Profilbild von Svanvithe

Svanvithe

Lesejury Star
offline

Svanvithe ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Svanvithe über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.06.2019

Mission Schulstart

Mission Schulstart
0

Mats ist aufgeregt, in drei Tagen startet ein neues Abenteuer, und zwar auf dem Planeten Schule. Das kann er gar nicht mehr erwarten und ist schon ungeduldig. Warum nur schleicht die Zeit so langsam dahin?

Da ...

Mats ist aufgeregt, in drei Tagen startet ein neues Abenteuer, und zwar auf dem Planeten Schule. Das kann er gar nicht mehr erwarten und ist schon ungeduldig. Warum nur schleicht die Zeit so langsam dahin?

Da trifft ein silberner Brief ein: Käpt'n Kosmo hat ihm geschrieben und ihn auffordert, bis zum Schulstart fünf Aufgaben zu lösen. Als Belohnung winkt eine raketenstarke Schultüte. Mats ist Feuer und Flamme und beginnt sofort mit der Erfüllung seiner ersten Mission. Sich alleine anziehen ist überhaupt kein Problem, und in seinem Raumanzug und den Gummistiefeln fühlt sich Weltraumabenteurer Mats sehr wohl.

Die Erforschung des Schulweges meistert er mit unterstützender Hilfe von Freundin Luisa ebenfalls. Etwas anderes ist es, als Käpt'n Kosmo ihn bittet, Kontakt zu (Außerirdischen) fremden Kindern aufzunehmen. Bei Aufgabe vier zeigt sich, was für ein gewitzter Junge Mats ist: Ein Astronaut muss sich selbstständig versorgen können. Und auch die letzte Herausforderung, Adresse und Telefonnummer des Heimatplaneten zu beherrschen, bewältigt er spielend.

Und plötzlich ist von Langeweile keine Rede mehr, während Mats beweist, dass er sich auf jeden Fall zu helfen weiß und nach Lösungen sucht, die Erwachsenen so nicht einfallen, während er seine Missionen erfüllt. Und dann ist der große Schulstarttag endlich da...


„Mission Schulstart“ ist eine von Katja Reider originell und mit viel Witz erzählte Geschichte, die dank ihres blitzgescheiten Helden Mats nicht nur Kindern vor dem Beginn des Abenteuers Schule viel Spaß machen dürfte. Sie bringt auf äußerst unterhaltsame und verspielte Weise, dabei jedoch auch einfühlsam und ohne erhobenen Zeigefinger nahe, auf welche wesentlichen Dinge es vor Anbruch dieses neuen Lebensabschnittes ankommt. Im Kleid eines gigantischen Weltraumabenteuers ist das Buch sowohl für Jungen und Mädchen geeignet, denn die liebevolle und heitere Umsetzung ermöglicht es, dass Kinder Freude daran haben können, wie Mats zu demonstrieren, dass sie für das Neue gerüstet sind.

Den galaktischen Glanz bekommt das Buch allerdings auch durch die großartigen Illustrationen von Nikolai Renger, die nicht nur einen zeitgemäßen Flow haben, sondern absolut passend zum Inhalt und mit vielen feinen und üppigen Details gezeichnet sind.

So wird „Mission Schulstart“ zum kurzweiligem und vergnüglichem Begleiter, mit dem sich die letzten Tage vor der Einschulung für die zukünftigen Schulhelden und ihre Eltern gut über die Runden bringen lassen.

Veröffentlicht am 09.06.2019

The Fourth Monkey - Erster Akt

The Fourth Monkey - Geboren, um zu töten
0

„Böses zu sagen führt nur dazu, dass umso mehr Bosheit entsteht, und davon gibt es schon genug auf der Welt.“ (Seite 437)

Ein Unfall könnte der Stadt Chicago die lang ersehnte Erlösung bringen. Fünf Jahre ...

„Böses zu sagen führt nur dazu, dass umso mehr Bosheit entsteht, und davon gibt es schon genug auf der Welt.“ (Seite 437)

Ein Unfall könnte der Stadt Chicago die lang ersehnte Erlösung bringen. Fünf Jahre lang hat ein Serienkiller hier sein Unwesen getrieben, sich jemanden gesucht, der seiner Meinung nach irgendetwas Böses tat, und einen nahe stehenden Menschen gekidnappt. Sieben Mal hat er seinen Opfern, allesamt junge Mädchen, zunächst ein Ohr abgeschnitten, dann die Augen ausgestochen, als Drittes die Zunge entfernt, bevor er sie letztlich tötete. Getreu dem Motto: „Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen“ und ergänzend „nichts Böses tun“. Makaber daran war, dass die Angehörigen die Körperteile in weißen Päckchen mit schwarzem Paketband verschnürt zugesandt erhielten.

Der Fourth-Monkey-Killer erlebte seine „Geburtsstunde.

Insgesamt 21 Päckchen haben ihr Ziel erreicht, und Detective Sam Porter ist derjenige gewesen, der, als er das allererste in der Hand hielt, schon damals ahnte, das weitere folgen würden. Dass er es nämlich mit einem gestörten Serienmörder zu tun hatte, gegen den er – obwohl er von Anfang an am Ball blieb – keinen Erfolg haben würde. In einem Spiel, in dem der Täter nicht die geringsten Spuren hinterlässt, konnte er nicht gewinnen.

Nun scheint der Fourth-Monkey-Killer auf dem Weg, ein neues Päckchen zu überbringen von einem Bus erfasst und getötet worden zu sein. Hat das Schreckliche, das Böse nun ein Ende gefunden?

Allerdings bedeutet eine neue Sendung, und diese enthält tatsächlich ein abgeschnittenes Ohr, wieder ein Opfer. Kann Sam Porter mit Hilfe des in der Jackentasche des Verunglückten entdeckten persönlichen Tagebuchs das letzte entführte Mädchen retten? Denn dieses Tagebuch offenbart zwar die Geschichte und die Gedanken des Killers, beinhaltet indes nur wenige Hinweise auf seine Identität.

Während Porter auch gegen die eigenen Rachedämonen nach dem gewaltsamen Tod seiner Frau Heather kämpft, verrinnt die Zeit, und der Fourth-Monkey-Killer lacht sich noch aus dem Grabe heraus ins Fäustchen...


J. D. Barker startet „The Fourth Monkey. Geboren, um zu töten“ mit einem originellen Kabinettstück: Der Tod des vermeintlichen Fourth-Monkey-Killers betrügt dich um die übliche Jagd durch die Polizei. Doch sei dir sicher, deinen mitreißenden Nervenkitzel wirst du trotzdem bekommen, da mit diesem Unfall das ernsthafte und mit Geschick veranlasste Psychospiel Serienmörder gegen Cop erst beginnt und die Präsenz des „Geistes“ dieses Killers dich beeindrucken wird.

Wirst du wie Sam Porter in den Bann des 4FM-Killers geraten, wenn du in dessen Vergangenheit und seine Gedanken eintauchst, in dem du das Tagebuch liest, und miterlebst, wie jemand seine Kindheit verbringt und auf welche Art die Ursachen gesetzt werden, die bei diesem die bösen Seiten zu Tage treten lassen, jene von äußerst packender, gnadenloser und furchterregender Natur? Vielleicht wirken die Abgründe, in die du gestoßen wirst, auf dich wie fernab jeder möglichen Realität, sind gerade aus diesem Grund besonders beklemmend. Möglicherweise siehst du Ratten – wenn du sie je mochtest und nicht schon immer eine Abneigung gegen sie hattest – nach der Lektüre mit anderen Augen.

J. D. Barker spart nicht mit einer dunklen Atmosphäre und abstrusen, blutigen Momenten. Er ruft Beunruhigung und Entsetzen hervor und spielt mit den Empfindungen, wenn er die verwirrende Inszenierung seines krankhaften, erfindungsreichen, zugleich auch klugen Mörderhirns präsentiert. Es ist ein Mann, der von seinem Vater gelernt hat, wie wichtig es ist, in jeder Situation den jeweiligen Umständen entsprechend die richtigen Gefühle zur Schau zu stellen, unabhängig vom inneren Empfinden.

Dagegen kann sein Gegenspieler, der zweiundfünfzigjährige Detective Sam Porter, seine Emotionen nicht verstecken. Porter ist ein pflichtbewusster Polizist und ein fantastischer Ermittler. Allerdings hat er Schwierigkeiten, mit der Wut und dem Hass, den er auf den jungen Mann verspürt, der seine geliebte Frau getötet hat, umzugehen. Das belastet ihn und legt Schmutz auf seine Seele. Halt gibt im die Stimme seiner Frau auf der Mailbox ihres Mobiltelefons.

Dem Autor gelingt es in beeindruckender Weise und nahezu mühelos, die Charaktere auszuloten. Während sich das Bild des Fourth-Monkey-Killers in den Tagebucheinträgen manifestiert, bieten neben der unzweifelhaft im Mittelpunkt stehenden Figur des Sam Porters auch seine Partner und Mitarbeiter Clair Norton, Brian Nash und Edwin „Kloz“ Klozowski erhebliches Potential. Sie sind eine gelungene Ergänzung des Ermittlerteams und erhöhen die Wirkung innerhalb des Geschehens, in dem J. D. Barker im Wettlauf gegen die Zeit einige überraschende Wendungen offeriert.

Veröffentlicht am 09.06.2019

The Fourth Monkey - Zweiter Akt

The Fourth Monkey - Das Mädchen im Eis
0

Eines muss dir von Anfang an klar sein: „ The Fourth Monkey. Das Mädchen im Eis“ solltest du nicht lesen, wenn du „The Fourth Monkey. Geboren, um zu töten“ nicht kennst. Du könntest es natürlich trotzdem ...

Eines muss dir von Anfang an klar sein: „ The Fourth Monkey. Das Mädchen im Eis“ solltest du nicht lesen, wenn du „The Fourth Monkey. Geboren, um zu töten“ nicht kennst. Du könntest es natürlich trotzdem tun, aber dann entginge dir die besondere „Beziehung“ zwischen dem sogenannten 4FM-Killer Anson Bishop und seinem Jäger Sam Porter, und einzelne Zusammenhänge würden sich dir ebenfalls nicht erschließen. Allerdings sei auch bereits am Anfang gesagt: Dieses Buch folgt in der Gestaltung seines Endes seinem Vorgänger und lässt dich erneut bei einigen offenen Fragen unaufgeklärt zurück.

Bis dahin befindest du dich in einem Rausch der Geschwindigkeit, der sich langsam, wiederum stetig steigert, und du bewegst dich immer in Richtung des nächsten Ziels, das allein J. D. Barker vorgibt, in dem er alte Fäden aufgreift und auflöst, parallel dazu jedoch neue spinnt und die vorhandenen Bildgefüge ordentlich mit Knoten versetzt. So bist du bestrebt, den Roman ohne Absetzen zu lesen, um an Hinweise und zu Ergebnissen zu gelangen, glücklich über jedes Puzzleteil, das der Autor dir zuwirft.


Ist ein neuer oder bekannter Serienkiller in Chicago unterwegs? Es gibt ein totes Mädchen und eines, das verschwindet. Das eine ist Ella Reynolds, das Mädchen, das im Eis gefunden wird und die Kleidung des zweiten trägt. Sie bleibt nicht die einzige Leiche. Das andere Mädchen ist Lili Davies. Ihr begegnest du in einem Kellerkäfig wieder, und auch sie wird nicht die einzige sein. Und dann ist da noch der komische, lispelnde Typ mit der großen Narbe auf dem Kopf, die er unter einer Wollmütze versteckt.

Die Meinungen widersprechen sich: Vor allem Detective Sam Porter, von den Ereignissen vor vier Monaten in Mitleidenschaft gezogen, glaubt nicht an eine Täterschaft des 4FM-Killers Anson Bishop, da er mehr als jeder andere tief in dessen Seele blicken konnte. Als er – unter anderem auch mit der Begründung, er habe den Serientäter laufen gelassen – vom Dienst suspendiert wird, übernimmt das FBI den Fall und seine Partner Clair Norton und Brian Nash müssen mit diesem zusammenarbeiten.

Während FBI-Agent Poole seinen eigenen Weg wählt, wirft Porter noch nicht hin und folgt trotz seiner Schlafstörungen und Albträume seinem Instinkt. In seiner Besessenheit weiß er, dass er Bishop nur über dessen Mutter aufspüren kann. Als er einem Hinweis auf einem Foto folgt und nach New Orleans reist, hat er nicht nur eine prägende Begegnung im dortigen Gefängnis und kommt seinem Ziel immer näher.

Damit ist das Katz-und-Maus-Spiel indes längst nicht beendet. Und auch die Mordserie reißt nicht ab...


Es ist vor allem die Fähigkeit von J. D. Barker, einen komplexen und reichhaltigen Raum mit Drehungen und Wendungen zu erschaffen, in die Tiefe gehenden Zusammenhänge zu konstruieren und darzustellen. Dabei ist es von besonderem Reiz, in die atemberaubende und verstörende Gedankenwelt eines Serienkillers einzutauchen. Denn auch in „Das Mädchen im Eis“ greift der Autor auf Tagebucheintragungen zurück, legt also Vergangenheit und Gegenwart nebeneinander. Daneben spielen die visuellen Beschreibungen zwar eine weniger tragende Rolle, sind aber in ihrer Ausdruckskraft gleichwohl filmreif schockierend, intensiv und mit Gefühlen aus Erschrecken, Abscheu und Hilflosigkeit versehen.

Herausragend zeigen sich die von Barker nuanciert ausgearbeiteten Figuren, nicht allein in ihrer meisterhaften Gestaltung, sondern auch ihrer phänomenalen Entwicklung.

„Man kann nicht Gott spielen, ohne mit dem Teufel zu paktieren.“ (Seite 331)

Sam Porter ist ein nachdenklicher, außerordentlich empathischer Mann und noch immer vom Tod seiner Ehefrau Heather traumatisiert. Ihn tangiert das Verhalten von Anson Bishop dermaßen, dass es bereits einer emotionalen Verwicklung nahe kommt. Es wird damit augenfällig, was es bedeuten kann, Verbrecher zu jagen, dass die dafür aufgewandte Arbeit, Zeit und Energie, nicht spurlos an einem vorbeigehen.

Anson Bishop hat etwas von Hannibal Lecter, seine gefährliche Intelligenz und seine Tücke sind von einer gewissen abstoßenden Faszination, seine Taten beängstigend kalt und gleichzeitig voller Leidenschaft. Du möchtest einfach wissen, warum er tut, was er tut. Wird ein Mensch als Mörder geboren, oder wird er von Menschen zu einem gemacht? Es scheint jedenfalls so, dass Anson Bishops Mutter hier keine unwesentliche Rolle spielt...

Veröffentlicht am 19.05.2019

Von alten Birnensorten und dem Finden eines Weges in die Welt

Alte Sorten
0

Als Liss in ihrem Weinberg der 17jährigen Sally begegnet, braucht sie Hilfe. „Bist du stark?“, will sie von Sally wissen, und diese packt überrascht mit an. Liss stellt kaum Fragen, nimmt das Mädchen bei ...

Als Liss in ihrem Weinberg der 17jährigen Sally begegnet, braucht sie Hilfe. „Bist du stark?“, will sie von Sally wissen, und diese packt überrascht mit an. Liss stellt kaum Fragen, nimmt das Mädchen bei sich auf und gewährt ihr Unterschlupf. Im Gegenzug hilft Sally bei den täglichen Arbeiten auf dem Hof.

Liss erkennt sehr schnell, dass Sally ohne Halt, wütend und gegen jeden und jedes ist. Aus ihrer Sicht versteht sie niemand, nicht ihre Eltern, die Lehrer in der Schule. Sie lehnt sich gegen Normen und Regeln auf, denen sie bislang ausgesetzt war. Sie will nirgendwohin, sondern vielmehr von allem weg. Darum ist sie aus einer Klinik abgehauen, in die ihre Eltern sie wegen ihrer psychischen und angeblichen Ess-Probleme gebracht hatten.

Hier auf dem Bauernhof verläuft das Leben in einem anderen Tempo. Der Alltag ist ein anderer als der, den Sally aus der Stadt gewohnt ist. Liss, eine Mittvierzigerin, wirtschaftet allein, backt ihr eigenes Brot, hat Hühner, Bienen und einen Garten mit alten Birnenbäumen, aus den Früchten brennt sie selbst Schnaps. Die Gelassenheit, mit der sie Sally behandelt, irritiert diese zunächst. Doch Sally beginnt sich hineinzufinden und lernt eine unbekannte Seite des Daseins kennen, mit der sie bisher wenig in Berührung gekommen ist. Sie entdeckt die Erfüllung in der Arbeit auf dem Feld, im Weinberg, dem Obstgarten und mit den Hühnern und Birnen. Sie hat wieder Freude am Essen. Und deshalb verschwinden mehr und mehr ihr Misstrauen und ihre Protesthaltung.

Indes haben Sallys Eltern die Suche nach ihrer Tochter nicht aufgegeben. Und außerdem gibt es einen Grund dafür, dass Liss den anderen Dorfbewohnern fern bleibt und nicht gern gesehen ist. Sowohl Liss als auch Sally werden mit ihrer Vergangenheit konfrontiert...


„Alte Sorten“ ist ein leises Buch, wenn auch vor allem dessen junge Heldin Sally laut(stark) ihren Unwillen und ihren Frust zum Ausdruck bringt. Der Roman wirft einen Blick auf das Existenzielle, und Ewald Arenz lässt den Leser in einer stimmungsvoll wechselnden Wortgewandtheit und mit atmosphärisch dicht beschriebenen Naturbildern teilhaben an einem entschleunigten Leben auf dem Land, wo vieles noch so abläuft, wie es schon immer gewesen ist.

„Im sattgrünen Laub leuchteten die Äpfel wie Farbtupfer. Wie gut es sich manchmal anfühlte, einfach am Leben zu sein. Nichts sonst. Einfach nur am Leben zu sein.“ (Seite 63)

Er erzählt von den Mühen der Arbeit, der Schinderei, des Eingebundenseins in einem Rhythmus, der Teil der Natur ist und sich dieser anpasst, außerdem von der Glückseligkeit, mit dem von eigener Hand Geschaffenen zufrieden zu sein, weil es einen Grad der Unabhängigkeit ermöglicht. Von den Momenten der Stille. Den Blick auf das verschwindende Licht des Tages. Dem Hinsetzen. Miteinander reden. Schweigen. Zuhören. Verstehen. Auch die ungesagten Dinge.

„Das Schweigen um sie wurde tiefer, aber nicht schwerer. Es war gut, dass sie beide nichts sagen mussten.“ (Seite 47)

Es ist ein Geschichte, die Gerüche, Geräusche und Geschmäcker bis zum Leser transportiert. Es ist eine Geschichte, die vollgepackt mit aufwühlenden und reichhaltigen Emotionen ist und mehr als eine Seite im Inneren zum Klingen bringt.

Ewald Arenz erstes Bild seiner Protagonistinnen Liss und Sally kann nicht gegensätzlicher sein. Auf der einen Seite die wortkarge, verschlossene Bäuerin auf ihrem Hof auf dem Land, die geringen Kontakt zu den anderen Dorfbewohnern hat. Auf der anderen Seite das aufmüpfige Mädchen aus der Stadt, das schnell aus der Haut fährt und sich von seinen Eltern verfolgt fühlt.

Gleichwohl offenbaren sich im Laufe des Geschehens, das sich lediglich auf wenige Wochen beschränkt, viele Gemeinsamkeiten.

„Sie dachte an die Bienen. Manchmal fühlte es sich gut an, zusammenzuarbeiten. Weil der andere bewirkte, dass man einen eigenen Platz im Ganzen erkannte. Dass man auf einmal Bedeutung in einem Ganzen hatte und nicht einfach nur existierte.“ (Seiten 81 f.)

Beide sind einsam, empfindsam, glauben sich von ihrer Umwelt missverstanden. Besonders Sally reagiert oft grob und unflätig. Aber Liss nimmt bezüglich Sally Parallelen zu dem jungen Mädchen wahr, das sie einmal gewesen ist. Sie empfand sich einst ebenfalls als gefangen auf dem Hof ihres Vaters, weil sie nicht der gewünschten Norm entsprach, wurde enttäuscht von ihr nahe stehenden Bezugspersonen. Was folgten, waren Verletzungen und innere seelische Konflikte, die bis in die Gegenwart reichen.

Und während Liss Sally mit mildem Gleichmut und Respekt behandelt, vertieft sich das Band der Freundschaft zwischen ihnen, und darüber hinaus vermag es Sally, die Liss' einschnürenden Knoten zu lösen und den Weg aus dem Schweigen und für Verzeihen und Vergeben freizumachen. Liss und Sally werden aufeinander aufpassen...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 13.05.2019

Ein Sommer voller Himbeereis

Ein Sommer voller Himbeereis
0

Esst ihr gern Eis? Besonders im Sommer in der größten Hitze erfrischen die kalten Köstlichkeiten. Ich mag Schokoladeneis, aber es sind für mich ab und an auch die Sorten Eis interessant, die nicht dem ...

Esst ihr gern Eis? Besonders im Sommer in der größten Hitze erfrischen die kalten Köstlichkeiten. Ich mag Schokoladeneis, aber es sind für mich ab und an auch die Sorten Eis interessant, die nicht dem klassischen Schema entsprechen und mit ausgefallenen Zutaten (Extreme allerdings ausgeschlossen) aufwarten. Beispielsweise jene, die Pauline in ihrem „Eishimmel“ kreiert. Da gibt es nämlich neben Himbeereis auch Rosmarinparfait mit Hibiskusblüten, Basilikumeis, Kokosmilch-Limette oder Sanddorn-Passionsfrucht-Sorbet.

Überhaupt ist Pauline eine aktive junge Frau. Mit ihrem Eiscafé hat sie sich einen Traum erfüllt, nachdem sie in ihrer Ausbildung zum Patissière in Paris kläglich gescheitert ist. Kuchen liegt ihr nicht, jedoch hat sie ein magisches Händchen für Eis und Dekoration und probiert immer wieder neue Rezepte aus. Mit ihrer Freundin Florence, die den backenden Part im Café übernommen hat, bildet sie ein gutes Team, und in ihrer Nachbarin Anna, der Betreiberin eines Antiquitätengeschäfts hat sie nach dem Tod ihrer Großmutter Toni, die in ihren Bestrebungen stets unterstützte, einen liebevollen Ersatz gefunden.

Leider steht Paulines Existenz auf dem Spiel. Durch einen für ihren Ex-Freund aufgenommen Kredit ist der finanzielle Spielraum sehr ausgereizt und sie hat Mühe, die monatlichen Belastungen auszugleichen. Als ob das nicht genug wäre, soll genau in ihrer am Stadtpark gelegenen Straße ein riesiges Einkaufscenter gebaut werden, für das alle alten Läden weichen müssen. Anna und Pauline ahnen nicht, dass Annas Sohn Oskar Initiator des Projektes ist und den gerade nach Deutschland zurückgekehrten Neffen Christian für seine Ziele „einspannt“. Für den gestaltet sich das schwierig, möchte er doch seine Großmutter nicht hintergehen. Und die Begegnungen mit der „Eisprinzessin“ Pauline verursacht bald auch eine Menge Bauchflattern...


Persephone Haasis debütiert mit „Ein Sommer voller Himbeereis“ und kredenzt mit ihrer Geschichte einen fruchtig-leichten Liebesreigen, in dem auch handfeste Probleme ihren Platz finden. Denn sie legt ihrem Paar ein paar Stolpersteine in den Weg und lässt die beiden eine ganze Weile hoffen und bangen. Hierfür hat die Autorin einen ruhigen Erzählrhythmus gewählt, der sich dem Ort und den Personen ihrer Handlung anpasst und es möglich macht, das Geschehen jederzeit zu begleiten und den zwischenmenschlichen Empfindungen nachzuspüren.

Manchmal zieht sich das Ganze allerdings, wenn Pauline zum wiederholten Male ihren Gedanken nachhängt. Die junge Frau träumt davon, jemanden an ihrer Seite zu haben, dem sie vertraut, der sie blind versteht und dem sie nichts erklären muss. Sie erhofft sich eine Schulter zum Anlehnen, damit sie die Welt einen Augenblick vergessen kann.

Eine Weile sieht es so aus, als ob Christian dieser Mensch sein kann. Zwar haben die beiden einen schlechten Start, entwickeln indes mit der Zeit Zuneigung, ohne dies sich selbst oder dem anderen einzugestehen.

Außerdem wäre da noch das Problem, dass Christian Pauline das Wichtigste verschweigt und mehr und mehr von seinem schlechten Gewissen niedergedrückt wird.

In ihrem ersten Roman hat Persephone Haasis viel Augenmerk auf die Gestaltung ihrer Protagonisten gelegt und verdeutlicht gelungen deren Entwicklung.

Pauline und Christian sind sich zunächst nicht sympathisch und lernen sich gezwungenermaßen näher kennen. Dabei stellt Pauline fest, dass Christian in einem Moment fürsorglich ist, im anderen aufgebracht und abweisend, was ihn anfänglich schwer einschätzbar für sie macht.

Pauline hingegen ist eine emotionale Person mit viel Herzblut. Sie gibt selten klein bei und ist äußerst schlagfertig, aber voller Befürchtungen, wieder verletzt zu werden. Tatsächlich zweifelt Pauline oft an sich und Christian und reagiert heftig und bei allem Verständnis angesichts der mit ihrem Ex-Freund erlebten Enttäuschung ein wenig überzogen.

Dabei kann sie viel offener sein. Sie steckt voller Ideen und Freundlichkeit, die sie an die Menschen weiterreichen möchte. So schreibt sie kleine Briefchen und wunderschöne Nachrichten und versteckt diese an den unterschiedlichsten Plätzen in Annas Laden und verhilft sich letzten Endes damit selbst zum Glück und dem Leser zu einem Wohlfühlende.