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Veröffentlicht am 06.05.2020

Herzenswärme und positives Denken

Wie uns die Liebe fand
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Das sind zwei Eigenschaften, die Madame Manon zweifellos besitzt und die in ihrer Lebensgeschichte, die sie hier erzählt, immer wieder durchdringen. Madame Nanon, 92 Jahre alt, blickt auf ihr Leben zurück, ...

Das sind zwei Eigenschaften, die Madame Manon zweifellos besitzt und die in ihrer Lebensgeschichte, die sie hier erzählt, immer wieder durchdringen. Madame Nanon, 92 Jahre alt, blickt auf ihr Leben zurück, das nicht immer einfach war, denn ihr Vater wurde als Deserteur erschossen und ihr eigener Ehemann starb relativ früh, so dass sie ihre vier Töchter weitgehend allein großziehen musste. Die alte Dame hat ihr ganzes Leben in Bois-de-Val im Elsass verbracht, einem kleinen Dorf mit 1300 Einwohnern, das sie in ihr Herz geschlossen hat. Ein großer Einschnitt in ihrem Leben passiert, als sie von Monsieur Boberschram, einem Nachbarn, dessen kleinen unscheinbaren Lebensmittelladen geschenkt bekommt. Aus diesem macht sie, zusammen mit ihren Töchtern, einen beliebten Treffpunkt für das ganze Dorf, in dem neben den normalen Dingen elsässische Spezialitäten verkauft werden, und auch eine besondere Erfindung, die sogenannten 'Liebeskugeln', die im Dorf so einiges ins Rollen bringen.
Der Schreibstil der Autorin hat mich sofort angesprochen, denn hier hat man das Gefühl, dass man der alten Dame im Café gegenüber sitzt und sie aus ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz plaudert. Sie schreibt fließend und detailliert. Außerdem spricht sie den Leser öfters direkt an ("....das kann ich Ihnen sagen...."), was dem Buch eine sehr persönliche Note gibt und mit gut gefällt. Außerdem ist da eine Prise Ironie und Selbstkritik, die einem immer wieder ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Unterschwellig ist immer ein gewisser Humor vorhanden, fein und witzig, der das Leben nicht so ernst sieht. Es gibt immer einen Weg....
Das ganze Buch drückt die Herzenswärme und die Liebe aus, die von Madame Nan ausgehen und die sie an ihre vier Töchter weitergegeben hat, wenn auch in unterschiedlichen Portionen. Man möchte Mitglied dieser Familie sein, sich in diesem Kreis wohlfühlen. Es ist eine Geschichte voller Liebe, auch wenn mancher Schicksalsschlag beschrieben wird.
Gut gefallen hat mir auch das Lokalkolorit zum Elsass, eine Region, die mir weitgehend unbekannt ist, und der historische Hintergrund, besonders die Vorkommnisse im 2. Weltkrieg, die das Buch ergänzen. Vervollständigt wird dieser Bereich durch einige elsässische Rezepte am Ende des Buches, von denen ich sicherlich mal eines ausprobieren werde.
Das Cover entspricht dem Buch, die bunten Blütenblätter wenden sich alle zur Mitte, wo groß das Wort 'Liebe' steht, wie sich die Bewohner des kleinen Dorfes dem neuen Zentrum zuwenden, wo sie mit Herz und Freundlichkeit empfangen werden.
Ein sehr positives Buch, auch wenn mir ein paar Passagen etwas zu detailliert beschrieben wurden, so dass eine gewisse Langatmigkeit auftrat. Außerdem kommen mir die erotischen Explosionen doch etwas unglaubhaft und übertrieben vor, aber das rechne ich der dichterischen Freiheit zu.
Alles in allem kann ich das Buch empfehlen, es breitet Wohlgefühl aus und beschreibt die Liebe als Mittelpunkt des Lebens.

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Veröffentlicht am 04.05.2020

Unglaubhafte Entscheidungen und fehlende Tiefe

Die verlorene Tochter der Sternbergs
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Amanda, eine Jüdin in Berlin kurz vor dem 2. Weltkrieg, hat einen kleinen Buchladen, bis die Nazis ihre Bücher verbrennen. Ihr Mann ist Kardiologe und in Amandas Augen so hoch geschätzt, dass das Paar ...

Amanda, eine Jüdin in Berlin kurz vor dem 2. Weltkrieg, hat einen kleinen Buchladen, bis die Nazis ihre Bücher verbrennen. Ihr Mann ist Kardiologe und in Amandas Augen so hoch geschätzt, dass das Paar nicht an Flucht denkt wie viele andere Juden. Im Gegenteil, sie gründen eine Familie und bekommen zwei Töchter. Die Lage wird immer bedrohlicher, Amandas Mann wird interniert, und nun muss Amanda handeln. Geplant ist, dass die beiden Mädchen zu einem Verwandten nach Kuba geschickt werden, während Amanda zunächst in Frankreich bei einer Bekannten der Familie unterkommt. Kurz bevor das Schiff den Hafen verlässt, entscheidet Amanda, nur ein Kind an Bord zu schicken und das andere nach Frankreich mitzunehmen. Wie kann eine Mutter eine solche Entscheidung treffen?
Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich noch ein spannendes und emotionsgeladenes Buch erwartet, aber ich wurde enttäuscht. Was nun folgt, ist eine Aneinanderreihung vieler Geschehnisse, die aber im Sande verlaufen, für die man keine Erklärung findet und die viele Fragen offen lassen. Zunächst nimmt man noch an, dass der Autor später wieder auf die Ereignisse zurückkommen wird, aber eindeutig Fehlanzeige! Wir lernen Menschen kennen, erfahren aber nicht, was aus ihnen wird, wir erleben Situationen, die ohne weiteres Hintergrundwissen einfach unverständlich sind und wir erleben Entscheidungen, die nicht nachvollziehbar sind.
Auf diese Weise kommt keine emotionale Bindung an die Protagonisten auf, und selbst die geschilderten Gräueltaten der Nazis nimmt man nur als Sachverhalt wahr, ohne wirklich Entsetzen zu empfinden. Die Personen sind farblos dargestellt, ohne wirkliche Höhen und Tiefen, eher ergeben sie sich willenlos ihrem Schicksal. Das macht das Buch spätestens nach dem ersten Drittel langatmig und lässt keine Leselust aufkommen. Schade! Teilweise sind in meinen Augen die Kinder nicht altersgemäß geschildert, sie wirken wie frühreife Erwachsene.
Vieles wird ausschweifend erzählt, hat aber keine Bedeutung für die Gesamthandlung, z.B. das Herumstöbern der Kinder im Kloster, während historisch bedeutende Entwicklungen, wie z.B. die Arbeit der Résistance in Frankreich, nur gestreift werden. Das lässt mich unzufrieden zurück.
Was ich positiv finde, ist die Recherche des Autors zum historischen Hintergrund, was auch im Anhang Erwähnung findet, und auch die Idee der Einbettung der Erlebnisse in eine aktuelle Rahmenhandlung. Aber leider ist die Umsetzung in meinen Augen misslungen.
Ich gebe zwei Sterne für die Idee und die Historie, mehr ist nicht drin, da letztendlich doch alles sehr an der Oberfläche bleibt und nicht weiter verfolgt wird.

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Veröffentlicht am 26.04.2020

Erbarmungslos und abgestumpft

Das wirkliche Leben
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Wir begegnen in diesem Buch einer Familie, in der das Zusammenleben auf falschen Bahnen läuft. Der Vater, Buchhalter in einem Vergnügungspark, liebt die Jagd und den Whisky, aber leider nicht seine Familie, ...

Wir begegnen in diesem Buch einer Familie, in der das Zusammenleben auf falschen Bahnen läuft. Der Vater, Buchhalter in einem Vergnügungspark, liebt die Jagd und den Whisky, aber leider nicht seine Familie, was seine Frau hautnah zu spüren bekommt. Die Mutter, Hausfrau, liebt ihre Tiere und bringt hier deutlich mehr Fürsorge auf als für die Menschen um sie herum, sie fügt sich in ihre Opferrolle. Das Mädchen, überdurchschnittlich begabt, sieht ihre Mission darin, ihren jüngeren Bruder Gilles bei Laune zu halten und ihm die von den Eltern vorenthaltene Zuneigung zu schenken.
Zunächst fand ich das Mädchen genial, denn sie war die einzige in der Familie, die sich nach einem tödlichen Unfall des Eismannes, den ihr kleiner Bruder miterlebte, um ihn kümmerte, ihn ablenken wollte und versuchte, seinen Schockzustand zu durchbrechen. Ich hielt sie für stark und empathisch, was sich später aber wandelte in eine gehörige Portion Egoismus und Gleichgültigkeit. Sie beobachtet sehr viel Unrecht, unternimmt aber nichts dagegen, obwohl sie meiner Meinung nach geistig dazu in der Lage wäre. Sie sieht, dass ihr Bruder Tiere quält, unternimmt aber nichts. Sie sieht die Ungerechtigkeit, die ihrer Mutter widerfährt, steht ihr aber nicht bei, sondern sieht in ihr nur eine stumpfsinnige Amöbe. Als sie dann schließlich noch einen jungen Familienvater verführt, war meine Bewunderung ganz dahin, so dass ich mich schließlich fragte, ob dies noch realistisch ist....
Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der Geschichte kamen mir auch in anderen Szenen des Buches, besonders als das Mädchen selbst in die Opferrolle fällt. Die geschilderten Grausamkeiten fand ich äußerst brutal und skrupellos, teilweise regelrecht blutrünstig. Für meinen Geschmack zu viel! Hier hätte ich mir auch gefühlsmäßig mehr Tiefgang gewünscht, denn es kann doch nicht sein, dass ein verletzter und gedemütigter Teenager gleich am nächsten Tag wieder zum Alltag zurückkehrt und von einer Zeitmaschine träumt. Schließlich ist mir auch die Symbiose zwischen Gilles und der ausgestopften Hyäne zu abstrus.
Der Schreibstil ist flüssig, aber irgendwie bedrückend, was in großartiger Form die Trostlosigkeit der Gesamtsituation ausdrückt. Allerdings fand ich manche Wörter abstrus, z.B. 'Geschmeiss im Kopf', was nicht zu meinem Sprachgebrauch gehört. Vielleicht ein Problem der Übersetzung?
Eine weitere Stärke der Autorin liegt darin, Atmosphäre zu schaffen: im dunklen Wald hört man regelrecht die angstvollen Herzschläge und sieht die unheilvollen Erscheinungen, am Abendessentisch fühlt man die angespannte Stimmung usw. Auch in das niederdrückende Gefühl im Kadaverzimmer konnte ich mich gut hineinversetzen.
Alles in allem habe ich das Buch zwar mit Spannung gelesen, fand aber einige Szenen zu brutal und unrealistisch, so dass ich es nur eingeschränkt empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 18.04.2020

Die ungleichen Zwillinge

Zara und Zoë - Tödliche Zwillinge
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Äußerlich gleichen sie sich total, aber charaktermäßig unterscheiden sie sich doch stark. Während Zara Karriere bei Europol gemacht hat und privat eine Familie gegründet hat, ist Zoe auf der Karriereleiter ...

Äußerlich gleichen sie sich total, aber charaktermäßig unterscheiden sie sich doch stark. Während Zara Karriere bei Europol gemacht hat und privat eine Familie gegründet hat, ist Zoe auf der Karriereleiter der italienischen Mafia aufgestiegen und die rechte Hand des Paten. Privat ist sie weitgehend unabhängig, ohne feste Bindung und jederzeit bereit für waghalsige Einsätze, die oft nicht ohne Blutvergießen verlaufen.
Ein Islamist wurde aus dem Gefängnis entlassen, weil er sich bereit erklärte, sich als Informant für Europol in der Terrorszene umzuhören, um eventuell geplante Anschläge zu verhindern. Plötzlich ist er verschwunden und Europol fühlt sich verpflichtet, ihn für weitere Einsätze zu suchen. Zara baut hierbei auf die Hilfe ihrer Schwester, denn Zoe ist auch bereit, die Grenzen des Legalen zu überschreiten, sie schreckt auch vor Mord nicht zurück. Da Zara sich jedoch nicht an die abgemachten Spielregeln hält, kommt es zu einer Katastrophe.
Der Prolog ist sehr spannend, auch wenn nur ein Albtraum geschildert wird, aber danach ging es sehr turbulent und verwirrend weiter, die vielen Namen, die vielen Schauplätze und der ständige Perspektivwechsel forderten meine ganze Aufmerksamkeit. Nachdem ich mir einige Notizen zu den einzelnen Personen gemacht hatte, ging es deutlich besser und wurde extrem spannend, begleitet von außerordentlichen Aktionen.
Sehr interessant fand ich die Hintergrundinformationen über die Flüchtlingssituation rund um Melilla und die Intentionen, die die dort verweilenden Islamisten verfolgen. Beeindruckend schildert der Autor ihr geschicktes Vorgehen, um einen Attentäter einzuschleusen, damit hatte ich nicht gerechnet!
Der Schreibstil hat mir gut gefallen, lebendig und abwechslungsreich ist es eine Freude, den Thriller zu lesen. Ein paar 'hässliche' Wörter hätten vermieden werden können, aber andererseits passen sie zum Milieu.
Auch die Darstellung der diversen Charaktere hat mir gefallen, sie geben ein übersichtliches Bild der korrupten Verflechtungen ab. Allerdings sind mir die beiden Schwestern etwas zu sehr als 'Wonderwomen' dargestellt, denen alles gelingt. Als Beispiel möchte ich hier den Diebstahl des Colliers erwähnen, eine Szene, die ich total unglaubwürdig und übertrieben fand. Es gab noch mehrere davon. Deshalb und wegen des unübersichtlichen Starts gibt es von mir nur 4 Sterne. Jedoch kann ich den Thriller wärmstens empfehlen, Spannung ist garantiert.

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Veröffentlicht am 05.04.2020

Einmal noch richtig leben

Das kann uns keiner nehmen
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Dieses Buch beschreibt keine Bergsteigertour! So hatte ich es nämlich ursprünglich erwartet, ich wurde aber eines besseren belehrt, denn in meinen Augen beschreibt das Buch eine erstaunliche Persönlichkeitsänderung.
Hans ...

Dieses Buch beschreibt keine Bergsteigertour! So hatte ich es nämlich ursprünglich erwartet, ich wurde aber eines besseren belehrt, denn in meinen Augen beschreibt das Buch eine erstaunliche Persönlichkeitsänderung.
Hans hat den Kilimanjaro bestiegen und möchte eine Nacht im Krater campieren, um dort nach langen Jahren endlich mit einer privaten Geschichte abzuschließen, die einen deutlichen Schatten über sein Leben geworfen hat. Sein Entsetzen ist groß, als er sieht, dass er dort im Krater nicht allein sein wird, weil bereits ein anderer seine Zelte dort postiert hat. Und seine Enttäuschung wird noch größer, als er merkt, mit welch sehr speziellem Charakter er dort oben die Nacht verbringen wird - mit Tscharli.
Und nun setzen zwei Charakterstudien ein, die sehr gegensätzlich sind, die sich durch das ganze Buch ziehen, die einen aber in ihren Bann ziehen und die schließlich zu einer Symbiose führen, die man nicht erwartet hätte. Sehr detailliert und in vielen Beispielen führt der Autor uns die verschiedenen Charaktere vor Augen, der eine oberflächlich, frivol, gewöhnlich, mit schlechten Manieren - der andere gebildet, zurückhaltend, ernsthaft und nachdenklich. Auch sprachlich stellen sie Gegenpole dar: Hans mit seinem journalistischen Hochdeutsch und Tscharli mit seinen bayrischen Floskeln, die keine Grammatik kennen.
Was man nicht für möglich hält, nimmt seinen Lauf: die beiden kommen sich immer näher, gehen eine Symbiose ein und erzählen sich Dinge, die man nur mit besten Freunden teilt. So erfährt Hans dann auch, dass Tscharli sehr krank ist und sich in Afrika noch einen letzten Sehnsuchtstrip erfüllen möchte. Er möchte mit dem Motorrad quer durch Sansibar cruisen. Und Hans soll ihn begleiten! Tscharli klammert sich regelrecht an ihn, nur mit ihm möchte er sein Leben abschließen.
Somit beginnt das zweite Highlight des Buches: eine sehr dichte und atmosphärische Beschreibung Afrikas und seiner Bewohner. Durch detaillierte Beispiele und kleine Szenen auf Märkten, in Kneipen, Restaurants usw. bekommen wir ein Bild der Lebensfreude, der Farbvielfalt und der Vielfältigkeit geliefert, das mir sehr gut gefallen hat.
Etwas hat mich das gesamte Buch hindurch genervt: das permanente Ignorieren der Rechtschreibreform bezüglich 'ß'. Es gibt einfach kein 'daß' mehr, aber in diesem Buch finden wir es zuhauf!
Trotzdem habe ich das Buch sehr gerne gelesen, bisweilen war es sogar richtig spannend. Deshalb möchte ich es weiterempfehlen und vergebe fünf Sterne.

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