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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2019

Rüttelt wach, hinterlässt jedoch bedenkliche Hoffnungslosigkeit. Mit Vorsicht zu genießen.

Du wolltest es doch
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Worum geht es?

Emma ist wunderschön, das wird ihr von jedem seit ihrer Kindheit immer wieder versichert. Über die Jahre hat sie sich angewöhnt, sich darüber zu definieren, sie trägt gewagte Outfits, um ...

Worum geht es?

Emma ist wunderschön, das wird ihr von jedem seit ihrer Kindheit immer wieder versichert. Über die Jahre hat sie sich angewöhnt, sich darüber zu definieren, sie trägt gewagte Outfits, um die Aufmerksamkeit ihrer (männlichen) Mitmenschen auf sich zu ziehen, und stellt ihre Unwiderstehlichkeit beim anderen Geschlecht immer wieder auf die Probe. Bis es auf einer Party auf einmal eskaliert – ist Emma selbst schuld, dass sie vergewaltigt wurde?

Meine Meinung

Ich finde es unglaublich schwer, dieses Buch zu bewerten. Einerseits halte ich es für sehr gut, weil es den Leser durch einen Wirrwarr verschiedenster Gefühle schickt, andererseits störe ich mich enorm an dem Ende und damit an dem Gesamteindruck, den »Du wolltest es doch« hinterlässt. Wäre die zweite Hälfte des Buches anders gewesen, dann hätte ich vielleicht vier oder fünf Sterne gegeben. Mit dieser Entwicklung jedoch halte ich »Du wolltest es doch« eher für bedenklich.

Das Buch ist keine leichte Kost. Man wird als Leser fast ausschließlich von negativen Gefühlen bestürmt: Ich war wütend, fassungslos, schockiert, enttäuscht, traurig und bedrückt. Und dann wieder so unglaublich wütend. Es gibt zwei, vielleicht drei Personen, denen ich zwischenzeitlich nicht mindestens einmal den Kopf abreißen wollte. Von denen ich behaupten würde, dass sie sich richtig oder zumindest nachvollziehbar verhalten haben. Die meine Sympathie geweckt haben. Die meisten Charaktere, allen voran Emmas Eltern, sind einfach nur dazu da, um die Situation noch schlimmer zu machen, das schlimmstmögliche Szenario zu kreieren. Das Buch vermittelt kein gutes Gefühl, es frustriert und zieht runter. Natürlich würde Humor und Heiterkeit dieses wichtige Thema kleinreden und nicht ernst nehmen, aber mit dieser vollkommenen Trostlosigkeit hätte ich nicht gerechnet.

Emma ist eine ungewöhnliche Protagonistin, denn auf den ersten Seiten kommt sie nicht gerade gut weg. Sie ist oberflächlich, muss ständig im Mittelpunkt stehen und treibt auch mit ihren Freundinnen ein falsches Spiel, indem sie diese mit getarnt-fiesen Bemerkungen kleinmacht, weil sie auf das Geld, die Noten oder Komplimente, die ihre Freundinnen bekommen, eifersüchtig ist. Gleichzeitig möchte sie sich mit jedem gut stellen, spielt Freundlichkeit vor, um bei allen beliebt zu sein, und setzt ihr Aussehen gekonnt in Szene, um sich der Aufmerksamkeit sämtlicher Jungen sicher zu sein. Natürlich ist sie von der Autorin absichtlich so entworfen, denn Louise O’Neill möchte die Botschaft vermitteln, dass niemand, wirklich niemand, Emmas Schicksal verdient hat. Dass auch Frauen, die sich freizügiger kleiden und wechselnde Sexpartner haben, keine Schuld an einer Vergewaltigung tragen und ausschließlich die Täter zur Verantwortung gezogen werden sollten. Ich finde, diese Botschaft kommt durch, denn so wenig ich Emma auch mochte, ich habe trotzdem mit ihr mitgefühlt. Ich war so unglaublich wütend, wie sich ihre Mitmenschen ihr gegenüber verhalten haben. Wie schon gesagt gibt es nämlich nur drei Personen, die in diesem Buch annähernd gut wegkommen, obwohl auch sie Fehler machen.

Der Autorin ist es definitiv gelungen, dass ich mich emotional in die Geschichte verstricke. Sie hat mich berührt, aber sie hat mich auch bedrückt. Louise O’Neill erklärt im Nachwort, was sie mit dieser Entwicklung und dem Ende bezweckt hat – und ich finde es soweit auch nachvollziehbar, aber ich glaube trotzdem nicht, dass das der richtige Ansatz ist. Das vorherrschende Gefühl am Ende ist Hoffnungslosigkeit. Bedrückende Hoffnungslosigkeit. Es kann nichts besser werden, alle Bemühungen sind von vorneherein zum Scheitern verurteilt, warum sollte man es überhaupt versuchen? Natürlich ist mir bewusst, dass das nicht die Botschaft ist, die die Autorin vermitteln möchte: Sie möchte den Leser wachrütteln, darauf aufmerksam machen, dass sich viel zu viele Opfer so fühlen und Victim Blaming falsch ist – »A dress is not a yes!«. ABER: Emmas Geschichte sollte nicht ohne das Nachwort gelesen werden, denn man könnte auch auf die Idee kommen, dass die Autorin zeigen möchte, wie sinnlos alles ist, wie hoffnungslos. Sollte das wirklich das vorherrschende Gefühl nach der Lektüre des Buches sein?

Ganz klar: Nein. Deshalb stehe ich dieser Umsetzung zutiefst skeptisch gegenüber. Ohne Zweifel halte ich sie für authentisch, aber gerade deshalb auch für umso gefährlicher. Ein Mut machendes Ende, das Hoffnung und nicht Hoffnungslosigkeit spendet und die Botschaft vermittelt, dass man nicht aufgeben, sein Schicksal nicht einfach so hinnehmen sollte – DAS wäre für mich das richtige Ende gewesen. Stattdessen könnte der Ausgang dieser Geschichte kaum trostloser und aussichtsloser sein. Emmas Verhalten nach der Vergewaltigung sollte man sich gerade NICHT zum Vorbild nehmen.

Fazit

Eine wichtige Thematik erschreckend trost- und hoffnungslos umgesetzt, was die Lektüre des Buches für Jugendliche bedenklich macht. Jedoch rüttelt das Buch in puncto Victim Blaming und Slut Shaming wach. Nichtsdestotrotz: Mit Vorsicht zu genießen. Deshalb vergebe ich 3,5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.09.2019

Rebellischer Tollpatsch trifft auf griesgrämigen Magier - ein guter Fantasy-Einzelband!

Das dunkle Herz des Waldes
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Worum geht es?

Ein mächtiger Zauberer beschützt Agnieszkas Tal vor dem Dunklen Wald, der die Menschen, die hineingehen, mit einem Übel infiziert. Immer wieder kommen die bösartigen, unheimlichen Kreaturen ...

Worum geht es?

Ein mächtiger Zauberer beschützt Agnieszkas Tal vor dem Dunklen Wald, der die Menschen, die hineingehen, mit einem Übel infiziert. Immer wieder kommen die bösartigen, unheimlichen Kreaturen aber auch aus dem Wald heraus und greifen die Dörfer des Tals an, was nur der Zauberer, der von allen der „Drache“ genannt wird, zu verhindern weiß. Im Gegenzug für seinen Schutz bezahlen die Bewohner des Tals ihn mit Vorräten – und alle zehn Jahre mit einem Mädchen aus dem Dorf, das nach besagten zehn Jahren wieder freikommt. In diesem Jahr wird gemunkelt, dass es Kasia sein wird, Agnieszkas beste Freundin. Sie ist wunderschön, klug und tapfer und sie wurde jahrelang darauf vorbereitet, die Auserwählte des Drachen zu sein. Als der Drache in das Dorf kommt, wählt er aber nicht Kasia, sondern Agnieszka.

Meine Meinung

Mit Lesen des Klappentextes war für mich sofort klar, dass ich das Buch unbedingt lesen möchte. Ein mysteriöser Zauberer, Magie, ein Dunkler Wald und ein Mädchen, das aus irgendeinem Grund von besagtem Zauberer ausgewählt wird, um mit ihm in seinem Turm zu leben – das klang für mich nach einer vielversprechenden Fantasy-Geschichte. Noch dazu ist es ein Einzelband, was ich zwischen den zahlreichen Reihen manchmal sehr erfrischend finde. Langer Rede kurzer Sinn: Mir hat »Das dunkle Herz des Waldes« sehr gut gefallen, sogar noch besser, als ich es erwartet habe, weil mich das Buch regelmäßig zu überraschen wusste.

Der Schreibstil ist angenehm und sehr bildlich. Gelegentlich häufen sich die detaillierten Umgebungsbeschreibungen, die ich nicht immer in der Genauigkeit gebraucht hätte, aber grundsätzlich ist diese Liebe fürs Detail bereichernd für die Geschichte. Dies gilt vor allem für die Magie, die sehr eindrucksvoll beschrieben wird, nicht nur äußerlich in ihrem Wirken, sondern auch die inneren Vorgänge und Gefühle werden dem Leser nicht vorenthalten. Wie in Harry Potter müssen hier Zaubersprüche gesprochen werden, manchmal aber auch – anders als bei der beliebten Reihe von J. K. Rowling – sehr lange Sprüche, bei denen noch dazu ein paar Tricks angewandt werden müssen, damit sie ihre Wirkung entfalten. Das hat mir unglaublich imponiert, weil es auch mal etwas völlig anderes war.

Die Protagonistin Agnieszka war mir in ihrer Tollpatschigkeit sehr sympathisch. Anfangs ist sie verständlicherweise noch zurückhaltend und eingeschüchtert, weil sie nie darauf vorbereitet wurde, von dem Drachen ausgewählt zu werden, und sich deshalb auch nicht darauf einstellen konnte. Aber mit der Zeit rebelliert sie immer mehr und zeigt, wie tapfer und wagemutig sie ist, womit sie auch dem Drachen zu imponieren scheint. Ihre Rolle in dem Geschehen, ihre Entwicklung, was sie alles Neues entdeckt und dem Drachen an Erkenntnissen bringt – das alles hat das Buch so besonders gemacht.

Der Drache ist als männlicher Gegenpart extrem spannend. Er ist mysteriös, griesgrämig und die meiste Zeit wütend, ohne dass man den Grund dafür weiß. Klingt eigentlich unausstehlich, macht aber gerade das Zusammenspiel zwischen ihm und Agnieszka so amüsant. Er ist wütend und tadelt sie, sie ist aufmüpfig und fordert das heraus. Ich mochte den Drachen sehr: Einerseits bleibt er seinem grummeligen Wesen, das Agnieszka immer wieder beleidigt, bis zuletzt treu, andererseits gibt es dann wenige Momente, in denen er auch anders kann. Die Rarität derer macht ihn so interessant.

Obwohl es hier und da ein paar Stellen gibt, die sich etwas ziehen und das Lesen etwas träge machen, überwiegen letztendlich die interessanten und spannenden Stellen. Vor allem gegen Ende wird die Spannung durch einige unerwartete Twists immer wieder in die Höhe getrieben, die Handlung ist zu komplex, um irgendetwas vorherzusehen, und die Autorin macht es sich ganz und gar nicht leicht, indem sie den leichtesten Ausweg findet – im Gegenteil: Die Hindernisse häufen sich und Wendungen kommen um die Ecke, um neue Probleme aufzuwerfen. Darin eingewoben ist auch eine kleine Liebesgeschichte, die sich sehr im Hintergrund hält und dadurch zusätzlich Spannung aufbaut.

Am Ende gibt es eine Art Epilog, der nicht als solcher gekennzeichnet ist, in dem aber schon ein bisschen Zeit vergangen ist. Die Lösung auf den letzten Seiten hat mir gut gefallen und für mich den perfekten Abschluss gebracht – mich lässt das Buch glücklich und zufrieden zurück.

Fazit

Ein sehr guter Fantasy-Einzelband, der mit einer eigenwilligen, originellen Magie, einer eindrucksvollen, tapferen Protagonistin und einer spannungsreichen Handlung aufwartet, die sich nicht vorhersehen lässt. Gelegentlich gibt es ein paar Passagen, die sich etwas ziehen, grundsätzlich ist das Buch jedoch sehr fesselnd. Es wusste mich zu überzeugen – 4 Sterne!

Veröffentlicht am 24.09.2019

Leider ist der Fantasy-Aspekt ein Teil der Liebesgeschichte - und nicht andersherum.

One True Queen, Band 1: Von Sternen gekrönt (Epische Romantasy von SPIEGEL-Bestsellerautorin Jennifer Benkau)
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Ich wusste auch ohne den Klappentext, dass ich dieses Buch unbedingt lesen möchte. Das Cover ist einfach nur wunderschön, obwohl ich Gesichter darauf eigentlich nicht so gerne mag. Hier jedoch ist es ein ...

Ich wusste auch ohne den Klappentext, dass ich dieses Buch unbedingt lesen möchte. Das Cover ist einfach nur wunderschön, obwohl ich Gesichter darauf eigentlich nicht so gerne mag. Hier jedoch ist es ein absoluter Blickfang, der eine spannende, vielleicht sogar düstere Fantasy-Geschichte andeutet. Leider musste ich während des Lesens feststellen, dass die Geschichte, die dahinter lauert, dem Cover leider ganz und gar nicht gerecht wird.

Das Buch hat sehr stark begonnen. Wir lernen Mailin kennen, die in ihrer Freizeit eine Kampfsportschule besucht und sich für ihre Schwester einsetzt, die im Wachkoma liegt. Während ihre Mutter aus Überforderung schon mit dem Gedanken spielt, ob ein Heim nicht die beste Pflege für Vicky bieten würde, setzt sich Mailin energisch dafür ein, dass sie bei ihnen bleibt. Im Gegensatz zu ihrer Mutter und ihrer Pflegerin hat sie noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass Vicky alles um sich herum mitbekommt und wieder aufwachen wird. Als sie nach einem Streit mit ihrer Mutter die Kampfsportschule aufsucht, geschieht auf einmal etwas Merkwürdiges: Es fühlt sich an, als würde sie zu Staub zerfallen, und plötzlich wacht sie in einer anderen Welt auf: Lyaskye.

Gemeinsam mit Mailin lernt der Leser diese andersartige Welt kennen, begegnet Killerkaninchen und sich bewegenden Bäumen, das volle Fantasy-Feeling kommt auf. Und dann ist da dieser Typ, der mysteriöse Fremde, der sich nicht mit Namen vorstellen möchte, sich aber dazu bequemt, sie zu retten. Er ist der einzige Mensch weit und breit und obwohl er alles andere als vertrauenswürdig aussieht, bittet Mailin ihn, sie nach Rubia zu bringen, damit sie einen Weltenspringer finden kann, der sie zurück in ihre Heimat bringt. Dass das nicht ganz so läuft, wie sie es sich vorstellt, nimmt der Klappentext bereits vorweg. Sie soll Königin werden, aber das ist mit einem nicht unerheblichen Preis verbunden: ihrem Leben.

Die Grundidee, die dem Buch zugrunde liegt, halte ich für originell – ich habe bisher nichts Vergleichbares gelesen. Das Worldbuilding ist facettenreich und interessant, immer wieder kommen neue Aspekte auf, die der Geschichte etwas Besonderes beisteuern. Es hätte ganz großartig werden können, aber leider hapert es an der Umsetzung.

Zu Beginn des Buches war ich noch sehr zuversichtlich, dass ich dieses Buch mögen würde. Es schien, als hätten wir mit Mailin eine starke Protagonistin vor die Nase gesetzt bekommen, die eine rebellische Königin abgeben würde. Mir haben ihre Gedanken und ihre Kommentare gefallen, weil sie mich immer wieder zum Grinsen gebracht haben. Außerdem gefiel es mir, dass sie kämpfen und sich daher anscheinend auch selbst retten kann. So ist es in gewisser Weise auch, aber von Seite zu Seite haben sich die Momente gehäuft, in denen sie furchtbar naiv und kopflos gehandelt und gedacht hat. Ständig schwankt sie zwischen vorschnellem Vertrauen und dicht folgendem Misstrauen. Da habe ich den Draht zu ihr verloren, weil ich manches einfach nicht nachvollziehen konnte.

Ein anderer Aspekt, der mich zu Beginn begeistern konnte, war ihr mysteriöser Begleiter. Ja, ich weiß, klingt nach Klischee – und ist auch eins. Trotzdem fand ich seine trockene, geheimnisvolle Art spannend. Sie hat mich auf die Liebesgeschichte zwischen ihm und Mailin neugierig gemacht. Irgendwann war es aber gerade diese Art, die mich genervt hat. Die ständigen Lügen, die ausweichenden Antworten und die fast schon zwanghafte Geheimniskrämerei waren irgendwann anstrengend. Zwar hat dieses Verhalten seinen Ursprung in seiner Vergangenheit, aber irgendwie … ich weiß nicht. Es war mir zu gewollt, dass er der geheimnisvolle, düstere Fremde ist, der alles und jeden in seinem Umfeld belügt und niemandem seinen echten Namen nennt.

Und trotzdem gab es etwa hundert Seiten im Buch, die mich fast schon enorm gelangweilt haben, weil er nicht dabei war. Da hat sich bei mir langsam der Gedanke festgesetzt, dass die Handlung einfach nicht genug ist, um die Geschichte alleine zu tragen. Es brauchte die Liebesgeschichte, um interessant genug zu sein – und das ist übel, denn ich bevorzuge Bücher, in denen die Romanze ein kleiner, nebenstehender Teil ist, der den Leser mitfiebern lässt und möglichst lange hinausgezögert wird. Das hätte hier für mich nicht funktioniert, denn dafür ist die Handlung zu simpel gestrickt, um durchgehend zu fesseln. Es mag den einen oder anderen Twist geben, aber letztendlich sind auch diese vorhersehbar und es ist ein bisschen nervig, dass die Protagonistin in Gegensatz zu einem selbst noch viele Seiten mehr braucht, um die Situation zu durchschauen.

Nach besagten Seiten ohne den Typen wurde es ein klein wenig besser. Die Lage spitzt sich immer mehr zu, es kommt etwas Bewegung in die Sache und gegen Ende herrscht dann völliges Chaos. Leider ist nicht nur der Inhalt chaotisch, sondern auch die Struktur der Handlung, weshalb ich auf den letzten fünfzig Seiten wohl die meiste Zeit einfach nur verwirrt war. Mailin wechselt so schnell ihr Vorhaben, dass ich nicht folgen konnte, welchem Plan sie jetzt gerade eigentlich nachgeht. Und genauso verhält es sich auch mit den anderen Figuren, irgendwie sind ihre Pläne nicht sonderlich durchdacht, das meiste läuft mit der Hau-drauf-Methode ab – und doch wird dem Ganzen irgendein Sinn und ausgiebige Überlegung unterstellt. Das war ein einziges sinnloses Hin und Her, als hätte sich die Autorin gedacht, wenn sie nur genug Chaos stiftet, dann mogeln sich ihre Figuren da irgendwie durch.

Die Handlung schwankt also zwischen interessant, spannend, langweilig und chaotisch, um letzten Endes irgendwie keinen richtigen Sinn erkennen zu lassen. Die Liebesgeschichte ist der rote Faden, der sich durch das Buch zieht. Von Anfang an unterschwellig präsent, weiß der Leser, wohin sich das entwickeln wird. Noch dazu haben wir die typische Konstellation: ahnungsloses, aber rebellisches Mädchen trifft auf geheimnisvollen, düsteren Fremden, der sie nicht an sich heranlässt – und dann doch irgendwie. Oder auch nicht. Bei ihm weiß man das nicht so genau. Die beiden haben ein paar süße Momente, die aber leider nichts Besonderes sind. Man fiebert zwar mit, aber bedauerlicherweise nicht mit den typischen Schmetterlingen im Bauch.

Ich bin ziemlich planlos, wenn es darum geht, zu mutmaßen, was sich für Band 2 erwarten lässt, denn irgendwie ist alles offen. Es gibt einen Cliffhanger, den ich nicht so richtig verstehe bzw. nicht zu deuten weiß, und der mich deshalb schon ein bisschen neugierig auf die Fortsetzung macht. Gleichzeitig wird eine interessante Ausgangssituation geschaffen – für die Liebesgeschichte. Was alles andere angeht: Keine Ahnung, dafür waren die letzten Seiten einfach zu wirr und undurchsichtig. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich die Fortsetzung lesen werde, denn trotz des interessanten Worldbuildings konnte mich die Handlung einfach nicht genug packen.

Fazit

Leider wird die Handlung dem wunderschönen Cover und dem interessanten Worldbuilding nicht gerecht. Man hätte mehr daraus machen können. Auf mich wirkte es, als wäre die Handlung um die Liebesgeschichte herum entworfen worden, denn Letztere ist es, die die Geschichte trägt. Schade, ich habe mir mehr erwartet. Cover, Worldbuilding und ein paar spannende Momente lassen mich noch 3 Sterne geben.

Veröffentlicht am 19.09.2019

Die 600 Seiten fliegen an einem vorbei, als wären sie nichts. Dieser Auftakt hat alles!

Die Krone der Dunkelheit
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An Büchern mit über 600 Seiten traue ich mich immer nur mit einer gewissen Skepsis heran, weil ich eine unglaublich langsame Leserin bin und nicht gerne parallel lese – sprich: Ich möchte das angefangene ...

An Büchern mit über 600 Seiten traue ich mich immer nur mit einer gewissen Skepsis heran, weil ich eine unglaublich langsame Leserin bin und nicht gerne parallel lese – sprich: Ich möchte das angefangene Buch möglichst in einem Rutsch durchlesen und das ist bei 600 Seiten nicht gerade leicht. Wenn sich das Buch dann auch noch schleichend liest und ich nach der höheren Seitenanzahl die Lust verliere, ist das ganz übel.

Langer Rede kurzer Sinn: Der Auftakt zu „Die Krone der Dunkelheit“ fällt ganz und gar nicht in diese Kategorie, im Gegenteil: Ich habe mich so sehr an den Seiten festgesaugt, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie viele Seiten an mir vorbeigerauscht sind. Nicht einmal ist mir während des Lesens langweilig geworden, ich hatte stetig den Drang, weiterzulesen und die Welt und die Geschichte weiter zu entdecken. Dieses Buch hat sich geradewegs zu meinen Lieblingsbüchern katapultiert.

Wo soll ich nur anfangen, um den Inhalt zu beschreiben? Es gibt so viele Charaktere, so viele Handlungsstränge und so viele wichtige Elemente in der Geschichte, dass es nahezu unmöglich ist, alles in kurzen Worten darzulegen. Wir befinden uns in Lavarus, das sich in die Länder Thobria (das der Sterblichen) und Melidrian (das der Fae) unterteilt, die durch eine Mauer getrennt sind. Melidrian teilt sich noch einmal in die Gebiete der Seelie (mit ihrer Hauptstadt Daaria) und der Unseelie (mit ihrer Hauptstadt Nihalos). Die Völker der Sterblichen, der Seelie und der Unseelie haben vor ewigen Zeiten ein Abkommen geschlossen, das es ihnen jeweils verwehrt, die Mauer zur anderen Seite zu überqueren – bei einem Bruch des Abkommens droht ein Krieg. Um dieses Abkommen zu wahren, gibt es die sogenannten unsterblichen Wächter, die einmal Menschen waren, aber durch ein Ritual zu etwas Stärkerem werden, das es sowohl mit Fae als auch mit sogenannten Elva, tierartigen Wesen, aufnehmen kann. Diese Wächter patrouillieren an der Mauer, um die Einhaltung des Abkommens zu gewährleisten.

Obwohl sich auch Kapitel finden, die aus der Sicht anderer Personen geschrieben sind, verfolgen wir das Geschehen hauptsächlich aus der Sicht zweier Charaktere: Auf der einen Seite haben wir Prinzessin Freya, die Tochter des sterblichen Königs, die sich auf die Suche nach ihrem entführten Zwillingsbruder begeben will. Unterstützung sucht sie bei dem unsterblichen Wächter Larkin, den sie vorher erstmal aus dem Verlies ihres Vaters befreien muss.
Auf der anderen Seite haben wir Ceylan, eine Waise, die vor sieben Jahren ihre Eltern verloren hat und nun aus Rachegefühlen eine unsterbliche Wächterin werden möchte. Das Problem ist nur: Der Field Marshal sperrt sich dagegen, denn an der Mauer gab es bisher keine Frauen.

Mich hatte das Buch schon nach wenigen Seiten, da mir der Schreibstil auf Anhieb imponiert hat. Während des Lesens ist er mir immer wieder positiv aufgefallen, weil er nahezu mühelos ein Kopfkino in Gang setzt. Er baut eine eindrucksvolle, magische Atmosphäre auf, sodass man sich in die fantastische Welt hineinversetzt fühlt. Gleichzeitig wusste mich auch der Humor zu überzeugen, der hin und wieder anklingt, ohne der Geschichte ihre Ernsthaftigkeit zu nehmen. Laura Kneidl serviert ihn uns in genau den richtigen Dosen.

Neben dem beeindruckendem Schreibstil sind es aber auch die Charaktere, das Worldbuilding und die Handlung, die dieses Buch so großartig machen. Die Autorin hat es geschafft, dass ich so viele Charaktere ins Herz schließe, Charaktere, mit denen ich richtig mitfiebere und um die ich bange, in der Sorge, dass sie sterben könnten. Bei manchen Charakteren war das richtig überraschend, weil ich ihnen gleichzeitig auch misstrauisch gegenüberstand, da sich nicht vorhersagen ließ, was man von ihnen noch zu erwarten hatte. Von manchen weiß ich es immer noch nicht, dafür sind sie einfach zu undurchschaubar. Diese Zwiespältigkeit, das Unvermögen, die Charaktere klar in „Gut“ und „Böse“ unterteilen zu können, macht das Buch so spannend und die Handlung so unberechenbar.

Freya und Ceylan sind als Protagonistinnen jedoch schlichtweg bemerkenswert. Sie sind beide auf ihre eigene Art mutig, ehrgeizig und dickköpfig. Während Ceylan kämpfen kann und nicht wenige der Wächternovizen in den Schatten stellt, ist Freya eher auf die Magie fokussiert, obwohl sie diese auch nur relativ schwach wirken kann. Sie macht das jedoch durch ihren Mut und ihre Entschlossenheit wett und ist für mich sogar noch die beeindruckendere und sympathischere Protagonistin, auf deren Kapitel ich mich immer wieder gefreut habe. Ceylan hat mich dagegen durch ihr vorlautes und freches Mundwerk stets zu erheitern gewusst. Die beiden machen die Geschichte zu etwas ganz Besonderem.

Dazu tragen aber auch die männlichen Charaktere bei, die ihren Weg kreuzen. Larkin als unerbittlicher, düsterer Wächter, der der Königsreligion angehört, Freya und ihren Vater anbetet und für die Prinzessin sein Leben geben würde, Leigh als überraschend humorvoller Wächter, Khoury als strenger, unvorhersehbarer Field Marshal (und damit Anführer der Wächter), aber auch der Prinz der Unseelie, sein Berater Aldren, der Assassine Weylin und der Pirat Elroy. Jeder ist auf seine Weise interessant und schwer einzuschätzen. Ich habe selten so viele Charaktere ins Herz geschlossen.

Durch das nicht gerade einfach gestrickte Worldbuilding ist die Handlung nicht vorauszuahnen. Ich hatte lange Zeit keine Ahnung, in welche Richtung sich das Geschehen entwickeln würde, bis sich langsam ein paar Puzzleteile an ihren Platz gefügt haben – auch mit dem einen oder anderen Twist, der überraschend kam. Es ist nie langweilig geworden, die ganze Zeit passiert irgendetwas: Selbst, wenn ich mich gelegentlich über den Sichtwechsel geärgert habe, weil ich vor allem bei Freya und Larkin weiterlesen wollte, wusste mich auch das neue Kapitel immer wieder in seinen Bann zu ziehen. Jeder Handlungsstrang ist wichtig für die Haupthandlung, auch wenn das am Anfang noch nicht so klar zu erkennen ist.

Abgesehen von der spannenden Handlung und dem Drang, zu erfahren, ob Freya ihren Bruder findet und Ceylan bei den Wächtern aufgenommen wird, haben mich auch die möglichen Liebesgeschichten an die Seiten gefesselt, denn sie sind lediglich unterschwellig und andeutungsweise vorhanden, sodass man als Leser auch diesbezüglich ordentlich mitfiebert. Hier findet sich kein seitenweises Angeschmachte oder die dauernde Erwähnung des guten Aussehens irgendeiner Person – es wird sich ganz schön bedeckt gehalten und trotzdem werden dem Leser gerade genug Brocken hingeworfen, um sich auf mehr zu freuen.

Ich bin so gespannt auf den nächsten Band und habe schon richtig Angst davor, anschließend auf den dritten Band warten zu müssen. Wie soll man das aushalten, wenn der zweite Band so gut ist wie der erste?

Fazit

Ich hatte keine hohen Erwartungen an diesen Auftakt und wurde förmlich weggepustet: von dem Schreibstil, den Charakteren, dem Worldbuilding und der Handlung. Es ist so spannend, dass man sich gar nicht von den Seiten lösen möchte, und bei jedem Griff nach dem Buch freut man sich auf ein Wiedersehen mit den Charakteren. Ich bin wahnsinnig gespannt, ob die Reihe ihr hohes Niveau halten wird, kann aber diesen Auftakt auf jeden Fall schon mal uneingeschränkt empfehlen. Die 600 Seiten fliegen nur so an einem vorbei. Volle Punktzahl!

Veröffentlicht am 14.09.2019

Wie viele Finns braucht man, um ein Buch zu zerstören? Einen!

Wild Hearts - Kein Blick zurück
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Klappentext

Ein alter Camper und ein Stück Land im Nirgendwo von Florida ist alles, was Sawyer Dixon nach dem Tod ihrer Mutter geblieben ist. Weit weg von ihrer Vergangenheit will sie einen Neuanfang ...

Klappentext

Ein alter Camper und ein Stück Land im Nirgendwo von Florida ist alles, was Sawyer Dixon nach dem Tod ihrer Mutter geblieben ist. Weit weg von ihrer Vergangenheit will sie einen Neuanfang wagen. Doch sie hat nicht mit ihrem neuen Nachbarn Finn gerechnet. Der missmutige (und furchtbar attraktive) Einzelgänger ist wenig begeistert davon, dass Sawyer vor seiner Haustür campt - und ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen will!

Meine Meinung

Mit Lesen des Klappentextes und der Leseprobe stand für mich recht schnell fest, dass ich »Wild Hearts« unbedingt lesen möchte. Auf den ersten Seiten wird man direkt mit Sawyers und Finns Dämonen konfrontiert: Sawyers gewalttätiger Vater und Finns verstorbene Freundin. Das ist eigentlich Stoff für eine wirklich gute, tiefgründige Liebesgeschichte. Leider hat die Autorin überhaupt nichts daraus gemacht. Nein, sie hat die Idee sogar total gegen die Wand gefahren.

Ihr Schreibstil gefiel mir eigentlich recht gut, wenn es nicht um die Dialoge ging. Lässt man den Inhalt mal außer Acht, dann hat sie einen schönen Stil, Menschen, Orte, Eindrücke und Gefühle zu beschreiben. Die Dialoge dagegen können damit überhaupt nicht mithalten, sie wirken merkwürdig, unpassend und überspitzt. Vor allem Finn gibt völlig geschmacklose Bemerkungen von sich, die ich manchmal sogar abstoßend fand.

Aber er ist auch insgesamt ziemlich unmöglich. Wäre er nicht der Protagonist in einem Liebesroman und würde sich Sawyer nicht von ihm angezogen fühlen, dann bezweifle ich, dass man ihm als Leser sonderlich wohlgesonnen wäre. Die Hälfte des Buches bedrängt er Sawyer, er verhält sich übergriffig und manche seiner Kommentare könnten auch genauso gut von einem betrunkenen, aufdringlichen Idioten stammen, der kein »Nein« versteht. Ah, Moment. Genau das ist Finn ja auch.

Aber Sawyer lässt sich das nur zu gerne gefallen, denn Finn ist schließlich heiß. Da ist grenzüberschreitendes Verhalten natürlich sexy. Puh! Echt? Nachdem sie am Anfang so stark und mutig aufgetreten ist, als sie ihrem schrecklichen Vater den Rücken gekehrt hat, waren ihre Reaktionen auf Finn für mich ziemlich enttäuschend. Man müsste meinen, sie hätte ein Problem mit seiner Dominanz, aber Fehlanzeige. Irgendwie verliebt sie sich in ihn. Warum? Ich habe keinen blassen Schimmer. Völlig unverständlich ist für mich auch, wie sie nach 21 Jahren in ihrer persönlichen Hölle nicht mal einen Hauch traumatisiert sein kann, denn abgesehen von einem Ausbruch gleich zu Anfang würde man nie auf die Idee kommen, dass sie den Fängen ihres gewalttätigen, tyrannisierenden Vaters entkommen ist. Das ernste Thema »häusliche Gewalt« wird oberflächlich und unzufriedenstellend abgehandelt. Eigentlich ist es sogar eine Schande, wie wenig Raum der Thematik eingeräumt wird.

Abgesehen davon konnte mich auch die Beziehung zwischen Finn und Sawyer überhaupt nicht mitreißen, weil sie schlichtweg befremdlich ist und keinerlei Grundlage hat, wenn man mal von der körperlichen Anziehung absieht. Ihre Unterhaltungen sind entweder oberflächlich oder pseudotiefgründig und gipfeln letztendlich immer in körperliche Annäherungen. Dass die beiden dann in Gedanken immer von ihrer besonderen Verbindung sprechen, konnte bei mir nur Augenverdrehen auslösen. »Deinetwegen will ich ein besserer Mensch werden … du machst einen besseren Menschen aus mir.« (S. 276) – Oh bitte! Geht es noch klischeehafter?

Mindestens genauso problematisch ist die Beziehung zwischen Josh (Achtung, weiblich!) und Miller, die ich anfangs noch sehr amüsant fand, weil Miller echt ein Lichtblick in diesem Überfluss von grenzwertigen Charakteren ist. Irgendwann waren aber auch ihre Unterhaltungen zu überspitzt und manche Wortfetzen viel zu sehr aus dem Zusammenhang gerissen, dass man als Leser gar nicht folgen konnte. Eben noch haben die beiden Sex (ja, das Buch ist aus Sawyers und Finns Sicht geschrieben, aber die beiden haben das Wort »Privatsphäre« noch nie in ihrem Leben gehört) und im nächsten Moment streiten sie sich, ohne dass man als Leser erfährt, was den Anlass dazu gegeben hat. Das war einfach nur verwirrend und hat den Lesefluss enorm gestört.

Zudem hatte ich das Gefühl, dass im Lektorat ein bisschen was schiefgelaufen ist, denn ich hatte nicht nur einmal das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben. Da denkt Sawyer darüber nach, ob es so eine gute Idee ist, sich mit Sterling zu treffen, weil Finn ihr angeblich gesagt hat, sie solle sich von ihm fernhalten … aber dieses Gespräch zwischen ihr und Finn taucht erst viel später auf. Merkwürdig.

Ich hatte echt mehr als einmal das Bedürfnis, das Buch abzubrechen. Da ich aber von einem Plot Twist gehört hatte, habe ich bis zum Ende durchgehalten. Einen Twist gibt es auch und er hat es in sich, aber er macht alles andere natürlich nicht wett. Das Buch ist nicht auf einmal gut, nur weil es diesen Twist gibt. Um ehrlich zu sein, macht er mich nicht einmal neugierig auf den zweiten Band, denn – so heftig es auch klingt – im Grunde ist es mir ziemlich egal, wie es mit Sawyer und Finn weitergeht. Ich konnte die beiden einfach nicht liebgewinnen und ihre Liebesgeschichte schon gar nicht. Für mich ist »Wild Hearts« ein ziemlicher Reinfall.

Fazit

Dieses Buch kann ich leider nicht empfehlen, weil die Umsetzung dieser interessanten Ausgangssituation oberflächlich und unzufriedenstellend ist und manche Charaktere, vor allem der männliche Protagonist, wirklich grenzwertig sind. Die erste Hälfte konnte trotz abschreckender Aspekte noch irgendwie fesseln, dann wurde es einfach nur noch anstrengend und das Lesen hat keinen wirklichen Spaß gemacht. Band 2 werde ich wohl nicht mehr lesen. Ich vergebe 2 Sterne.