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Veröffentlicht am 24.08.2021

Der Roman beginnt, wo andere Krimis enden

Pirlo - Gegen alle Regeln
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Dr. Anton Pirlo ist Strafverteidiger in Düsseldorf. Der Roman beginnt mit seiner Entlassung bei einer großen, namhaften Kanzlei. Zuerst weiß er nicht so genau wie es beruflich für ihn weitergehen ...

Dr. Anton Pirlo ist Strafverteidiger in Düsseldorf. Der Roman beginnt mit seiner Entlassung bei einer großen, namhaften Kanzlei. Zuerst weiß er nicht so genau wie es beruflich für ihn weitergehen soll, doch dann erhält er den Auftrag Marlene von Späth zu verteidigen, die im Verdacht steht ihren Ehemann umgebracht zu haben. Da er keine andere Möglichkeit sieht, gründet er daher eine Wohnzimmerkanzlei. Unterstützt wird er hierbei von Sophie Mahler, einer jungen Rechtsanwältin. Nun lernt man Pirlo nach und nach kennen. Es wird in kurzen Kapiteln von früheren Fällen, seiner Kindheit und Jugend, seiner Studienzeit und seinem beruflichen Werdegang erzählt.

Der Roman springt daher in den Zeiten zwischen dem Beginn der Gründung seiner Wohnzimmerkanzlei im Juli und dem Beginn der Verhandlung im September und gewährt immer wieder Rückblenden seines bisherigen Lebens. Man erfährt daher immer, wie der derzeitige Stand der Verhandlung im September ist und wie die ganzen Ermittlungsergebnisse im Juli und den folgenden Monaten zusammengetragen wurden. Das war jedoch nicht störend, sondern ein interessanter Erzählstil, die den Roman sehr spannend und abwechslungsreich gemacht hat.

Die Person des Pirlo ist sehr interessant, da er bei seinen Ermittlungen manchmal recht ungewöhnliche, unkonventionelle und nicht immer ganz legale Wege geht. Trotzdem sind er und seine Kollegin Sophie Mahler sehr symphatisch. Es war spannend zu lesen, wie sie bei ihrer Verteidigungsstrategie vorgegangen sind und welche Überlegungen und Recherchen sie hierzu angestellt haben. Besonders gut haben mir die Passagen bei der Gerichtsverhandlung gefallen, wie die Zeugen befragt und zu welchen Reaktionen sie herausgefordert wurden und wie die Anklage darauf reagiert hat.

Der Roman ist sehr interessant, da hier eine andere Seite eines "Krimis" dargestellt wird. Er beginnt nämlich dort, wo ein Krimi sonst endet und erzählt den weiteren Verlauf des Strafverfahrens. Hierbei merkt man, dass der Autor selbst Strafverteidiger ist und weiß wovon er schreibt. Ich bin schon sehr auf den nächsten Fall von Pirlo gespannt.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Ein Witwer mit Anhang wäre perfekt! ...

Bis ans Ende aller Fragen
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... und den findet man am einfachsten in einer Trauergruppe, denkt sich Summer, Maxis Nichte, die ihrer Tante dabei behilflich sein möchte, einen Mann zu finden. Es sollte am besten einer sein, ...

... und den findet man am einfachsten in einer Trauergruppe, denkt sich Summer, Maxis Nichte, die ihrer Tante dabei behilflich sein möchte, einen Mann zu finden. Es sollte am besten einer sein, der bereits Kinder hat, bei dem jedoch keine störende Exfrau noch mitmischt, also ein Witwer. Summer arbeitet bei Maxi in deren Café, ist manchmal ein wenig chaotisch, immer sehr direkt und steht ihr sehr nahe. Maxi, Anfang 40, ist von der Idee mit der Trauergruppe nicht sehr begeistert, da sie einen toten Ehemann erfinden muss, lässt sich dann aber notgedrungen darauf ein.

Ich empfand Maxi als eine sehr sympathische Protagonistin, die ihr Leben im Griff hat. Sie ist Besitzerin eines gut gehenden Cafés, haderte jedoch mit ihrem Leben, da Manches in ihrem Leben nicht so gelaufen ist wie sie es sich gewünscht hat. Dies wird durch Tagebuchauszüge der 14-jährigen Maxi verdeutlicht, in denen sie von ihrer Lebensplanung und ihren Träumen schreibt. Diese Tagebuchauszüge fand ich immer sehr witzig, da sie in der Naivität einer Vierzehnjährigen geschrieben sind, die das erste Mal unglücklich verliebt ist und daher keine anderen Probleme zu haben scheint. Aber Maxis Leben kommt gehörig durcheinander, da sie in der Trauergruppe zwei interessante Männer kennenlernt und sich dadurch viele witzige und turbulente Szenen ergeben. Die Figuren sind alle sehr gut beschrieben. Besonders Maxis Familie, die sie bei verschiedenen Anlässen trifft, weist viele unterschiedliche und typische Charaktere auf, die man wahrscheinlich in jeder Familie antrifft.

Das Thema, einen Mann in einer Trauergruppe zu suchen, fand ich sehr interessant und war auf die Umsetzung gespannt. Denn einen humorvollen Roman zu schreiben, der sich jedoch mit einer Trauergruppe und Witwern beschäftigt, schien mir nicht einfach. Anne Hertz hat es jedoch geschafft einen leichten, humorvollen Roman zu schreiben, ohne dieses Thema ins Lächerliche zu ziehen. Es geht aber auch darum sein Leben einerseits zu akzeptieren oder es selbst in die Hand zu nehmen und zu ändern, wenn einen etwas daran stört.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass es wieder ein Buch von Anne Hertz gibt und wurde nicht enttäuscht. Man spürt, dass Anne Hertz erwachsener geworden ist, aber trotzdem die Leichtigkeit und den Humor nicht verloren hat. Es ist ein Roman mit viel Witz, vielen unerwarteten Begegnungen und Wendungen und ein wenig Romantik, den ich gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Ein Roman, der mich sehr überrascht hat

Wie viel von diesen Hügeln ist Gold
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Der Roman "Wie viel von diesen Hügeln ist Gold" von C Pam Zhang beginnt mit den Geschwistern Lucy und Sam, Kinder chinesischer Einwanderer, die ihren toten Vater nach einem chinesischen Ritual beerdigen ...

Der Roman "Wie viel von diesen Hügeln ist Gold" von C Pam Zhang beginnt mit den Geschwistern Lucy und Sam, Kinder chinesischer Einwanderer, die ihren toten Vater nach einem chinesischen Ritual beerdigen möchten. Die Geschichte spielt zu Zeiten des Goldrauschs in Kalifornien und erstreckt sich über mehrere Jahre und ist eine Art Roadtrip. Sie wird meist aus der Sicht von Lucy erzählt, vieles in Rückblenden. Die Sprache der Autorin ist sehr bildhaft, wortgewaltig und stellenweise schon fast brutal. Wenn z. B. von dem Leben der Familie erzählt wird, kann man sich den Dreck und den Gestank der Hütte, in der sie lebt, sehr gut vorstellen. An anderer Stelle werden wiederum wortgewaltig und liebevoll die Landschaft mit den Hügeln rings um die Goldgräbersiedlungen beschrieben. Aber dieser Roman beinhaltet weitaus mehr als eine Geschichte über Geschwister und deren Beziehung zueinander und zu ihren Eltern. Immer wieder kommt die Frage auf was ein Zuhause bedeutet und wie wichtig die Familie ist. Es ist aber auch ein Auszug aus der amerikanischen Geschichte zu Zeiten des Goldrauschs und des Baus der Eisenbahn, die auf die Situation der Arbeiter und den bestehenden Rassismus gegenüber Immigranten und der indigenen Bevölkerung zu dieser Zeit aufmerksam macht. Gleichzeitig geht es um das Suchen und Finden der eigenen Identität und des Platzes in der Gesellschaft. Ein Roman, der mich von Kapitel zu Kapitel immer mehr überrascht hat.

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Veröffentlicht am 03.08.2021

Drei Generationen auf einem Hof

Wildtriebe
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Das Buch "Wildtriebe" von Ute Mank handelt von einer Familie auf einem Hof in Hessen. Im Mittelpunkt steht Marlies, die nach der Heirat mit Konrad auf den "Bethches-Hof" zu seiner Familie zieht. ...

Das Buch "Wildtriebe" von Ute Mank handelt von einer Familie auf einem Hof in Hessen. Im Mittelpunkt steht Marlies, die nach der Heirat mit Konrad auf den "Bethches-Hof" zu seiner Familie zieht. Hier kümmert sich Lisbeth mit ihrem Mann Karl um den Hof und den Haushalt. Die Geschichte wird jeweils aus der Sicht von Marlies und Lisbeth erzählt. Lisbeth, der Traditionen und der Hof sehr wichtig sind und die auch nie ihr Leben in Frage gestellt hat, erzählt von ihrer Jugend nach dem Krieg und ihrem weiteren Leben mit Heirat und Kind auf dem Hof. Hierbei wird auch viel von dem Dorfleben und der Rolle der Frau in der damaligen Zeit berichtet. Dann kommt nach deren Heirat mit Konrad, Marlies auf den Hof. Sie kommt nicht aus der Landwirtschaft, sondern hat in einem Kaufhaus in der Stadt eine Ausbildung gemacht und dort gearbeitet. Das Zusammenleben der beiden Frauen gestaltet sich als schwierig. Marlies hat eine ganz andere Vorstellung von ihrem Leben, andere Träume und Erwartungen, fügt sich jedoch dem Hofleben und Lisbeth. Das ein oder andere Mal schafft sie es jedoch ein wenig aus dem Hofalltag auszubrechen, sich eigene Träume zu erfüllen und sich dadurch auch zu emanzipieren. Später kommt ihre Tochter Joanna zur Welt, die, eine moderne Frau, ihr Leben lebt, wie sie es möchte und sich keinen Konventionen unterstellt. Das Buch hat mir sehr gut gefallen, da es viel von dem Leben auf dem Land über viele Jahrzehnte erzählt und den Erwartungen, die die Frauen sowohl an ihr Leben stellen, die aber auch an sie gestellt werden. Sehr interessant war hierbei die Rolle der Frau über mehrere Jahrzehnte zu verfolgen. Auch die Veränderungen auf dem Hof im Laufe der Jahre und die wirtschaftliche Situation wurde sehr gut beschrieben. Die Figuren waren alle sehr gut und vielschichtig dargestellt. Insbesondere dadurch, dass immer aus Sicht von Marlies und Lisbeth erzählt wurde, konnte man sich gut in deren Gedanken und Gefühle hineinversetzen und die Figuren dadurch besser verstehen. Das Ende des Buches war für mich etwas unerwartet, jedoch schlüssig. Ich hätte es gerne noch weitergelesen, um zu erfahren, wie es mit Lisbeth, Marlies und Joanna weitergeht.

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Veröffentlicht am 28.06.2021

Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf

Kaputte Herzen kann man kleben
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Louisa fährt mit ihrer Tochter Amelie zu ihrer Tante nach St. Peter-Ording, da sie unter starken Rückenschmerzen leidet und ihren Beruf als Hebamme nicht mehr ausüben kann. Dort versucht sie sich zu erholen ...

Louisa fährt mit ihrer Tochter Amelie zu ihrer Tante nach St. Peter-Ording, da sie unter starken Rückenschmerzen leidet und ihren Beruf als Hebamme nicht mehr ausüben kann. Dort versucht sie sich zu erholen und wieder zu Kräften zu kommen. Hierbei lernt sie Tom, einen Osteopathen, der sich um ihren Rücken kümmert und eine Gruppe von Frauen kennen, die sich regelmäßig am Strand treffen. Durch diese lernt sie, das Leben zu akzeptieren und auch einmal Hilfe anzunehmen und Verantwortung abzugeben. Hierbei Louisa zu begleiten hat sehr viel Spaß gemacht. Auch die anderen Charaktere wie ihre Tochter Amelie, die auf dem Bauernhof aufblüht, Fiete der auf dem Hof arbeitet, Tom der Physiotherapeut und die Gruppe der Freundinnen sind alle sehr gut gezeichnet und ich mochte sie auf Anhieb.

Der Roman hat mir sehr gut gefallen, da es ein humorvoller Roman mit Tiefgang ist. Kristina Günak versteht es wieder einmal sehr unterhaltsam zu erzählen, wobei ernste Themen, wie die Situation Alleinerziehender und die der Hebammen in Deutschland wichtige Themen sind.

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