unserem Protagonisten schon lange bekannt bzw. befreundet zu sein, und er einem nun die Vorkommnisse und seine Gefühle schildert. So bekommt man nicht sehr viel über ihn durch charakterliche Beschreibungen präsentiert, sondern viel mehr, anhand seiner Gedanken und seiner Handlungen, seiner Reaktionen auf die Handlung. So zeichnet sich ein recht genaues Bild von ihm. Ich weiß zwar nicht, ob man unseren Protagonisten als Antihelden bezeichnen könnte, aber man merkt hier schon deutlich, dass er mit sich nicht ganz zufrieden ist, und auch äußerliche Faktoren, wie beispielsweise die Altlast seiner Nazifamilie ihm scher auf den Schultern liegen. Und hier ist es auch interessant, wie Clemens Hartmann bzw. seine Familie vom Autor in direkten Bezug zur Geschichte von Vermeers Gemälde gesetzte wird. Gefallen hat mir auch die Atmosphäre der Geschichte. Auf der einen Seite ist diese dunkel, düster und richtig packend, auf der anderen Seite bringt aber Hartmann als Protagonist eine enorme Ruhe in das Geschehen mit hinein. Diese strahlt er selbst aus und gibt sie an sein Umfeld, damit das Setting der Geschichte und die Geschichte selbst, weiter. Aufgefallen ist mir auch die enorme Qualität der Monologe Hartmanns und der Dialoge im Buch. Selten habe ich in einem solch authentische Gespräche verfolgen können.

Nach der Lektüre kann ich jetzt bestätigen, was ich währenddessen schon gewusst habe. Bei Rochade handelt es sich um ein ganz großes Meisterwerk der österreichischen Literatur, politisch und künstlerisch interessant.

Im Übrigen glaube ich nicht, dass die Farbe des Lesebändchens Zufall war...

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Veröffentlicht am 31.08.2021

Ein packender Roman aus dem Herzen Nigerias.

Das Mädchen mit der lauternen Stimme
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Adunni, vierzehn Jahre alt, hat nur einen Wunsch. Das nigerianische Mädchen möchte in die Schule gehen, einen Wissensschatz aufbauen und sich immer weiter zu bilden, denn Wissen ist Macht und bedeutet ...

Adunni, vierzehn Jahre alt, hat nur einen Wunsch. Das nigerianische Mädchen möchte in die Schule gehen, einen Wissensschatz aufbauen und sich immer weiter zu bilden, denn Wissen ist Macht und bedeutet Freiheit, die für das nigerianische Mädchen bedeutender ist, als alles andere. Doch aus Adunnis hochtrabenden Plänen wird nicht, als ihr schlimmster Albtraum Realität wird. Sie wird an den Jahrzehnte älteren Kofu als Drittfrau verheiratet, nur damit ihr Vater seine Geldsorgen begraben kann. Doch dafür muss Adunni ihre Träume begraben. Doch sie gibt nicht auf und so schafft sie es, eines Tages nach Lagos zu fliehen, in die große Metropole, die Freiheit und Bildung verspricht. Doch auch hier wird sie schnell ins kalte Wasser geworfen und Adunnis Träume von Freiheit und Bildung scheinen ferner denn je.

Sprachlich legt Abi Daré ihrer Leserschaft hier ein wahres Meisterwerk zu Füßen. Anfangs mag es zwar wie ein Jugendbuch anmuten. Simple Sprache, kaum Beschreibungen oder Ähnliches. Aber schnell stellt sich heraus, dass die Geschichte, erzählt durch die Augen Adunnis, sich perfekt an die Protagonistin anpasst, diese umschmeichelt und einnimmt. Die Sprache entspricht der einer vierzehnjährigen Person, jung, bunt und verträumt, ohne weit in die Zukunft zu blicken und sich Sorgen zu machen, ohne dabei jedoch die Realität aus den Augen zu verlieren. Hierbei sei gleich gesagt, dass Adunnis Muttersprache Yoruba ist, sie trotz einiger Jahre Englischunterrichts aber nicht perfekt Englisch spricht. So schlägt sich dies in den Dialogen und Monologen wieder, Aussprachen von Wörter entsprechen nicht deren Schreibweise, sondern werden so geschrieben, wie sie ausgesprochen werden. Fulminant wird es dann aber, dass sich die Sprache des Buches mit Adunni mitentwickelt. Mit jedem Schritt des Selbstvertrauens und je mehr sich Adunni weiterbildet, wächst auch das Buch sprachlich, wächst Adunnis Sprache. Adunni wächst mit der Sprache des Buches und umgekehrt. Hier fehlen mir schon fast die Worte, um zu beschreiben, was dieser sprachliche Hochgenuss in mir ausgelöst hat. Doch eines steht fest: definitiv Bewunderung. Bewunderung für Abi Daré, Adunni und für Simone Jakob, deren ausgeklügelte Übersetzung das Buch in deutscher Sprache erst möglich gemacht hat. Abgesehen von den sprachlichen Hochgenüssen und Außergewöhnlichkeit hat das Buch auch thematisch einiges zu bieten. So findet man hier eine beeindruckende Geschichte über Frauenrechte, dem Wunsch nach Bildung und Freiheit und der Selbstfindung eines jugendlichen Mädchens. Alltagstauglichkeit für Westafrika ist somit gegeben und trifft damit genau den Nerv der Zeit. Abi Daré räumt in ihrer Geschichte hier mit den Männern auf, setzt sie jeweils in die schwächere Position als die weiblichen Protagonisten. Hier bricht sie auch mit dem typischen Dualismus Gut gegen Böse, die Protagonisten verbinden - so wie im echten Leben auch - negative und positive Aspekte. Durch die dadurch entstehenden psychischen und charakterlichen Spannungen und Differenzen zwischen den Protagonisten und in diesen selbst entsteht ein unglaublicher Spannungsbogen, der die Geschichte noch thematisch aufwertet. So entsteht in Kombination mit Adunni als mutiger und starker, sympathischer und authentischer Protagonistin eine wirklich gelungene Geschichte.


Abschließend kann ich hinsichtlich dessen, dass das Buch eine feministische Antwort auf die Probleme Nigerias ist, sagen, dass ich wirklich beeindruckt von der Geschichte bin, und diese mich noch sehr lange begleiten wird.

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