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Veröffentlicht am 18.10.2020

Peggy Guggenheim - ein Leben fernab der Konventionen ihrer Zeit

Miss Guggenheim
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Leider handelt es sich bei diesem Buch nicht um eine Biographie, sondern nur um ein paar besonders turbulente Jahre im Leben dieser Kunstliebhaberin, die das Herz am rechten Fleck hat und mit ihrem Vermögen ...

Leider handelt es sich bei diesem Buch nicht um eine Biographie, sondern nur um ein paar besonders turbulente Jahre im Leben dieser Kunstliebhaberin, die das Herz am rechten Fleck hat und mit ihrem Vermögen nicht nur Bilder kauft und ein Museum errichtet, sondern auch ihren Zeitgenossen finanziell unter die Arme greift.
Viel Leid entstand dadurch, dass sie sich in Max Ernst verliebte, der aber ihre Gefühle nicht so erwiderte, wie sie es sich erhofft hatte. Irgendwann holt diese Einsicht sie ein, aber bis dahin muss sie einige Enttäuschungen ertragen.
Das Hörbuch wird abwechslungsreich vorgetragen und bietet ein interessantes und amüsantes Hörerlebnis. Allerdings schleichen sich bisweilen ein paar Längen ein, die die Autorin hätte vermeiden können, z.B. belanglose Plaudereien oder die ständige Wetterbeschreibung (es war Winter und sehr kalt.....).
Peggy ist eine Frau, die sich nicht an Konventionen festhält, sie liebt Grenzüberschreitungen. Sie mag das freie Leben in New York, liebt Bars und Theater, und natürlich die zahlreichen Treffen mit der Künstlerelite. Hier ist so mancher Name zu lesen, den ich nicht erwartet hätte, z.B. André Breton oder Marcel Duchamp, und ich fand es interessant, hier einen Einblick in die Charaktere dieser bekannten Künstler zu bekommen, wenn auch nur flüchtig. Besonders beachtlich finde ich, dass Miss Guggenheim, obwohl sie mit so vielen Künstlern befreundet ist, in ihrer Galerie auch bislang unbekannte Maler fördert, und dies lässt sie sich einiges kosten. Sie erntet dafür hohe Anerkennung von Seiten der Kunstkritiker. Außerdem fördert sie die weiblichen Künstlerinnen, die bislang i.A. keine große Rolle spielten. Ich denke, man kann Peggy in die Riege der 'starken Frauen' einordnen, denn sie war mutig und hatte Durchsetzungsvermögen, auch in der Männerwelt der New Yorker Bohème.
Was mir nicht verständlich wird, sind die Abschweifungen nach Venedig (1958). Sie haben mit der Haupthandlung nichts zu tun. Aber wahrscheinlich war Venedig Peggys Ruheort, wo sie sich vom turbulenten Leben in NY erholen konnte. Darüber erfahren wir leider nichts Näheres.
Ein hörenswertes und informatives Hörbuch!

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Veröffentlicht am 17.10.2020

Das große Glück in Anatolien und sein drastisches Ende

Die zitternde Welt
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Maria ist schwanger und möchte sich nicht den Erniedrigungen aussetzen, die in ihrem kleinen Heimatdorf auf sie warten, denn der Vater des Kindes hat sich überraschend nach Anatolien begeben, um am Bau ...

Maria ist schwanger und möchte sich nicht den Erniedrigungen aussetzen, die in ihrem kleinen Heimatdorf auf sie warten, denn der Vater des Kindes hat sich überraschend nach Anatolien begeben, um am Bau der Bagdadbahn mitzuwirken. Ausgestattet mit einem starken Willen und einer gehörigen Portion Mut beschließt die Hochschwangere, Wilhelm in Anatolien zu suchen und ihn mit der Situation zu konfrontieren. Hier findet diese Frau meinen höchsten Respekt, denn wir befinden uns in der Zeit um 1900, als Frauen in der Gesellschaft eine untergeordnete Rolle zugewiesen bekamen und sich zu fügen hatten.
Maria erreicht ihr Ziel, ein kleines Dorf in Anatolien, und eine traumhafte Zeit beginnt: ein großes Haus, Bedienstete, ein schöner Garten, Kindersegen, ein eigenes Pferd usw. Wilhelm hat es zwar nicht leicht mit dieser rebellischen Frau, aber er liebt sie und sorgt für sie und die Kinder. Maria ist klug und stark, sie agiert in Ruhe, um ihre Ziele zu erreichen. In ihrer Ruhe liegt die Kraft!
Der erste Teil des Buches beschreibt dieses herrliche Leben in Anatolien, in dem es Höhen und Tiefen gibt, wo aber die Lebensfreude Marias deutlich spürbar ist.
Alles gerät jedoch ins Wanken, als der erste Weltkrieg ausbricht und das Verbleiben im osmanischen Reich unmöglich wird. Maria und Wilhelm haben Angst um die Zukunft ihrer wehrpflichtigen Söhne und verschaffen ihnen eine neue Identität, wodurch der Fortbestand der Familie zu zittern beginnt. Es wird viel schlimmer als erwartet....die beiden Söhne erleiden einen totalen Identitätsverlust. Türke? Franzose? Deutscher? Erich und Hans haben keine Wurzeln mehr und verlieren sich selbst. Hans überlebt den Krieg nicht, Erich bleibt körperlich unversehrt, ist aber ein seelisches Wrack.
Der ganze zweite Teil des Buches dreht sich überwiegend um Erich und seine Versuche, im Leben wieder Fuß zu fassen. Hier hätte ich gern noch mehr Informationen zu Marias Entwicklung gelesen, denn sie entwickelt sich zu einer gehässigen, tyrannischen und lethargischen Frau. Gern hätte ich mehr darüber erfahren, wie es dazu kommen konnte. Dazu werden leider nur Andeutungen gemacht.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr ansprechend und flüssig, die Charaktere der einzelnen Protagonisten sind präzise gezeichnet, so dass man sie leibhaftig vor Augen und im Kopf hat. Sehr informativ fand ich den historischen Hintergrund, denn über diese Zeit und die politischen Entwicklungen, besonders im Nahen Osten, wusste ich nicht viel. Hier hat die Autorin intensive Recherchearbeit geleistet.
Alles in allem: Eine Familiensaga der etwas anderen Art, sehr lesenswert und informativ, auch wenn es nicht um den Zusammenhalt der Familie geht, sondern um ihr Zerbrechen!

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Veröffentlicht am 07.10.2020

Fräulein Golds Einsatz für die Scheunenkinder

Fräulein Gold: Scheunenkinder
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In diesem Buch erfahren wir mehr über Hulda Gold, eine mobile Hebamme mitten im Berlin der 20er Jahre, die bei ihren Patientinnen sehr beliebt ist, denn sie ist zuverlässig zur Stelle, egal zu welcher ...

In diesem Buch erfahren wir mehr über Hulda Gold, eine mobile Hebamme mitten im Berlin der 20er Jahre, die bei ihren Patientinnen sehr beliebt ist, denn sie ist zuverlässig zur Stelle, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Außerdem weiß Huld immer Rat, wenn Probleme auftreten, und betreut die jungen Mütter auch nach der Geburt mit guten Tipps.
Hulda wird zu einer schwangeren Frau gerufen. Dazu muss sie ihr Stammgebiet verlassen, denn die Frau wohnt im berüchtigten Scheunenviertel, wo die Armut unter der Bevölkerung besonders groß ist und wo besonders viele Juden wohnen. Die jüdische Familie, der die schwangere Frau angehört, ist zerstritten, und schon bald gerät Hulda in einen Kriminalfall, denn das neugeborene Baby verschwindet kurz nach seiner Geburt....Treffenderweise ermittelt auch Huldas Freund Karl, ein Kriminalkommissar, in einem ähnlich gelagerten Fall. Gibt es da eine Verbindung? Wer Hulda kennt, weiß, dass sie der Angelegenheit auf den Grund gehen wird. Hulda ermittelt sehr resolut und unerschrocken. Sie geht so manches Risiko ein, auch wenn es gefährlich wird.
Gleichzeitig wird die politische Situation immer bedrohlicher, denn die Zeit nach dem ersten Weltkrieg ist die Zeit der Inflation und der knappen Lebensmittel. Da gewisse Vereinigungen den Juden die Schuld daran geben, werden diese öffentlich gejagt und angegriffen. Mit Entsetzen erkennt man, wie aufgebracht die Bevölkerung war und wie leicht es zum Tumult kam, dass aber die Polizei kaum etwas dagegen unternimmt. Ich mag diese Blicke hinter die historischen Kulissen, denn die Ausmaße des Judenhasses in dieser Zeit waren mir nicht bekannt. Die Autorin hat intensive Recherchen betrieben.
Ich habe den Roman genossen und freue mich jetzt schon auf den 3.Teil, denn Hulda ist sympathisch, hat das Herz am rechten Fleck und irgendwie wünscht man sich, mit dieser Person bekannt zu sein. Hulda ist als alleinstehende Frau in dieser Zeit erstaunlich emanzipiert und eigenständig. Sie setzt sich auch über bestehende Regeln einfach hinweg und wirkt so etwas rebellisch, was ihren Charakter wunderbar abrundet.
Aber auch andere Charaktere in diesem Roman sind sehr einfühlsam und überzeugend beschrieben und ausgearbeitet, so z.B. auch der Rabbi, der Hulda unterstützt, oder auch Felix, Huldas alte große Liebe, dem sie immer wieder über den Weg läuft und der in seiner Ehe sehr unglücklich ist.
Alles in allem kann ich den Roman wärmstens empfehlen, denn auch der zweite Teil hat mich gefesselt und hinterließ keine Spur von Langatmigkeit.

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Veröffentlicht am 04.10.2020

Mord in einer sehr speziellen Wohngegend

Das Gift deiner Lügen
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Die Bewohner von Severn Oaks bilden eine abgeschirmte Gemeinschaft in ihrem luxuriösen Villenviertel. Jeder kennt jeden, und Klatsch und Tratsch sind an der Tagesordnung, wobei es nicht gerade freundschaftlich ...

Die Bewohner von Severn Oaks bilden eine abgeschirmte Gemeinschaft in ihrem luxuriösen Villenviertel. Jeder kennt jeden, und Klatsch und Tratsch sind an der Tagesordnung, wobei es nicht gerade freundschaftlich zugeht. Den Umgang miteinander könnte man mit folgenden Adjektiven beschreiben: zänkisch, boshaft, gehässig, missgünstig und heuchlerisch. Lügen und Intrigen bestimmen den Umgang miteinander.
Der unspektakuläre Alltagstrott wird unterbrochen, als eine von ihnen im Rahmen einer Party von einem Baumhaus stürzt und stirbt. Noch ungemütlicher wird es, als ein Podcast auftaucht, in dem behauptet wird, dass es kein Unfall war, sondern Mord. Alle geraten in Aufruhr, und im Verlaufe der Podcast-Veröffentlichungen hat man fast das Gefühl, dass jeder der Mörder sein könnte.
Spannung ist schon vorhanden in diesem Buch, denn man ist ja auf die Auflösung gespannt und möchte unbedingt wissen, wer der Podcaster ist, aber die Einordnung als Psychothriller erscheint mir falsch. Des öfteren hatte ich das Gefühl, ein Buch vor mir zu haben, das sich in die Rubrik 'Comedy' einordnen ließe, denn vieles wirkt wie an den Haaren herbeigezogen und nicht überzeugend. Ein Klischée reicht dem nächsten die Hand, so dass man bisweilen ein Lächeln der Ungläubigkeit auf den Lippen hat. Mit zunehmender Tendenz!
Positiv ist außerdem, dass man mitgerätselt hat, wer und aus welchem Grunde der Mörder sein könnte. Hierzu konnte man viele Theorien entwickeln, die dann aber schnell von der Autorin wieder als Sackgasse gestoppt wurden. Gegen Ende hatte ich dann keine Lust mehr, Detektiv zu spielen, da mir alles zu unglaubwürdig war.
Gut gelungen fand ich den Perspektivwechsel, der so manche Situation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtete und beleuchtete. Der Schreibstil ist flüssig, anschaulich und gut verständlich. Die Charaktere werden ausgiebig beleuchtet in all ihrer Heuchelei und Verlogenheit, ab und an auch etwas überzogen. Wirklich sympathisch war mir keiner der Protagonisten, ganz im Gegenteil, ich würde keinen von ihnen gern in meinem Bekanntenkreis haben.
Die Polizei kommt nur am Rande vor, man erhält beinahe den Eindruck, als wären sie nicht befugt, in dieser Severn Oaks-Gemeinschaft zu ermitteln, da sie ihre eigenen 'Gesetze' des Umgangs miteinander haben.
Alles in allem hat mich das Buch zwar unterhalten, aber es hat keine bleibenden Spuren hinterlassen, die mich noch nach der Lektüre beschäftigt hätten. Als leichte Lektüre für zwischendurch kann ich es empfehlen.

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Hart erkämpfter und teuer bezahlter Ruhm

Madame Curie und die Kraft zu träumen (Ikonen ihrer Zeit 1)
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Dieses Buch musste ich unbedingt lesen, da es mich an die Lektüre eines Buches über Mileva Marić, die erste Ehefrau Albert Einsteins, erinnert hat, die großen Anteil an seinen Studien hatte, aber als Frau ...

Dieses Buch musste ich unbedingt lesen, da es mich an die Lektüre eines Buches über Mileva Marić, die erste Ehefrau Albert Einsteins, erinnert hat, die großen Anteil an seinen Studien hatte, aber als Frau nicht als Wissenschaftlerin akzeptiert wurde. Da beide Frauen ungefähr zur selben Zeit gelebt haben, war für mich ein Vergleich interessant. Ich habe festgestellt, dass zwar einige Parallelen da sind, aber Marie durch ihren Ehemann Pierre nicht eingeschränkt, sondern im Gegenteil immer wieder ermutigt und inspiriert wurde.
Marie Curie hat sich einen Namen gemacht als Physikerin und Chemikerin, denn sie prägte den Begriff 'Radioaktivität' und erarbeitete sich zwei Nobelpreise. Ihr gelang die Entdeckung der chemischen Elemente Radium und Polonium, außerdem war sie die erste Frau, die einen Lehrstuhl an der Sorbonne inne hatte.
Ein großer Teil des Buches widmet sich ihrer Kindheit und Jugend, in meinen Augen ein wenig zu sehr, denn ich hätte gern mehr über ihr späteres Leben erfahren, z.B. über ihr Leben als alleinerziehende Mutter, nachdem ihr Mann Pierre bereits mit 46 Jahren verstorben war. Zwar denke ich, dass Maries frühe Phasen sie stark geprägt haben, denn sie hatte es nicht leicht als ehrgeiziges junges Mädchen im russisch besetzten Polen. Sie wollte unbedingt studieren, aber das war zu der Zeit nicht der Normalfall. Sie musste immer wieder kämpfen, und dies hat sie stark gemacht. Von daher kann ich die detaillierte Schilderung dieser frühen Jahre verstehen. Allerdings empfand ich einiges hier als langatmig, z.B. die Beschreibung der Festlichkeiten und Bräuche im ländlichen Polen.
Marie hatte zu kämpfen, um ihre Träume zu verwirklichen, immer wieder kämpfen, auch für die Rechte als Frau, für die gemeinhin keine wissenschaftliche Karriere in Frage kam, erst recht nicht in den Naturwissenschaften. Sie erlitt Demütigungen und Enttäuschungen, realisierte aber trotzdem ihre Träume. Dies allerdings zu einem hohen Preis, denn der ständige Umgang mit den Chemikalien machte die Curies krank, womit der frühe Tod Pierre Curies zu erklären ist. Ich denke, Marie hat dann einiges an ihrem Lebensstil geändert, um für ihre Töchter erhalten zu bleiben. Darüber hätte ich gern mehr erfahren, das fehlt mir in diesem Buch.
Ansonsten war das Buch sehr informativ und interessant, auch der historische Aspekt des besetzten Polens. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, gut verständlich und anschaulich. Die naturwissenschaftlichen Grundlagen sind einfach und klar beschrieben, so dass ich als Laie alles gut verstanden habe.
Alles in allem kann ich das Buch wirklich empfehlen, denn Marie hatte ein sehr bewegtes Leben, reich an Enttäuschungen, aber auch voller Liebe. Und irgendwie schwebt über allem die Botschaft, dass es sich lohnt zu kämpfen....

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