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Veröffentlicht am 09.09.2020

Es könnte stürmisch werden

Es könnte stürmisch werden
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Zwanzig Jahre lebte Jana in der Fremde, als sie beschließt, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach der Trennung von Ehemann Mick fühlt sie in New York nicht mehr wohl. Dank ihres alten Freundes Simon ist ...

Zwanzig Jahre lebte Jana in der Fremde, als sie beschließt, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach der Trennung von Ehemann Mick fühlt sie in New York nicht mehr wohl. Dank ihres alten Freundes Simon ist zumindest jobmäßig alles bestens gerüstet für einen Neustart in Hamburg.

Um vorab Details zu besprechen, reist Jana in die Hansestadt und lernt an ihrem ersten Abend an der Bar des Hotels den äußerst charmanten Hek kennen. Nach einem besonderen Kuss trennen sich allerdings ihre Wege. Jana hat nun andere Sorgen als die Frage nach dem Warum. Denn noch weiß Tochter Ava nichts von ihren Plänen. Begeisterungsstürme gibt es verständlicherweise nicht, die Fünfzehnjährige verlässt den amerikanischen Kontinent nur ungern. Zudem gestaltet sich die Wohnungssuche sich in der Hansestadt schwierig. Erst als Simon hilfreich einspringt, öffnet sich die Möglichkeit, eine kleine Dachgeschosswohnung anzumieten. Dumm bloß, dass der Vermieter Hek(tor) heißt, eine attraktive – wenn auch zickige – Freundin hat, mit dieser im Haus wohnt und Jana einfach nicht aus dem Kopf will.

Oder ist möglicherweise Simon mehr als nur ein Freund?

Nicht allein Jana sieht sich stürmischen und emotionalen Herausforderungen gegenüber…


Maja Overbeck beweist mit ihrem zweiten Roman „Es könnte stürmisch werden“ erneut, dass sie ein Händchen für Beziehungen und zwischenmenschliche Interaktionen hat, ohne diese trivial oder überzogen zu präsentieren. Sie schätzt ihre Protagonisten, bringt ihnen (großzügiges) Wohlwollen entgegen und blickt ihnen sanft, jedoch tief ins Herz und lässt den daran Leser teilhaben. Durch die stimmungsvolle, intensive und glaubwürdige Schilderung der Gefühlswelt ihrer Figuren fällt es leicht, insbesondere die Empfindungen von Jana und Hek zu reflektieren, so dass es eine Freude ist, sie zu begleiten. Von Anfang vermittelt Maja Overbeck, dass ihre Helden nicht bedenkenlos und gleichgültig ihr Leben meistern. Sie strahlen äußerlich eine gewisse Festigkeit aus, stecken allerdings innerlich durchaus so manches Mal im Zwiespalt. Jana und Hek sind Menschen mit Fehlern. Sie haben Probleme. Sie dürfen unzulänglich oder wankelmütig sein in ihren Vorsätzen, Entscheidungen und Emotionen.

„Aber er hatte Jana geküsst, alles andere als vorsichtig. Und er war kurz davor gewesen, einen Fehler zu machen. Viel zu hart am Wind, mitten rein in die Powerzone, bereit, volles Risiko zu gehen – einen Kuss lang zumindest.“ (Seite 34)

„Es könnte stürmisch werden“ zeichnet eine zeitgemäße, sorgfältige Sprache aus, in der zuweilen amüsante Töne anklingen. Maja Overbeck schreibt unbeschwert, aber mit Bedacht – keine ihrer Figuren wird vorgeführt, wenngleich nicht alle einen Sympathiebonus erhalten. Die Veranschaulichung der Ereignisse ist ungezwungen und bietet Abwechslung. Die Autorin fügt örtliche Gegebenheiten gekonnt und mit der Erkenntnis ein, dass der Leser bei einem Besuch in Hamburg oder beim Kitesurfen am Strand von St. Peter Ording Jana und Hek und all den anderen Mitstreitern jederzeit begegnen könnte und das auch möchte.

Liebe ist ein zentrales Thema, indes in der Entwicklung der romantischen Szenerie herzerfrischend und angenehm zurückhaltend. Daneben werden mehrschichtige Themen artikuliert: Erwartungen und Bindungen innerhalb der Familie, Freundschaft, die Erfüllung von Wünschen und das Verwirklichen von Zielen und Träumen, das Abschließen mit der Vergangenheit und das Aufeinanderzugehen, das Überwinden eigens gesetzter Hindernisse und das Beweisen von Mut, auch über Schatten zu springen.

Während Jana in ihrem neuen Job bald gut zurechtkommt, bestreitet Hek auf dem Posten des Geschäftsführers der Firma seines Vaters, den er vor Kurzen auf dessen Drängen übernommen hat, im Grunde von Anfang an einen verlorenen Kampf. Nach wie vor trifft der Senior die Entscheidungen. Im Privatleben der beiden läuft ebenfalls nicht alles glatt. Hektor machen die schwindende Liebe zur explosiv wilden und energischen Suzanna, mit der ihn keinerlei Interessengleichheit verbindet, und seine mangelnde Entschlusskraft zu schaffen. Jana muss sich mit den Bedürfnissen ihrer pubertierenden Tochter und ihrem gespannten Verhältnis zu ihrer Schwester Anne auseinandersetzen.

Und beide überrollt die Liebe wie eine Welle. Wird es ihnen gelingen, den nahenden Sturm zu beherrschen?

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Veröffentlicht am 25.08.2020

Pandatage

Pandatage
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Vor vierzehn Monaten starb Liz Malooley bei einem Autounfall, und seitdem ist für ihren Mann Danny und ihren Sohn Will nichts mehr, wie es war. Danny stammt aus einfachen Verhältnissen und hat keine Ausbildung. ...

Vor vierzehn Monaten starb Liz Malooley bei einem Autounfall, und seitdem ist für ihren Mann Danny und ihren Sohn Will nichts mehr, wie es war. Danny stammt aus einfachen Verhältnissen und hat keine Ausbildung. Liz und er sind früh Eltern geworden, ihre Liebe zueinander hielt die Familie bisher trotz aller Schwierigkeiten zusammen. Deshalb macht Vater und Sohn der tragische Verlust schwer zu schaffen, sie sind von der sich daraus ergebenden Situation überfordert.

„Ich will mit ihr darüber reden, was passiert ist. Ich will einfach nur mit meiner Mum darüber reden, dass meine Mum nicht mehr da ist. Sie war immer diejenige, die alles wieder gut gemacht hat… Mum war meine Mum, aber sie war auch meine Freundin…“ (Seite 197)

Der elfjährige Will, der mit seiner Mutter im Wagen saß, als dieser verunglückte, spricht nicht mehr. Danny kommt nicht nur mit seiner Rolle als alleinerziehender Vater nicht klar, er sieht sich auch außerstande, Will aus der Stille zu reißen. Und dann wären da noch weitere Probleme: Er schuldet seinem zwielichtigen und gewalttätigen Vermieter Reg die Miete und wird von diesem bedroht. Doch wie soll er das Geld auftreiben, hat er zu allem Übel noch seinen Job auf der Baustelle verloren.

Hier ist guter Rat teuer. Oder es bedarf eines Pandabärenkostüms, auch wenn es nach Erbrochenem stinkt. Was soll schon so schwierig daran sein, als tanzender Panda Geld zu verdienen. Den Straßenkünstlern im Park gelingt es schließlich auch. Erfolgreich ist Danny trotz seiner Bemühen leider nicht. Denn eigentlich hat er mangels Rhythmusgefühl kein Talent zum Tanzen, und etwas Besonderes bietet er den Leuten ebenfalls nicht. Dessen ungeachtet gibt er nicht auf und versucht es weiter.

Eines Tages beobachtet er, wie sein Sohn von anderen Jungen drangsaliert wird. Er hilft ihn, und das Unmöglich geschieht: Will redet mit ihm als Pandabär und vertraut ihm Dinge an, von denen sein Vater keine Ahnung hat. Aber Will weiß nicht, dass Danny in diesem Kostüm steckt. Und diesem, dankbar, die Stimme seines Sohnes überhaupt wieder zu hören, ist es unmöglich, seine wahre Identität zu offenbaren, aus Angst, dass Will erneut verstummt. Allerdings das Geheimnis ist nicht die einzige Herausforderung, der sich Danny und auch Will stellen müssen...


„Pandatage“ ist der erste Roman von James Gould-Bourn. Der 1982 in Manchester geborene Autor hat in Afrika und im Mittleren Osten Landminen entfernt und an einem Kurs für kreatives Schreiben teilgenommen. Eine richtige Entscheidung. James Gould-Bourn nutzt seine vorhandenen und erworbenen Fähigkeiten, so dass „Pandatage“ alles beinhaltet, was eine lebensfreudige Geschichte ausmacht, die vielleicht - auf unkomplizierte und charmante Art - ab und an von der Realität abweicht, die jedoch im Wesentlichen mit ergreifenden Momentaufnahmen, in denen sich Lachen und Weinen abwechseln, sowie dialogstarken Pointen und sinnreichen Formulierungen überrascht und zum Nachdenken anregt.

Bei aller Melancholie ist „Pandatage“ kein trauriges Buch. Dem Autor gelingt es auf bemerkenswert ehrliche, ausbalancierte und sensible Weise und ohne Pathos, die Trauer so zu dosieren, dass sie einem beim Lesen zwar ans Herz greift, indes in ihrer Schwermut zu keinem Zeitpunkt niederdrückt. Dafür sorgt zudem, dass Themen wie Verlust, Sehnsucht, Ängste, Freundschaft und vor allem Liebe und Familie, so klein sie auch sein möge, in einen Rahmen aus erquicklichem Humor gebettet sind, die Ereignisse stimmungsvoll, beschwingt und wendungsreich erzählt werden.

Der Roman lebt primär von seiner bis hin zu den Nebendarstellern bunten Mischung aus unglaublich originellen Figuren. Dannys Kollege Ivan, der mehr als ein Kumpel ist, Wills bester Freund Mo, Tänzerin Krystal, Lehrer Coleman, Tim und die anderen Straßenkünstler, ja zwielichtige Gestalten sorgen außerdem für Turbulenz, Unterstützung und Vielfalt der Emotionen, auch in ausweglos scheinenden Situationen.

James Gould-Bourn debütiert mit einer herzenswarmen Geschichte von Vater und Sohn, die einander brauchen und unter unwahrscheinlichsten Umständen wieder zueinanderfinden. „Pandatage hebt die Stimmung und beglückt. Ich habe mit einem guten Gefühl Abschied von den beiden genommen.

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Veröffentlicht am 02.08.2020

Das kleine Nickerchen

Das kleine Nickerchen
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Da staunt ihr! Ja, der Sandmann bekommt endlich einen Helfer. Das kleine Nickerchen bringt nicht nur den Menschen-, sondern auch den Tierkindern den Schlaf. Denn diese haben manchmal ebenfalls ihre Probleme ...

Da staunt ihr! Ja, der Sandmann bekommt endlich einen Helfer. Das kleine Nickerchen bringt nicht nur den Menschen-, sondern auch den Tierkindern den Schlaf. Denn diese haben manchmal ebenfalls ihre Probleme damit, zur Ruhe zu kommen.

Wenn es Zeit ist, loszudüsen, zieht sich das kleine Nickerchen sein Bommelmützchen fest über die Ohren, trinkt zur Stärkung ein Tässchen Mondtee und nascht eine Handvoll Himmelsflöckchen, greift sich seinen Beutel Sternenstaub, hüpft auf seine Traumwolke und saust durch die Wolken zur Erde. Und er hat einiges zu tun: Die Igelgeschwister Pips und Pünktchen sind so müde, dass sie sich schon streiten. Der kleine Spatz Matz kann das Schnäbelchen gar nicht still halten. Die vielen Hasenkinder toben herum, weil das Kleinste sein Schnuffeltuch vermisst. Dann gibt es ein wenig Wirbel im Wald, muss doch das Zuhause von Füchslein Toto gefunden werden. Und zu guter Letzt brauchen auch die Eichhörnchen noch eine Prise Sternenstaub.

Am Ende liegen alle schlummernd in ihren Betten, und das kleine Nickerchen kehrt zufrieden mit seiner Traumwolke ins Schlummerland zurück...


Mein erster Gedanke beim Anblick des Covers: Das ist ja allerliebst. Dieser Eindruck hat sich während des Lesens und Anschauens verfestigt.

„Das kleine Nickerchen“ von Katja Reider und Sabine Straub ist ein mit viel Liebe und Hingabe gestaltetes Kinderbuch, das eine Gute-Nacht-Geschichte für die Kleinen ab zwei Jahre erzählt und nicht allein bei diesen Begeisterung hervorrufen dürfte, vielmehr Erwachsene gleichermaßen entzückt.

Mit der ihnen eigenen Fantasie werden sich die Kleinen in den Tierkindern wiedererkennen und das knuffige kleine Nickerchen ins Herz schließen.

Das Buch hat eine angenehme Größe und bietet eine absolut altersgerechte fröhliche Handlung, die nicht nur Freude, sondern zudem etwas Aufregung parat hält, aber auf jeden Fall immer ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Dabei fällt die vielfache zarte und detaillierte Lebendigkeit der Bilder auf, mit der die Illustratorin Sabine Straub den Text ihrer Autorin Katja Reider hervorragend unterstützt.

„Das kleine Nickerchen“ hat einen hohen Kuschelfaktor, von dem sich die Jüngsten sicher immer wieder gern in den Schlaf wiegen lassen.

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Veröffentlicht am 02.08.2020

Ich lieb dich, bis die Kühe fliegen

Ich lieb dich, bis die Kühe fliegen
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Manchmal finde ich es erstaunlich, wie viel ein Bilderbuch mit wenig Text doch aussagen kann. „Ich lieb dich, bis die Kühe fliegen“ von Kathryn Cristaldi ist ein herausragendes, zugleich ungewöhnliches ...

Manchmal finde ich es erstaunlich, wie viel ein Bilderbuch mit wenig Text doch aussagen kann. „Ich lieb dich, bis die Kühe fliegen“ von Kathryn Cristaldi ist ein herausragendes, zugleich ungewöhnliches Beispiel dafür, dass es funktioniert.

Denn „Ich lieb dich, bis die Kühe fliegen“ beglückt, ohne eine Geschichte zu erzählen, die einer stringenten Handlung folgt, mittels einer Reihe von einzelnen fröhlichen und abgedrehten Erlebnissen, auf eine besondere, sanfte, fantasievoll-verträumte Weise und transportiert damit eine deutliche Botschaft: Die Liebe, die wir insbesondere zu einem Kind empfinden, wird niemals endet. Es ist das Versprechen immer da zu sein, einerlei was geschieht.

"Ich lieb dich, bis die Kühe fliegen,
auf den Mond zu fremden Sternen
und in unerreichte Fernen."


Schon beim Vorlesen bereitet das Buch mehrfaches Vergnügen. Denn im Grunde ist das Geschehen in den einzelnen Szenen völlig unrealistisch: Da fliegen Kühe, verreisen Yaks, segeln Schafe, schweben Wölfe, tauchen Frösche, steppen Hirsche, backen Gänse und feiern Ameisen. Am Ende finden sich alle Tiere zum gemeinsam Schlaf, begleitet von musizierenden Fröschen ein. Deshalb ist das Buch ausgezeichnet als Gute-Nacht-Geschichte geeignet.

All diese wirklichkeitsfremden, bizarren Vergleiche, originell in gereimte Texte gesetzt, zeugen von überschäumender Kreativität, wirken einprägsam und warmherzig, sind wertschätzend und verbreiten zudem gute Laune. Sie ermöglichen ein gewisses Maß an Identifikation mit menschlichen Eigenschaften.

Neben den Reimen lebt das Buch von seinen farbenfrohen Illustrationen von Krystina Litten, die das stimmige Gesamtbild mitbegründen. Nicht nur die mit vielen Einzelheiten versehenen lustigen Tiere, sondern ebenso die Gestaltung der naturalistischen Hintergründe laden zum Entdecken ein, sind dabei aber zu keinem Moment überfrachtet oder überfordern das kindliche Auge.

„Ich lieb dich, bis die Kühe fliegen“ ist eine mit Augenzwinkern erklärte zärtliche Hommage an die Familienliebe, in der es keine Grenzen gibt.

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Veröffentlicht am 21.02.2021

Eine Liebe zwischen den Fronten

Eine Liebe zwischen den Fronten
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Ein Traum erfüllt sich für die Französin Madeleine Tellier an diesem 15. Juli 1870, denn sie soll endlich die Braut ihrer großen Liebe, Paul von Gerlau, Doktor der Medizin, werden. Doch bevor es dazu kommt, ...

Ein Traum erfüllt sich für die Französin Madeleine Tellier an diesem 15. Juli 1870, denn sie soll endlich die Braut ihrer großen Liebe, Paul von Gerlau, Doktor der Medizin, werden. Doch bevor es dazu kommt, erhält Paul als Angehöriger des preußischen Militärs im zivilen Dienst seine Einberufung. Die Lage hat sich angesichts der Querelen um die Thronfolge in Spanien zugespitzt, und der Norddeutsche Bund, den Preußen seit 1867 anführt, ordnet die Mobilmachung an. Vier Tage später erklärt Frankreich den Krieg. Damit stehen Madeleine und Paul auf gegnerischen Seiten mitten im Herzen eines Konfliktes, der seit Jahren unter der Oberfläche schlummert und nun – vom schwelenden Hass zweier Völker begleitet – ausbricht.

Während Paul sich pflichtgetreu zu seinem Regiment nach Coblenz begibt, reist Madeleine mit ihrem Vater zurück in die Heimat nach Metz. Beide wissen nicht, ob sie sich jemals wiedersehen...


Maria W. Peter erzählt die Ereignisse ihres Romans „Eine Liebe zwischen den Fronten“, die mit zielgerichteten Daten eingegrenzt werden, mittels eines herausragend fundierten Hintergrundwissens. Dabei ist ihr Engagement lobenswert, eine Aufzeichnung der historischen Begebenheiten bis hin zu kleinsten Details zu verwirklichen, das zudem eine Vertiefung in dem sehr ausführlichen Nachwort und Glossar findet. Dadurch erweitert sie nicht nur bereits vorhandenes Wissen, sondern vermittelt ferner ein lebenskräftiges Bild einer dramatischen Zeit, das zu einem hochwertigen mitreißenden Leseerlebnis beiträgt.

Die Anschaulichkeit, mit der die Autorin das Geschehen darbietet, ist von beachtlicher und eindrucksvoller Qualität. Im Grunde lebt Maria W. Peter die Geschichte, was nicht verwunderlich ist, da sie auf Grund örtlicher und familiärer Verbundenheit eine einzigartige Beziehung zu den betroffenen Gebieten und deren Einwohnern pflegt.

In der Handlung ist durch das Wechseln der Perspektive ständig Bewegung, und es werden oft schonungslos schreckliche Kriegsereignisse beschrieben, die ziemlich unter die Haut gehen. Durch die Verwendung vieler Beispiele demonstriert die Autorin, wie inhuman, grausam und blutig Kriege sind. Wie sie das Schicksal der Menschen und der Länder verändern und für die Zukunft prägen. Sowohl direkt auf dem Schlachtfeld als auch in belagerten Städten spielen sich Szenen ab, die im Gedächtnis bleiben und nicht jedermanns Sache sind. Meines Erachtens nach bedarf es einer eindeutigen Sprache, um die Gräuel begreifbar zu machen. Erfreulich indes ist, dass auch in dieser Dunkelheit freundliche, zugewandte Momente nicht fehlen.

Das Los der Bevölkerung – nicht nur das der handelnden Figuren – erschüttert im besonderen Maße. Die Autorin illustriert nachvollziehbar, wie wechselhaft die Menschen auf das Kriegsvorfälle reagieren. Es gibt diejenigen, die unermüdlich und selbstlos helfen und denen es einerlei ist, auf welcher Seite derjenige steht, der Hilfe benötigt. Und es werden jene beschrieben, die ihr eigenes Heil im Auge haben und sich nicht darum scheren, was mit ihren Nachbarn geschieht. Wiederum einen großen Teil, der sich von Hass gegen die jeweils andere Nation leiten lässt, für den Menschlichkeit unbedeutend ist.

Maria W. Peter wertet nicht, allerdings stellt sie gleichwohl einen gesteigerten Anspruch an den Leser, eine eigene Evaluation des Geschehens vorzunehmen, in dem vor allem Fragen wie Vaterlandsliebe, Glauben, Familienbande und kulturelle Aspekte angesprochen werden. Durch ihre ambitionierte Schilderung erreicht sie eine hohe Emotionalität, die sich durch den Roman zieht wie ein roter Faden und sämtliche Begebenheiten und Protagonisten betrifft.

Bei der Gestaltung der Figuren beweist die Autorin ein enorme Vielfältigkeit. Unterschiedliche Charaktere mit differenzierten, von ihrer Herkunft und Vergangenheit geprägten Auffassungen, die oft konträr sind, machen die Geschichte äußerst interessant und aktiv. Sie alle berühren auf die eine oder andere Weise. Besonders hervorzuheben ist hierbei Madeleines Bruder Clément, der wegen seines komplexen schwierigen Wesens reizvoll ist. Der bemerkenswerte junge Mann sucht nach dem Sinn seines Lebens, kann diesen tatsächlich aber nicht benennen. Er steht sich selbst oft im Weg und klammert sich an Meinungen, ohne über den Tellerrand zu sehen. So schwankt der Leser ihm gegenüber zwischen Verständnis und Ablehnung.

Hingegen erhält das im Mittelpunkt stehende Paar von Anfang an einen Sympathiebonus, weil dessen ehrlich empfundene Liebe spürbar wird. Madeleine und Paul stimmen in ihren Werten überein und agieren und kommunizieren miteinander auf Augenhöhe, stärken einander in ihrer Individualität. Außerdem sind sie tapfer, furchtlos und trotzen den Gefahren, obwohl Madeleine mit ihrer Beharrlichkeit durchaus manchmal etwas unbedacht ist. Beide zeigen sich als selbständige Persönlichkeiten voller Hilfsbereitschaft, stehen trotz allem zu ihren Pflichten und Prinzipien, und Entschlüssen. Sie werden gelenkt von ihrem Gewissen, sind nicht frei von Ängsten, verfügen über Vertrauen und geben die Hoffnung nicht auf.

„Du bist wie die zweite Hälfte von mir, die ich so lang ersehnt habe. Der Spiegel meiner eigenen Seele, wie es ihn nur ein einziges Mal auf dieser Welt gibt.“ (Seite 381)

Ich wünsche ihnen alles Glück dieser Welt...

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