Profilbild von Sparklesandmascara

Sparklesandmascara

Lesejury Star
offline

Sparklesandmascara ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Sparklesandmascara über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.07.2020

bittersüße Liebesgeschichte mit Luft nach oben

All Your Kisses
0

„Ich werde dir eintausend Küsse geben, Poppymin. Alle. Keiner wird dich jemals küssen außer mir.“
(Rune zu Poppy in All your kisses)

Worum geht’s?

Als Kind zieht Rune mit seinen Eltern aus Norwegen ...

„Ich werde dir eintausend Küsse geben, Poppymin. Alle. Keiner wird dich jemals küssen außer mir.“
(Rune zu Poppy in All your kisses)

Worum geht’s?

Als Kind zieht Rune mit seinen Eltern aus Norwegen nach Georgia und trifft hierbei auf seine neue Nachbarin Poppy. Sofort freunden sich die beiden an und sind seitdem unzertrennlich. Was mit „Beste Freunde, für immer und unendlich“ beginnt, mündet irgendwann in Liebe. Doch dann reißen Runes Eltern Jahre später die Teenager auseinander, als Runes Vater nach Norwegen versetzt wird. Dass ihre Liebe über die Distanz Bestand haben wird, daran zweifeln Rune und Poppy nicht. Bis Poppy plötzlich den Kontakt abbricht und wie vom Erdboden verschwunden ist. Als Rune zwei Jahre später nach Georgia zurückkehrt, möchte er wissen, wieso Poppy ihn aus ihrem Leben gestrichen hat. Doch die Wahrheit wird wehtun, verdammt wehtun. Und sie wird alles für immer verändern.

All your kisses ist ein Einzelband und in sich geschlossen.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist in schwarz gehalten und zeigt eine Farbstaubexplosion in verschiedenen Rot- und Rosatönen. Es ist relativ nichtssagend, aber dennoch sehr ansprechend gestaltet und passt zudem zu dem anderen im Verlag von der Autorin erschienen Buch, welches mit diesem jedoch nicht zusammenhängt. Die Erzählweise des Buches ist linear, es gibt jedoch immer wieder ausgewiesene Zeitsprünge. Nach deinem Prolog in der Kindheit der Protagonisten spielt das Buch hauptsächlich in der Gegenwart, deckt aber auch eine kurze Zeitspanne vor Runes Umzug nach Norwegen ab. Die Erzählperspektive erfolgt in der Ich-Form, wechselnd durch Rune und Poppy. Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, sprachlich für Jugendliche und (junge) Erwachsene angemessen.

Mein Fazit

Kaum ein Buch wurde mir so oft empfohlen wie „A thousand boy kisses“ – der englische Originaltitel von diesem Buch. Ich mache mir meist nicht viel aus Empfehlungen, aber in diesem Fall wollte ich unbedingt wissen, ob das Buch dem Hype gerecht wird. Herzzerreißend, wunderschön, zerstörerisch, eine Gefühlsexplosion? Ich habe so viel gehört, wirklich. Und am Ende muss ich sagen: Vieles stimmt, aber erhofft hätte ich mir doch etwas mehr. Aber von Anfang an…

Sie sind Kinder, als sie aufeinandertreffen. Rune ist frisch nach Amerika gezogen, Poppy das kleine quirlige Mädchen, was nebenan wohnt. Und ganz schnell werden beide Freunde, wie es bei Kindern nun einmal so ist. Unzertrennlich, voller Abenteuer ist ihr Leben und sie haben stets den anderen an der Seite. Als einige Jahre später Poppys Oma stirbt, gibt sie ihrer Enkelin eine Lebensaufgabe: Ein Einmachglas, was Poppy mit 1000 Papierherzen füllen soll, auf denen sie ihre atemberaubenden Küsse notiert, um später ihren Enkeln davon zu berichten. Recht schnell ist klar: Es gibt nur einen Jungen, der ihr den Atem rauben kann. Und so beginnt aus der Freundschaft eine Liebe zu werden. Doch als Teenager werden Poppy und Rune auseinandergerissen, als Runes Familie nach Norwegen zurückzieht. Nur für einige bestimmte Zeit, heißt es. Sie werden Kontakt halten, sagen sie. Bis Poppy spurlos verschwindet, abtaucht, auf keine Nachrichten mehr reagiert. Und Runes Herz in tausend Stücke zerfällt, bis nur noch ein dunkler Fleck übrig bleibt. Als er zwei Jahre später endlich zurückkehrt, möchte er Antworten von Poppy. Von seiner Poppy, die er nie aufgehört hat zu lieben, die ihn aber so bitter verraten hat, dass er nur noch ei wütender junger Mann ist. Wieso hat Poppy die Liebe ihres Lebens aufgegeben? Die Wahrheit kann manchmal schmerzhafter sein als alles, was man sich vorstellen kann. Das muss Rune schon bald feststellen…

Ein Glas, 1000 Jungsküsse, ein Leben voller Erinnerungen, zwei Kinder und ihre unendliche Liebe zueinander. Stoff, aus dem Zuckerwatteromane gemacht sind. Aber nein. All your kisses ist kein leichtes Buch. Es ist kein Buch, welches man an einem sonnigen Tag am Strand lesen mag oder als Weggefährte im Zug aufschlagen möchte. So ging es mir zumindest. Nein, All your kisses ist schwere Kost, kein 0815-Jugendbuch mit süßer Handlung und Standarddramen. Es ist ein Buch, bei dem man nach etwa 1/3 bereits das Gefühl hat, zu wissen, wie es endet. Man hofft, man bangt, man ist wütend, man verzweifelt, man leidet – aber man kann nichts tun. Nichts, außer weiterzulesen und Stück für Stück sein Herz an Rune und Poppy, ihre unschuldige Liebe und ihr unfaires Schicksal zu verlieren.

Grob geteilt geht es bei All your kisses um zwei Lebensphasen – das Leben vor dem Umzug und das Leben zwei Jahre später nach dem Umzug. Ist der Teil vor dem Umzug einfach nur unglaublich niedlich, begleitet Poppy und Rune auf ihrem Weg und durch ihre Abenteuer, zeigt wie aus kindlicher Verliebtheit eine feste große Liebe wird, so wird der Teil nach Runes Rückkehr dunkel und schwerfällig. Die Gegenwart als Hauptteil des Buches ist der Kern der Geschichte. Und der schlägt in die Magengrube, mit voller Wucht. Durch dieses unschuldige Intro, die Idee mit den 1000 Jungsküssen, die kindliche Naivität, die jugendliche Selbstverständlichkeit und die nie in Frage stehende Verbindung Rune – Poppy startet der Leser ruhig und befriedigt in die Geschichte. Es tut weh, als man erfährt, dass Rune gehen muss, man fühlt seinen Schmerz und Poppys Verzweiflung. Als er zurückkehrt, zwei Jahre später, ist daher die Freude groß, aber von kurzer Dauer. Poppy hat den Kontakt bereits nach kurzer Zeit abgebrochen – sie hat sogar das Örtchen verlassen und ist gerade erst frisch zurückgekehrt – und man möchte verstehen, wieso. Denn offenkundig sind da noch uneingeschränkt alle Gefühle vorhanden. Doch die letzten zwei Jahre haben beide verändert. Ich hatte anfangs befürchtet, dass hier jetzt eine recht normale Fassung ala „“ich bin fremdgegangen“ kommt, aber so ist es nicht. Die Wahrheit ist brutaler, gnadenloser und zugleich unauffälliger als alles andere. Und ab diesen Moment wandelt sich in der Geschichte definitiv alles. Ich wäre ein Narr, wenn ich erzählen würde, was es ist. Die Überraschung sollte jeder für sich selbst haben. Doch die Konsequenzen hiervon sind fatal. Doch zugleich bringt Poppys Geheimnis ein unglaubliches Potenzial mit sich, was diese Geschichte ein Stück weit besonders für mich macht. Denn beim Lesen erhält man immer wieder Einblicke in Poppys Gedanken, ihre Haltung und ihre Ängste. Und plötzlich fängt man selbst an, einige Sachen zu überdenken. Ich würde sogar so weit gehen, dass ich in Zukunft sicher öfter denken werde „ist das jetzt relevant? Stell dir vor, du wärst Poppy, würdest du dich dann so verhalten wie jetzt?“ – All your kisses hat die Möglichkeit, den eigenen Blickwinkel zu verändern, eindeutig. Doch zugleich hat sich die Autorin eine schwere Bürde mit der Thematik auferlegt und der Umgang hiermit wird sicher nicht jedem gefallen. Ist er zu perfekt? Ist er zu überzogen? Ist er zu romantisch? Diese Antwort muss jeder für sich beantworten. Für mich wurde hier teilweise wirklich sehr dick aufgetragen und hin und wieder vielleicht auch etwas übertrieben, dass es schon wirklich arg kitschig und zu perfekt gewirkt hat. Ich bin anfällig für sowas und schalte dann schnell auf „echt jetzt?“ um, deswegen konnte mich nicht alles so erreichen, wie die Autorin es vielleicht gewollt hätte. Nichtsdestotrotz habe ich mitgelitten bis zum Schluss, gehofft und an Rune und Poppy geglaubt.

Ich würde auch gern sagen, dass das Buch überraschend ist, aber so sehr stimmt das nicht. Weiß man, worum es geht, ist eigentlich klar, was kommen wird. Doch bei diesem Buch geht es nicht um das Ziel, um das Finale, es geht um den Weg. Es geht um Erkenntnisse, Chancen, es geht um Verlust in verschiedenen Facetten (etwa von Unschuld, Familienmitgliedern, Hoffnungen) und es geht auch um Vergebung. Das Buch thematisiert auch bestimmte Aspekte, etwa geht es durch den Tod von Poppys Großmutter von Anfang an teilweise um die Frage „Leben nach dem Tod?“ und auch Runes charakterliche Entwicklung in Norwegen spielt eine sehr präsente Rolle. Denn durch das Entwurzeln und Wegreißen ist Rune im alten neuen Zuhause sehr unglücklich, was dazu führt, dass er hier eine Wandlung durchmacht, die hier zwar als Badboy betitelt wird, diese Bezeichnung das Ganz aber deutlich zu einfach macht. Rune ist nicht einfach jemand, der Lust darauf hatte, jetzt grimmig zu gucken und Leute von sich zu stoßen. Er ist verletzt, verzweifelt, rastlos und findet sich nicht ein in dieser Welt, die ihm fremd ist. Er vermisst seine Freunde und Poppy und greift so zu Maßnahmen, die ihn verdrängen lassen, wie es ihm geht. Manchmal schien es so, als hätten insbesondere die Erwachsenen den Ernst der Lage nicht verstanden und tun sein rebellisches Verhalten vor allem als Rache ab, auch wenn natürlich Trotz ein wenig mit hineinspielt. Generell war ich zeitweise vom fehlenden Verständnis sowohl Poppys als auch Runes Eltern irritiert. Es ist fast so, als wäre vor lauter Sorge um Poppy in der Geschichte Runes Schicksal etwas untergegangen und verharmlost mit „er hatte schon immer etwas Dunkles in seiner Seele“. Hier hätte man in meinen Augen mehr beleuchten müssen. Es wirkt einfach zu sehr so, als hätte man unbedingt Gegensätze kreieren wollen: Rune, der in den Schatten seiner Seele gefangen ist, und Poppy, die so glücklich, positiv und dankbar für alles ist, dass es phasenweise etwas krampfhaft wirkte. So als wolle die Autorin uns davon überzeugen, dass wirklich alles okay ist mit Poppy. Insgesamt finde ich Poppy auch so etwas oberflächlich ausgearbeitet. Eigentlich weiß ich bis jetzt zu wenig über sie, ich kenne nur ihr Schicksal und was sie daraus macht. Ich weiß über ihre Musikliebe, aber mehr irgendwie auch nicht. Auch in ihren Kapiteln erfahre ich viel zu wenig über sie, da ihre Gedanken oftmals von Rune handeln. Hinzu kommt, dass sowohl Rune als auch Poppy einen extremen Hang zu Wiederholungen haben. Ständig kommen die gleichen Phrasen, die gleichen Gedanken (oftmals zwar zumindest mit anderen Worten, aber im Kern identisch) und somit wurde ich das Gefühl nicht los, dass mir fast wie ein Mantra eingehämmert werden sollte, was beide denken und fühlen, ohne mir zu zeigen, was sie fühlen. Generell arbeitet das Buch zum Großteil mit Gedanken und Gefühlen, was es insgesamt recht handlungsarm macht. Das ist nicht zwingend schlimm, da für mich der Fokus ganz klar auf ebendiesen Gedanken und Gefühlen liegt, da sie der Schlüssel zur Geschichte sind. Sie sind vielseitig ausgestaltet und vor allem Rune liefert hier eine grandiose Vorstellung. Seine innere Zerrissenheit, seine Verzweiflung, seine unbändige Wut – als das ist so roh und greifbar, dass es mir teilweise wirklich wehtat. Mit Rune habe ich in diesem Buch wirklich viel gelitten – mit den anderen teilweise leider nur bedingt.

Die anderen. Damit meine ich natürlich die Nebencharaktere. Es gibt hier vor allem im familiären Umfeld einige Leute sowie eine Hand voll Freunde aus der Schule. Tatsächlich muss ich sagen, dass eigentlich alle Nebencharaktere ultimativ austauschbar waren und es so auch öfter dazu kam, dass ich sie durcheinandergebracht habe. Vor allem die Familien von Rune und Poppy waren doch recht blass, wobei sie durch das Schicksal am meisten gebeutelt sind. Die Autorin konzentriert sich so sehr auf Rune und Poppy, dass ich das Gefühl hatte, sie hat vergessen, dass da noch mehr Leute deutlich unter dem Ganzen leiden. Für eine rundere Geschichte hätte man hier die familiären Beziehungen sicher mehr beleuchten können und für mich sogar müssen. Denn so ergreifend die Geschichte ist, gelitten habe ich nur mit Rune und bedauerlicherweise vor allem auch mit Runes Vater, der so sehr versucht, seinen Sohn zurückzugewinnen. Doch Poppys Eltern? Von denen ist leider nicht wirklich etwas hängen geblieben.

Als verbindendes Element, so gesehen als roter Faden, zieht sich die Idee mit den 1000 Jungsküssen durch das Buch. Es ist eine süße und wie ich finde innovative Idee. Sie wirkt vielleicht etwas kindlich, aber der Hintergrundgedanken ist toll. Sobald man vor allem aber versteht, welche tiefere Bedeutung „die 1000 Küsse für die Unendlichkeit“ haben, wird einem schwer ums Herz. Wie etwas so Schönes so traurig und so bedeutend sein kann, das zeigt die Autorin hier sehr gut. Vor allem, da die 1000 Küsse für das Buchende noch eine ganz andere Note hinzufügen. Das Ende des Buches ist hier sowieso ein gewisser Knackpunkt. Es ist vielleicht nicht unbedingt das Ende, was man sich wünscht. Aber es ist ein Ende, was die Geschichte verdient. Das klingt hart, aber es ist die bittere Wahrheit. Das Ende hat mir zugesagt, es hat für mich gepasst und es war für mich okay in dieser Form. Ich war definitiv gebrochen an dieser Stelle und traurig. Und dann kam der Epilog und alles war dahin. Wieso war das so? Der Epilog war komisch, denn er greift eine Thematik auf, die bereits öfter im Buch vorkam und somit sinnlogisch ist – zugleich aber mit 2-3 Sätzen verrät, dass es dieses Mal anders ist. Und die Erkenntnis, wieso, ist traurig. Nur das Problem? Wieso passiert das gerade jetzt?! Ich musste den Epilog 2-3x lesen und hatte immer noch keine klare Antwort, was passiert ist. Das hat mich massiv gefrustet. Erst nach kurzer Recherche im Internet bin ich auf ein Interview der Autorin gestoßen, wo sie erklärt, was passiert ist – und wieso sie im Grunde genommen die Erklärung rausgenommen hat. Kann man mögen, kann man aber auch nicht mögen. Was bleibt, ist nun ein offenes Ende, wo man sich selbst fragen kann: Was ist mit Rune passiert? Und je nachdem, wie man Rune eingeschätzt hat, kann man hier definitiv einige Erklärungen finden. Es ist also ein Stück weit ein geschlossenes Ende mit offener Erklärung.

Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich froh bin, dieses Buch gelesen zu haben. Ich habe einiges mitgenommen und auch wenn nicht alles meinen Geschmack getroffen hat, bewundere ich die Autorin für eine derart untypische Story. Ich kann verstehen, dass das Buch viele Leute emotional sehr mitnimmt und auch mich hat es phasenweise immer wieder ergriffen, aber es ist kein Buch, was ich als Jahreshighlight oder ähnliches sehen würde. Dafür fehlte hier und da einfach zu viel, insbesondere was die Charaktere und die Rahmenhandlung anging. Zeitweise braucht man starke Nerven, da hier ein steter Wandel zwischen tiefgründig-grausam und kitschig-unschuldig gefahren wird. Ein ohne Frage gutes Buch, was vielfältige Themen abdeckt, aber mit kleinen Stolpersteinchen meine volle Begeisterung nicht entfachen konnte. Bittersüße Liebesgeschichte, die im Kopf bleibt und bei vielen sicher auch im Herzen.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.06.2020

leider eine Enttäuschung

ONE OF US IS NEXT
0

„Kleiner Tipp für die nächste Spielrunde: Entscheidet euch immer für Pflicht.“
(Anonym in One of us is next)

Worum geht’s?

18 Monate ist es her, dass Simones Tod die Bayview High auf den Kopf gestellt ...

„Kleiner Tipp für die nächste Spielrunde: Entscheidet euch immer für Pflicht.“
(Anonym in One of us is next)

Worum geht’s?

18 Monate ist es her, dass Simones Tod die Bayview High auf den Kopf gestellt hat. Noch immer haben einige Schüler mit den Folgen zu leben und auch die Auswirkungen auf die Gesellschaft sind spürbar. Mehrere Versuche, ähnliche Seiten wie Simons Blog zu etablieren, sind gescheitert. Bis eines Tages anonyme Nachrichten auftauchen und die Schüler zu einem Wahrheit-oder-Pflicht-Spiel zwingen. Ein dunkles Geheimnis oder doch lieber Pflicht? Die Spieler entscheiden. Zwischen Aufruhr und Sensationslust schwanken die Schüler, was sie machen sollen. Bis das perfide Spiel plötzlich ein Opfer fordert, mit dem niemand gerechnet hat…

One of us is next ist eine lose Fortsetzung zu „One of us is lying“. Es kommen Charaktere und Thematiken aus dem Buch vor, es empfiehlt sich daher, das Buch vorher gelesen zu haben.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist in Anlehnung an „One of us is lying“ dieses Mal mit drei Gesichtern gestaltet. Vermeintlich handelt es sich dabei um die drei Erzähler des Buches – Phoebe, Maeve und Knox. Die Aufmachung wirkt interessant und geheimnisvoll. Das Buch wird chronologisch erzählt, zu Beginn jedes Kapitels steht der Tag und der jeweilige Erzähler. Das Buch wird in der Ich-Perspektive erzählt. Der Schreibstil ist gut lesbar, leicht und unkompliziert. Das Buch ist sprachlich für Jugendliche geeignet.

Mein Fazit

„One of us is lying“ war für mich ein kleiner Überraschungshit. Spannend, mitreißend und ein Pageturner im Bereich der Jugendbücher, mit einer soliden, überraschenden Auflösung und Mitrate-Begeisterung. Nachdem ich aber bereits „Two can keep a secret“ gelesen und nicht wirklich toll gefunden habe, war meine Erwartung an dieses Buch entsprechend etwas zwiegespalten. Und ich muss sagen: Leider zu recht.

Ein wenig Ruhe ist an der Bayview High eingekehrt. Die Protagonisten aus „One of us is lying“ gehen ihre Wege, aber der Schatten liegt weiterhin über der Stadt. Gerüchte, Geheimnisse, Verrat – der Stoff, aus dem Highschool-Geschichten gemacht sind. Maeve, ihr bester Freund Knox und Phoebe manövrieren sich irgendwie durch den Alltag an der Highschool. Phoebe geht ihrer Affäre nach und streitet sich mit ihrer Schwester Emma. Maeve muss sich mit der Frage auseinandersetzen, ob ihre Leukämie zurück ist. Knox arbeitet bei dem Until Proven Projekt für Anwalt Eli. Doch das beschauliche Leben gerät aus den Fugen, als eine Nachricht kommt, die die Schüler auffordert, an einem Wahrheit oder Pflicht Spiel teilzunehmen. 24 Stunden hat die ausgewählte Person Zeit, zu wählen. Wer nicht wählt, dessen Geheimnis wird enthüllt. Zwiegespalten zwischen Sensationsgier und Angst warten alle an der Highschool auf die nächste Nachricht. Als die ersten Geheimnisse enthüllt werden, ist schnell klar, dass es hier um keine billige Nachmache von Simon geht. Nein, Anonym weiß Sachen, die Sprengkraft haben. Deswegen gilt: Wähle immer Pflicht. Doch plötzlich gerät alles aus den Fugen, als ein Schüler stirbt und ein geheimes Forum auftaucht. Wer möchte hier das Erbe von Simon antreten?


Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist. Ich kann es nur immer wieder sagen und ärgere mich gerade über mich selbst, dass ich wollte, dass es weitergeht. One of us is lying war super, hat mich überrascht und wirklich begeistert. Daher war die Freude auf One of us is next doch hoch. Aber irgendwie war dieses Buch doch eine Enttäuschung. Es fängt damit an, dass man die erste Hälfte das Gefühl hat, einen seichten Highschool-Roman mit etwas Spannung durch das Spiel zu haben. Es geht um typische Probleme von Schülern, um Sorgen und Ängste, ihre außerschulischen Aktivitäten. Es plätschert so vor sich hin. Als dann (sogar rech früh im Buch) die erste Nachricht zum Spiel kommt, hatte ich große Hoffnung, dass es jetzt losgeht. Aber das tut es nicht. Die Nachricht kommt, die erste Enthüllung kommt, der nächste Spieler wird kontaktiert. Es vergehen Seiten um Seiten und irgendwie nimmt es nicht an Fahrt auf. Immer wieder wird an Simon erinnert, an die bösen Folgen von Gerüchte, aber dann wirkt es wieder über längere Zeit so, als sei das Spiel vergessen. Nebenbei werden zahlreiche Nebenstorys eingebunden, wie zwar für das Ende durchaus eine Rolle spielen, aber die Geschichte auch recht zäh wirken lassen. Generell ist der Spannungsbogen über sehr weite Teile für mich sehr niedrig gewesen. Die Nachforschungen wirken dieses Mal sehr willkürlich (und in meinen Augen ehrlich gesagt auch etwas übertrieben), es gibt einfach zu viele Punkte, die übermäßig gewollt wirken. Das ja eigentlich im Mittelpunkt stehende Wahrheit oder Pflicht Spiel verkommt leider auch als absolutes Nebenbei-Thema. Dies ergibt am Ende zwar durchaus Sinn, weil das Spiel eigentlich nur einem bestimmten Zweck diente, ärgert mich aber als Leser auch irgendwie.

Als es auf das Finale zugeht, konnte ich nur noch den Kopf schütteln. Ja, hier kommt Spannung auf, es wird hektisch. Aber: Es ist eine Verkettung von Zufällen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort-Momenten, eine wahnsinnig übertriebene Idee des Höhepunkts und eine damit einhergehende, etwas komisch anmutende Auflösung. Es ist einfach zu gewollt, für mich zu unstimmig und zu sehr darauf bedacht, ein möglichst großes „OHO“ zu erzeugen, was es bei mir aber nicht geschafft hat. Es war eher ein „Echt jetzt?“. Die mit auf Auflösung einhergehenden Twists waren solide, der eine war für mich recht früh vorhersehbar, der andere hingegen nicht – wirkte dafür aber auch ein wenig lächerlich und wird auch durch das rasche Ende des Buches nicht erklärt. Generell fehlt mir nach hinten hinaus etwas zu wenig die Aufklärung. Wie bei Two can keep a secret bleiben zu viele Fragen noch offen, die Erklärung ist halbgar, leicht übertrieben und irgendwie für ein Jugendbuch, wo es eigentlich um Highschool-Spielchen geht, unpassend.

Ein weiteres Problem, was ich mit diesem Buch hatte: Die unglaubliche Vielzahl an Namen. Ich habe zwar One of us is lying gelesen, dennoch konnte ich mich kaum noch daran erinnern. Die Protagonisten kommen zum Teil wieder vor, es wird erzählt, wie es mit ihnen weiterging. Hierzu kommen die Protagonisten aus One of us is next, zahlreiche Schüler, einige Familienmitglieder, Leute von Arbeitsstätten, Leute aus dem Ort. Das Problem? Alle sind ultimativ austauschbar. Selbst die Protagonisten waren so eindimensional, dass ich oft zum Anfang des Kapitels zurückblättern musste, um zu sehen, wer eigentlich gerade redet. Mehr als einmal habe ich etwa Maeve und Phoebe verwechselt. Es sind zu viele Leute und bei vielen frage ich mich jetzt nach dem Buch, ob man sie überhaupt gebraucht hätte.

Die Autorin konnte mich leider das zweite Mal in Folge nicht überzeugen. Klingt gut ist nicht immer auch tatsächlich gut und manche Geschichten muss man vielleicht auch nicht weitererzählen. Zwar lässt sich das Buch für seine über 400 Seiten wieder recht schnell lesen, inhaltlich ist es aber zäh, fast schon langweilig und das große Finale dafür zu überzogen und gewollt. Die Charaktere des Buches sind platt und können mich nicht fesseln. Ich entscheide mich daher für Wahrheit: Dieses Buch kann man lesen, muss man aber nicht. Für mich bleibt die Autorin ein One-Hit-Wonder. Leider.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.06.2020

ein gelungener Abschluss einer genialen Reihe

Mad about the Medic (Saving Chicago 3)
0

„Wir haben uns an der Kreuzung zwischen Liebe und Hass kennengelernt. Zum Glück haben sich unsere Wege dort noch einmal gekreuzt. Und dieses Mal haben wir uns für den richtigen Weg entschieden.“
(Luca ...

„Wir haben uns an der Kreuzung zwischen Liebe und Hass kennengelernt. Zum Glück haben sich unsere Wege dort noch einmal gekreuzt. Und dieses Mal haben wir uns für den richtigen Weg entschieden.“
(Luca über Lauren in Mad about the medic)

Worum geht’s?

Sie hassen sich. Luca und Lauren pflegen seit ihrer Jugend eine ausgeprägte Hassbeziehung. Er ist ein arroganter Typ, der denkt, die Damenwelt liegt ihm zu Füßen. Sie lässt keine Chance aus, ihm mitzuteilen, was sie von ihm hält. Doch dank der Versteigerung für einen guten Zweck müssen die beiden noch miteinander ausgehen. Und als Luca Lauren da vorschlägt, eine Fake-Verlobung zu spielen, um Mutter Bianco ein gutes Gefühl zu geben, möchte Lauren ihn am liebsten umbringen. Zu ihrer eigenen Überraschung lässt sie sich jedoch darauf ein. Und schon bald müssen sich beide eingestehen, dass es gewaltig brodelt – und beide sich nicht mehr sicher sind, ob es noch Hass ist, was sie verbindet…

Mad about the medic ist Band 3 der Saving Chicago Reihe und schließt die Reihe ab. Für das Buch werden nicht zwingend Vorkenntnisse benötigt, da jeder Teil über ein anderes Paar handelt. Jedoch kommen Handlungen und die Charaktere aus Band 1 und 2 vor. Es empfiehlt sich für das volle Verständnis, die Vorgänger gelesen zu haben.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ziert dieses Mal ein Mann in weißen Tshirt und Jeans. Erneut gibt das Cover wieder keinen Hinweis auf den Beruf des Protagonisten. Die Gestaltung ist sehr zurückhaltend und nichtssagend. Der Schreibstil des Autorenduos ist wieder sehr leichtfüßig, locker und humorvoll. Dieses Mal führen Luca und Lauren als wechselnde Ich-Erzähler durch die Geschichte. Das Buch enthält niveauvolle Sexszenen.

Mein Fazit

Here we go again – der dritte Bianco-Bruder ist dran. Hach, wie sehr habe ich Band 1 und 2 geliebt. Unglaublich humorvoll, mitreißend und einfach nur wunderbar waren bereits Mauro und Cristian Bianco. Jetzt ist das Küken Luca dran. Aus den Vorgängerbänden kennt man den Aufreißer bereits und ich war gespannt, welche Geschichte zwischen ihm und Lauren verborgen liegt.

Endlich hat Luca Lauren überzeugen können, das bereits seit Ewigkeiten ersteigerte Date einzulösen. Und er fährt fett auf: Tickets für die Blackhawks! Er weiß genau, dass er Lauren mit soetwas begeistern kann – genauso wie mit der Schokolade, die sie bereits in der Highschool in Massen verputzt hat. Wenn er sie erstmal etwas um den Finger gewickelt hat, kann er ansetzt und ihr endlich seine geniale Idee präsentieren: Eine Fake-Verlobung! Denn Luca möchte, dass seine kranke Mutter entspannt in den OP kann, in dem Wissen, dass alle ihre Söhne in guten Händen sind. Und bei Lauren muss er sich zumindest keine Sorgen machen, dass sie sich in ihn verliebt – zu groß ist der Hass. Als er Lauren die wiese wahnwitzige Idee präsentiert, ist sie mehr als nur schockiert. Und sagt zu. Wieso? Weiß sie selbst nicht so. Aber jetzt hat sie Luca Bianco und die komplette Familie an der Backe. Nur eine kurze Scharade, denken die beiden. Doch als die OP schiefgeht, wird aus einer Woche plötzlich eine verdammt lange Zeit. Und je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen, desto mehr entdecken sie zwischen all den Spannungen ein Kribbeln, was sie nicht leugnen können. Aber Feuer und Öl zusammen? Das kann doch nicht gutgehen, oder?

Wie Luca es für eine gute Idee halten konnte, ausgerechnet Lauren zu fragen, ob sie mit ihm eine Fake-Verlobung durchziehen würde? Nun, das ist eine gute Frage. Ist es, weil seine schwerkranke Mutter Lauren schon immer mochte? Ist es, weil die beiden seit einiger Ewigkeit zwischen Hass und Ehrgeiz einen Kampf führen, der immer wieder in explosiven Wortgefechten endet? Oder ist es vielleicht, weil hinter all den angeblichen „ich kann dich nicht ab“ viel mehr verborgen liegt, als man glauben mag? Richtigerweise ist es vermutlich eine Mischung aus allem. Eins steht aber fest: Luca und Lauren sind die perfekte Hassliebe und eine extrem explosive Mischung! Und das macht dieses Buch so unglaublich lesenswert. Ich finde es toll, wie jeder Bruder seine eigene Geschichte bekommt und sich die Ideen der Geschichten unterscheiden. Hier geht es um eine seit der Highschool bestehende Antipathie der beiden Protagonisten. So glaubt man zumindest. Denn bereits schnell merkt man: Oh weh, was sich neckt, das liebt sich! Die beiden lassen keine Möglichkeit aus, sich böse Sachen an den Kopf zu werfen und ich stand wie ein Cheerleader am Rand, um sie weiter anzufeuern. Doch je mehr die Geschichte in Fahrt kommt und je mehr man erfährt, wieso Lauren so ist, wie sie ist und auf welcher Grundlage ihre Abneigung eigentlich besteht – umso mehr wünscht man sich, dass die beiden erkennen, dass zwischen all dem angeblichen Hass nichts als grenzenlose Liebe und vor allem Angst liegt, verletzt zu werden. Ein wenig haben mir die lebhaften Auseinandersetzungen der Brüder untereinander gefehlt, generell wirkt Mad about the medic ernster und konzentrierter als die beiden Vorgänger. Auch klassische Mädelsabende gibt es nicht mehr, immerhin sind Vanessa und Maddie ausgezogen. Da füreinander sind dennoch alle weiterhin. Und das ist einfach schön anzusehen.

Dadurch, dass Luca und Lauren sich bereits seit der Highschool kennen (und hassen), geht es hier bei diesem Buch natürlich nicht darum, dass sich zwei Charaktere erst kennenlernen müssen. Wobei doch, ein Stück weit müssen sie das, nämlich die jeweils echte Variante. Beide haben Vorurteile übereinander, wobei vor allem Lauren ordentlich gegen Luca und seinen Frauenverschleiß austeilt. Was da wirklich hinterliegt, wieso er Bindungsangst hat und was der Stein des ganzen Übels ist, wird Lauren sehr überraschen. Doch auch Luca enthält Einblicke in Laurens Gedankenwelt, die vor allem dadurch geprägt ist, sich selbst schlechter zu machen als sie ist, weil sie denkt, dass Ehrgeiz unattraktiv ist. Es gibt einige thematisch passenden Szenen hierzu, die mir wirklich wehtaten, weil Lauren so viel Besseres verdient hat. Aber ein Glück steht ja Luca bereit! Die beiden zusammen, ihre Entwicklung, ihre Streitereien, Lucas wahnwitzige Ideen, Laurens trockene Art ihn in die Schranken zu weisen, alles zusammen ist eine klasse Mischung. Das einzige, was ich mir noch etwas gewünscht hätte, wären mehr Einblicke in die Vergangenheit, da die Highschool-Zeit und die Vorkommnisse hier viel auf die Beziehung der beiden eingewirkt haben.

Natürlich sind auch die anderen Verrückten wieder dabei. Maddie, Vanessa, Mauro und Cristian sorgen für einige kluge, einige nicht so kluge Ratschläge, für einige Störungen und vielleicht auch für einige Irrungen und Wirrungen. Seit Anfang an sie sind recht präsent – immerhin kommt die Verlobung der beiden Erzfeinde sehr überraschend. Da in diesem Teil die kranke Mutter Bianco aber auch eine sehr große Rolle spielt, geht es generell viel um Familie und Zusammenhalt. Es ist schön zu sehen, wie sich die Beziehungen der Vorgänger weiterentwickelt haben. In diesem Buch geht es aber auch um Laurens Familie, die man kennenlernt und die erschreckenderweise so ganz anders ist als Lauren. Es hat mir regelrecht Bauchschmerzen bereitet, wie sie mit Lauren und ihren Vorstellungen der Rolle einer Frau umgehen. Lauren ist zielstrebig und ehrgeizig und das mag ihre Familie offenbar nur bedingt. Doch auch hier liegt einiges an Entwicklung im Raum.

Die Thematik, dass Luca Sanitäter ist, spielt in dem Buch sogut wie gar keine Rolle. Lauren, die ebenfalls in einem Gesundheitsberuf tätig ist, zieht ihn hin und wieder auf und gelegentlich wird der Schichtdienst erwähnt, ansonsten spielt es nur für ein wenig Drama am Ende eine Rolle. Hat mich nicht unbedingt gestört, war ja bei Crushing on the cop auch mehr so. Generell ist es so, dass nach Flirting with fire der Fokus eher auf dem Privatleben liegt, als tiefe Einblicke in die Berufswelt zu geben. Etwas schade ist es dennoch, da der Aufhänger ja eigentlich die Berufe der Jungs sind.

Anders als in Band 1 und 2 empfand ich diesen Teil als recht sexarm. Ich will mich nicht darüber beklagen, da für mich Intimszenen nicht zwingend nötig sind. Ich fand es jedoch sehr interessant, da gerade diese gewaltige Kraft zwischen Luca und Lauren für mich ein Garant dafür war, dass es hier heiß hergehen wird. Tatsächlich wird sich in meinen Augen aber mehr darauf verlagert, wie die beiden zusammen funktionieren und Einfluss aufeinander nehmen. Die Sexszenen sind daher rar eingebaut und werden teilweise sogar nur erwähnt. Es geht um viel mehr, um Charakterentwicklung, das Erkennen von der Wichtigkeit einer Person an der Seite. Wenn man aber zB auf Band 1 guckt, hatte man das Gefühl, hier wurde die Hälfte des Buches nur auf Sex Bezug genommen. Wir haben uns also stark weiterentwickelt und das überrascht und begeistert mich.

Mad about the medic steht seinen Brüder in nichts nach! Auch Band 3 der Saving Chicago Reihe sit wieder ein unterhaltsames Highlight und überzeugt als geniales Buch für Zwischendurch. Die von Feinden zu Freunden zu Liebenden-Geschichte um Lauren und Luca sorgt für einige entzückende Aws, einige entsetzte Ohs und jede Menge begeisterte Hachs. Ein würdiger, fantastischer Abschluss einer wunderbaren Reihe, auch wenn dieses Mal der Beruf von Luca eher im Hintergrund der Geschichte stand. Lauren und Luca haben es definitiv gerockt! Und ich werde diese Truppe so sehr vermissen. Geniale Buchreihe.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.06.2020

bedrückende Geschichte mit realen Einblicken

Meat Market – Schöner Schein
0

„Es war eher ein Von-der-Realität-in-eine-Fantasiewelt-Märchen. Und… der Zauber hält nur bis Mitternacht.“
(Jana in Meat Market)

Worum geht’s?

Sie wollte nie ein Model werden. Doch eines Tages passiert ...

„Es war eher ein Von-der-Realität-in-eine-Fantasiewelt-Märchen. Und… der Zauber hält nur bis Mitternacht.“
(Jana in Meat Market)

Worum geht’s?

Sie wollte nie ein Model werden. Doch eines Tages passiert es einfach so. Die 16-jährige Jana wird in einem Freizeitpark von einem Modelscout angesprochen. In der Schule für ihre Größe und ihr Aussehen regelmäßig gemobbt, ist es genau das, was ihr jetzt den Erfolg bescheren soll. Nicht wirklich davon überzeugt entscheidet sich Jana dennoch, das Abenteuer zu wagen. Und für sie geht es steil bergauf, schon schnell läuft sie auf den Top-Laufstegen und hat große Kampagnen. Auch im Bankkonto füllt sich immer mehr. Nach und nach muss sie aber auch die Schattenseiten der Branche kennenlernen und fängt an, in einen Strudel zu geraten, der sie zu verschlingen droht. Denn wer einmal Blut geleckt hat, der steigt nicht einfach aus. Auch wenn man langsam kaputt geht…

Meat Market ist ein Einzelband und in sich geschlossen.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist in kühlen, leicht verwaschenen Farben gehalten und zeigt das Gesicht eines Mädchens, ähnlich wie die Fotos auf den Model-Sedcards. Der Schriftzug mit Glitzerfolie zeigt den Kontrast zu der glamourösen Glitzerwelt, in die sich Jana begibt, die aber mehr als Trist scheint, wenn man erst einmal hinter die Kulissen guckt. Das Cover ist dezent, aber stimmig und erregt Aufmerksamkeit.

Das Buch wird durch Jana in der Ich-Perspektive erzählt. Es ist so aufgebaut, dass Jana ein Videointerview gibt, wo sie dann chronologisch von ihren ersten Schritten und Erlebnissen in der Modewelt berichtet. Zwischendurch werden Sequenzen mit dem Interviewer abgedruckt, die nach und nach zeigen, wie sich alles von Abenteuer in Alptraum gewandelt hat. Zudem werden gelegentlich Chatverläufe abgedruckt und Artikel aus Online-Medien. Der Schreibstil ist verhältnismäßig nüchtern, es wirkt beinahe lustlos und wird im Laufe des Buches immer teilnahmsloser, was zur Geschichte passt. Das Buch enthält viele Kraftausdrücke, teils explizite Inhalte und verfügt zudem über eine Triggerwarnung.

Mein Fazit

Meat Market befasst sich mit einer solchen Thematik, womit es meiner Meinung nach mehr Bücher beschäftigen sollten: Ein ungeschönter Einblick in eine stark idealisierte Welt, die durch TV-Formate und die Scheinwelt von Social Media für junge Mädchen unglaublich erstrebenswert dargestellt wird. Meine Erwartungen an das Buch und die Vorfreude, es zu lesen, waren entsprechend auch sehr hoch.

In dem Buch wird die 16-jährige Jana Novak begleitet, die durch Zufall auf einem Schulausflug in einen Freizeitpark von einem Modelagenten angesprochen und dann recht schnell in einer großen, renommierten Agentur untergebracht wird. Jana hatte nie Ambitionen, in das Modelbusiness zu gehen, obwohl sie die Grundvoraussetzungen mitbringt: Sie ist unglaublich groß, hat ein ungewöhnliches Gesicht und eine gewisse Ausstrahlung. In der Schule wird sie hierfür eher gemobbt und als Transe betitelt. Doch man prophezeit ihr gigantische Erfolge – und so kommt es auch. Während sie ihre ersten tapsigen Schritte in der Modewelt macht (und lernen muss, auf High Heels zu laufen), überschlagen sich bereits die begeisterten Stimmen und für Jana geht es sehr schnell sehr weit nach oben. Während sie anfangs noch neben der Schule modelt, muss sie bald schon erkennen, wie schwer die Balance ist. Ein Shooting hier, ein Fitting da, ein Casting hier. Und je erfolgreicher sie wird, desto stressiger wird ihr Alltag. Mehr und mehr kommt sie an ihre Grenzen und fängt an, alternative Wege zu finden, um zur Ruhe zu kommen. Mehr und mehr verliert sich das junge Model in einer Welt aus Schein, Partys, Drogen, Einsamkeit – und wird mehr als einmal Opfer von respektlosem und übergriffigem Verhalten. Wer hoch fliegt, kann tief fallen…

Licht und Schatten liegen nah beieinander. So ist es nicht nur in diesem Buch, sondern so betrifft es auch dieses Buch. Es ist ein beeindruckendes und auch sehr bedrückendes Buch, welches sehr viele Thematiken und Klischees abdeckt, welches mit Hoffnung und Verzweiflung spielt und zugleich auch an einigen Stellen warnend den Zeigefinger hebt. Es ist in meinen Augen ein anspruchsvolles Buch, welches definitiv eher für ältere Jugendliche und junge Erwachsene zu empfehlen ist. Neben den Inhalten, die teils neben Partys auch Substanzenmissbrauch und sexuelle Distanzlosigkeit ansprechen, ist vor allem die Entwicklung hierbei eine, die sehr nuanciert erfolgt. Es geht nicht darum, dass die blutjunge, unerfahrene Jana sich in den Käfig der bösen Bestien begibt. Es ist aber auch keine Cinderellastory von dem jungen Mädchen, was über Nacht vom gefragten Topmodel wird und von nun an nur noch in 5-Sterne-Hotels nächtigt. Nein, Meat Market beleuchtet das komplexe Problem von Erwartungen, Hoffnungen und Machtstrukturen in einer Welt, die zwischen Schein und Sein, zwischen Wahn und Wahnsinn pendelt. Es geht um die Schnelllebigkeit der Modewelt, um die Strapazen eines Models, um fehlende Unterstützung durch Agenturen und ein offenkundig von allen Seiten still geduldetes Fehlverhalten verschiedener Akteure – alles, was durch Geld und noch mehr Geld wieder gutgemacht wird. Dabei schlägt Meat Market aber nicht nur in die Kerbe der bösen, gemeinen Modewelt, sondern beleuchtet eben auch die guten Seiten, die so sehr blenden, dass Jana schwer mit sich hadert, aus diesem Teufelskreis auszusteigen.

Denn genau da liegt das Problem. Jana fängt unerfahren an und sammelt nach und nach Erfahrungen, läuft für immer bekanntere Designer in den Shows, macht riesige Kampagnen und ziert Magazincover. Mal übernachtet sie hierbei in Luxushotels und steht dafür stundenlang in der Wüste, bis sie in jeder Pore des Körpers Sand hat. Mal schläft sie hierfür in schimmeligen Modelappartments, zusammengepfercht mit anderen Models, und muss stundenlang auf kaltem Boden warten, bis sie kurz für ein Casting vorlaufen darf. Dann führt der Weg zu einer aufwendigen Party mit viel Alkohol und dem Who is Who der Branche, während am nächsten Tag von Jana im Backstagebereich Fotos mit blanker Brust gemacht werden, während sie sich umzieht. Meat Market beleuchtet, wie schmal der Grat zwischen der schöne, glitzernden Welt und der schmutzigen, zerstörerischen Welt liegt. Auf ihrem Weg trifft sie Models, die Drogen zu sich nehmen, als wären es Smarties. Jana selbst entdeckt die Vorteile von bestimmten Medikamenten. Sie wird mit Essstörungen konfrontiert, mit dem Druck der Agentur, abzunehmen. Sie erlebt Designer, die sie unerlaubt anfassen, Grenzen überschreiten und mit der Argumentation „so ist diese Welt nun einmal“ abtun. Sie sieht, wie sehr die Agentur ihr hilft, wenn es um viel Kohle geht – und wie wenig, wenn es um Janas Würde geht. Meat Market ist harter Tobak und funktioniert vor allem auch auf der Ebene, dass der Leser weiß, dass diese Scheinwelt implodieren wird und Jana sich Stück für Stück auf den Abgrund zubewegt, was sie selbst nicht merkt (und ihr Umfeld auch nur bedingt erkennt). Zu hoch sind die Gagen, zu aufregend der Lifestyle, zu leer der Magen und zu anstrengend der Alltag. Natürlich ist Meat Market in vielen Punkten sicher als überspitzt und sehr konzentriert anzusehen, da Jana wirklich alles miterlebt, was man jemals über die Modewelt gehört hat (und ich ein wenig anzweifle, dass so viel auf einmal zusammenkommt und es wirklich überall gleichermaßen so zugeht), dennoch empfinde ich das Buch als realistisches Porträt einer vollkommen geschönten Traumwelt von jungen Mädchen. Hier und da hätte ich mir mehr Tiefe und vielleicht auch Aufklärung gewünscht, da sicher einige Themen auch als erstrebenswert angesehen werden können und das Buch somit ungewollt zur Anleitung werden könnte.

Zu den Charakteren muss ich sagen, dass im Buch wahnsinnig viele Leute vorkommen. Neben Jana, ihrer Familien und ihrem Freundeskreis ist da Janas Schulumfeld und ihre Agentur, weitere Models sowohl aus der Agentur als auch bei den Jobs, sind da auch noch Fotografen, Designer, Mitarbeiter und andere Leute aus der Modebranche. Fast alle Personen sind jedoch nur kurz eingeführt, werden in den meisten Fällen nicht groß beleuchtet und sind daher eher Statisten. Lediglich Janas Freunde und ihre Agentur sowie einige bestimmte Models kriegen mehr Aufmerksamkeit, wobei ich hier stets das Gefühl hatte, die Leute alle nicht kennengelernt zu haben. Sie sind alle sehr eindimensional und ich habe keine Verbindung zu ihnen. Lediglich Jana lernt man besser kennen. Ob man sie sympathisch findet, muss wohl jeder Leser für sich entscheiden. Ich bin mit ihr nie so wirklich warm geworden. Ihre Art war anstrengend, sie war immer sehr darauf bedacht, zu vermitteln, dass sie an dem ganzen Zirkus nur bedingt interessiert ist und sie ja kein klassisches Model sei. Oft ist es auch so, dass sie sich regelrecht über die Industrie, die Anforderungen und das Drumherum lustig macht oder mit ihrer „mir ist das alles egal“-Art zeigt, dass die Modewelt ihr egal ist, was sie teilweise nicht unbedingt glaubwürdig gemacht hat. Denn man merkt schon, dass sie sich zwar gegen die Industrie etwas wehrt, das Ganze sie aber auch reizt. Außerdem ist Jana ein sehr verurteilender und vorurteilsbehafteter Charakter, was immer wieder zum Vorschein kommt und mich doch arg genervt hat.

Der letzte Teil des Buches beleuchtet ein sehr aktuelles Thema, was in vielen Bereichen immer wieder zur Sprache kommt. Mir hat die Idee dahinter sehr gefallen, da es um Mut und Glaubwürdigkeit geht. Es geht darum, festgefahrene – und geduldete – Strukturen aufzubrechen und zu sensibilisieren. Ich hatte mit einer derartigen Hauptthematik als Schlusspunkt des Buches nicht gerechnet, die Entwicklung hat mir aber gut gefallen. Allerdings hatte ich am Ende das Gefühl, die Autorin wollte nach einem doch recht deprimierenden Buch den Leser mit einem guten Gefühl entlassen. Das steht ein wenig im Kontrast zu den Geschehnissen, da es etwas zu geschönt, zu einfach und zu idealistisch daherkommt, aber die Botschaft dahinter ist klar und gefällt mir gut.

Was mir allerdings gar nicht gefallen hat – und normalerweise bin ich niemand, der so etwas in Rezensionen außerhalb des Schreibstils anspricht – war die sprachliche Gestaltung des Buches. Neben einem lustlos wirkenden Schreibstil (den konnte man noch mit Janas Art erklären), bringt dieses Buch eine enorme Bandbreite an expliziter Sprache mit. Jana und ihre Freunde beleidigen sich regelrecht permanent (in wohl liebevoller Art), Jana verurteilt Models und andere Leute regelmäßig in ihren Gedanken auf beleidigende Art. Es war unfassbar anstrengend, dass es andauernd nur beleidigende, vulgäre und befremdliche Kosenamen gab. Ich weiß nicht, ob die Autorin versucht hat, besonders cool und jugendlich wirken zu wollen, aber wow, das war echt viel zu viel und viel zu unpassend. Die Sympathiepunkte von Jana sind so schon von Anfang an im Keller gewesen. Ich würde gern auszugsweise die Worte hier anführen, jedoch wäre diese Rezension dann umgehend auf allen Seiten gesperrt. Sprachlich ist dieses Buch daher für mich schon eine ziemliche Katastrophe.

Meat Market ist ein Stück weit eine Abrechnung mit dem Idealbild der Arbeit als Model. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Der vielseitige Einblick auf Licht und Schatten, auf Hoffnung und Enttäuschung ist gut gelungen. Mit einer recht anstrengenden Protagonistin und vor allem einem gewöhnungsbedürftigen Schreibstil voller teils vulgärer Kraftausdrücke ist das Buch kein angenehmer Lesespaß, es lohnt sich aber auf jeden Fall, am Ball zu bleiben und das Buch zu lesen. Das Ende war für mich etwas zu einfach und geschönt, die Botschaft dahinter hat mir aber gut gefallen. Somit kann ich Meat Market empfehlen, rate aber dazu, etwas Nerven mitzubringen.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.06.2020

platt und mit viel verschenktem Potenzial

Lips Don't Lie
0

„Genau in dieser Minute habe ich zwei Wege betreten – und ich darf nicht zulassen, dass sie sich kreuzen. Die Kollision würde tödlich enden.“
(Tristan in Lips don‘t lie)

Worum geht’s?

Tristan ist hohes ...

„Genau in dieser Minute habe ich zwei Wege betreten – und ich darf nicht zulassen, dass sie sich kreuzen. Die Kollision würde tödlich enden.“
(Tristan in Lips don‘t lie)

Worum geht’s?

Tristan ist hohes Mitglied in einer Gang, die in der ganzen Stadt bekannt ist und für Angst und Schrecken sorgt. Sein Vater war einer der Gründer und so ist er von Anfang an regelrecht als Erbe in der Gang gefangen. Zwischen Gewalt, Blut und Perspektivlosigkeit fragt sich Tristan immer wieder, wie es soweit kommen konnte. Doch aussteigen? Das ist keine Option. Bis Riley kommt. Das Mädchen ist anders als die bisherigen Mädchen in Millers, sie ist furchtlos, frech und fordert Tristan heraus. Sie ahnt nicht, dass Tristan dunkle Geheimnisse hat, die tödlich sein können. Welche Seite gewinnt in diesem ungleichen Duell zwischen Liebe und Gewalt?

Lips don’t lie ist ein Einzelband und in sich geschlossen.


Schreibstil / Gestaltung

Die Covergestaltung erfolgt in zahlreichen Lila-, Rosa-, Rot- und Gelbtönen. Es wirkt wie eine Explosion oder ein verlaufener Blutfleck auf Asphalt. Die geprägte Schrift des Titels ist mit feinen Sprenkeln versehen, die ebenfalls an Blut erinnern. Die Gestaltung ist insgesamt mysteriös und gibt keine Hinweise auf den Inhalt. Das Buch wird durch Riley und Tristan in der Ich-Perspektive erzählt, die Perspektive wechselt mit den Kapiteln. Die Geschichte verläuft linear, am Ende gibt es Zeitsprünge. Der Schreibstil ist recht nüchtern und wird von vielen kurzen Sätzen dominiert. Dies passt gut zum Inhalt der Geschichte. Sprachlich ist das Buch für Jugendliche und (junge) Erwachsene angemessen. Das Buch enthält keine erotischen Inhalte, jedoch einige Kraftausdrücke und Schilderung sensibler Inhalte.

Mein Fazit

Badboys in Büchern sind mein Guilty Pleasure. Ich liebe sie. Meistens entpuppen sie sich aber als kleine Blendgranaten und vollkommen falsch verstanden, eigentlich sind sie zuckersüße Good Guys. Daher war ich sehr interessiert, wie es hier bei Lips don’t lie sein wird, denn immerhin ist die Protagonist Tristan als hohes Gangmitglied ausnahmsweise mal wirklich ein Bad Boy. Die Gangthematik kommt in Büchern auch recht selten vor, allerdings hatte ich Sorgen wegen des Klassikers „gutes Mädchen will bösen Jungen retten“. Doch hier? Hier war am Ende dann alles anders, als erwartet.

Tristans Vater hat einst als Mitbegründer die Gang FiftySeven ins Leben gerufen, mittlerweile ist er tot. Gestorben im Gefängnis, wo er seine Strafe für die Verbrechen der Gang absaß. Tristan, in einem schwierigen Alter, wird von Dub aufgenommen – dem neuen Gangleader. Wie ein kleiner Bruder nutzt Dub Tristan wie eine rechte Hand. Eines Tages wird er die Gang übernehmen, das ist keine Frage. Jahre später, mit 17, kümmert sich Tristan immer noch um alles, was Dub von ihm will. Drogen, Sachen verschwinden lassen, Autos klauen. Er ist in einer Spirale gefangen, aus die er nur rauskommt, wenn er tot ist – was angesichts der Tätigkeiten nicht lange auf sich warten lassen könnte. Tief drinnen hat Tristan Ambitionen, aus diesem Elend zu entkommen. Nur wie? Als dann die neue Mitschülerin Riley an die Schule und ins Viertel kommt, weiß Tristan, dass er sie beschützen muss. Sie gehört hier nicht hin und sie hat noch eine Zukunft. Doch je mehr Tristan Riley wegstößt, desto interessiert wird sie an ihm. Sie kann nicht ahnen, was Tristan außerhalb von Schule und Basketballplatz treibt. Und dann nimmt das Schicksal seinen Lauf…

Ich bin etwas ratlos, jetzt wo ich mit dem Buch durch bin. Die Vorfreude war groß, die Erwartungen hoch und der Klappentext klang super. Leider wurde hier aber nur bedingt abgeliefert. Im Grunde genommen gibt es drei Handlungsstränge des Buches: Tristans Gangleben, Rileys Basketballliebe und die Liebesgeschichte der beiden. Leider ist es so, dass ich das Gefühl hatte, die Autorin wusste nicht so ganz, worauf sie sich konzentrieren möchte und wie sie die Plots verbinden möchte. Zwar sind vor allem Basketball und Liebe eng miteinander verknüpft, zugleich wirkt es aber auch recht willkürlich eingeflochten. Basketball wird als Einfallstour dafür verwendet, wie Tristan und Riley sich kennenlernen und näherkommen. Das war zumindest die Idee. Denn im Grunde genommen stößt Tristian Riley von Anfang an weg. Er weiß, dass sie in dieser Gegend Probleme kriegen wird. Sie ist zu gut für diese Ecke. Riley glaubt da nicht dran, immerhin hat sie schon an anderen schlechten Orten gelebt. Und so entsteht in der ersten Hälfte des Buches ein Hin und Her zwischen den beiden, was mir schnell auf den Keks ging. Riley ist so besessen darauf, Basketball mit den Jungs des Viertels zu spielen, obwohl diese sie ignorieren und Tristan sie warnt. Basketball hier, Basketball da, Basketball überall. Man braucht langen Atem und jede Menge Kraft, um die erste Hälfte zu überstehen. Es ist so wenig Handlung hier gegeben, dass ich schnell frustriert war. Es geht wirklich nur um Basketball mit gelegentlichen Gedankenausflügen von Tristan zum Gangleben. Hier und da kommt noch bisschen Schulthema, ein wenig Gangster-Leben (oder die angedeutete Version davon, denn es wird wirklich stets nur angerissen, was die Gang macht und man braucht extrem viel Fantasie, sich einiges zusammenzureimen) und vor allem eins: Wenig Gefühl.

Die zweite Hälfte liefert dann schon etwas mehr, bleibt aber auch stark hinter den Erwartungen hinterher. Hier wird dann wild durcheinandergewürfelt viel hingeworfen, was zeigt, wie gefährlich die Gang ist. Der verschwundene beste Freund von Tristan, die Thematik um Rileys verschwundene Mutter - angerissen, aus dem Nichts präsentiert und irgendwie nicht wirklich erklärt beendet. Ich hatte so viele Fragezeichen über die Entwicklungen, dass ich verwirrt war. Es gibt keine bis kaum Erklärungen, was passiert ist. Auf jeden Fall beeinflusst es Tristan. Und auch hier wird es mau: Obwohl er aus seiner Perspektive erzählt, wird für mich sein finaler Sinneswandel nicht klar. Es geht alles so schnell und zack, ist das Buch vorbei. Wenn man bedenkt, wie viele Seiten für Basketball verschwendet wurden (wirklich unnötig mit langen Spielzügen, analytischen Vorgehen, Trainingsbeschreibung etc), ist es enttäuschend, dass gerade diese wirklich gewaltigen Szenen so fix abgehandelt wurden. Ich muss auch zugeben, dass mir am Ende gar nicht wirklich klar war, was Tristan da jetzt ausgemacht hat. Aber sei es drum. Das Buch bleibt an so vielen Stellen Erklärungen schuldig, dass dies jetzt den Kohl auch nicht mehr fett gemacht hat. Das Ende wirkt entsprechend einfach nur zu idealistisch und krampfhaft konstruiert. Zwar gefällt mir, dass die Autorin Tristan keinen leichten Weg gegeben hat, aber wo sind die Erklärungen, die Auswirkungen und die Gedanken? Nicht vorhanden.

Eigentlich ist der einzige Lichtblick des ganzen Buches die kurzen Phasen, in denen Tristan über das Gangleben nachdenkt und sich fragt, was er will. Es ist eine Mischung aus vorgegebenem Schicksal, Hoffnungslosigkeit, Perspektivlosigkeit und dennoch einem Funken Hoffnung, für sich selbst eine bessere Zukunft finden zu können. Seine innere Reflexion ist gut gelungen und hat mich oftmals berührt. Der Druck, zu tun, was seine Bestimmung ist – die er seinem Vater zu verdanken hat – aber zugleich der Wille, aus diesem Strudel auszubrechen. Es ist nicht leicht, denn Tristan weiß, dass er dies höchstwahrscheinlich mit seinem Leben bezahlen würde. Dennoch gibt es immer wieder kleine Lichtblicke, etwa wenn er das Gespräch mit der Studienberaterin sucht, wo er sich selbst fertigmacht – aber sich dennoch einen Hoffnungsschimmer gewährt. Genau das ist, was ich gern mehr gehabt hätte. Es wäre eine so starke Geschichte gewesen, wenn man sich mehr auf die Gangthematik konzentriert hätte. Was geht da vor sich, wie funktionieren die Strukturen, wieso traut sich niemand zu gehen, wieso sind sie alle so hilflos? Hiervon gab es zu wenig. Basketball war halt einfach wichtiger für die Autorin. So wurde das Potenzial für eine aufklärende und schockierende Geschichte verschenkt.

In meinen Augen absolut überflüssig war die Handlung um Riley als Love Interest für Tristan. Bereits von Anfang an mangelt es an der Nachvollziehbarkeit, wieso beide Interesse aneinander finden. Tristan macht im Laufe des Buches einiges für Riley, was irgendwie zu gewollt wirkt. Die Dynamik der beiden ist ganz komisch, oftmals beschränkt sich ihr Verhalten auf Streit oder sportlichen Ehrgeiz. Riley ist so besessen darauf, allen zu zeigen, dass sie kein normales Mädchen ist, dass sie Tristan andauernd provoziert. Wieso sich hier am Ende ineinander verliebt wird, wird nicht greifbar gemacht. Die beiden haben zu wenige Szenen, die als emotional bezeichnet werden können, sodass eine Beziehungsentwicklung eben nicht klar gemacht wird. Es ist einfach so, Punkt. Auch, dass Tristan nach wenigen Tagen sein Leben für Riley ändern will, war in der Hinsicht mehr als absurd. Riley und Tristan funktionieren vielleicht als Freunde, aber nicht als Liebespaar. Sie haben für mich diesen Sprung auch nie gemacht. Das führte vor allem bei den letzten Szenen des Buches für mich zu noch mehr Unverständnis und ein Stück weit Idealisierung einer konfliktbelasteten Beziehung.

Die Charaktere sind alle insgesamt recht platt und eindimensional, lediglich Tristan hat den Hauch einer Tiefe. Der Spagat zwischen Gangleben, Familienleben und Schulleben gelingt ihm nicht immer, er ist ein Denker, wird aber zugleich durch die Erwartungen der anderen gezwungen, Dinge zu tun, hinter denen er nicht wirklich steht. Er hinterfragt oft sein Handeln und seine Stellung in der Gang, ist gleichzeitig aber so perspektivlos, dass er sich eingesteht, dass er eh keine Wahl hat. Tristan war zumindest noch bedingt sympathisch und hat ein wenig Reflexion gezeigt. Riley hingegen hat mich von Anfang an in den Wahnsinn getrieben. Ihre Art, stets Konfrontation zu suchen, nicht auf gutgemeinte Ratschläge zu hören und alles besser zu wissen, war durchweg anstrengend. Auch einige ihrer Handlungen, etwa das Abrasieren der Haare, um bei den Jungs dazuzugehören, wirkten mehr verzweifelt und verrückt als cool und selbstbewusst. Sie ist so krampfhaft dabei, es allen zu beweisen, dass sie bei mir keine Sympathien sammeln konnte. Sie drängt sich jedem auf, betitelte Leute nach Minuten als Freunde, wirkt flatterhaft und handelt unüberlegt. Dieses Cool Girl Gehabe war künstlich, aufgesetzt und hat die Story mehr als einmal topediert. Weitere Charaktere sind klischeehafte Gestalten der Gangszene und der Schulszene. Sie sind eigentlich alle auswechselbar und spielen nur bedingt eine Rolle für die Geschichte. Insbesondere der Gangleader wird nahezu stereotypisch aufgebaut. Es war nicht schlimm, dass alle nur wie Statisten dabeistanden, allerdings hätte man auch hier sicher mehr daraus machen können.

Am Ende bleibt Lips don’t lie für mich ein Buch, was großes Potenzial mitgebracht hat, sich aber mit seiner Unsicherheit in der Ausrichtung irgendwie verrannt hat und daher eher plätschert als knallt. Die nicht greifbare Liebesgeschichte, eine für mich eher nervige Riley und das oberflächlich angekratzte Gangthema mit einem etwas zu schnellem Ende sind eine nicht ausgewogene Mischung, die zu etwas Frust geführt haben. Es war, als hätte die Autorin sich schlichtweg nicht getraut, voll aufzufahren. Die erste Hälfte hat zu viele Längen, die zweite Hälfte gute Themen, aber zu wenig Tiefe. Das Buch hätte ein starkes Drama um Tristan und das Gangleben werden können. Ist es aber nicht, weil der Fokus zu sehr herumschwirrt und eine Liebesgeschichte aufgetischt wird, die so banal und platt ist wie ein überfahrener Basketball. Kann man lesen, man sollte dann aber nicht zu große Erwartungen haben.


[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere