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Veröffentlicht am 19.05.2020

eine wunderschöne, authentische Geschichte

Your Smile - Wie ein Strahlen in der Dunkelheit
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„Denn selbst wenn mein Herz realisiert hat, dass es gebrochen ist, beginnt es höherzuschlagen, sobald ich an meinen Retter denke.“

(Riley über JJ in Your Smile)


Worum geht’s?

Für ihre große Liebe lässt ...

„Denn selbst wenn mein Herz realisiert hat, dass es gebrochen ist, beginnt es höherzuschlagen, sobald ich an meinen Retter denke.“

(Riley über JJ in Your Smile)


Worum geht’s?

Für ihre große Liebe lässt Riley alles in den USA zurück. Kaum angekommen, muss Riley allerdings feststellen, dass ihr Freund Nate ein falsches Spiel mit ihr getrieben hat und so steht sie nicht nur vor einer verschlossenen Tür, sondern kann auch Nate nicht erreichen. Gestrandet in einer fremden Stadt, ohne Unterkunft und mit leerem Handyakku muss sie feststellen, dass sie dem falschen Mann vertraut hat. Als der Koreaner Jae-Joon, genannt JJ, auftaucht und die durchgefrorene junge Frau entdeckt, gewährt er ihr ohne zu zögern Unterschlumpf. Beide ahnen nicht, dass diese Begegnung ihre Leben gehörig durcheinanderwirbeln und ihre Herzen auf so manche Probe stellen wird…

Your Smile ist ein Einzelband und in sich geschlossen.


Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist in schönen Blau- und Lilatönen gehalten und wirkt gleichzeitig verspiel und verträumt. Es ist ein zurückhaltender Hingucker, der trotzdem die Aufmerksamkeit auf sich zieht und sehr zeitgemäß daherkommt. Gleichzeitig gibt es keine Hinweise auf den Inhalt, lässt aber das Genre erahnen. Die Erzählweise des Buches erfolgt linear, es gibt einige kleinere und größere Zeitsprünge, die entweder entsprechend betitelt sind oder sich aus dem Kontext ergeben. Sowohl Riley als auch JJ führen in der Ich-Perspektive als Erzähler durch das Buch, teilweise wechselt die Perspektive im Kapitel. Durch entsprechende Überschriften wird aber deutlich gemacht, wer erzählt. Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm und locker, das Buch lässt sich auch über längere Zeit ohne Anstrengung lesen. Es ist sprachlich für (junge) Erwachsene passend. Es werden auch zahlreiche koreanische Wörter eingebaut. Es gibt einige Intimszenen, die etwas umfangreicher, aber stets sehr niveauvoll sind.


Mein Fazit

Ich weiß nicht, welcher Aspekt es genau war, der meine Aufmerksamkeit auf das Buch lenkte. Vielleicht war es zuerst das schöne Cover, vielleicht das Setting in Korea oder vielleicht auch die Idee mit JJ als Rising Star – auf jeden Fall hatte ich das Buch bereits einige Zeit im Auge. Von der Autorin habe ich noch nie etwas gelesen und Südkorea als Ort des Geschehens kam mir bisher in meinen Büchern auch nicht nicht unter, weshalb es im doppelten Sinne Neuland für mich war. Und ich bin einfach unglaublich froh darüber, es gewagt zu haben – denn Your Smile hat mich aus den Socken gehauen.

Normalerweise heißt es: Wenn eine Tür sich schließt, geht irgendwo eine andere auf. Für Riley dürfte wohl eher die Maßgabe „Wenn sich eine Tür nicht öffnet, geht vielleicht irgendwo eine noch bessere auf“ zutreffen. Sie hat alles zurückgelassen, um zu Nate zu ziehen. Nate, der Mann, mit dem sie seit fünf Jahren zusammen ist und der vor zwei Jahren beruflich nach Seoul zog, der Mann, den sie liebt und für den sie bereit ist, zu gehen. Denn zuhause, in den USA, hat sie nicht nur Familie und Freunde, sondern auch einen gutbezahlten Job als Fotografin – einer Passion, in der sie unglaublich gut ist. Doch in Korea angekommen, kippt die Stimmung schnell. Denn Nate kann sie berufsbedingt nicht abholen und sie kommt so selbst zur gemeinsamen Wohnung. Eine Wohnung, in die sie nicht reinkommt, weil der Türcode falsch ist. Sie kann Nate nicht erreichen und weiß nicht, was los ist. Als dann ein Nachbar von Nate auftaucht, der gutaussehende Jae-Joon, muss Riley die grausame Realität erfahren: Nate ist ausgezogen, zusammen mit einer Frau, bereits vor Tagen. Und so steht Riley plötzlich ohne alles in dieser fremden Stadt. Jae-Joon hat Mitleid mit ihr und lädt sie in seine Wohnung ein. Schnell merken die beiden, dass sie sich gut verstehen und so bietet er ihr an, zumindest kurzzeitig bei ihm zu wohnen, da er sowieso viel weg ist. Denn was Riley nicht weiß: JJ ist ein aufsteigender Superstar, der in verschiedenen Branchen viel tätig ist und sich auf dem Weg in die Topliga der koreanischen Stars befindet. Doch sein Vertrag verbietet es, eine Freundin zu haben. Als das Knistern zwischen beiden immer weiter zunimmt, müssen sie sich die Frage stellen: Kann diese Liebe eine Chance haben?



Wie viele Geschichte um heimliche Beziehungen von Superstars gab es bereits? Vermutlich unzählige. Braucht es noch eine weitere? Vielleicht nicht. Aber dennoch bin ich unglaublich froh, dass diese Geschichte um Riley und JJ das Licht der Buchwelt erblicken durfte. Bereits der Einstieg hat mich rasend schnell in seinen Bann gezogen. Riley, wie sie voller Vorfreude nach Korea kommt und dann die bittere Pille schlucken muss, dass nichts so ist, wie sie dachte. JJ, der eigentlich sehr zurückgezogen ist und sich auf seine Karriere konzentriert, die arme Riley aber nicht da sitzen lassen will und dann nach kurzer Zeit bereits feststellen muss, wie wohl er sich in ihrer Gegenwart fühlt. Ich gebe zu, dass ich skeptisch war. Es ist sehr schwer, an eine gescheiterte Beziehung eine solide Beziehung anzufügen, ohne dass es wie ein Notnagel, Ausnutzen oder Verzweiflung wirkt. Doch hier hat es grandios funktioniert. Wieso? Weil die Autorin Riley und JJ viel Raum gibt, ihre Gedanken mitzuteilen. Das Buch bewegt sich auf vielen Ebenen zwischen Hoffnung und Zweifeln und durch das stets sehr reflektierte Verhalten der Protagonisten wird sehr schnell eine Verbindung aufgebaut, die ihre Motive, ihre Handlunge und ihre Wünsche greifbar macht. Durch die Gedanken beide Beteiligter erfährt man, wie viel sie doch zweifeln, wie sie selbst über bestimmte Aspekte nachdenken, die auch den Leser beeinflussen und über die man selbst nachdenkt, und man kann verstehen, wieso sie gewisse Entscheidungen treffen. So merkt man bereits schnell, dass es hier kein von 0 auf 100 Verliebtsein ist, sondern eine Grundanziehung da ist, die sich langsam weiter ausbaut und vor allem durch viele Gespräche und das Füreinander- und Miteinanderdasein wächst. Das Buch hat nie den Anspruch, besonders rasant zu sein, sich mit Ereignissen z überstürzen oder durch hochgradig überzogene Twists für Aufregung zu sorgen. Ganz im Gegenteil: Your Smile ist ein ruhiges Buch. Ein Buch, bei dem es um Gefühle und Verbindungen geht. Dies zeigt sich vor allem auch durch eine fast schon banale, aber in Büchern extrem seltene Eigenschaft aus: Kommunikationsfähigkeit. Riley und JJ reden viel und können so ihren Bund festigen. Sicher wird auch mal gestritten, es kommt zu Missverständnissen oder die Emotionen gehen mit jemandem durch. Aber die Stärke der Geschichte liegt darin, dass die beiden ihre Wut nicht mitnehmen und das Schicksal so sich selbst überlassen – nein, sie reden miteinander, vermeiden so weitergehende Missverständnisse und erarbeiten sich Schritt für Schritt eine unglaublich solide Beziehungsbasis, an der sich nur schwer rütteln lässt. Diese erfrischende Kommunikation macht das Buch wahnsinnig authentisch.



Natürlich muss hier und da auch etwas passieren, sonst wäre das Buch vermutlich langweilig. Das ist auch ok, einfach weil es stimmig und passend ist. Vielleicht bin ich durch das viele Lesen von New Adult Büchern und insbesondere Büchern aus dem LYX-Verlag ein gebrandmarktes Kind, was gewohnt ist, dass Mücken zum Elefanten gemacht werden und die Charaktere keine Chance auslassen, sich durch Missverständnisse zu streiten und somit zahlreiches Drama entsteht. Bei Your Smile ist dem nicht so. Das Drama ist sehr wohldosiert, an den richtigen Stellen, sodass es auch seine Wirkung entfachen kann, im Kopf und im Herzen. Ich konnte mit Riley und JJ lachen und leiden, ich durfte mit ihnen verzweifeln und mich mit ihnen freuen. Es ist beinahe so gewesen, als wären JJ und Riley zwei gute Freunde von mir, die sich zufällig getroffen und langsam ineinander verliebt haben und die mir jetzt erzählen, wie es ihnen ergeht. Ich darf sie begleiten, sie vertrauen mir ihre Sorgen an und erzählen mir zugleich ihre schönen Ereignisse. Und ich weiß wirklich nicht, wann ich das letzte Mal beim Lesen eines Buches ein derartiges Gefühl hatte, so gut wurde die Verbindung zum Leser aufgebaut. Wenn man allerdings auf Dramen, Tränen und viel Brimborium steht, ist dieses Buch definitiv die falsche Wahl.



Besonders gut gefallen hat mir auch, dass man durch das Buch sehr interessante Einblicke erhalten hat. Anfangs war ich etwas überfordert, da immer wieder auch koreanische Wörter und Phrasen eingebaut werden, die entweder in einem vorgehefteten Glossar erläutert werden oder im Kontext erklärt werden. Außerdem kommen zahlreiche Namen vor, die ich anfangs nicht alle direkt auseinanderhalten konnte, obwohl sie nicht einmal wirklich ähnlich klingen. Nach einiger Zeit hat man sich aber ganz gut eingefunden. Seoul und generell Südkorea als Setting ist mir bisher noch nicht untergekommen und ich muss auch sagen, dass ich hierzu keine übermäßige Verbindung habe. Sicher habe ich mal das ein oder andere K-Drama gesehen und kenne auch 1-2 bekannte Kpop-Gruppen, aber dieses Buch hat Einblicke gewährt in eine Welt, die wirklich faszinierend ist. Durch Riley, die frisch nach Korea gezogen ist, darf der Leser miterleben, wie sie sich langsam einfindet in der fremden Kultur, wie sie langsam ihre Sprachkenntnisse verbessert und ein Stück weit macht man auch eine kleine Reise mit Riley und JJ durch die Gegend. Der Spagat zwischen „genug Einblicke für die Vorstellung“ und „zu viel, dass der Fokus weg ist“ ist gut gelungen. Es ist interessant und dennoch nicht überlagernd. Gleiches gilt mit den Einblicken in JJs Welt als Star. Zwar ist er noch kein Superstar, aber man erfährt viel über die koreanische Fankultur, die Bedeutung der Stars für diese Welt und die Tücken des Lebens als Person in der Öffentlichkeit. Man merkt hier schon deutlich, dass es anders ist als zB in amerikanischen Romanen. Ich bin wirklich beeindruckt gewesen, wie gut die Autorin offenbar recherchiert hat und so auch einem komplett unerfahrenen Leser greifbar vermittelt konnte, vor welchen Problemen JJ steht und wie instabil sein Ruhm ist. Es gibt aber auch immer wieder sehr unterhaltsame Einblicke, etwa in den Drehalltag von JJ oder bei Treffen mit Freunden. Es wirkte einfach rund und passend. Es hat mir auch gut gefallen, dass JJ kein wahrhaftiger Superstar ist, der an jeder Ecke erkannt und überrannt wird. Hierdurch wirkt er auch deutlich nahbarer und persönlicher. Vermutlich wäre es sonst schwer gewesen, das Buch so glaubhaft aufzubauen, denn das Heimlichkeitsdilemma als Damoklesschwert über der Beziehung war natürlich schon sehr präsent.



Das Heimlichkeitsdilemma ist in meinen Augen das Hauptthema des Buches. JJ ist vertraglich daran gebunden, nicht zu daten, da sonst sein öffentliches Ansehen beschädigt wird. Zeitgleich ist er nicht bereit, diese Frau, die regelrecht in sein Leben gestolpert ist, gehen zu lassen, weil er sich erstmals seit Ewigkeiten wieder lebendig fühlt. Unweigerlich ist dabei die Frage: Wie viel kann eine junge Liebe aushalten? Immer wieder stehen Riley und JJ vor Problemen, die daran resultieren, dass niemand von ihnen wissen darf. Man ist live dabei, wie versuchen, einen Weg für ihre Liebe zu finden, doch manchmal ist es schwer, etwas Gutes zu erhalten, wenn der Druck massiv ist. So ist es hin und wieder auch Thema, wie stabil die Verbindung sein kann, wenn Riley doch gerade erst aus einer Beziehung kommt. Durch die Heimlichkeit habe ich als Leserin zugleich aber auch ständig eine innere Unruhe empfunden. Es war die Angst, dass beiden alles um die Ohren fliegt. Ich wollte nicht, dass meine Freunde, die ich so lieb gewonnen habe, verletzt werden. Zugleich war ich mir bewusst, dass es wohl früher oder später passieren wird. Und das war der Moment, wo Verzweiflung einsetzt.



Zu den Charakteren kann ich sagen, dass Riley und JJ von Anfang an sympathisch sind. Riley konnte mich direkt für sich gewinnen, ihre Art ist einfach nur toll und ihre Einstellung, nicht aufzugeben und sich nicht von der Trennung definieren zu lassen, hat mir gut gefallen. JJ zeigt sich von Anfang an als Gentleman, er ist sehr respektvoll und liebevoll. Beide bringen ihre Päckchen mit, JJ mit seiner Vergangenheit und den Erwartungen seiner Agentur in der Gegenwart, Riley vor allem durch die Trennung mit Nate, mit dem sie eine Beziehung führte, in der sie ihn immer über sich selbst gestellt hat. Und dennoch lassen sich beide nicht von ihrem Erlebten definieren und schreiben die Geschichte neu. Das ist vor allem auch bei JJ beeindruckend, da er viel erlebt hat, was tiefe Wunde hinterlassen hat. Dennoch gibt er nicht auf und sieht das Leben, was er jetzt hat, als zweite Chance. Vielleicht sind beide Charaktere für einige langweilig, weil sie wenig bis keine Ecken und Kanten haben, aber mit ihrer Art haben sie sich einfach so schnell in mein Herz geschlichen, dass es mir egal war. Es gibt zudem einige Nebencharaktere, hauptsächlich Freunde von JJ, die eine Rolle spielen. Sie alle wirken gut eingebunden, haben aber auch ihre Position als Randfiguren und entsprechend kein überpräsentes Auftreten. Dennoch hat man die meisten direkt ins Herz geschlossen. Nur eine Person im Buch wird man vermutlich von Anfang an nicht mögen, was durchaus gewollt und entsprechend ok ist. Hier wurde gute Arbeit geleistet, eine Abneigung herzustellen (ich wollte der Person regelrecht die Augen auskratzen), ohne es ins Lächerliche zu ziehen.



Wer mich etwas kennt, der weiß, dass ich häufig an Intimszenen rummosere, weil sie deplatziert und überflüssig sind. Denn oftmals braucht ein Buch keinen Sex und vor allem keinen, bei dem es nur um Schwanz reinrammen und wilde Nächte geht. Bereits aus dem Verlauf des Buches mit seiner ruhigen Art war daher eine gewisse Grundsorge da, dass Sexszenen hier vollkommen am Inhalt vorbeigehen könnten. Daher war meine Begeisterung umso größer, als ich feststellen durfte, wie gut sich die Intimszenen einfügen. Obwohl sie teilweise sehr umfangreich sind, bewegen sie sich sprachlich auf einem sehr hohem Niveau, sodass sie weder billig noch befremdlich wirken. Es sind wahnsinnig gefühlvolle Szenen, in denen es knistert und brennt. Es ist deutlich mehr als plumper Sex. Das merkt man auch daran, dass die Szenen selbst eine Bedeutung für die Geschichte tragen, da sie Punkte im Geschehen markieren, die wichtig sind – für Riley und JJ, für ihre Beziehungsentwicklung, für die Festigkeit der Beziehung. Ich ziehe wahrlich den Hut, da ich selten so gute Sexszenen gelesen habe, die nicht unangenehm auf mich gewirkt haben. Wie oben bereits geschrieben, wirkt es vielmehr so, als würde die beste Freundin verliebt davon berichten, wie sie ihrem Freund näherkam. Ein Stück weit kann man sagen: Hier geht es ums Liebemachen und nicht ums Vögeln.


Das letzte Drittel des Buches kommt mit wohldosiertem Drama daher. Es entstehen einige Twists und Turns, die man zum Teil vielleicht erwartet (wenn auch nicht in dieser Form) und andere, die einen erst verwundern, deren Bedeutung für die Geschichte aber von hohem Gewicht ist. Ich fand es toll, dass selbst hier ein realistischer Bogen gesponnen wurde und nicht plötzlich so viel Drama gemacht wurde, dass es unglaubwürdig gewesen wäre. Einige Entwicklungen tun weh im Herzen, auch wenn der Kopf versteht, dass sie notwendig sind. Die Botschaften und Intentionen hinter einzelnen Aspekten sind gewichtig und wirklich schön. So muss man einfach feststellen, dass Liebe manchmal nicht nur heißt, für jemanden da zu sein, sondern gerade auch, jemanden zu verlassen. Beide Hauptcharaktere erhalten jetzt noch einmal eine gewaltige Chance, zu wachsen und vielleicht auch, zu sich selbst zu finden. Insbesondere im Hinblick auf Riley bin ich von dieser Entwicklung sehr verzückt gewesen.



Am Ende muss ich sagen, dass Your Smile ein Buch ist, welches mich komplett überrascht hat, weil ich zugegebenermaßen mehr Drama und weniger Tiefe erwartet habe. Es ist für mich wahrlich ein rundum gelungenes, stimmiges Buch, welches zu jeder Zeit nachvollziehbar und authentisch ist. Die Liebesgeschichte fühlt sich so real und wunderschön an, als würde man zwei Freunde begleiten. Die Einblicke in die koreanische Kultur und das Starleben sind vielseitig und interessant, die Protagonisten sind sympathisch und liebeswert. Obwohl das Buch über einen recht niedrigen Spannungsbogen verfügt, kann gerade diese Abwesenheit von unnötigem und überzogenem Drama vollkommen überzeugen und es wird nie langweilig. Für mich ist dieses Buch definitiv bereits jetzt eines meiner Jahreshighlights, da die ruhige Erzählweise, die gelungene Dynamik und Entwicklung einfach toll war. Your Smile konnte meinen Kopf, mein Herz und meine Seele ansprechen und ich werde Riley und JJ ganz sicher vermissen, da sie mir so ans Herz gewachsen sind und ich mit ihnen lachen, leiden und lieben durfte. Dieses Buch ist nicht nur für Fans aus dem K-Pop/K-Drama-Bereich ein Must Read, sondern dürfte jeden überzeugen, der die Nase vollhat von ausufernden, unrealistischen Dramen von Protagonisten, die nicht in der Lage sind, wie Erwachsene miteinander zu reden. Riley und JJ können das nämlich – und das macht ihre Verbindung so stark und liebeswert.


[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

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Veröffentlicht am 11.05.2020

emotionaler Band 2

Knightrise
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„Ich möchte unsichtbar sein und es für immer bleiben. Kannst du mir diesen Wunsch erfüllen, Knight?“
(Sky zu Holden in Knightrise)

Worum geht’s?

Sein Herz ist gebrochen. Nach dem Tod von Samantha kämpft ...

„Ich möchte unsichtbar sein und es für immer bleiben. Kannst du mir diesen Wunsch erfüllen, Knight?“
(Sky zu Holden in Knightrise)

Worum geht’s?

Sein Herz ist gebrochen. Nach dem Tod von Samantha kämpft Holden gegen seine inneren Dämonen. Er gibt sich die Schuld daran, dass er nicht verhindern konnte, was passiert ist. Es wäre seine Aufgabe gewesen, doch er hat versagt und damit alles verloren, was ihm etwas bedeutet hat. Betäubt vom Schmerz und ertrunken in Selbstzweifeln verliert Holden sich immer mehr selbst. Als er dabei eines Abends in Gefahr gerät, taucht ein Mädchen auf, welches sein Leben gehörig durcheinanderwirbelt. Ihr Name ist Skylar und sie will eigentlich nur in Ruhe studieren und sich frei zu fühlen. Doch sie wird das Gefühl nicht los, dass sie Holden helfen kann. Doch wird er sie mit in den Abgrund zerren oder wird sie ihm endlich wieder Licht ins Leben bringen?

Knightrise ist Band 2 der fünfteiligen Prestige-Reihe. Die Geschichte um Holden und Skylar ist grundsätzlich in sich geschlossen, fürs bessere Verständnis sollte aber vorher Kingsfall gelesen werden.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist identisch zum Vorgänger Kingsfall, nur die Farbgebung ist dieses Mal in einem dunkeln Lila gehalten. Wieder wirkt das Cover geheimnisvoll. Nach einem kurzen Prolog, der einige Erkenntnisse aus Kingsfall auf den Kopf stellt, wird das Buch chronologisch erzählt. Hierbei wechselt die Erzählweise zwischen Sky und Holden jeweils als Ich-Erzähler. Neben dem obligatorischen Hinweis durch den Namen des Erzählers merkt man jedoch auch an der Erzählweise, welcher Charaktere gerade erzählt. Holdens Kapitel sind ruppiger, während Sky eher sachlicher daherkommt. Der Schreibstil ist wie gewohnt sehr angenehm und gut lesbar. Das Buch lässt sich sehr schnell lesen und reißt einen regelrecht mit. Das Buch enthält keine expliziten Erotikszenen, vereinzelt jedoch etwas derbere Sprache.

Mein Fazit

Sie sind endlich zurück. Nachdem mich Kingsfall wirklich begeistern konnte und ich mich sofort für einen Platz bei Prestige rekrutieren lassen würde, war die Wartezeit zum Glück nicht so lang, bis es endlich weiterging. Denn der Prolog von Knightrise war bereits in Kingsfall abgedruckt und hat so ziemlich alles über den Haufen geworfen, was man in Kingsfall über Samantha erfahren hat. Und jetzt geht’s also endlich weiter. Und was soll ich sagen? Ich habe dieses Buch so verschlungen, dass ich wirklich hochgradig traurig war, als die letzte Seite anbrach. Die Erkenntnis, sich wieder von der Baylor University verabschieden zu müssen, war wirklich nicht schön.

Frisch an der Baylor University angekommen, hat Sky es endlich geschafft: Freiheit! Das Unileben wird für sie ein neuer Schritt, weg von ihrer bekannten Mutter und deren Erwartungen an Sky, weg von den Augen der Öffentlichkeit. Als sie eines Abends auf dem Weg ins Wohnheim ist, beobachtet sie eine gefährliche Situation und greift instinktiv ein. Sie kann ja nicht ahnen, dass diese Begegnung ihr Leben verändern wird. Denn als sie auf Holden Knight trifft, merkt sie schnell, dass in ihm ein dunkler Sturm wütet. Holden kämpft mit Selbstzweifeln, Selbsthass und den Schmerzen, die er durch den Verlust seiner Freundin Samantha vor einem Jahr verspürt und nicht loswird. Zu sehr ist er davon überzeugt, dass er ihren Tod hätte verhindern können – und müssen. Denn mit ihr ist alles gestorben, was ihm etwas bedeutet hat und auch etwas, was seine Zukunft hätte sein können. Seitdem ist es fast so, als würde Holden ziellos durchs Leben streifen und nur darauf warten, zu versinken. Doch als er auf Sky trifft, ist er davon überzeugt, dass sie ihm helfen kann. Helfen dabei, ein für alle Mal die Wahrheit herauszufinden und mit dem Thema Samanthas Tod abzuschließen. Doch wer tief gräbt, der kann auch so manches finden, was er nicht erwartet. Und Geheimnisse können viel kaputt machen…

Wie viel Schmerz kann eine Person ertragen, bis sie daran zerbricht? Und ist eine Person, die bereits am Zerbrechen ist, noch zu retten? Diese Frage darf man sich bei Knightrise unweigerlich stellen. Denn Holden leidet und das merkt man von Anfang an. Hinter seiner perfekt gepflegten Fassade als unausstehlicher, schlagfertiger Hottie brodelt es gewaltig. Denn er kämpft mit sich selbst, mit seinen Dämonen, seinen Erinnerungen und ein Stück weit auch mit seiner Wut auf Sam, die so einfach aus seinem Leben verschwand, obwohl sie sein Mittelpunkt werden sollte. Die stand im starken Kontrast zu Holden, wie wir ihn in Kingsfall kennenlernen – und in meinem Fall hassen lernen – durften. War er stets schlagfertig, leichtfüßig und zeigte vor allem auch eine gewisse Antipathie gegen Sav, hat er hier sehr schnell mein Herz erobern können. Denn der Blick in sein Inneres war schmerzhaft und unglaublich ergreifend. Auf der verzweifelten Suche nach Antworten, aber selbst irgendwo am Rande des Abgrunds braucht Holden eine starke Hand. Dass er diese ausgerechnet in Sky findet, ist ein Stück weit Schicksal und Zufall zugleich. Sky ist ein sehr bedachter Charakter, der sich vor allem durch analytische Fähigkeiten und Empathie auszeichnet. Sie durchbricht spielend leicht Holdens Maske und kratzt bereits schnell an den Wunden. Doch auch Holden kann Sky lesen wie ein Buch. Das Mädchen, was von sich selbst sagt, sie wäre gern unsichtbar, weil sie immer im Fokus und unter Beobachtung stand. Das Mädchen, was versucht, aus einer Art Käfig auszurechen und ein Stück weit auch sich selbst zu finden. Und so wird das Aufeinandertreffen von Sky und Holden zu einer kraftvollen Dynamik, die beide Charaktere wachsen, aber auch leiden lässt.

Knightrise ist für mich ein Buch, bei dem gar nicht so wirklich die Liebesgeschichte im Vordergrund steht, sondern eher ein nettes Beiwerk ist. Die Stärke des Buches liegt auf anderen Ebenen, was nicht heißt, dass die Beziehungsentwicklung nicht stimmig war. Oh doch, das war sie, zwar nicht so kraftvoll und turbulent wie in Band 1 zwischen Kaylan und Savannah. Aber das hätte auch zu Holden und Sky nicht gepasst. Hier geht es viel eher darum, dass beide lernen müssen, zu sich selbst zu finden und zu sich selbst zu stehen, die Geister der Vergangenheit zu verjagen und hierdurch die Bereitschaft zu finden, sich aufeinander einzulassen. Persönliche Entwicklung ist daher für mich der präsentere Part, der den Reiz der Geschichte ausmacht. Es ist reißend zu sehen, wie Sky langsam aus den Strukturen ausbricht, die ihre Mutter ihr so lange eingepflanzt hat. Es ist berührend zu sehen, wie Holden langsam seine Hoffnung zurückgewinnt, dass mit Samantha nicht seine gesamte Gefühlswelt zum Erliegen gekommen ist. Entsprechend behutsam baut sich die Beziehung beider auf, immer überschattet von Samantha und der Suche nach der Wahrheit.

Samantha ist in diesem Buch natürlich sehr präsent. Immerhin scheint es noch immer nicht abschließend geklärt zu sein, was da jetzt wirklich passiert ist. Viele Fragezeichen tauchen immer wieder auf, aber es gibt auch zahlreiche Antworten. Diese sorgen für Überraschungen, aber auch so einige Twists und Turns. Die finale Enthüllung, was passiert ist und wie damit umgegangen wurde, fand ich überzeugend. Hier hatte ich erst ein wenig Sorge, dass eine nicht nachvollziehbare Auflösung kommt, aber das, was passiert sein soll, hat mich zufriedengestimmt und mir auch das Gefühl gegeben, dass die Fragezeichen endgültig begraben sind. Der Spannungsbogen ist jedenfalls über fast das ganze Buch hoch, gleichzeitig ist das Tempo nicht so rasant wie beim Vorgänger, welcher sich sehr spritzig präsentierte, da zwischen Sav und Kaylan die Fetzen und Funken flogen. Zwischen Holden und Sky herrscht eher eine düstere Anspannung, die langsam von Licht durchzogen wird. Auf einer gewissen Art und Weise harmonieren beide auch auf einer anderen Ebene als die beiden starken Charaktere aus Kingsfall, einfach weil Sky auch eher ein zurückhaltender Mensch ist. Ihre Beobachtungs- und Kombinationsgabe ist dafür aber unglaublich ausgeprägt und führt so auch zu viele Fortschritten in der Geschichte. Es ist auf jeden Fall klug, dass die Autorin hier etwas Tempo aus der Geschichte genommen hat, da inhaltlich einige Brocken zu verdauen sind und sonst das Buch schnell überdreht hätte wirken können. Hier muss ich auch wieder den Hut davor ziehen, dass es der Autorin gelungen ist, ohne explizite Sexszene eine kraftvolle Verbindung von Holden und Sky zu charakterisieren. Damit wird einfach erneut gezeigt, dass Sex für ein New Adult Buch kein Muss ist und die Beziehungsentwicklung auf anderen Ebenen vielleicht auch deutlich eindrucksvoller ist, als wenn die Charaktere durch sexuelle Anziehung zueinander finden.

Knightrise war im Großen und Ganzen eine runde Sache und kann vor allem mit Nachvollziehbarkeit und Gefühl begeistern. Bei einigen Aspekten hätte ich mir aber noch etwas mehr gewünscht. So hätte es mir gefallen, noch etwas mehr in die Beziehung von Sky und ihrer Mutter eingeführt zu werden. Die Geschichte konzentriert sich sehr auf Holden und sein Schicksal, was dazu führt, dass Sky vielleicht etwas untergeht. Hier hätte man sicher noch ein klein wenig mehr Input mitgeben können, um auch Sky greifbarer und menschlicher zu machen. Außerdem kam für meinen Geschmack das verbindende Element – nämlich die Studentenverbindung Prestige – etwas zu kurz. Sicher kann man nicht in jedem Buch viel dazu bringen und immerhin kommen auch noch drei Bücher, aber mir fehlte etwas der Bezug. Das reine Nutzen des Prestigehauses als gelegentlichen Handlungsort finde ich etwas mau. Hier sollte für die Folgebände definitiv etwas mehr mitgegeben werden, da Prestige bisher wirklich sehr wenig behandelt wurde und wenig Einblicke gewährt hat. Andererseits muss man auch festhalten, dass die Story um den Tod ein sehr umfangreicher Handlungsstrang ist und entsprechend die Gefahr im Raum steht, dass durch zu viele Handlungen und zu viele Thematiken das Buch unfokussiert wirkt und den Leser überfordern könnte. Trotzdem hoffe ich auf etwas mehr zu Prestige.

Insgesamt war dieses Buch ein würdiger Nachfolger zu Kingsfall, welches für mich ein absolutes Highlight war. Knightrise überzeugt mit einer spannenden Handlung, die auch viel Tiefe mitbringt und mit so einigen Überraschungen daherkommt, die jedoch weder übertrieben noch unpassend wirken. Holden konnte mich überraschenderweise schnell für sich gewinnen, denn hinter ihm verbirgt sich mehr, als die Fassade erst glauben lässt. Sky ist eine sehr sympathische Protagonistin, geht aber neben Holden ein wenig unter. Die Beziehungsdynamik war authentisch und mitreißend, auch wenn es mir so vorkam, als würde die eigentliche Liebesgeschichte eher eine untergeordnete Rolle spielen und es vielmehr um persönliche Entwicklung gehen. Auf jeden Fall wieder ein absoluter Pageturner.

[Diese Rezension basiert auf einem Kindle Unlimited Exemplar.]



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Veröffentlicht am 06.04.2020

mitreißend und kompliziert

All Saints High - Die Prinzessin
3

„Wir sind einfach nur zwei Teenager, die in dieser Welt niemals eine Chance hatten, Freunde zu werden, und deshalb das wurden, was von uns erwartet wurde. Feinde.“
(Penn zu Daria in All Saints High 1)

Worum ...

„Wir sind einfach nur zwei Teenager, die in dieser Welt niemals eine Chance hatten, Freunde zu werden, und deshalb das wurden, was von uns erwartet wurde. Feinde.“
(Penn zu Daria in All Saints High 1)

Worum geht’s?

Daria ist die Königin der All Saints High. Cheerleader-Captain, Mädchen aus reichem Hause, beliebt und gefürchtet. Aber hinter der Fassade brodelt es gewaltig. Penn steht für alles, was Daria nicht ist. Gebrochen, allein, arm – und obdachlos. Vier Jahre ist es her, dass Penn und Daria gemeinsam eine fatale Entscheidung getroffen haben und ihre Lebe hierdurch für immer verändert haben. Doch als Darias Mutter Penn mit nach Hause bringt, sieht diese ihre Chance auf Wiedergutmachung, denn Penn soll bei ihnen leben und sein Schuljahr beenden. Aber Penn hält so gar nichts davon und sinnt weiterhin nach Rache gegenüber dem Mädchen, was er für das ganze Übel verantwortlich macht. In einem Strudel aus Hass, Anziehungskraft, Verzweiflung und Hoffnung gefangen beginnt für Daria und Penn eine gefährliche Reise… Doch was ist, wenn die Schatten der Vergangenheit die Gegenwart überlagern?

All Saints High – Die Prinzessin ist Band 1 der All Saints High-Reihe. Das Buch kann als Stand Alone gelesen werden, die Folgebände sind über andere Charaktere, die hier jedoch bereits als Nebenfiguren vorkommen. Vorkenntnisse aus der Sinners of Saint-Reihe sind nicht erforderlich.


Schreibstil / Gestaltung

Das schlichte Cover mit verschiedenen Rosatönen und Lilatönen ist stimmungsvoll und elegant. Es gibt wenig über den Inhalt preis, passt aber zu dem Untertitel „Die Prinzessin“, da es durchaus feminin wirkt. Das Buch startet mit einem etwas längeren Prolog, im Anschluss verläuft die Story nach einem vierjährigen Zeitsprung in die Gegenwart linear. Das Buch schließt mit einem mehrseitigen Epilog. Die Geschichte wird wechselseitig durch Daria und Penn in der Ich-Perspektive erzählt, jeweils ein Kapitel wird von Darias Eltern Melody und Jaime erzählt. Die Kapitel sind entsprechend beschriftet. Der Schreibstil der Autorin ist gewohnt flüssig und modern, er ist ruppig und lebhaft. Das Buch enthält explizite Sprache und intime Szenen. Es ist kein Jugendbuch.

Mein Fazit

Die Hot Holes gehen in eine neue Runde. Naja, fast. Bühne frei – hier kommen die Kinder! Als ich las, dass die Autorin nun mit den Kindern als nächste Generation fortführen möchte, war ich etwas zwiegespalten. Wird hier nur versucht, mit einem bereits etablierten Namen Geld zu machen? Oder ist es wirklich eine grandiose Idee, den Nachwuchs dieser vollkommen verkorksten jungen Männer auf die Menschheit loszulassen? Oh ja, es war eine gottverdammt geniale Idee. Und ich brauche und will so viel mehr…

Daria hat alles. Beliebt, reich, gefürchtet. Aber es ist die Liebe ihrer Mutter, die sie nur zu bekommen scheint. Dafür hat ihre Mutter nur Augen für Via, die talentierte Ballerina, die alles darstellt, was ihre Mutter jemals erreichen wollte. Eifersucht, Wut, Enttäuschung – schlechte Berater, die Daria dazu bringen, Vias Zukunft zu zerstören. Ausgerechnet Penn, Vias Zwillingsbruder, hilft Daria dabei, ohne zu wissen, dass er für dieses wunderschöne Mädchen gerade seine Schwester verrät. Als Jahre später das Schicksal über Penn hineinbricht, quartiert Darias Mutter Melody ihn kurzerhand bei ihnen zuhause ein. Zu sehr macht sie sich Vorwürfe darüber, dass Via weiterhin verschwunden ist. Jetzt steht Daria täglich dem Jungen gegenüber, der ihr dunkles Geheimnis kennt und nach Rache sinnt. Doch was passiert, wenn zwischen all dem Hass Gefühle aufkeimen und Penn Stück für Stück hinter die sorgsamen errichtete Fassade der Eisprinzessin guckt? Hätte eine Liebe zwischen der verwöhnten Prinzessin und dem armen Bettelknaben eine Chance in dieser Welt aus teuren Autos und Partys? Als die Vergangenheit die Gegenwart einholt, sieht alles danach aus, als würde die Prinzessin ein für alle Male stürzen. Wird Penn sie auffangen – oder wird er ihr den finalen Todesstoß versetzen?

LJ Shen ist meine Göttin der kaputten Charaktere. In einer Welt aus Zuckerwatte, niedlichen Liebesbekundungen und Herzschmerz ist sie eine Erfrischung im Romance-Bereich. Ich mag es, dass in ihren Büchern die Charaktere ruppig und leicht vulgär sind, dass sie ganz viel Schatten und irgendwo gut versteckt wenig Licht haben. Ihre Charaktere sind wahnsinnig komplex, undurchschaubar und definitiv keine klassischen Good Girls und Bad Guys. Die Grenzen verfließen bei ihr stetig und testen Empathie und Akzeptanz des Lesers. Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man zu ihren Büchern greift. Genauso wie klar sein muss, dass All Saints High keine niedliche Highschool Geschichte von Kindern ist, die ein bisschen Geld haben. Nein, hier wartet ein verkorkster Haufen unfassbar reicher Kids, die keine klaren Grenzen aufgezeigt bekommen haben und dank ihrer Genetik und Erziehung bereits komplizierte Charakterzüge mitbringen. Hier wartet kein Jugendbuch, wenngleich All Saints High 1 im Vergleich zur Sinners of Saint Reihe deutlich weniger vulgär und explizit geraten ist.

Das Buch zieht einen in seinen Bann und lässt einen nicht los. Man wird erbarmungslos mitgerissen, in den Intrigen gefangen wie in einem klebrigen Spinnennetz und verliert sich vollständig im Buch. Es ist ein undurchsichtiges Schachspiel zwischen Penn und Daria, ein unübersichtliches Puzzle aus Darias Taten und Worten, ein fragiles Gebilde aus Hoffnung und Mitleid. Und dann bricht teilweise erbarmungslos und ohne Vorwarnung Wut und Hass hervor, was einen bis ins Mark erschüttert. Manchmal verliert man sich darin, wer gut und böse ist, manchmal tauschen die Charaktere diese Rollen auch. Gefangen in dieser Geschichte um eine Hassliebe, die einst nie eine Chance hatte, bei der man nicht weiß, ob sie je eine Chance haben soll. Verblüfft von einer Horde junger Leute, die keine Grenzen kennen und sich gegenseitig in ihr Verderben stürzen, dass ihre Eltern stolz auf sie wären. Und dennoch hin und wieder mit kurzen Sätzen so unglaublich gefühlvoll, dass es wehtut. Mich hat lange kein Buch mehr so verblüfft und ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal laufend in ein Buch eintauchen wollte, um zahlreichen Charakteren den Hals umzudrehen. Die Energie des Buches ist unbeschreiblich. So viele negative Schwingungen, böse Doppelspiele und verborgene Botschaften, dass man sich fragt, wie die Charaktere sich noch in die Augen gucken können. Und zugleich gibt es hier eine kraftvolle Freundschaftsdynamik, eine beeindruckende Charakterentwicklung der Daria und eine starke Liebesgeschichte, die zeigt, dass Schicksal nicht alles ist, was einen definiert.


Daria ist im Fokus der Geschichte. Sie ist ein wahnsinnig komplexer Charakter mit ganz vielen Facetten, die mal das Gute, mal das Böse in ihr hervorbringen. Sie ist ein Mensch, der sich einerseits sehr um Freunde sorgt, gleichzeitig aber auch sehr egoistisch ist. Sie ist manipulativ, zeitweilen regelrecht böse, eingebildet und erfüllt ein gewisses Bild, was man an sie hat. Doch verborgen liegt viel Unsicherheit, Angst, Zweifel und Sehnsucht. Anfangs habe ich sie gehasst, aber je besser man sie kennt, desto mehr versteht man sie und fühlt ihren Schmerz. Es geht fast so weit, dass es verständlich macht, wieso sie teilweise handelt, wie sie es tut. Penn hingegen verabscheut die Welt, die Daria darstellt. Privilegiert und rücksichtslos. Er ist arm, ist mit einem Stipendium an seiner Schule und als erfolgreicher Footballer darauf angewiesen, für seine Zukunft auch eins zu kriegen. Er stößt alles und jeden von sich, er ist ein Mensch, der seine Probleme mit sich selbst ausmacht, weil er nie lernen durfte, wie es ist, sich auf jemanden verlassen zu dürfen. Insbesondere seit dem Verschwinden seiner Schwester hegt er Wut auf die Welt. Aber eigentlich hat Penn ein sehr gutes Herz und kann spielend leicht Darias Abwehr durchbrechen und ihr wahres Ich sehen. Doch zugleich spricht ein kleines Teufelchen immer wieder zu ihm, dass Daria eine Welt darstellt, die er verabscheut. So entsteht eine Hassliebe, die wie ein Pulverfass nur darauf wartet, hochzugehen und alles zu vernichten. Als Nebencharaktere treten die verkorksten anderen Kinder der Hot Holes auf, die teilweise in den Folgebänden Protagonisten sind. Zudem spielt Penns Schwester Via eine Rolle, eine Handvoll Footballspieler und Darias Schwester. Alle Charaktere sind gut ausgearbeitet und unterstützen die Handlung, ohne zu sehr im Fokus zu stehen. An den richtigen Stellen werden Fragen aufgeworfen, sodass man unbedingt die Folgebände lesen möchte.

Storytechnisch hat mich das Buch an vielen Stellen doch sehr überrascht. Die Autorin ist sowieso schon sehr bekannt dafür, mit Twists und Turns zu arbeiten. Das ist ihr auch hier wieder beeindruckend gelungen. Sicher, es gibt auch die ein oder andere vorhersehbare Situation, aber über weitere Strecken gab es einfach viele Überraschungen, die auch emotional ihre Spuren hinterlassen haben. So ändert man als Leser häufig seine Meinung zwischen Hass und Liebe, Hoffnung und Enttäuschung, Wut und Mitleid. Man will den Charakteren zuschreien, dass sie dies und jenes nicht tun sollen, man möchte vor allem Daria regelmäßig schütteln, aber zeitgleich weiß man, dass die Prinzessin fallen und zerbrechen muss, auch wenn es dem Leser wehtut. Das ganze Buch war ein nervlicher Höllenritt, der aber zugleich auch viel Empathie abverlangt und so manche Toleranzgrenze auf die Probe stellt. Das stärkste Element, was die Autorin aber einfach im Schlaf beherrscht: Ihre Charaktere dürfen fehlerhaft sein, sie dürfen verdammt viele Ecken und Kanten haben, sie dürfen andere rücksichtslos verletzen. Nicht umsonst heißt das Buch im Originaltitel auch „ganz schön rücksichtslos“ – als doppelte Anspielung auf die Schönheit Daria, die aber eben auch extrem rücksichtslos ist. Aber diese Rücksichtslosigkeit ist das, was Daria zur Entwicklung zwingt und in eine Position drängt, aus der sie nicht selbst rauskommt, bei der sie aber regelrecht selbst Schuld hat, dort gelandet zu sein. Auf jeden Fall ist All Saints High mehr als nur ein Buch, in dem es um eine verkorkste, hassgeprägte Liebesgeschichte zweier Teenager geht. Passend verpackte Sozialkritik, zahlreiche Intrigen, kaputte Kids mit zu viel Geld, fehlende Grenzen und schmerzhafte Erfahrungen – hier ist alles dabei und für alles gesorgt. Das Buch greift aber auch durchaus gewichtige – und möglicherweise – triggernde Themen auf, die teilweise Grausamkeiten offenbaren, die unter der Oberfläche brodeln.

Was mich aber mal wieder (und wie eigentlich bei jedem Buch der Autorin) stark gestört hat, war einfach das Ende und vor allem der Epilog. Es passt nicht, es ist überzogen, es ist willkürlich. Bereits bei Midnight Blue meinte ich „Ich muss es akzeptieren, aber ich muss es nicht mögen“ und so ist es auch hier. Für die Zukunft verzichte ich vielleicht auch darauf, den Epilog zu lesen, da er bisher eigentlich jedes einzelne Mal unstimmig auf mich gewirkt hat. Vielleicht ist das aber auch eine amerikanische Eigenart, die sich mir nur nicht erschließt.

All Saints High thematisiert ja die Kinder der aus den Sinners of Saint bekannten Protagonisten. Bei Bücher ist sowas natürlich immer etwas schwer, weil man sich unweigerlich fragen muss, ob man Vorkenntnisse braucht. Die Antwort lautet: Ganz klares Nein! Man kann das Buch auch sehr genießen, wenn man die Eltern noch nicht kennt. Vielleicht wird sogar die Lust geweckt, die Geschichte der Eltern dann kennenzulernen. Es ist wie ein netter Bonus für Leute, die bereits die Sinners of Saint gelesen haben, nun die Eltern wiederzutreffen und zu sehen, wie sie als Eltern bestehen – oder halt versagen. Auch hilft es sicher an einigen Stellen, die Kinder besser zu verstehen, wenn man weiß, wie die Eltern ticken. Man hat aber keine Nachteile davon, es nicht zu tun. Das ist der Autorin gut gelungen.

All Saints High 1 ist ein extrem starker Auftakt in eine neue Reihe, die wie eine böse und noch intrigantere Version von Gossip Girl daherkommt. Man hasst die Charaktere, man liebt die Charaktere, man verflucht sie, man bemitleidet sie. Penn und Daria ziehen einen unweigerlich in ihren Bann, ihre Hassliebe ist so komplex und so mitreißend, dass ich das Buch kaum aus den Händen legen wollte. Mit starken Nebengeschichten, vielen Ups und richtigen tiefen Downs wird man in eine Welt von armen, reichen Kindern aus verdammt reichen Häusern entführt, die hinter der perfekten Fassade dunkelste Geheimnisse haben. Macht süchtig, zerreißt das Herz und treibt den Leser in den Wahnsinn. Ich will mehr!

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, was mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung wurde hierdurch nicht beeinflusst.]

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Veröffentlicht am 24.03.2020

außen und innen ein wahrer Hingucker

VOGUE: Das Kleid
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Was ist das?

In „Vogue – Das Kleid“ präsentiert Jo Ellison über 300 Fotoaufnahmen aus dem Archiv der britischen Vogue, dem legendären Modemagazin. Kleider, die als Königsdisziplin in der Mode gelten, ...

Was ist das?

In „Vogue – Das Kleid“ präsentiert Jo Ellison über 300 Fotoaufnahmen aus dem Archiv der britischen Vogue, dem legendären Modemagazin. Kleider, die als Königsdisziplin in der Mode gelten, werden hier auf vielfältige Weise in Szene gesetzt. Die Aufnahmen von bekannten Fotografen und mit zahlreichen bekannten Modellen laden zum Träumen ein und geben ein umfassenden Einblick in die Entwicklung der Fashionfotografie rund um das Kultkleidungsstück Kleid. Die Autorin war selbst jahrelang als Redakteurin bei der Vogue tätig.

Wie sieht es aus?

Bei dem Buch handelt es sich um eine Hardcover-Ausgabe, die ähnlich dem A4-Format gehalten ist. Der matt-schwarze Einband ist aus robustem Fasereinband wirkt hochwertig und widerstandsfähig. Sowohl der Buchrücken als auch der Titel sind mit Silberfolie veredelt und glänzt schön. Die minimalistische Gestaltung verbreitet ein edles Feeling und wird dem Inhalt gerecht. Die Buchrückseite ist mit einem Sticker versehen, der kurze Informationen zum Buch sowie die ISBN-Nummer wiedergibt. Der Sticker lässt sich einfach und rückstandslos entfernen, sodass die Rückseite dann schlicht schwarz ist. Das Innere besteht aus 303 Seiten, die aus starkem, beschichteten Papier bestehen und somit eine hohe Brillanz gewährleisten. Die Fotografien sind teilweise schwarz-weiß, teilweise farbig. Manchmal teilen sich mehrere Fotografien eine Seite, einige Bilder sind jedoch auch ganzseitig oder doppelseitig. Zu jedem Bild gibt es zudem einen kurzen Infotext.

Was erwartet einen?

Bei dieser besonderen Schmuckausgabe handelt es sich um einen umfassenden Bildband, der verschiedene Fashionfotografien sammelt. Es ist ein eindrucksvoll inszeniertes Buch, welches ganz unterschiedliche Kleider, Fotostile, Models und Settings in einer aufwendigen Weise vereint. Nach einem kurzen Vorwort von Alexandra Shulman, der Chefredakteurin der britischen Vogue, sowie einer Einführung zum Thema Kleider beginnt es auch schon mit den Fotografien. Das Buch umfasst im Groben fünf verschiedene Bereiche: Klassisch, Märchenhaft, Dramatisch, Dekorativ und Modern. Farbfotos, Schwarzweiß-Fotos, groß und klein, schlicht und extrem imposant – hier wird für sehr viel Abwechslung gesorgt. Es sind wunderschöne Bilder, die man auf sich wirken lässt. Bilder, die zum Träumen einladen oder einen verblüffen. Mit kurzen, informativen Texten zu den jeweiligen Bildern erfährt man zumeist auch etwas über Model, Fotograf oder Hintergrund des Bildes. Das Buch schließt mit einem Register, um so schnell nach bestimmten Akteuren zu suchen.

Mein Fazit

Kleider sind seit jeher ein Symbol von Weiblichkeit. Hier in diesem Buch findet man aus den Archiven der Vogue über 300 tolle Aufnahmen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Auswahl ist interessant, abwechslungsreich und beeindruckend. Die Qualität des Buches ist extrem hochwertig, die Fotoqualität kann ebenfalls überzeugen. Für Leute, die Fashionfotografie mögen, sich generell für Mode interessieren oder bekennende Vogue-Fans sind, ist dieses Buch wie eine kleine Bibel. Es ist ein toller Bildband zum Stöbern, Träumen und Schwärmen. Eine wunderschöne, hochwertige Schmuckausgabe, die ein absoluter Hingucker ist und vor allem auch als Coffee Table Book oder Deko-Element wunderschön wirkt.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, was mir freundlicherweise von dem Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung wurde hierdurch nicht beeinflusst.]

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Veröffentlicht am 10.03.2020

erstklassige Real Crime Literatur

Blut schweigt niemals
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Worum geht’s?

Kriminalhauptkommissar Stephan Harbort ist bekannter Serienmörderexperte und Profiler. Als Dozent an diversen Hochschulen gibt er seine aus jahrelanger Arbeit gewonnenen Kenntnisse rund ...

Worum geht’s?

Kriminalhauptkommissar Stephan Harbort ist bekannter Serienmörderexperte und Profiler. Als Dozent an diversen Hochschulen gibt er seine aus jahrelanger Arbeit gewonnenen Kenntnisse rund ums Profiling, Verhaltensanalyse und Täterprofile weiter. Er gibt als Koryphäe auf dem Gebiet des Profilings. Er hat bereits in zahlreichen Büchern seine Erkenntnisse für den geneigten Leser weitergegeben. Mit „Blut schweigt niemals“ erzählt er von später Sühne solcher Taten, bei denen die Spurenlage zunächst keine Verurteilung zugelassen hat, durch mühsame Arbeit von Cold Case Einheiten aber Jahre und Jahrzehnte aber doch noch Erfolge gefeiert werden konnten.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover zeigt einen mit spärlichem roten Licht beleuchteten Raum voller Regale und Ablagekartons, wie man sie etwa aus amerikanischen Filmen kennt. Die Boxen sind als Symbol der Fälle zu verstehen, in ihnen lagern üblicherweise Beweismittel und Spuren. Der Titel ist mit erhabener Schrift aufgedruckt, der Untertitel verrät, was den Leser erwartet. Das Cover ist dezent, aber durchaus stimmig.

Das Buch startet mit einem etwas längerem Vorwort, bei dem der Autor ganz generell etwas zum Thema „kalte Spuren“ und den Möglichkeiten, die die Kriminaltechnik mittlerweile hat, sagt. Es wird erklärt, was die Idee hinter Cold Case Einheiten ist und wieso ihre Arbeit für die Bevölkerung, die Justiz und auch die Hinterbliebenen und Opfer wichtig ist. Im Anschluss werden 6 Fälle vorgestellt, die jeweils etwa 40 Seiten umfassen. Das Buch schließt mit einem Nachwort, wo auch die Probleme von Cold Cases, die Hürden der Ermittler und eine Art Ausblick auf die künftige Arbeit Gegenstand sind. Es folgt zudem noch ein Anhang mit zahlreichen Ergebnissen aus einer kriminologisch-kriminalistischen Synopse zu Cold-Case-Fällen, bei denen es umfangreiche Statistiken zu Todesursachen, Leichenfundorten, Vorgeschichten gibt. Abschließend gibt es ein Literaturverzeichnis als Nachweis für die vom Autor verwendeten Quellen im Rahmen des Buches.

Der Schreibstil ist sachlich und ruhig, fast schon nüchtern. Der Autor versteht es, atmosphärisch zu arbeiten, ohne reißerisch oder sensationslüstern zu berichten. Ich empfand die Texte teils schon als anspruchsvoll, da sie oftmals verschachtelt und mit vielen Informationen aufgearbeitet sind. Mit etwas Konzentration ist das Buch jedoch gut zu verstehen und nachzuvollziehen. Es ist wenig Fachwissen eingebunden und sollte welches vorkommen, so wird es gut erklärt.

Mein Fazit

Von Stephan Harbort habe ich bereits einige seiner Werke gelesen, weshalb mir von Anfang an klar war, dass ich auch das neuste Buch lesen möchte. Das Thema Cold Cases hat vor allem in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit gewonnen, da immer mehr Landeskriminalämter versuchen, derartige Einheiten für ihre ungelösten Altfälle zu stellen. Durch diese Schwerpunkteinheiten kann konzentriert und systematisch an noch ungelösten Fällen gearbeitet werden, denn Mord verjährt nie und auch eine späte Überführung ist für das Gerechtigkeitsempfinden notwendig. Anhand von 6 Fällen zeigt der Autor, wie schwer es sein kann, einen Fall zu lösen, wie manchmal Zufälle und Zeit wichtige Faktoren sind und wie am Ende die anfangs aussichtslose Überführung doch noch gelang.

Der Autor startet mit einem etwas längeren Vorwort, in dem er erklärt, was Cold Cases eigentlich sind, wieso sie aufgeklärt werden müssen, welche Hürden es gibt und welche Möglichkeiten sich entwickelt haben. Nach dieser Einführung versteht der Leser bereits, welchen Aufwand die Behörden bereit sind zu betreiben, um jede Tat zu sühnen – oder es zumindest zu versuchen. Denn nicht immer sind die Spuren gnädig und bringen nach langer Zeit hilfreiche Ergebnisse. Im Anschluss beginnen die Fälle. Jeder Fall ist in einem Kapitel abgehandelt, mit entsprechender Überschrift. Alle Fälle spielen vor deutschen Gerichten, einer aber nicht im deutschen Raum. Einige der Fälle dürfte man kennen, zumindest wenn man an Real Crime interessiert ist, oder man hat zumindest in den Nachrichten etwas davon mitbekommen. Dies tut dem Interesse allerdings keinen Abbruch, da die Fälle hier ausführlich aufgearbeitet werden.

Die Auswahl der Fälle ist gut gelungen, sie deckt verschiedene Aspekte ab und thematisiert auch verschiedene Ermittlungshindernisse, die zum Stillstand geführt haben. Die Fälle sind nicht „zum Mitraten“ ausgelegt, vielmehr führt der Autor Schritt für Schritt zum Täter. Systematisch werden Tat, Opfer, bisheriger Ermittlungsstand sowie etwaige Verdächtige und dann die Cold Case Ermittlungen mit ihrem Abschluss im Gerichtsverfahren vorgestellt. Alle Fälle behandeln (versuchte) Tötungsdelikte. In den Schilderungen sind natürlich auch Details rund um die Tat enthalten, die teilweise sehr intensiv sein können. Das Buch ist aber stets niveauvoll und nicht darauf ausgerichtet, grausam schocken zu wollen. Am Ende wird der Leser mit einem Nachwort entlassen, was noch einmal auf so manche Punkte, die bisherige Entwicklung von Cold Case Einheiten und die zu erwartende Zukunft Bezug nimmt. Die als Anhang beigefügten Statistiken zu Erfahrungswerten aus Ermittlungen sind interessant und auch ohne weitere Erklärung greifbar. Der ausführliche Literaturnachweis hinten im Buch gewährleistet nicht nur einen Nachweis über die Grundlagen des Buches, sondern gibt dem Leser auch zahlreiche Anregungen, wie und wo er sich weiter informieren könnte. Dies fand ich sehr praktisch.

„Blut schweigt niemals“ ist keine leichte Kost. Es geht um sehr viel Leid, um schwere Straftaten und trotz einer gewissen Distanz berühren die Fälle und Umstände den Leser. Aus diesem Grund und auch aufgrund der doch recht komplexen Darstellung habe ich zumeist nur einen Fall pro Tag gelesen. Der Informationsgehalt ist schon ziemlich hoch, hier und da habe ich dennoch auch etwas gegoogelt und weitergelesen. Der Autor hat es also geschafft, mich als Leser über das Buch hinaus zu bewegen und das Gesagte weiter ergründen zu wollen. Das weist nicht darauf hin, dass im Buch zu wenig Informationen enthalten sind, sondern man einfach so sehr von den Worten mitgenommen wird, dass man nicht aufhört, darüber nachzudenken. Der Autor schafft es zudem, in einem angemessenem Verhältnis dem Opfer und dem Täter Raum zu geben. Es wirkt weder so, als würde man sich nur aufs Opfer konzentrieren und hierbei die Erklärungsansätze beim Täter vernachlässigen, noch konzentriert sich das Buch zu sehr auf den Täter, sodass man das Gefühl hat, das Opfer sei irrelevant. Dies hinzukriegen ist gar nicht so einfach, hier aber wirklich gelungen. Angereichert mit vielen Informationen rund um die Polizeiarbeit, aber auch um die teilweise bestehende Verzweiflung der Ermittler, Angehörigen und des sozialen Umfelds werden in dem Buch stimmig, beeindruckend und zugleich bedrückend zusammengefasst.

Insgesamt ist „Blut schweigt niemals“ wieder ein hochwertiges, informationsreiches und interessantes Buch, bei dem der Autor gewohnt sicher durch verschiedene Fälle führt und aufzeigt, dass auch Jahre und Jahrzehnte später noch alles unternommen wird, um einen Fall zu lösen. Es ist ein Buch, welches wirklich spannend, aber zugleich auch erschreckend ist, was in Abgründe und hinter verschlossene Türen schaut. Für Real Crime Fans ist es ein Must Read, doch auch für solche Leser geeignet, die von der Thematik angesprochen werden.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]