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Veröffentlicht am 08.10.2021

Cosy Crime zum Schmunzeln

Hamish Macbeth geht auf die Pirsch
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In diesem Band trifft Hamish auf einen Rivalen, denn er ist ja verliebt in Priscilla, die Tochter des Schlossbesitzers, die aber nun mit einem Verlobten nach Hause kommt, und Hamish ist verärgert. Natürlich ...

In diesem Band trifft Hamish auf einen Rivalen, denn er ist ja verliebt in Priscilla, die Tochter des Schlossbesitzers, die aber nun mit einem Verlobten nach Hause kommt, und Hamish ist verärgert. Natürlich zeigt er dies nicht, aber insgeheim leidet er.

Abgelenkt wird er aber durch einen Mordfall, der während einer Moorhuhnjagd erfolgt und viel Arbeit mit sich bringt, da der Tote sehr unbeliebt war, und viele als Täter in Frage kommen. Der lokale Polizeibeamte Hamish, bekannt für seine ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden, wird wieder aktiv, und wir können mit ihm gemeinsam auf die Suche nach dem Mörder gehen. Da geht es nicht um groß angelegte Aktionen, sondern um feinsinnige Ermittlungen, die schließlich zum Ziel führen, und Hamish sehr erfreuen!

Der Schreibstil ist bildhaft und fließend, so dass es eine Freude ist, das Buch zu lesen. Nebenbei wird die schottische Landschaft beschrieben, auch ein Genuss, was sich auch auf dem Cover zeigt! Am allerbesten sind aber die Charakterisierungen der schrulligen, skurrilen und originellen Protagonisten, die zwar überzeichnet dargestellt werden, aber gerade deshalb immer wieder zum Schmunzeln anregen. Herrlich!

Eine unterhaltsame Lektüre zum Miträtseln, die ich gerne empfehle.

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Veröffentlicht am 26.09.2021

Anna und Marie, zwei unterschiedliche Welten

Wellenflug
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Der Roman berichtet in zwei getrennten Teilen über das Leben von Anna Eisner und Marie Stahmann. Beide Frauen sind durch Familienbande miteinander verknüpft, denn Marie ist die Frau, in die sich Annas ...

Der Roman berichtet in zwei getrennten Teilen über das Leben von Anna Eisner und Marie Stahmann. Beide Frauen sind durch Familienbande miteinander verknüpft, denn Marie ist die Frau, in die sich Annas Sohn Heinrich verliebt, die aber aus einer anderen sozialen Schicht stammt und somit von Anna nicht als Schwiegertochter akzeptiert wird.
Anna ist mir zunächst sympathisch, sie ist aufgeweckt, klug und interessiert sich als Mädchen sehr für den Beruf ihres Vaters, der Tuchhändler ist. Ich hatte erwartet, dass sie gegen die üblichen Rollenzuweisungen ihrer Zeit rebelliert und die Firma ihres Vaters übernimmt. Aber stattdessen heiratet sie in die wohlhabende Familie Reichenheim ein, bekommt viele Kinder, und ihr Leben besteht nur noch aus gesellschaftlichen Verpflichtungen und Sorge um den Erhalt des guten Rufs der Familie. Diesen sieht sie in Gefahr, als ihr Lieblingssohn Heinrich sich in Marie verliebt, die als Garderobiere in einem Varieté arbeitet. Anna bekämpft diese Liaison mit extremer Härte. Überhaupt entpuppt sie sich als strenge Mutter und scheint mit ihrem Leben unzufrieden, da sie sich ihrem Mann stets unterordnet und keine Freiheiten genießt wie ihre Freundin Josephine, die sie darum beneidet. Sie kann es nicht tolerieren, dass Heinrich versucht, den gesellschaftlichen Zwängen zu entkommen, und bekämpft den einstmals so verwöhnten Sohn.
Marie ist allem Neuen aufgeschlossen, aber ihre Beziehung zu Heinrich ist weitgehend durch seine Dominanz geprägt. Zwar hat sie viele Freiheiten und genießt diese, aber sie folgt Heinrichs Entscheidungen, die er allein trifft und wie selbstverständlich erwartet, dass Marie einverstanden ist. Sie geht mit ihm in die USA und dann wieder nach Deutschland zurück, obwohl sie lieber in Erie bliebe. Heinrich möchte nicht, dass sie arbeiten geht, das ist unter seiner Würde. Insgesamt macht sie sich also auch von ihrem Mann abhängig und lebt nicht das aus, was sie eigentlich möchte. Bis sie etwas erfährt, das sie so aus der Fassung bringt, dass sie sich voller Energie für ihren eigenen Standpunkt einsetzt.
Ich finde diese Darstellung der beiden Frauenbilder interessant, aber besonders am Anfang hat mich das Namengewirr sehr gestört. Da wäre eine Auflistung der Personen und ihrer Verflechtungen miteinander hilfreich gewesen, denn das ständige Zurückblättern hat den Lesefluss gestört.
Auch gestört haben mich die ständigen Zeitsprünge, da wären häufigere Jahresangaben sinnvoll gewesen. Am Anfang dachte ich sogar, ich hätte vielleicht eine Seite übersprungen, wenn plötzlich wieder eine neue Tatsache im Raum stand.
Der Schreibstil ist klar und unmissverständlich. Das hat mir gefallen, obwohl bisweilen eine gewisse Monotonie in den Beschreibungen auftauchte. Der historische Hintergrund wurde nur gestreift, mir persönlich hätte ein wenig mehr gut gefallen.
Alles in allem hat mich das Buch gut unterhalten, aber auf Grund meiner Kritikpunkte ziehe ich ein Sternchen ab. Lesenswert ist das Buch auf jeden Fall.

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Veröffentlicht am 24.09.2021

Immer näher zum Abgrund

Shuggie Bain
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Hier wird eine Familientragödie im Glasgow der 80er Jahre beschrieben, die vor dem Hintergrund der Zechenschließung und der daraus folgenden Massenarbeitslosigkeit und Armut spielt. Unmittelbare Folge ...

Hier wird eine Familientragödie im Glasgow der 80er Jahre beschrieben, die vor dem Hintergrund der Zechenschließung und der daraus folgenden Massenarbeitslosigkeit und Armut spielt. Unmittelbare Folge der Perspektivlosigkeit dieser Zeit war der Griff zum Alkohol, der die Sorgen und Probleme vernebeln sollte.
Agnes lebt wegen ihres geringen Einkommens zunächst noch mit ihren drei Kindern und ihrem Mann bei ihren Eltern in sehr beengten Umständen. Dadurch ergeben sich ständige Probleme, und die Familie zieht um in eine abgeschiedene Sozialsiedlung, in der Tristesse und Verzweiflung auf der Tagesordnung stehen. Schnell stellt sich heraus, dass ihr Mann die Familie quasi loswerden wollte, denn er lässt sich dort selten blicken, geht eine neue Beziehung ein und zieht sich weitgehend aus dem Familienleben zurück. Nur ab und an lässt er sich blicken, um seine sexuellen Wünsche abzureagieren. Die Restfamilie ist auf sich allein gestellt und lebt von den staatlichen Zuwendungen. Shuggie ist der jüngste Sohn und er liebt seine Mutter abgöttisch, schon bald merkt er, dass seine Mutter dem Alkohol immer mehr verfällt und möchte sie retten. Nun sind die Rollen vertauscht. Ab einem Alter von acht Jahren muss Shuggie sich um seine Mutter kümmern und sie versorgen, was ein Kind in diesem Alter natürlich überfordert. Und es wird immer schlimmer, so schlimm, dass oft kein Geld für einfache Lebensmittel da ist, weil alles in Alkohol investiert wird. Shuggie muss beobachten, dass seine Mutter sich erniedrigt, um die Sucht zu befriedigen. Trotzdem liebt er sie, denn es ist seine Mutter, sonst hat er keinen Freund....auch in der Schule läuft es nicht gut, Mobbing ist an der Tagesordnung, ausgelöst durch die desaströse Familiensituation.
Das Buch hat mich sehr betroffen gemacht, denn die Hoffnungslosigkeit und die Qualen des jungen Shuggie in dieser Situation sind extrem. Man möchte dem Jungen helfen, ihn herausziehen aus dieser Misere, aber das Milieu hält ihn gefangen.
Der Roman ist eine intensive Milieustudie, sehr fein und authentisch ausgearbeitet, so dass man das Elend spürt. Auch wenn man das Buch beiseite legt, beschäftigt es einen in Gedanken weiter. Ebenso wird der Alkoholismus mit einer Vehemenz beschrieben, dass man den drohenden Absturz deutlich wahrnimmt. Der Schreibstil insgesamt ist sehr sprachgewaltig, angelehnt an den Glasgower Arbeiterdialekt. Sicher war es sehr schwer, diesen Slang ins Deutsche zu übertragen, an einigen Stellen scheint mir die Übersetzung etwas daneben zu greifen. Aber ich wusste immer, was ausgedrückt werden sollte.
Der Autor hat den Booker-Preis mit Recht bekommen! Der Roman, mit teilweise autobiographischen Geschehnissen, ist herausragend und hinterlässt Spuren. Keine leichte Unterhaltungslektüre, aber von mir eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 09.09.2021

Davor und Danach

Der Mauersegler
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In diese beiden Phasen teilt der Arzt Prometheus sein Leben ein. Die Grenze dazwischen wird gesetzt durch den Tod seines besten Freundes Jakob. Das 'Davor' ist voll schöner Momente, an die er sich gern ...

In diese beiden Phasen teilt der Arzt Prometheus sein Leben ein. Die Grenze dazwischen wird gesetzt durch den Tod seines besten Freundes Jakob. Das 'Davor' ist voll schöner Momente, an die er sich gern erinnert, während das 'Danach' ihn fallen lässt, seine Schuld ihn zermürbt und er keinen Sinn mehr im Leben sieht. Er befindet sich im freien Fall wie die Mauersegler, die er so gern beobachtet. Findet Prometheus die Kraft, sich wieder hoch zu bewegen, seine Schuld zu verarbeiten und einen Neustart zu wagen?
Der junge Arzt Prometheus hat sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet und führt eine Studie durch, die beweisen soll, dass eine Immuntherapie eine sanfte Variante zur Chemotherapie darstellt, um z.B. Blasenkrebs zu heilen. Unglücklicherweise erkrankt Jakob daran, und Prometheus wird geradezu bedrängt, seinen Freund in seine Studie aufzunehmen, obwohl die Teilnehmer schon feststehen. Da noch keine Ergebnisse vorliegen, hätte Prometheus seinem Freund eher zur Chemotherapie geraten. Aber der Erwartungsdruck auf ihn ist so groß, dass er Jakob trotz Bedenken noch in der Studie unterbringt.....Als Jakob stirbt, bricht für Prometheus die Welt zusammen, er sieht sich von Schuld erdrückt, empfindet Verzweiflung, Angst und Schockstarre. Er flieht ziellos nach Norden, ans Meer, wo er von zwei älteren Frauen aufgenommen wird, die einen Reiterhof betreiben.
Das Buch hat mich durch das schöne Cover sofort angesprochen, da ich Mauersegler sehr gern beobachte und ihr Flugverhalten bewundere. Voller Neugier habe ich das Buch gelesen und wurde nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil hat mich das Buch gefesselt, des öfteren zum Weinen gebracht (was ich aber als wohltuend empfand) und mich überzeugt. Obwohl nicht wirklich viel passiert, habe ich stets eine gewisse Spannung empfunden, ob Prometheus sich nach dem Absturz wieder in die 'Lüfte heben kann' wie die Mauersegler es bisweilen schaffen, wenn sie kräftig genug sind.
Die Geschichte ist sehr emotional, was durch den ausdrucksstarken Schreibstil unterstützt wird. Was ich sehr ansprechend fand, ist die Naturverbundenheit. Die Autorin lässt immer wieder einfließen, wie andere Lebewesen wohl den 'Menschling' einschätzen und beurteilen mit all seinen Fehlern und Merkwürdigkeiten. Das hat mich so sehr berührt, dass meine Gedankenwelt sich in dieser Richtung geöffnet hat, was mir gut gefällt.
Auch der Humor kommt ab und zu zum Zuge trotz aller Schwermut, z.B. als der kleine Prometheus die Telefonnummer seiner Schwester überall verteilt, um ihr einen neuen Freund zu beschaffen, weil sie so traurig ist nach einer Trennungsgeschichte.
Ich kenne den Vorgänger 'Marianengraben' nicht, werde mir das Buch aber nun besorgen, denn Jasmin Schreiber hat mich mit diesem empfehlenswerten Werk überzeugt. Es hat bei mir bleibende Spuren hinterlassen.

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Veröffentlicht am 03.09.2021

Die 70er und viele tiefgreifende Entscheidungen

Die Wunderfrauen
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Der dritte Band der Wunderfrauen-Trilogie spielt in den bunten und rebellischen 70er Jahren. Alle vier Frauen, die wir schon seit dem ersten Band kennen , erfahren durchgreifende Veränderungen in ihrer ...

Der dritte Band der Wunderfrauen-Trilogie spielt in den bunten und rebellischen 70er Jahren. Alle vier Frauen, die wir schon seit dem ersten Band kennen , erfahren durchgreifende Veränderungen in ihrer Lebensgestaltung und in ihren Partnerbeziehungen. Sie schmieden gemeinsam Pläne für die neue Zukunft und immer wieder kreuzen sich ihre Vorstellungen. Sie stützen und beraten sich untereinander, keine ist allein.
Es ist kein Problem, mit dem dritten Band in die Trilogie einzusteigen, denn die Autorin gibt immer wieder kurze Rückblenden und füllt so die Lücken. Für den Kenner beider vorherigen Bände ergibt sich so manches Ach-ja-Erlebnis. Und solche Erlebnisse hatte ich nicht nur in Bezug auf die Wunderfrauen, sondern auch im Rückblick auf die 70er Jahre. Da ich diese sehr intensiv erlebt habe, war es für mich wunderbar, an typische Moden, Ereignisse, Musikproduktionen usw. erinnert zu werden.
Alle vier Frauen entwickeln und emanzipieren sich weiter, sie gründen neue Existenzen und werfen kritische Blicke auf ihre Männer. In einem Fall kommt es endlich zur Scheidung. Lange gehütete Geheimnisse werden voller Elan aufgedeckt. Wenn man heute auf diese Zeit zurückblickt, schüttelt man verwundert den Kopf, wenn man realisiert, wie unterdrückt die Frauen in den 70ern teilweise noch waren. Da fiel eine Frau in einem öffentlichen Auftritt mit Hosenanzug direkt auf. Das übergreifende Motto des Buches beschreibt aber wieder die Macht der Gemeinsamkeit. Die Frauen halten zusammen und können sich aufeinander verlassen, selbst in sehr schwierigen Situationen. Durch dieses Vertrauen entwickelt sich immer mehr Selbstbewusstsein!
Auch die Politik wird beleuchtet, der kalte Krieg, der sich hauptsächlich in und um Berlin herum abspielte. Hochinteressant, daran erinnert zu werden. Z.B. die abenteuerliche Fahrt nach Berlin, die abschreckende Abfertigung an der Grenze, die strengen Kontrollen ließen bei mir so manche Erfahrung von früher wieder aufblitzen. Schön!
Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen und sehr lebendig. Die Autorin gibt dem Leser das Gefühl, in der Situation als Beobachter dabei zu sein. Besonders Stresssituationen werden sehr gekonnt skizziert. Was mir auch sehr gut gefallen hat, sind die wechselnden Perspektiven, die sich mit jedem Kapitel ändern. So erfahren wir viel über die Gefühlswelt der Frauen und ihre Gedankengänge und können Entscheidungen und Verhaltensweisen besser verstehen. Der Prolog ist unheimlich, man weiß nicht, ob es Realität oder Traum ist. Sogleich baut sich dadurch Spannung auf, und später kann man den Prolog gut einordnen.
Ich habe diese Trilogie sehr gern gelesen und jedes Buch genossen. Sehr empfehlenswert! Schade, dass die Reihe beendet ist, aber so kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen.....

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