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Veröffentlicht am 30.09.2019

Die Zeugin

Melmoth
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Melmoth:
Helen Franklin ist zweiundvierzig Jahre alt und lebt in Prag, ihrem selbstgewählten Exil der letzten zwanzig Jahre. Sie wohnt in einem kleinen trostlosen Zimmer, isst nur das nötigste und hält ...

Melmoth:
Helen Franklin ist zweiundvierzig Jahre alt und lebt in Prag, ihrem selbstgewählten Exil der letzten zwanzig Jahre. Sie wohnt in einem kleinen trostlosen Zimmer, isst nur das nötigste und hält sich ansonsten von anderen Menschen fern – bis Karel Pražan, einer ihrer wenigen Freunde, mit einem seltsamen Manuskript zu ihr kommt. Es handelt von Melmoth der Zeugin, die von nun an Helens gesamtes Exil auf den Kopf stellen wird. Sie fühlt sich verfolgt – oder sind das nur die Schatten ihrer eigenen Vergangenheit?


Meine Meinung:
Nach dem riesigen Erfolg von Die Schlange von Essex, ist Melmoth der neue Roman von Sarah Perry und behandelt eine Sage rund um „Melmoth die Zeugin“. Wer oder was das ist, erfährt man als Leser zwar erst reichlich spät, aber es lohnt sich.
Melmoth ist mein erstes Buch von Sarah Perry, ein Roman, der mich eigentlich nur anhand der geheimnisvollen Leseprobe überzeugen konnte, die noch nicht viel aussagte. Wer ihren Schreibstil kennt, weiß, dass auch Melmoth kein einfaches Buch ist – es ist keine gelöste Samstagabendlektüre zum Entspannen, sondern man muss sich mit allen Sinnen auf das Gesagte einlassen und verstehen. Nicht selten habe ich mich am Anfang dabei erwischt, die in einem kryptischen Schreibstil geschriebenen Paragraphen erneut zu lesen, weil man erst beim zweiten Hingucken versteht, was die Autorin sagen will – aber mit der Zeit legt sich das und es sollte gewiss kein Grund sein, das Buch deshalb aus der Hand zu legen. Es ist etwas anderes und eindeutig einzigartig, auch wenn man nicht immer alles nachvollziehen kann.
Die Charaktere sind, das verdankt man wieder dem abstrakten Schreibstil, nur schwierig nachvollziehbar und man erfährt erst spät, was sie wirklich bewegt. Viele der Gespräche waren sprunghaft, manchmal in meinen Augen sogar etwas überzeichnet oder zu konstruiert, und oft war ich mit dem Ausgang überhaupt nicht zufrieden, da um die wichtigen Fragen nur herum geredet wurde. Aber insgesamt passt ihre Geheimniskrämerei in die Handlung und unterstrich ihre Einzigartigkeit. Wer eine tolle Charakterzeichnung oder -entwicklung erwartet, wird hier enttäuscht, aber am Ende lernt man die Figuren dann doch irgendwie zu mögen.
So geheimnisvoll wie die Geschichte zu sein scheint, so ungenau ist auch der Klappentext. Worum es genau in dem Buch geht ist lange Zeit nicht klar, denn es wird zwischen verschiedenen Zeitepochen und Figuren gesprungen. Mal wird in Form eines Manuskripts aus dem zweiten Weltkrieg erzählt und mal wie in einem Tagebuch aus dem 17. Jahrhundert, nur ab und zu kommt Helen als Hauptfigur zum Tragen.
Für mich war das am Anfang sehr unübersichtlich, da es nur wenig um Melmoth ging, man kaum etwas über die Figuren erfuhr und nicht ersichtlich wurde, worauf das Buch abzielte. Das war zeitweise, gepaart mit dem anstrengenden Schreibstil, sehr frustrierend und demotivierend, aber die Geduld zahlt sich aus – denn wenn man beharrlich ist und aufmerksam bleibt, puzzelt sich in etwa zur Mitte des Buches ein Bild zusammen, das meiner Meinung nach einzigartig ist. Die Geschichte um Melmoth ist nicht alltäglich, wir begegnen ihr nicht an jedem Bücherstand, und genau deswegen konnte sie mich fesseln – Melmoth hat einen ganz eigenen Zweck, der mit jeder Geschichte deutlicher und nachdrücklicher wird, auch wenn es niemand wirklich ausspricht. Bis zum Ende bleibt alles ein wenig abstrakt, allerdings ist die Botschaft bei mir definitiv angekommen. Der Leser wird gefordert wie in nur wenigen mir bekannten Büchern, aber dafür wird er mit einer lehrreichen Botschaft belohnt, die es wert ist, gelesen zu werden.


Fazit:
Melmoth ist auf jeden Fall kein einfaches Buch und ich sehe voraus, dass die Meinungen zu dem Roman sicherlich weit auseinander gehen werden. Wer sich aber auf die Abstraktion der Figuren und Beschreibungen einlässt und aufmerksam auf die Aussagen der Autorin achtet, der wird eine Botschaft in diesem Roman finden, die es wert ist, gehört zu werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Geschichte
  • Figuren
Veröffentlicht am 25.08.2019

Über die Einsamkeit

Alles okay
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Alles okay:
Marin ist tausende Kilometer geflohen, um ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Keine lauen kalifornischen Sommer mehr, kein Meer, nichts, das sie an die ersten 18 Jahre ihres Lebens erinnern ...

Alles okay:
Marin ist tausende Kilometer geflohen, um ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Keine lauen kalifornischen Sommer mehr, kein Meer, nichts, das sie an die ersten 18 Jahre ihres Lebens erinnern könnte. Doch selbst im weihnachtlichen Upstate New York ist sie vor ihrer Vergangenheit nicht sicher, als auf einmal ihre alte Freundin Mabel vor der Tür des Wohnheims steht – und mit ihr kommen all die Erinnerungen zurück, an die Marin niemals mehr denken wollte.


Meine Meinung:
Alles okay ist zuerst augenscheinlich nur ein Buch für zwischendurch – mit seinen knapp 200 Seiten ist es das kürzeste Buch, das ich außer der Schullektüre in den letzten Jahren in den Händen hatte. Platziert im weihnachtlichen Staat New York passt es auch anscheinend nicht in den sommerlichen Lesestoff, den man sich am Strand zu lesen wünscht.
Aber keine der beiden Annahmen sind richtig, wenn man sich auf das Buch einlässt und in der richtigen Stimmung zu fassen bekommt – denn meiner Meinung nach, entfaltet sich das Potenzial erst in der Dunkelheit, wenn man sich auf Marin einlässt und wenn man versteht, dass sie genau das ausspricht, vor dem sich jeder von uns fürchtet.
Beginnen wir allerdings erst einmal mit dem Schreibstil. Über ihn gab es am Anfang nicht viel zu berichten, er war einfach und locker, sehr schön, aber nichts, was hervorstechen würde. Aber sobald auch die Geschichte an Fahrt aufnahm und ich mich deutlich besser in Marins Lage hineinversetzen konnte, wurde auch der Schreibstil einzigartig. Nina LaCour, die Autorin, versteht sich in einer Präzision darauf, die richtigen Wörter für die passenden Emotionen zu finden, die mich verblüffte und ein wenig neidisch machte. Manchmal war nur ein Satz, gar das richtige Wort nötig, um mich vom Hocker zu hauen – und sie hat genau diese Meisterschaft mit Bravour bestanden.
Bei einer Handlung von 200 Seiten ist man als Leser erst einmal etwas skeptisch, vor allem wenn man ein eher schweres Thema erwartet. Am Anfang hatte ich auch so meine Probleme, in die Geschichte herein zu finden. Marin war zwar eine angenehme Protagonistin, aber man bekam am Anfang nicht viel von ihr mit, da sie sich sehr von ihrer Vergangenheit abzuschirmen versuchte. Mit Mabel zusammen wurde immer wieder auf ein einschneidendes Ereignis hingedeutet, aber es erklärte mir nicht Marins Gefühle, wodurch ich mich nicht sofort mit ihr identifizieren konnte. Die Geschichte plätscherte ein wenig dahin, als die zwei Mädchen um einander herumschlichen, ohne wichtige Dinge zu besprechen – nur gelegentliche Kapitel, die den Sommer des Geschehens zeigten, machten deutlich, wie anders Marins Leben noch vor einem halben Jahr gewesen war.
Nach etwas 100 Seiten allerdings, als Marins altes Leben immer mehr zu wackeln schien, erwischte mich das Buch in der richtigen Stimmung und entfaltete sein ganzes Potenzial. Nina LaCour sprach in mir etwas an, das ich schon lange als eine meiner eigenen größten Ängste gesehen hatte und legte Marin Worte in den Mund, die in mir selbst etwas zum Schwingen brachten. Marins größtes Problem, ist nämlich die tief sitzende Einsamkeit, die sie schon ihr ganzes Leben befällt. Mit der schneidenden Präzision, die ich bereits erwähnt habe, schaffte sie es dieses Thema so gut anzuschneiden und mich mit der Geschichte so zu berühren, dass ich zeitweise komplett in Tränen aufgelöst war. Ich fühlte mit ihr und konnte ihre Gedankengänge auf einmal viel besser verstehen. Noch jetzt, Tage nachdem ich das Buch beendet habe, würde ich meine Nase gerne noch einmal in den Roman versenken und Ninas Worten lauschen.
Am Ende waren es aber leider doch nur 200 Seiten an Buch und so schön die zweite Hälfte auch war, kam das Ende viel zu kurz. Marins und Mabels Beziehung kam mir in dem ganzen Rückblick etwas zu kurz, sodass ich leider mit ihnen wenig mitfiebern konnte und auch Marins Wandel am Ende war dadurch schwer verständlich. Letztendlich hat Nina LaCour in meinen Augen das Thema wunderbar angesprochen, aber weniger gut verarbeitet. Da ging so viel Potenzial verloren, dass ich die Autorin am liebsten schütteln würde!


Fazit:
Trotz des winterlichen Settings ist das Buch eine wahre Sommerlektüre mit Tiefgang, die mich in der zweiten Hälfte wunderbar berühren konnte. Mit ein paar Seiten mehr hätte die Autorin allerdings die Beziehungen der Charaktere deutlich verbessern und das Thema viel schöner verarbeiten können – ganz davon abgesehen, dass ich auch den Titel des Buches verändert hätte. Alles in allem gebe ich aber eine klar Empfehlung an die Leute ab, die sich nicht von einem kürzeren, aber emotionalen Buch abschrecken lassen und am Ende das Thema lieber selbst reflektieren wollen!

Veröffentlicht am 30.07.2019

Der Kampf zwischen Gute und Böse

Licht und Schatten
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Licht und Schatten

Mit Vidas Geburt soll sich das Schicksal, der Welt verändern. Ihre Ankunft wurde schon vor Äonen vorausgesagt, denn sie soll die eine sein, die die Dunkelheit und das Böse bannt und ...

Licht und Schatten

Mit Vidas Geburt soll sich das Schicksal, der Welt verändern. Ihre Ankunft wurde schon vor Äonen vorausgesagt, denn sie soll die eine sein, die die Dunkelheit und das Böse bannt und das Gute auf die Welt zurückbringt. Aber die bösen Mächte wissen von ihr und der Preis für Vidas Geburt ist hoch - ihr Leben im 18. Jahrhundert ist alles, aber nicht einfach.

Meine Meinung

Auf das Buch von Zoran Drvenkar bin ich nur durch Zufall auf Vorablesen gestoßen - ein ansprechendes Cover, aber mit nichtssagendem Klappentext. Die Leseprobe dagegen besticht mit einer Seltenheit: Mit einem einmaligen Schreibstil, distanziert, aber so detailliert, das jeder Satz wie ein kleines Kunstwerk erscheint. Auch hier gibt die Probe noch nicht viel von Vida preis, aber es reicht, um neugierig zu machen. Denn der Tod lauert auf sie...

Was sich dann an Geschichte enthüllt, ist interessant, aber verwirrend zugleich. Dank des Klappentextes und der Leseprobe erwartet man eine Art düstere Geschichte über den Tod, über dunkle Magie und über die Zeit des 18. Jahrhunderts, in der Vida lebt. Dieser Eindruck prägt sich so in den Erwartungen ein, dass der eigentliche Kern der Geschichte überraschend kommt - man sollte in dem Buch weniger etwas historisches, als viel mehr einen geschickten Fantasyroman erwarten, der sich kaum auf ein Alter beschränken lässt. Es ist zu brutal für Kinder und zu kindlich für Erwachsene. Wer sich zu sehr auf seinen Erwartungen versteift, könnte da enttäuscht werden, vor allem da die Geschichte selbst sehr fantasievoll und manchmal auch reichlich verwirrend erscheint. Ein Setting in der heutigen Zeit hätte da vielleicht besser geholfen.

Der Schreibstil selbst ist genau wie in der Leseprobe sehr gut und unfassbar belebend. Der Roman wird eigentlich von einem Erzähler erzählt, aber die Perspektiven wechseln immer zwischen verschiedenen Personen und manchmal sogar zu anderen Wesen - so hat man verschiedene Winkel und auch verschiedene Erzählarten, die allesamt sehr interessant und sehr kreativ sind. Langweilig wird es bei den Personen nicht, auch wenn nicht jede Person oder jede Geschichte hätte dabei sein müssen.

Das große Manko des Buches waren nämlich vor allem die langatmigen Stellen. Vidas Kindheit in der ersten Hälfte des Buches zb war kaum bis wenig relevant für die gesamte Geschichte und diente nur dazu, Vida zu charakterisieren. Ich habe mich noch zuletzt bis zum Ende gefragt, was der Autor mir mit der Geschichte sagen wollte - denn den Kampf Gut gegen Böse wollte ich ihm irgendwie nicht abnehmen. Und auch manche Personen, wie zb ein Bär, erschienen mir zwar kreativ, aber so unnötig für die Handlung, dass ich mehr als einmal versucht war, die Seiten quer zu lesen. Irgendwie fehlte mir eine Note Glaubwürdigkeit,  da der Fantasyaspekt in meinen Augen nur bruchstückhaft mit dem Setting in Verbindung zu passen schien.
Vor allem aber das Ende machte mich stutzig: Es wird wohl mindestens einen 2. Teil geben.

Mein Fazit

Licht und Schatten ist ein außergewöhnliches Buch, das man so nicht oft findet. Der Schreibstil ist der größte Pluspunkt, während die Handlung selbst noch Entwicklungspotenzial hätte - man braucht eine ganze Weile, ehe man das Thema verstanden und mit seinen Erwartungen überein gebracht hat. Wenn man sich durch einige trockene Stellen gearbeitet  hat, macht das Ende neugierig auf mehr. Umgehauen hat mich das Buch allerdings trotz des tollen Schreibstils nicht.

Veröffentlicht am 25.03.2019

Ein wirklich abstruses Ding

Ein wirklich erstaunliches Ding
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Ein wirklich erstaunliches Ding:
April May wird über Nacht zu einer Berühmtheit – die Kunststudentin, die gerade noch auf einem Berg Unischulden saß und einen ungeliebten Job machte, wird durch ein nächtliches ...

Ein wirklich erstaunliches Ding:
April May wird über Nacht zu einer Berühmtheit – die Kunststudentin, die gerade noch auf einem Berg Unischulden saß und einen ungeliebten Job machte, wird durch ein nächtliches Video von einem plötzlich auftauchenden Roboter in der New Yorker Innenstadt zum gefragtesten Menschen der Welt. Doch niemand weiß wo der sogenannte „Carl“ herkommt - oder die anderen 63 Kopien von ihm. Und so legt es April darauf an, zur Carl-Expertin aufzusteigen – doch die Berühmtheit hat auch ihre Schattenseiten...


Meine Meinung:
Hank Green, gefeierter Videoblogger und Musiker, hat endlich seinen ersten Roman veröffentlicht. Mit „Ein wirklich erstaunliches Ding“ wurde er sofort international bekannt und zwar nicht nur als John Greens kleiner Bruder. Bei den Meinungen geht es allerdings etwas weiter auseinander als gedacht – und auch mir viel es sehr schwer, meine Gedanken zu seinem Debutroman zu äußern. Nicht einmal das Genre ist eindeutig, das Buch ist eine Mischung aus Sci-Fi, politisch-kritischem Roman und einer Art seltsamer Dystopie.
Hanks Schreibstil ist dabei noch das einfachste zu bewerten: Er schreibt locker und leicht, mit ein paar eingeschobenen Witzen und Einwürfen, wie man sie aus seinen Videos gewohnt ist. Ein paar tiefgründigere Gedanken sind auch ab und zu eingestreut, die aber neben der sehr einzigartigen Story eher auf der Strecke und sehr wirr geblieben sind.
April May als Hauptcharakterin war am Anfang noch recht gut einzuordnen, doch je weiter das Buch fortschritt, desto schwerer viel es mir, sie einzuschätzen. Sie schien mir eher wie eine verplante Künstlerin, die noch auf ihre Chance wartete, erkannt zu werden - allerdings artete das dann in einer Sucht darin aus, weiter im Rampenlicht zu stehen. Dabei trampelte sie vor allem auf ihren sozialen Beziehungen herum und erschuf um sich herum eine ganze Marke, die ich nie wirklich nachvollziehen konnte. April widersprach sich in Gedanken meiner Meinung nach oft selbst, schwenkte von einem Gedanken zum anderen und änderte ihre Meinung im Sekundentakt. Es war für mich extrem schwer, sie zu verstehen und daher hätte ich am liebsten oft die Hände vors Gesicht geschlagen, wenn sie mal wieder eine dumme Entscheidung traf. Wenn ich jemanden in diesem Roman am wenigsten mochte, dann wohl April selbst.
Noch unverständlicher als April, war nur noch die Handlung selbst. Ohne ein klares Genre, ging es auch in dem Buch ziemlich wirr zu – zuerst schien er ein sehr realistischer Roman zu sein, rund um die Gefahren und Vorzüge von Berühmtheit und Social Media, aber mit Carl bekam es nicht nur eine Sci-Fi-Seite, sondern wurde wegen mancher seltsamer Ideen sogar noch ins Abstruse gezogen. Wenn eine Roboterhand abfällt und sich wie eine Spinne verhält, davon rennt und in einem Zaubererhaus (wo sich keiner über sie zu wundern scheint) verschwindet, wundert man sich schon, wie ernst Hank seinen ersten Roman wirklich genommen hat. Zudem schien er Messages vermitteln zu wollen, die beim Leser aufgrund der abstrusen Details einfach nicht ankommen wollten und so stellte ich mir immer die Frage, warum Hank genau diese Geschichte erzählen wollte bzw. musste. Ich könnte beim besten Willen nicht genau wiedergeben, worum es eigentlich genau ging.
Am Ende bleib es dann dementsprechend auch viel zu offen und ich blieb zurück, ohne eine genaue Ahnung davon zu haben, was ich gerade gelesen hatte.


Fazit:
Hank Greens erster Roman ist auf jeden Fall einzigartig, ob in gutem oder in schlechtem Sinne muss jeder selbst entscheiden. Allerdings ist Hank sich selbst treu geblieben, weshalb das Buch wohl für immer in meinen Erinnerungen bleiben wird.

Veröffentlicht am 20.02.2019

Eine Bombe in Buchform

Someone New
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Someonew New:
Ein neuer Lebensabschnitt beginn für Micah: Endlich hat sie die Schule hinter sich und kann aufs College gehen – doch sie wäre deutlich glücklicher darüber, wenn auch ihr Zwillingsbruder ...

Someonew New:
Ein neuer Lebensabschnitt beginn für Micah: Endlich hat sie die Schule hinter sich und kann aufs College gehen – doch sie wäre deutlich glücklicher darüber, wenn auch ihr Zwillingsbruder Adrian mit ihr aufs MCU wechseln würde. Allerdings ist dieser seit einiger Zeit verschwunden und während sie weiter nach ihm sucht, zieht sie deshalb ganz alleine in ihre neue Wohnung ein. Doch lange soll sie dort nicht alleine sein, denn schnell lernt sie ihre neuen Nachbarn kennen: Die süße Cassie, den Footballspieler Auri und den gut aussehenden, aber verschlossenen Julian – besonders zu letzterem versucht sie ein Band zu knüpfen, nachdem sie ihm vor einiger Zeit den Job kostete. Aber während sich ihre Beziehung vertieft, scheint Julian trotzdem noch schwerwiegende Geheimnisse zu haben, die Micah einfach nicht entschlüsseln kann...


Meine Meinung:
Ich muss gestehen, dass es mir schon lange nicht mehr so schwer viel, die richtigen Wörter für ein Buch zu finden. Someone New ist bekanntermaßen seit seinem Erscheinen ein riesiger Hype geworden, den man gut verstehen kann, der es aber auch sehr schwer macht, das Buch persönlich zu betrachten. Deswegen möchte ich mit etwas einfachem anfangen: Dem Schreibstil.
Ich verfolge Laura Kneidl schon seit ihrem ersten bekannten Buch Light & Darkness und bin noch immer von ihrem Schreibstil begeistert. An manchen Stellen merkt man zwar noch ab und zu ein paar Gestelztheiten (vor allem bei Dialogen am Anfang, die weniger realistisch wirkten), aber je mehr ich selbst in die Welt von Micah eintauchte, desto mehr schien auch Laura in ihrem Schreibstil anzukommen – so konnte ich nach nur wenigen Kapiteln nichts mehr entdecken, was meinem kritischen Rezensionsblick aufgefallen wäre.

Die beiden Hauptcharaktere Micah und Julian selbst sind einfach nur unfassbar liebenswürdige Protagonisten. Micah gefällt mir vor allem wegen ihrer direkten Art, weil sie ihre Gedanken auf der Zunge und ihre Gefühle im Gesicht trägt. Sie ist ein toller und sehr loyaler Mensch, wodurch sie die Geschichte perfekt bereichert. Es gibt wohl kaum einen Leser, der nicht gerne mit ihr in die Kartonfestung klettern und Comicbücher lesen wollen würde!
Julian ist daneben bisher mein absoluter Liebling von Lauras Jungs, weil er nicht dem typischen Badboy Image entspricht, das mich bei Luca von Berühre mich. Nicht. immer gestört hat. Er ist zwar leider kein Bibliothekar, aber er kann sich unglaublich niedlich für Architektur begeistern und zeigt sich seinen Freunden gegenüber ebenso loyal wie Micah. Er ist sehr hilfsbereit und unglaublich süß – was würde ich nicht alles geben, um sein Lächeln mal in echt sehen zu können!

Die Nebencharaktere sind dagegen zwar einfach, aber sehr gut umrissen und passen gut in die Geschichte. Lilly und Link sind zum Vergöttern, Alizas Essen stelle ich mir absolut traumhaft vor und Auri und Cassie gehören einfach zusammen! Damit war eigentlich jede erdenkliche „Minderheit“ in dem Buch vertreten, die nicht gerade als „akzeptiert“ in der breiten Gesellschaft angesehen wird – das ist einerseits sehr süß und aufmerksam von der Autorin, allerdings kam es mir an manchen Stellen auch ein wenig zu voll und konstruiert vor. Aber da gibt es ja auch ganz verschiedene Meinungen und wirklich negativ fällt es nicht auf.

Nun zu der Handlung, die ich etwas kritischer betrachtet habe. Adrians Verschwinden wird vor allem am Anfang des Buches lange behandelt und während Micah ihre Geschichte erzählt, berichtet sie auch immer wieder davon, wie sie versucht ihren Bruder zu finden. Zu recht dachte ich deshalb, das würde im ganzen Buch eine größere Rolle spielen. Für so eine große Sache, ging mir aber alles weitere um die Umstände seines Verschwindens und Wieder-Auftauchens zu schnell und unvollständich vonstatten. Sowohl Micahs Reaktion als auch Adrians Erklärungen waren meines Empfindens nach viel zu schwach und erklärten eigentlich nicht wirklich viel. Dafür, dass beide immer wieder erwähnen, wie wichtig sie einander sind, zeugten ihre Reaktionen nicht von gegenseitiger Offenheit und Wertschätzung, weshalb der Eindruck entstand, dass dieser Handlungsstrang eher einem Mittel zum Zweck diente. Und auch danach, tauchte Adrian trotzdem nicht öfter auf, obwohl ich ihn als Leser gerne besser kennengelernt hätte – sehr schade!

Und dann gibt es natürlich noch die andere Sache, auf die das Buch schlussendlich hinarbeitet: Julians Geheimnis. Ich kann ganz stolz von mir behaupten, dass ich schon vor der großen Auflösung herausgefunden habe, was passiert ist – allerdings nicht etwa, weil das Buch so voraussehbar ist, im Gegenteil. Wie bei einer Schnitzeljagd hat Laura immer wieder kleine Hinweise eingebaut, die aufmerksame Leser auf die richtige Fährte locken können, schon bevor alles aufgelöst wird. Allerdings schmählert das nicht den Schock, der die Erkenntnis mit sich bringt. Schon seit langer, langer Zeit hat es kein Buch mehr geschafft, micht dermaßen zu schockieren – und das meine ich absolut im positiven Sinne. Ich weiß nicht, warum mir zu diesem Thema sonst noch nie ein Buch in die Hände gefallen ist, aber es ist tatsächlich genauso wichtig, wie alle immer behaupten. Unglaublich ist für mich bis heute, wie dieses Thema einfach aus dem Nichts auftauchte, ohne, dass ich etwas davon geahnt hatte. Ich fühlte mich wie Sherlock Holmes, der einem großen Puzzle auf der Spur war – und als ich es endlich zusammengesetzt hatte, saß ich erst einmal eine halbe Stunde auf der Couch und starrte gedankenverloren Löcher in die Luft. Dafür gibt es einfach nur ein Wort: Großartig!
Trotzdem, und so großartig wie diese Enthüllung auch war, kam sie leider zu spät. Erst ganz am Ende erfährt Micah und somit auch der Leser von Julians Geheimnis, was für die Verarbeitung des eben Erfahrenen nicht zuträglich ist. Wie auch bei Adrians Auftauchen, schien sich Micah nicht genug mit dem Thema auseinanderzusetzen und dem Leser blieben nur ein paar Seiten, alles zu registrieren, da war das Buch auch schon zu Ende. Bei so einer großen Bombe braucht man Zeit, liebe Julia Kneidl, und die haben wir als Leser im Buch selbst leider nicht bekommen! Zwar lohnt es sich auch über das Buch hinaus darüber nachzudenken, aber zusammen mit den anderen Charakteren wäre es natürlich etwas einfacher gewesen. Deshalb ging mir bei der Verarbeitung, so glaube ich, leider am Ende etwas wichtiges verloren.


Fazit:
Julia Kneidls neuer Roman besitzt eine unglaubliche Sprengkraft, die ich trotz oder vielleicht auch gerade wegen des Hypes, nicht erwartet hatte. Dieser Aspekt brachte mich lange zum Nachdenken und hat mich nachweislich in meiner persönlichen Weiterbildung unterstützt, allerdings war die Geschichte drum herum dagegen eher schwächer. Es schien als sei die ganze Farbe für diese eine Bombe verwendet worden und deshalb musste der Rest des Bildes ein wenig dafür herhalten. Trotzdem werden die wunderbaren Charaktere mich sicher für immer begleiten und ich danke Julia ganz herzlich dafür, dass sie diesen Roman geschrieben hat!

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