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Veröffentlicht am 19.01.2018

ein solider Auftakt zu einer interessanten, düsteren Serie

Der Schwarze Thron 1 - Die Schwestern
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Der schwarze Thron – Die Schwestern ist der gelungene Auftakt einer düsteren Geschichte, die weniger mit atemloser Spannung und vielmehr mit einer Vielzahl an mitreißenden Handlungssträngen, hinterlistigen ...

Der schwarze Thron – Die Schwestern ist der gelungene Auftakt einer düsteren Geschichte, die weniger mit atemloser Spannung und vielmehr mit einer Vielzahl an mitreißenden Handlungssträngen, hinterlistigen Intrigen und vielschichtigen Figuren zu überzeugen vermag.
Kendare Blake hat eine gleichermaßen interessante wie grausame Welt erschaffen, in der eine Königin in der Regel Drillinge gebärt, die schon als Kinder voneinander getrennt werden und Jahre später gezwungen sind einander bis auf den Tod zu bekämpfen, da nur eine von ihnen letztlich gekrönt werden kann. Von Kindesbeinen an wird ihnen somit unermüdlich eingeschärft, dass entweder sie ihre Schwestern töten müssen oder ansonsten selbst früher oder später von ihnen getötet werden.

Auf eine gewisse Weise muss den Inselbewohnern bewusst sein, dass es falsch ist Schwestern zu so etwas zu zwingen, schließlich würde niemand mit einer Königin tauschen wollen. Trotzdem käme offenbar nie jemand auf die Idee aktiv etwas dagegen zu unternehmen, weil sich traurigerweise schon längst alle damit abgefunden haben. Ebenso traurig und erschreckend ist, dass sich anscheinend niemand vorstellen kann, dass eine Königin ihre Schwestern trotz ihres aufgezwungen Schicksals lieben könnte und einen reinen Akt der Liebe daher partout nicht als solchen erkennen, sondern stets Berechnung oder andere schlimme Beweggründe dahinter vermuten.

Das Leben auf der Insel wirkt eher altertümlich und ursprünglich. Die feinen, gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Fennbirn und der Realität fallen meistens aber erst durch den Vergleich mit dem so genannten Festland auf, beispielsweise wenn der Festland-Junge irgendetwas seltsam findet. Die Menschen vom Festland kommen ohnehin nur selten und ausschließlich aus einem von zwei Gründen auf die Insel: Handel oder Brautwerbung. Sie sind also entweder Händler oder Freier, die um die Gunst der künftigen Königin buhlen, deren Gemahl stets vom Festland stammt.

Der größte Unterschied zwischen Fennbirn und dem Festland ist jedoch die Magie, die in verschiedenen Formen auf der Insel zweifellos existiert. Viele Bewohner haben bestimmte Begabungen und sie alle glauben an eine Göttin, die ihnen diese Gaben verleiht, die Insel am Leben erhält und der jeweiligen Königin zu gegebener Zeit die nächste Generation an Drillingen schenkt. Sie ist es auch, die jede Flucht unmöglich macht und verhindert, dass eine der angehenden Königinnen die Insel vor der Inthronisierung einfach verlässt.

Die meisten Bewohner der Insel gehören entsprechend ihrer Gabe einem von drei großen Clans an: Giftmischer, Elementwandler und Naturbegabte. Die Bezeichnung gibt zugleich Auskunft über ihre Fähigkeiten: Sie sind immun gegen Gifte, können ein oder mehrere Elemente beherrschen oder die Natur beeinflussen, wobei letztere zusätzlich über einen Familiaris verfügen, einen tierischen Gefährten, mit dem sie geistig verbunden sind. Zwischen diesen Clans herrscht eine große Rivalität, denn jeder von ihnen will die eigene Königin auf dem Thron sehen und die Positionen im Schwarzen Rat einnehmen, der herrscht bis die nächsten Königinnen erwachsen sind.

Daneben gibt es noch den Tempel als eine Art religiöse Institution, der auf die Einhaltung aller Regeln und Rituale achtet. Eigentlich sollte er allen drei Königinnen neutral gegenüber stehen, doch stattdessen gibt es inzwischen auch einen Machtkampf zwischen dem Tempel und dem Schwarze Rat, die beide die Kontrolle über das Volk erlangen wollen, weshalb die Hohepriesterin des Tempels zum ersten Mal in der Geschichte klar Stellung bezogen hat und nur eine der Königinnen unterstützt.

Alle drei Königinnen der aktuellen Generation sind sehr unterschiedliche Figuren mit verschiedenen Talenten und Charaktereigenschaften. Nachdem sie voneinander getrennt wurden, ist jede von ihnen bei einem anderen Clan mit abweichenden Gaben und vor allem völlig andersartigen Erziehungsmethoden aufgewachsen. Im Verlauf der Handlung macht jede von ihnen eine große Entwicklung durch.

Katharine ist von den Drillingen am meisten zu bemitleiden. Anfangs ist sie sehr schwach und kränklich, da sie wegen ihrer kaum ausgeprägten Giftmischer-Gabe permanent von ihrem eigenen Clan vergiftet wird, in der Absicht irgendwann vielleicht eine gewisse Immunität zu erwirken, bisher allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Dass Giftmischer aus Prinzip nur vergiftete Nahrung servieren, ist somit alles andere als hilfreich und aufrichtige Zuneigung wurde ihr ebenfalls so gut wie nie entgegen gebracht. Stattdessen wird sie ständig dafür bestraft, dass sie auf Grund der schädlichen Wirkungen der Gifte klein, dürr und blass ist. Weil die letzten drei Königinnen vor ihr Giftmischerinnen waren und von ihr erwartet wird die nächste zu sein, steht sie unter großem Druck. Sie hat aber immerhin ein Händchen für das Mischen von Giften und kann es scheinbar kaum noch erwarten diese Fähigkeit bei ihren Schwestern zur Anwendung zu bringen.

Die Elementwandler-Gabe von Mirabella ist hingegen ausgesprochen stark ausgeprägt, was sie zur mächtigsten der drei Schwestern macht. Ihre Gabe hat sich schon sehr früh gezeigt, weshalb sie seit ihrer Kindheit unter der strengen Aufsicht des Tempels steht, der für sie seine Neutralität aufgegeben hat und andauernd versucht sie im Hinblick auf seine Zwecke zu beeinflussen und zu kontrollieren. Dennoch ist Mirabella die einzige, die sich heftig dagegen wehrt ihre Schwestern ausschließlich als Feinde zu betrachten, was vor allem daran liegt, dass sie als einzige noch Erinnerungen an Arsinoe und Katharine sowie ihre gemeinsame Zeit mit ihnen hat. Während der Tempel darin eine Schwäche sieht und die Priesterinnen alles tun, um die Schwestern gegeneinander aufzuhetzen, will Mirabella einfach niemanden töten. Dieser Wunsch lässt sie mit der Zeit immer aufmüpfiger werden und gegen den Tempel aufbegehren, der ihre Freiheit daraufhin immer stärker einschränkt und sie mehr und mehr unter Druck setzt.

Arsinoe steht im krassen Gegensatz dazu am wenigsten von allen Schwestern unter Druck und genießt sämtliche Freiheiten, denn wegen ihrer scheinbar ebenfalls kaum erwachten Gabe gehen ohnehin fast alle Mitglieder ihres Clans davon aus, dass sie nach dem Beltanefest von einer der anderen Königinnen getötet wird. Das ist mit Sicherheit kein schönes Gefühl, zumal Arsinoe natürlich nicht sterben möchte. Sie ist zwar nicht sonderlich erpicht darauf ihre Schwestern umzubringen, wird sich aber auch nicht kampflos geschlagen geben. Deshalb wendet sie sich schließlich der niederen Magie zu, die jedoch nicht ganz ungefährlich und dazu noch bei den Inselbewohnern verpönt ist, da sie sogar von Menschen ohne Gabe genutzt werden kann.

Die drei Königinnen sind allerdings nicht die einzigen erwähnenswerten Charaktere. An ihrer Seite gibt es zahlreiche interessante Nebenfiguren, wie Arsinoes beste Freundin Jules, deren Familiaris ein Berglöwe ist, was sie womöglich zur stärksten Naturbegabten macht, die die Insel je gesehen hat; Pietyr, der gleich zu Beginn viele Sympathiepunkte sammeln kann, weil er einer der wenigen liebenswerten Giftmischer zu sein scheint; Joseph, den man anfangs sehr mag, der später aber leider sämtliches Wohlwollen ihm gegenüber einbüßt; Natalia Arron, die voller Widersprüche steckt und Katharine trotz ihres meist kühlen Verhaltens zu lieben scheint; Billy, der Festlandjunge, der Arsinoe ein guter Freund wird; die junge Priesterin Elizabeth, die Mirabella eine loyale Freundin ist und eher auf ihrer Seite als auf der des Tempels steht.

Generell lebt die Geschichte vor allem von den verschiedenen Figuren, ihren Beziehungen zueinander und den Entwicklungen, die sie durchleben. Die Handlung beginnt ziemlich ruhig und wird erst im späteren Verlauf wirklich spannend und ereignisreich. Dank der vielen Intrigen und Machtspiele, der düsteren Welt, in der es immer wieder Neues zu entdecken gibt, der unterschiedlichen Perspektiven und der verschiedenen Handlungsstränge, die ebenfalls erst zum Ende hin zeitweilig ineinander übergehen, ist das Buch jedoch trotzdem durchgängig fesselnd.

Die letzten Kapitel sind noch einmal besonders packend, die Lage spitzt sich eindeutig zu und ab einem gewissen Punkt kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen bevor die letzte Zeile gelesen ist. Und die hat es in sich, denn mit einer solch überraschenden Wendung hätte man nie und nimmer mehr gerechnet. Man ist unheimlich gespannt auf die Konsequenzen dieser ungeahnten Enthüllung und kann es daher kaum noch erwarten die Fortsetzung zu lesen. Der zweite Band verspricht nämlich nach den letzten Ereignissen und nun, da man die Figuren und die Welt bereits kennt, noch um einiges spannender zu werden.

Der Schreibstil lässt sich flüssig und angenehm lesen, zwischen dem Leser und den einzelnen Charakteren bleibt allerdings immer eine gewisse Distanz bestehen, die leider verhindert, dass man sich den Figuren wirklich verbunden fühlt. Die düstere, zum Teil fast schon trostlose Atmosphäre, die Kendare Blake erzeugt, passt dafür umso besser zur Handlung. Zwischendurch wird die Stimmung aber ab und an durch eine notwendige Prise Humor aufgelockert.


FAZIT
Mit Der schwarze Thron – Die Schwestern hat Kendare Blake einen soliden Auftakt zu einer interessanten, düsteren Serie geliefert, die zwar nicht unbedingt mit nervenaufreibender Spannung, dafür jedoch mit anderen Qualitäten überzeugen kann: Intrigante Figuren, packende Handlungsstränge und ein Ende mit einer absolut unerwarteten Erkenntnis, die einen vollkommen sprachlos zurücklässt.

Veröffentlicht am 19.01.2018

ein wahrlich herzzerreißendes Buch

Sieben Minuten nach Mitternacht
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Sieben Minuten nach Mitternacht ist ein ausgesprochen trauriges, aber dennoch wundervolles Buch, an das man sich nach dem Lesen noch lange erinnern wird, weil es einen zutiefst berührt hat. Siobhan Dowd ...

Sieben Minuten nach Mitternacht ist ein ausgesprochen trauriges, aber dennoch wundervolles Buch, an das man sich nach dem Lesen noch lange erinnern wird, weil es einen zutiefst berührt hat. Siobhan Dowd hatte eine wahnsinnig gute Idee, bei der es wirklich viel zu schade gewesen wäre, wenn sie auf nimmer Wiedersehen in irgendeiner Schublade verschwunden wäre. Zum Glück hat Patrick Ness sich also schließlich doch der Herausforderung gestellt und diese tolle Geschichte an ihrer Stelle geschrieben.
Das Buch ist, da es nur etwas über 200 Seiten hat, sehr schnell gelesen, deshalb allerdings nicht weniger intensiv oder bewegend, im Gegenteil. Es erzählt eine sehr emotionale Geschichte, bei der kaum ein Auge trocken bleiben wird. Taschentücher sind beim Lesen also zwingend erforderlich, vor allem zum Ende hin.

Das Monster und seine drei bzw. vier Erzählungen sind eine wunderbare Idee und bilden eine solide Grundlage, durch die eine gewisse Spannung aufgebaut wird. Dank ihnen steuert die Handlung nicht nur auf den unweigerlichen Tod der Mutter zu, sondern zudem auf die letzte der Geschichten bzw. die eine Wahrheit, vor der Conor sich mehr als vor allem anderen auf der Welt fürchtet: Conors schlimmster Alptraum, der ihn nachts immer häufiger plagt.

Gebannt verfolgt man also die einzelnen Geschichten, die allesamt gänzlich anders ausgehen als erwartet, worin letztendlich auch ihr Zweck liegt, nämlich Conor zu zeigen, dass nicht immer alles schwarz oder weiß und somit einfach zu beurteilen ist. Kein Mensch ist nur gut oder böse, die meisten sind irgendetwas dazwischen. Noch gespannter wartet man anschließend auf die vierte und letzte der Geschichten und die Enthüllung der Wahrheit, die mit ihr einhergehen soll. Was quält Conor noch mehr als der drohende Tod seiner Mutter?

Das Monster ist eine interessante, vielseitige Gestalt, die sich nicht einfach vergraulen lässt und Conor langsam darauf vorbereitet sich dem Unvermeidlichen zu stellen, ob er will oder nicht. Es ist gekommen um ihm zu helfen, nicht seiner Mutter, obgleich ihm das selbst nicht bewusst ist oder er dies zu verdrängen versucht.

Ein besonders schöner Schachzug des Autors: Bis zum Schluss wird nicht eindeutig oder abschließend aufgeklärt, ob es das Monster tatsächlich gibt und der Realität hier dadurch ein phantastisches Element hinzugefügt wurde, oder ob das Monster nur ein Produkt von Conors Phantasie bzw. seines Unterbewusstseins ist. Für beide Auslegungen gibt es Hinweise im Buch, es ist somit der individuellen Interpretation des Lesers überlassen.

Als Erwachsener liest man das Buch sicher etwas anders als als Jugendlicher. Man bringt zum Beispiel viel mehr Verständnis für die zum Teil ebenso überforderte Großmutter auf, mit der Conor noch nicht gut zurechtkommt und die sich charakterlich stark von seiner Mutter unterscheidet, weil man weiß, wie sehr auch sie unter der ganzen Situation leiden muss. Das eigene Kind zu verlieren ist für eine Mutter oder einen Vater immerhin das Schlimmste, was diese sich vorstellen können.

Nichtsdestotrotz identifiziert man sich vor allem mit dem 13-jährigen Conor und kann seinen Schmerz besser nachempfinden als es einem lieb ist. Selbst wenn man bisher das Glück hatte einen solchen Todesfall noch nicht erlitten zu haben, kann man sich gut vorstellen, wie schmerzlich diese Erfahrung für ihn sein muss. Man spürt das tiefe Band zwischen Conor und seiner Mutter, das den bevorstehenden Verlust seiner einzigen richtigen Bezugsperson umso schlimmer macht. Es löst den Wunsch aus, die eigene Mutter, sofern möglich, sofort anzurufen, sie fest in den Arm zu nehmen und dankbar dafür zu sein, dass man sie noch hat.

Man versteht jedoch nicht nur den Schmerz, sondern ebenso die Wut und die Hilflosigkeit. Zu wissen, dass man eine Person, die man liebt, wahrscheinlich schon sehr bald verlieren wird, aber gleichzeitig nichts tun zu können, um es zu verhindern, gibt einem ein Gefühl von völliger Machtlosigkeit. Man ist gefangen in einer Situation, der man nicht entfliehen kann.

Conors dunkelstes Geheimnis, sein tief verborgener Wunsch, ist daher nur allzu menschlich und keineswegs so verwerflich wie er glaubt. Die Bestrafung, die er selbst für sich herbei sehnt, weshalb er sich lange Zeit nicht gegen die gefühllosen Mitschüler wehrt, die ihn regelmäßig schikanieren, ist somit gar nicht erforderlich. Vielmehr soll das Monster ihm dabei helfen sich selbst zu vergeben.

Leider stößt Conor die Menschen, die ihm helfen wollen, zunehmend von sich, da er sich so unverstanden fühlt, und sein Verhalten mag nicht immer richtig sein, beispielsweise wenn sich seine Zerstörungswut plötzlich Bahn bricht, es ist allerdings nur zu verständlich. Vielleicht würde man selbst sogar ähnlich reagieren, wer weiß das vorher schon? Er ist jung und weiß nicht, wohin mit seinen intensiven und zutiefst widersprüchlichen Gefühlen. Einerseits glaubt er fest an die Heilung seiner Mutter, andererseits weiß er irgendwo tief in seinem Inneren, dass ihnen nicht mehr viel Zeit zusammen bleibt. Trotzdem klammert er sich verzweifelt an die Hoffnung, was man ihm nicht vorwerfen kann.

Die Erwachsenen bestrafen ihn für sein Verhalten nicht, weil sie wissen, was er gerade durchmacht. In Conors Fall ist das vielleicht genau die falsche Reaktion, denn er sehnt sich nach Normalität. Doch auch die Rücksicht, die er nicht zu verdienen glaubt, ist mehr als nachvollziehbar. Niemand kann ihm seinen Schmerz nehmen oder ihn davor bewahren. Wie könnte man von einem Kind, das kurz davor ist die Person zu verlieren, die es am meisten auf der Welt liebt, verlangen sich über so etwas Banales wie Hausaufgaben Gedanken zu machen statt letzte, kostbare Momente mit seiner Mutter zu verbringen? Wäre das nicht mindestens ebenso falsch? Die meisten Erwachsenen würden in so einer Situation schließlich ebenfalls nicht einfach zur Arbeit gehen.

Das Ende ist dann sogar noch trauriger als man es für möglich gehalten hätte und bricht einem regelrecht das Herz. Einmal mehr wird deutlich, wie schwer es ist jemanden loszulassen, den man nicht verlieren will. Am emotionalsten sind daher wohl die letzten beiden Gespräche zwischen Conor und seiner Mutter, die ein weiteres Mal zeigen, wie eng ihre Bindung zueinander ist und dass niemand besser versteht, wie Conor sich gerade fühlt, als seine Mutter. Es schmerzt sie tief, dass sie ihrem Sohn diesen Kummer nicht ersparen und ihm nicht noch mehr Zeit schenken kann.

Besonders gelungen sind darüber hinaus die düsteren, abwechslungsreichen Illustrationen von Jim Kay, die manchmal ganze Seiten füllen, manchmal aber auch nur am Rande auftauchen. Sie passen sehr gut zur dunklen, oftmals trostlosen Atmosphäre des Buches und sind vereinzelt tatsächlich ein wenig gruselig.


FAZIT
Mit Sieben Minuten nach Mitternacht hat Patrick Ness ein wahrlich herzzerreißendes Buch geschrieben, das einem noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Nur selten kann man die vielen, intensiven Gefühle einer Figur so gut nachempfinden wie Conors widersprüchliche Emotionen in Bezug auf den unausweichlichen Verlust seiner geliebten Mutter.

Veröffentlicht am 19.01.2018

ein wundervolles, bildreiches Reisebuch

Venedig
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Venedig von Jiro Taniguchi ist kein typischer Graphic Novel, sondern eher eine Art Reisebuch. Die Geschichte ist sehr ruhig, bietet wegen der wenigen Ereignisse kaum Handlung und ist zudem sehr textarm. ...

Venedig von Jiro Taniguchi ist kein typischer Graphic Novel, sondern eher eine Art Reisebuch. Die Geschichte ist sehr ruhig, bietet wegen der wenigen Ereignisse kaum Handlung und ist zudem sehr textarm. Hierauf sollte man im Vorfeld gefasst sein und somit keine sonderlich spannende Lektüre erwarten. Lässt man sich dennoch darauf ein, bekommt man aber zumindest ein sehr besonderes Leseerlebnis geboten.
Jiro Taniguchi hat wunderschöne und vor allem eindrucksvolle Bilder von Venedig gemalt und sie mit einer einfachen, allerdings durchaus emotionalen, bewegenden und nachvollziehbaren Geschichte verknüpft. Man spürt die Wehmut des Protagonisten und begibt sich gemeinsam mit ihm auf Spurensuche. Um mehr über seinen Großvater herauszufinden, sucht dieser nämlich all die Orte, die auf den Bildern seiner verstorbenen Mutter zu sehen sind und erfährt dabei, dass sein Großvater Maler war. Offenbar lebten seine Großeltern beide lange Zeit in dieser Stadt und obwohl sie nie davon sprach, hat seine Mutter wohl ebenfalls einen Teil ihrer Kindheit dort verbracht.

Der Text ist, wie gesagt, auf das Nötigste beschränkt und welche Orte genau auf den jeweiligen Seiten abgebildet sind, kann man erst der Auflistung im Anhang entnehmen. Dadurch kann man sich zunächst voll und ganz auf die Bilder konzentrieren, sie auf sich wirken lassen und die zahllosen Eindrücke ganz unvoreingenommen in sich aufnehmen. Für die Handlung sind die Bezeichnungen auch gar nicht wichtig und würden nur ablenken. Es ist jedoch gut zu wissen, dass man hinterher nachschauen kann, wo man ein Gebäude, eine Brücke oder Ähnliches finden würde, falls man sie vielleicht einmal selbst aufsuchen möchte.

Denn während der Text schnell gelesen ist, sollte man sich für die zahlreichen Abbildungen etwas mehr Zeit nehmen. Die vielen, farbenfrohen Aquarelle entführen einen in die untergehende Stadt und zeigen diese durch wundervolle Momentaufnahmen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Abgebildet werden dabei sowohl überlaufene Touristenattraktionen als auch unbekanntere, versteckte Orte in kleinen Gassen, die vermutlich nur Einheimischen vertraut sind. Die Innenstadt wird ebenso anschaulich gezeigt wie weitläufiger Sandstrand; bei Tag und bei Nacht, bei Regen und bei strahlendem Sonnenschein – genau, wie bei einer echten Reise. Es gibt unendlich viel zu entdecken und manchmal werden nur kleine Details betont, die einem sonst vielleicht entgangen wären.

So lernt man die verschiedensten Facetten der faszinierenden Stadt auf eine ganz besondere Weise kennen. Die Spaziergänge des Protagonisten laden zum Nachahmen ein und man bekommt richtig Lust Venedig selbst auch einmal zu erkunden. Jiro Taniguchi gewährt einem somit einen umfassenden Einblick in die Lagunenstadt, wie man ihn so sicher selten findet. Es ist eine ganz andere Art sich mit einer Stadt zu beschäftigen und weckt die Neugier auf ähnliche Reisebücher.

Abgerundet wird der Graphic Novel durch ein interessantes Nachwort des Mangakas, der inzwischen leider verstorben ist.

Zur Aufmachung ist noch zu sagen, dass es sich bei Venedig um ein großes Paperback im Querformat handelt, das sich dank der Flexibilität aber problemlos aufschlagen lässt ohne den Einband, vor allem im Hinblick auf den Buchrücken, zu beschädigen.


FAZIT
Mit Venedig hat Mangaka Jiro Taniguchi entsprechend seines Auftrags ein wundervolles, bildreiches Reisebuch geschaffen, welches er geschickt mit einer kleinen, aber feinen Geschichte verknüpft hat, die einen in eine wunderbare, nostalgische Stimmung versetzt und sogar ein wenig Fernweh auslöst.

Veröffentlicht am 19.01.2018

überzeugt nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch

Die Schöne und das Biest
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Inhaltlich handelt es sich bei dieser wundervollen Ausgabe von Die Schöne und das Biest um die wohl früheste Version des allseits bekannten Klassikers von Gabrielle-Suzanne Barbot de Villeneuve aus dem ...

Inhaltlich handelt es sich bei dieser wundervollen Ausgabe von Die Schöne und das Biest um die wohl früheste Version des allseits bekannten Klassikers von Gabrielle-Suzanne Barbot de Villeneuve aus dem 18. Jahrhundert, die nur wenig mit dem beliebten Disney-Film gemein hat. Die deutsch-französische Realverfilmung mit Léa Seydoux kommt dieser Vorlage in gewisser Hinsicht schon deutlich näher, weicht teilweise aber ebenso stark davon ab.
Es ist ausgesprochen interessant und faszinierend diese ursprüngliche, eher altertümliche Variante der Geschichte kennenzulernen, auf die zahlreiche, zum Teil wahrlich großartige, Adaptionen folgten. Zusätzlich zu dem bekannten Grundgerüst der Schönen und des Biests erhält man zahlreiche Hintergrundinformationen über die Herkunft sowie die Familien der beiden Protagonisten und wie es schließlich zu dem furchtbaren Fluch kam, der den Prinzen in ein Untier verwandelte. Dabei spielen sehr komplexe Zusammenhänge eine Rolle, die Jahrhunderte später fast vollständig ausradiert wurden. Außerdem sind noch viel mehr Personen von Bedeutung als es in späteren Interpretationen der Fall ist und auch das Feindbild ist hier noch ein gänzlich anderes. Wie man am Ende erfährt, gibt es in der Aufbereitung der französischen Autorin nämlich sogar gleich zwei Flüche einer bösen Fee, die zum Guten gewandt werden müssen. Das gibt der gesamten Geschichte eine ganz andere Wendung und unterscheidet sich dadurch klar von der Botschaft, die heute durch das Märchen vermittelt wird. Darüber hinaus entsprechen logischerweise auch die Sprache und die gesellschaftlichen Ansichten der damaligen Zeit.

Genauso deutlich unterscheiden sich natürlich ebenso die Charaktere von ihren heutigen Pendants. Die Schöne entspricht vermutlich dem damaligen Ideal einer Traumfrau: Sie ist ehrlich, zurückhaltend, tugendhaft, bescheiden und kultiviert. Das verwunschene Schloss hat viele Annehmlichkeiten zu bieten, mit denen sich gut die Zeit vertreiben lässt, wobei sie auch auf Luxus verzichten kann. Schlagfertigkeit und Intelligenz zählen jedoch noch nicht zu ihren hervorstechenden Eigenschaften.

Das Ungeheuer ist überraschenderweise von Anfang an sehr liebenswürdig und freundlich, wenn auch etwas einfältig. Denn der Fluch, der auf dem Prinzen lastet, hat nicht nur sein Äußeres verändert, sondern beschränkt ferner seine Fähigkeit sich zu artikulieren, was es für die Schöne noch schwerer macht echte Gefühle für ihn zu entwickeln, zumal sie in ihren Träumen gleichzeitig jemandem begegnet, zu dem sie sich auf Anhieb hingezogen fühlt. Das Untier ist offensichtlich verliebt in die Schöne, bedrängt sie allerdings, über den täglichen Heiratsantrag hinaus, nicht und will nur, dass sie im Schloss glücklich ist.

Der Vater der Schönen sowie ihre sechs Brüder sind ebenfalls recht liebenswert, obschon man insbesondere über die Brüder nicht allzu viel erfährt. Lediglich ihre fünf Schwestern sorgen durch ihr schlechtes, selbstsüchtiges Benehmen und ihre anscheinend unüberwindliche Eifersucht auf die Schöne jedes Mal aufs Neue für Unmut. Dennoch verhält sich ihre jüngste Schwester stets äußerst großzügig ihnen gegenüber, was man nur schwer nachvollziehen kann.

Diese Ausgabe von Die Schöne und das Biest besticht jedoch vor allem durch die einzigartige, liebevolle und sehr aufwendige Gestaltung, die das Lesen zu einem unvergesslichen Erlebnis macht. Auf beinahe jeder Seite gibt es etwas Neues zu entdecken, sodass man sich gar nicht daran sattsehen kann. Überdies ist das Buch nicht einfach „nur“ illustriert. Neben dem hochwertigen Einband, den farblichen Hervorhebungen und den besonders gestalteten Kapitelanfängen gibt es zudem nämlich noch zahlreiche interaktive Elemente, die einen in Staunen versetzen. Die Aufmachung ist also tatsächlich jeden Cent wert und macht diese Ausgabe zu einem der schönsten Bücher im Regal.


FAZIT
Die Schöne und das Biest überzeugt nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch. Die besondere, aufwendige Gestaltung macht das Buch zu einem echten Muss für jeden Buchliebhaber – egal ob jung oder alt! Nach dem Lesen wird man daher nicht länger widerstehen können die anderen von MinaLima gestalteten Klassiker ebenfalls in den Warenkorb zu packen – oder zumindest auf den Wunschzettel.

Veröffentlicht am 19.01.2018

eine unterhaltsame, aber etwas schwächelnde Fortsetzung, die trotz sympathischer Figuren leider nicht durchgängig zu fesseln vermag und daher auch nicht gänzlich mit dem Vorgänger mithalten kann

Trust Again
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Trust Again ist eine gute und durchaus unterhaltsame Fortsetzung, die einen mehrfach zum Schmunzeln bringt, aber insgesamt leider nicht so ganz mit dem Vorgänger mithalten kann. Es fällt jedoch schwer ...

Trust Again ist eine gute und durchaus unterhaltsame Fortsetzung, die einen mehrfach zum Schmunzeln bringt, aber insgesamt leider nicht so ganz mit dem Vorgänger mithalten kann. Es fällt jedoch schwer in Worte zu fassen, warum einen das Buch nicht so richtig zu begeistern vermochte oder was genau einem daran nicht gefallen hat. Der sprichwörtliche Funke ist wohl einfach nicht übergesprungen.
Obwohl Dawn nun eigentlich die Hauptrolle spielt, hat man manchmal das Gefühl, dass sie weiterhin lediglich eine sympathische Randfigur darstellt, da die anderen Charaktere nach wie vor sehr präsent sind und sich Dawn mitunter mehr mit Allie, Kayden, Sawyer und deren jeweiligen Problemen beschäftigt als mit sich selbst und ihren eigenen Sorgen. Das macht sie zwar zu einer guten Freundin, keine Frage, doch sie selbst kommt dadurch bisweilen viel zu kurz und geht ein wenig verloren. Außerdem hinterlässt es ein komisches Gefühl, wenn man begreift, wie viele Geheimnisse Dawn tatsächlich vor ihrer angeblich besten Freundin Allie hat, der sie im Endeffekt so gut wie nichts über ihre Vergangenheit oder ihre Zukunftspläne anvertraut hat.

Man hatte Dawn als Figur allerdings schon in Begin Again unheimlich lieb gewonnen und daran ändert sich trotz ihrer Fehler auch in Trust Again nichts, denn diese machen sie schlicht menschlich. Man erfährt viel über sie, das man zuvor noch nicht wusste, weil sie es unsinnigerweise lange vor ihren Freunden geheim hält, zum Beispiel dass sie erotische Liebesromane schreibt um sich etwas dazuzuverdienen.

Man versteht durchaus, dass sie große Angst davor hat noch einmal so verletzt zu werden wie von ihrem Ex und daher versucht sich zu schützen, indem sie Mauern um sich herum errichtet, da sie erst einmal darüber hinwegkommen muss und momentan noch nicht bereit für etwas Neues ist. Es ist jedoch überaus unfair, dass sie wegen dieser Angst alle Männer in eine Schublade mit Nate steckt und allen pauschal unterstellt sich früher oder später ebenso mies zu verhalten wie er. Dadurch verletzt sie jemanden sehr, der aufrichtige Gefühle für sie hat, und verweigert sich starrköpfig der traurigen Wahrheit, dass Nate vielleicht schon immer ein Mistkerl war und sie das nur nie begriffen hat. Darüber hinaus ist es absolut unrealistisch, dass Dawn wegen einer einzigen gescheiterten Beziehung, so furchtbar diese auch geendet haben mag, ernsthaft zu glauben scheint nun für immer Single zu bleiben und sich nie wieder auf einen Mann einzulassen. Dafür ist sie noch viel zu jung.

Spencer ist ein sehr liebenswerter Charakter, über den man nun ebenfalls endlich mehr erfährt. Man hat viel Mitgefühl für die schwere Last, die er auf seinen Schultern trägt. Er versucht stets alles mit sich allein auszumachen und glaubt keine Hilfe verdient zu haben, obschon das, was ihn so belastet, letztlich gar nicht seine Schuld war bzw. er es nicht hätte verhindern können. Es ist wahrlich rührend, wie sehr er sich um seine kleine Schwester kümmert und wie liebevoll er mit ihr umgeht.

Die Beziehung zwischen Dawn und Spencer ist ausgesprochen kompliziert, um nicht zu sagen anstrengend, zumindest gelegentlich, was vor allem an Dawn liegt. Sie fühlt sich zu Spencer hingezogen, will aber trotzdem keine richtige Beziehung mit ihm eingehen, weshalb sie sich schließlich auf eine Freundschaft mit „Bonusleistungen“ einlässt. Mit der Zeit gelingt es Dawn Spencer dazu zu bringen, ihr seine Sorgen anzuvertrauen. Dawn fällt es hingegen äußerst schwer sich ihm umgekehrt ebenso zu öffnen. Sie will Spencer eine gute Freundin sein und ihm bei seinen Problemen helfen, merkt dabei jedoch nicht, wie sehr sie ihn dadurch verletzt, dass sie sich im Gegenzug nicht von ihm helfen lässt und ihn ständig von sich stößt, wodurch sie ihn schließlich gänzlich zu verlieren droht.

Dabei passen die beiden eigentlich wirklich gut zusammen, doch Dawn muss eben erst einmal lernen ihre Ängste zu überwinden und nach vorn zu blinken, statt dem hinterher zu trauern, was sie verloren hat. Beide machen in ihrer gemeinsamen Beziehung Fehler und vielleicht hat Spencer sie tatsächlich ab und an zu sehr bedrängt, das ist aber noch lange kein Grund sein Herz so mit Füßen zu treten, immerhin hat Spencer ihr offen gesagt, was er für sie empfindet, unabhängig davon, ob sie seine Gefühle erwidert.

Wie im New Adult Genre üblich, gibt es auch in Trust Again ein paar erotische Szenen, aus denen Dawn zum Teil die Inspiration für ihre Novellen zieht. Einige Formulierungen von Mona Kasten sind allerdings gewöhnungsbedürftig, wobei das natürlich – wie so Vieles – eine Frage des individuellen Geschmacks ist.

Besonders schön ist im Gegensatz dazu die innige Bindung zwischen Dawn und ihrem Vater und wie sie ihn dabei unterstützt nach so vielen Jahren endlich eine neue Beziehung einzugehen. Selbst ihm hat sie jedoch lange Zeit den wahren Grund für ihre Trennung von Nate verschwiegen, obwohl ihr Vater natürlich bedingungslos hinter ihr steht.

Zur großen Überraschung des Lesers gewinnt zudem ihre Mitbewohnerin Sawyer durch ihre Freundschaft zu Dawn im zweiten Band stark an Sympathie. Sie ist sehr eigen und hat gewisse Marotten, aber definitiv auch ein gutes Herz. Zumindest dafür, wie sehr sie Dawn in bestimmten Situationen unterstützt, muss man sie also einfach gern haben.

Das Ende ist der Autorin ebenfalls sehr gut gelungen, schließt die Geschichte um Dawn und Spencer in sich gekonnt ab und lässt den Leser freudig zurück.


FAZIT
Trust Again ist eine unterhaltsame, aber etwas schwächelnde Fortsetzung, die trotz sympathischer Figuren leider nicht durchgängig zu fesseln vermag und daher auch nicht gänzlich mit dem Vorgänger mithalten kann.