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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.12.2022

Mord im Landhaus

Die Dreitagemordgesellschaft
1

In der Bibliothek von Agatha Christies Landhaus liegt die Leiche des Journalisten Waring. Haushälterin Phyllida entdeckt ihn und alarmiert die Polizei, die leider nur sehr schwerfällig ermittelt. Deshalb ...

In der Bibliothek von Agatha Christies Landhaus liegt die Leiche des Journalisten Waring. Haushälterin Phyllida entdeckt ihn und alarmiert die Polizei, die leider nur sehr schwerfällig ermittelt. Deshalb schaltet sich Phyllida in die Ermittlungen ein und gerät dabei in allerlei gefährliche, aber auch witzige Situationen.

Colleen Cambridges bildhafter, flüssig zu lesender und mit köstlichem britischem Humor gewürzter Schreibstil macht richtig Spaß. In Rekordzeit hatte ich die einzelnen Kapitel durch - leider. Denn ich habe es bedauert, als dieses Buch zu Ende war.

Die handelnden Personen werden mit ihren teilweise verschrobenen Eigenheiten so liebevoll und detailliert geschildert, dass ich schnell Zugang zu ihnen fand. Besonders Phyllida und Mr. Dobbs sind mir sehr ans Herz gewachsen, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Mir. Dobbs ist der typische britische Butler mit dem sprichwörtlichen Stock im Kreuz, während Phyllida als Haushälterin eine warmherzige, eher unkonventionelle Person ist.
Die Auflösung des Mordfalls wird schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, ich konnte jederzeit folgen. Von Anfang an ist die Story spannend und rätselhaft, bis zum Schluss konnte ich nur vermuten, wer der Täter ist - und lag daneben. Die Autorin nimmt an einigen Stellen Bezug auf das Werk Agatha Christies, auch die bei ihr übliche Schlussansprache fehlt nicht.

Besonders gefallen hat mir der feine britische Humor, der an zahlreichen Stellen des Buches durchkommt. Das tut der Spannung keinen Abbruch sondern rundet die Geschichte sehr ansprechend ab.

Insgesamt darf ich sagen, dass ich vom Start dieser Reihe sehr begeistert bin und sie auf jeden Fall weiterverfolgen werde - daraus folgt eine hundertprozentige Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 03.12.2022

Kreuzberg on fire

Die Stunde der Hyänen
0

Kreuzberg wird erschüttert von einer Reihe von Brandstiftungen an Deutschlands liebstem Kind - dem Auto. Wir lesen die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven - da ist der Postbote Maurice, ...

Kreuzberg wird erschüttert von einer Reihe von Brandstiftungen an Deutschlands liebstem Kind - dem Auto. Wir lesen die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven - da ist der Postbote Maurice, der von vornherein als Täter geoutet wird, die Journalistin Jette, Polizistin Romina und der Obdachlose Radek, Opfer des ersten Feuers.
Der Schreibstil ist flüssig und sehr gut zu lesen. Es werden zahlreiche aktuelle Themen behandelt, man muss aufpassen, dass man nicht den Überblick verliert. Ein bisschen weniger wäre da mehr gewesen. Gut gefallen hat mir der kritische Umgang mit der Automania der Deutschen, sehr gut dargestellt als der Besitzer des ausgebrannten PickUps minutenlang mit gelupfter Mütze wie im Gebet vor dem Wrack seines Fahrzeugs verharrt.

Der Spannungsaufbau allerdings leidet sehr unter den häufigen Ausflügen in die Welt einer sehr strikten Sekte (Zeugen Jehovas?), die auch noch von zahlreichen Wiederholungen geprägt sind.
Die Protagonisten wirken allesamt durchgeknallt, es fällt mir schwer, auch nur für einen Sympathie zu empfinden. Journalistin Jette jagt senstionslüstern ihren Stories hinterher und lässt sich von ihrem Freund misshandeln. Polizistin Romina jagt fanatisch nach der Anerkennung ihrer Kollegen, Postbote Maurice versucht seine sexuellen Spannungen durch Feuer abzubauen, die Sektenführer sind bigotte Päderasten. Es kann einem schlecht werden vor all diesen menschlichen Abgründen! Das ist mir alles ein bisschen zu viel des "Guten", da ist Johannes Groschupf eindeutig über das Ziel hinausgeschossen.

Punkte gibt es für den Schreibstil und die Sozialkritik, auch das Thema ist toll.
Deshalb eine eingeschränkte Leseempfehlung, denn wer so viele durchgeknallte Charaktere in einer Geschichte mag, wird hier sicher seine Freude haben.



  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.12.2022

Düster und abgedreht

Wintersterben
0

Ex-Interpol-Ermittler Gress wird tot in einer entlegenen Berghöhle aufgefunden. Zusammen mit einem neuen Kollegen vom BKA nimmt Valeria Ravelli, ebenfalls Interpol, die Ermittlungen im Bergdorf Steinberg ...

Ex-Interpol-Ermittler Gress wird tot in einer entlegenen Berghöhle aufgefunden. Zusammen mit einem neuen Kollegen vom BKA nimmt Valeria Ravelli, ebenfalls Interpol, die Ermittlungen im Bergdorf Steinberg nahe der Höhle auf. Sie setzen sich auf die Spur des Ermordeten und stoßen auf eine unvorstellbare Serie von Entführungen, Morden und weiteren Verbrechen.

Die Gestaltung des Covers gibt schon einen Hinweis auf die Düsternis in der Geschichte. Der Schreibstil ist bildhaft, manchmal etwas drastisch und zum Spannungsaufbau gut geeignet.
Ermittlerin Ravelli ist schwer zu greifen, vielleicht aufgrund der Tatsache, dass ich Band 1, auf dessen Handlung oft angespielt wird, nicht gelesen habe. Ihre Ermittlungsschritte sind selten schlüssig und deshalb für mich nicht nachvollziehbar, sie wirken sehr zufällig. Auch die Tatsache, dass Ravelli sich sehr unbedacht immer wieder alleine in gefährliche Situationen stürzt, hat mir missfallen. Allerdings wird davon die Spannung getragen, denn die Geschichte hat doch einige Längen. Ravellis Ermittlungspartner Bain ist blass geblieben, denn er bekommt sehr wenig Raum in der Geschichte. Allerdings sind seine Ermittlungsschritte für mich logisch und nachvollziehbar.
Die Auflösung des Falles ist wenig überraschend, denn der Verdächtige wird von seinem Erscheinen an so polarisierend geschildert, dass gleich klar ist, dass er derjenige sein muss.
Insgesamt hat mich dieser düstere, beklemmende Thriller nicht überzeugt, ich kann ihn nur eingeschränkt empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.11.2022

Großartiger Historienroman

Der eiserne Herzog
9

Wir lesen hier die Vorgeschichte der legendären Schlacht von Hastings, aus der der normannische Herzog Guilhem als „William der Eroberer“, König von England, hervorgeht. Zunächst heiratet Guilhem Matilda, ...

Wir lesen hier die Vorgeschichte der legendären Schlacht von Hastings, aus der der normannische Herzog Guilhem als „William der Eroberer“, König von England, hervorgeht. Zunächst heiratet Guilhem Matilda, die Tochter des Grafen von Flandern. Sie ist gebildet und eine ebenbürtige Partnerin für ihn. Als Eadweard, König von England, ihn zu seinem Nachfolger erklärt, ist ihm klar, dass er um seinen Anspruch wird kämpfen müssen. Sein Gegner ist Harold Godwinson, Spross der einflussreichsten Familie Englalands, dessen Anhänger aus diesem Einfluss einen Thronanspruch ableiten.
In gewohnt bildhaftem, detailliertem Schreibstil schildert uns Ulf Schiewe die Ereignisse die zur folgenreichen Schlacht von Hastings geführt haben. Er bettet fiktive Ereignisse perfekt in die historisch belegten Fakten ein und macht den Roman mit seinen akribischen Recherchen zu einem lehrreichen Lesespaß. Ich konnte sozusagen aus der ersten Reihe miterleben, welche Schachzüge der mächtigen letztendlich zu der folgenschweren Schlacht geführt haben. Alle Beteiligten werden ausführlich charakterisiert, so dass man ihre Handlungen immer nachvollziehen kann. Besonders Harold Godwinson, Guilhem und Matilda wirken sehr authentisch. Besonders mitfühlen konnte ich mit Harolds Frau Ealdgyth, deren Gefühle Ulf Schiewe besonders zum Schluss hin so einfühlsam schildert, dass ich mich direkt in sie hineinversetzen konnte.
Wie bei einem Werk von Ulf Schiewe üblich, wurde ich nicht nur erstklassig unterhalten, sondern konnte auch meine Geschichtskenntnisse erweitern. Folgerichtig kann ich dieses Buch für historisch interessierte Leseratten nur wärmstens empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 08.11.2022

Frauen an die Macht

Die Tochter der Hungergräfin
0

Gräfin Louise Juliane von Sayn-Wittgenstein muss um ihre Grafschaft kämpfen, als nicht nur ihr Mann, sondern auch ihr erbberechtigter Sohne verstorben ist. Der letzte Wille ihres Mannes ist es ...

Gräfin Louise Juliane von Sayn-Wittgenstein muss um ihre Grafschaft kämpfen, als nicht nur ihr Mann, sondern auch ihr erbberechtigter Sohne verstorben ist. Der letzte Wille ihres Mannes ist es zwar, dass sie die Grafschaft weiterhin regiert, doch in diesen von Männern dominierten Zeiten wird das nicht geduldet. Die Gräfin und ihre Töchter werden belagert und verfolgt und müssen hungern. Mithilfe des Volkes, das seine Gräfin sehr liebt, entkommen sie und finden Hilfe bei Landgraf Georg von Hessen-Darmstadt, der sie auch im Kampf um ihre Grafschaft unterstützt.

Das Cover wirkt ein bisschen finster, passt aber gut zu der wenig fröhlichen Geschichte, die zur Zeit des 30-jährigen Krieges spielt. Sehr einfühlsam und anschaulich erzählt Annette Spratte die Geschichte aus Sicht der Junggräfin Ernestine, die als Erbin ihren verstorbenen Bruder ersetzen soll. Es gelingt ihr sehr gut, reale Historie und Fiktion zu verbinden. Sie charakterisiert die handelnden Personen genau, ihre Handlungen sind immer gut nachzuvollziehen. Besonders gut gefallen hat die Weiterentwicklung der Junggräfin Ernestine, deren Gedanken mir immer nahe gebracht wurden und die an den Ereignissen sehr reift. Dabei wird sie sehr unterstützt von ihrer fortschrittlichen Mutter, die mit ihren Ansichten ihrer Zeit sehr weit voraus ist. Es war ein großes Vergnügen, die wahre Geschichte dieser Frau zu lesen.

Für Fans des historischen Romans ist dieses Buch ein absolutes Muss. Es fällt mir nicht schwer, hier eine uneingeschränkte Leseempfehlung auszusprechen.

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