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Veröffentlicht am 23.02.2018

Liebesroman aus der Zeit der Reformation

Der Turm der Ketzerin
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Bei dem Roman - Der Turm der Ketzerin - handelt es sich um die unabhängige Fortsetzung von Das Lied der Hugenotten. Ich selber habe den Vorläufer nicht gelesen, aber kam in jedem Fall schnell in die Geschehnisse ...

Bei dem Roman - Der Turm der Ketzerin - handelt es sich um die unabhängige Fortsetzung von Das Lied der Hugenotten. Ich selber habe den Vorläufer nicht gelesen, aber kam in jedem Fall schnell in die Geschehnisse in diesem Buch hinein und auch die "Auffrischung" der Vergangenheit wurde in Form von Retrospektiven gut in den Erzählfluss eingearbeitet.

In erster Linie ist es eine Familiengeschichte, die Lebensläufe der beiden Geschwister Magali und Pierre wird abschnittsweise erzählt. Jacon Desgranges, ihr Vater, verlor in der Bartholomäusnacht seine Frau und flüchtete mit beiden Kindern aus Paris. In der Folge erzieht er seine Kinder im katholischen Glauben, bleibt aber im Untergrund dem hugenottischen Glauben treu.

An diesem Punkt entwickeln sich die Lebensläufe der Geschwister auseinander, Pierre nimmt den hugenottischen Glauben an und findet in der Gemeinde von La Rochelle Aufnahme, sowie die Liebe seines Lebens. Magali fühlt sich im katholischen Glauben, dem auch ihr Mann Olivier angehört wohl, hat ein Talent als Glasbläserin, das sie aber nur versteckt ausüben darf. Nur einmal treffen die Geschwister in diesem Buch direkt aufeinander ansonsten bewegen sie sich räumlich und auch sonst von einander Weg, finden aber am Schluß des Romans wieder die Annäherung zueinander.

Der Roman ist gut erzählt, die Erzählstränge zu den Geschwistern wechseln sich zumeist ab, so dass das Lesen immer lebhaft gehalten ist und man immer mittendrin im Leben von Magali und Pierre ist.

Besonders gut gefällt mir die Erzählung da, wo die zwischenmenschlichen Töne überwiegen, z.B. die Annäherungsphase zwischen Pierre und Florence oder den Verlust der Ziehmutter, den Magali direkt miterlebt. Auch das Ausmaß der Verfolgung wird eindrücklich geschildert durch einen dritten, nebenher laufenden Erzählstrang von einer Gruppe gefangener hugenottischer Frauen, die in einem Turm ausharren müssen. Das alles ist bildlich einprägsam und sehr ansprechend geschrieben.

Leider fehlt mir ein bißchen das, was sonst einen historischen Roman ausmacht, mehr Hintergrundinfos zu den tatsächlichen historischen Ereignissen. Das natürlich nicht in Form eines wissenschaftlichen Exkurses, sondern in den Roman eingearbeitet. Die Zeit der großen Reformatoren und die anschließende Zeit der Glaubenskriege ist von vielen Zäsuren geprägt, das hätte hier gerne etwas mehr Raum finden können.

Insgesamt aber ein schöner Familien-/Liebesroman in einer interessanten historischen Epoche, der nach meinem Empfinden auch einen dritten Teil vertragen könnte.

Veröffentlicht am 23.02.2018

Fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite

Totenweg
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Frida Paulsen, eine junge Polizeibeamtin, die in den Abschlussprüfungen für den höheren Dienst, wird eines Nachts an das Krankenbett ihres Vaters gerufen. Dieser ist in der Nacht von einem Unbekannten ...

Frida Paulsen, eine junge Polizeibeamtin, die in den Abschlussprüfungen für den höheren Dienst, wird eines Nachts an das Krankenbett ihres Vaters gerufen. Dieser ist in der Nacht von einem Unbekannten niedergeschlagen worden und Frida muss an ihren Geburtsort zurück um ihre Familie zu unterstützen.
Hier trifft sie auf die Geister ihrer Vergangenheit, ihre beste Freundin Marit wurde brutal ermordet.
Zurück an der Elbmarsch, trifft sie auch wieder auf Bjarne Haverkorn, dem Kommissar, der schon im Fall von Marit ermittelte und der ebenfalls seitdem immer wieder von diesem Fall heimgesucht wird.
Und hier entwickelt sich die Geschichte, das aktuelle Verbrechen, der Mordversuch an Fridas Vater wird mit der Vergangenheit verwoben.
Die Darstellung der aktuellen Geschehnisse ist hevorragend, man wartet nahezu atemlos auf das nächste Ereignis, auf die nächste Überraschung.
Gekonnt werden falsche Fährten gelegt und ich ertappte mich das ein oder andere Mal, wie ich gedanklich einer anderen Fährte gefolgt bin.
Die Protaganisten lernen sich jetzt erst besser kennen, ihre Vergangenheit hat sie ja zunächst nicht zu Freunden gemacht, jetzt finden sie sich auf der gleichen Seite wieder. Auch die Herausarbeitung dieses Verhältnisses geschieht mit viel Akribie und wirkt auch authentisch. Zu Beginn war Bjarne Haverkorn, der für mich sympathischere Charakter, bestimmt auch aufgrund seines privaten Hintergrunds, während Frida zunächst als etwas kratzbürstig daherkam.
Aber das wandelt sich tatsächlich unterm Lesen, man lernt die Charaktere kennen und sieht sie auch in einem anderen Licht.
Das alles passt sich dann dem Erzählfluß an und bringt mitunter auch die Geschichte weiter. Auch die "Einblendung" der Vergangenheit - Erinnerungsmomente von Frida - kommen genau an den richtigen Stellen vor um neue Erkenntnis zu bringen und das Geschehen voranzutreiben und ordnen sich so sehr gut in die Geschichte ein.
Für mich ist dieser Kriminalroman ein gelungener Auftakt für eine neue Cold Case Reihe, die sich nicht hinter, zum Beispiel skandinavischen Krimireihen, verstecken muss. Auf jeden Fall ist es Romy Fölck gelungen hier ein interessantes Ermittlerduo zu schaffen, dass Lust auf die Fortsetzung macht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Spannung
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 22.01.2018

Rasanter Thriller mit einigen inhaltlichen Schwächen

In eisiger Nacht
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„In eisiger Nacht“ ist der vierte Krimi von Tony Parsons, jedoch der erste der Reihe, den ich gelesen habe. Natürlich gibt es ein paar Anmerkungen, die sich vielleicht leichter mit Kenntnis der vorherigen ...

„In eisiger Nacht“ ist der vierte Krimi von Tony Parsons, jedoch der erste der Reihe, den ich gelesen habe. Natürlich gibt es ein paar Anmerkungen, die sich vielleicht leichter mit Kenntnis der vorherigen Romane erschließen, aber nach meinem Empfinden ist es nicht zwingend erforderlich diese vorher gelesen zu haben.
Zum Inhalt:
Das Thema ist durch die Flüchtlingsbewegung hochbrisant und wahrscheinlich noch länger aktuell: Menschen- und in erster Linie Mädchen-/Frauenhandel. So beginnt der Krimi auch in einer eisigen Nacht in Sarajevo, dem Ort in dem sich eine junge Frau von ihrem Bruder verabschiedet, in einen Transporter zu zwölf anderen Frauen steigt um nach England zu fahren um sich hier eine bessere Zukunft als Krankenschwester aufzubauen. Doch es geschieht ein tragischer Unfall, der Transporter ist ein Kühllaster und die Kühlung schaltet sich ein, so dass Detective Max Wolfe und seine Kollegen beim Auffinden des Lasters die Leichen von 12 Frauen treffen. Schnell ist den Ermittlern klar, dass eine dreizehnte Frau sich im Laster befand und die Suche nach ihr und den Drahtzieher dieses Verbrechens beginnt.
Der Krimi ist leicht zu lesen, der Schreibstil ist sehr angenehm und zumeist wird eine atemlose Spannung aufrecht gehalten. Erfrischend fand ich, dass Max Wolfe nicht dem gängigen Typus eines Detectives entspricht. Wer kennt sie nicht, die ewig sauertöpfischen und miesepetrigen Ermittler, die meist an gebrochenen Beziehungen und an irgendeinem Drogen- und Alkoholproblem leidet. Wolfe kommt ganz sympathisch und geerdet rüber und vor allem kümmert er sich, trotz der Belastung durch seinen bestimmt nicht leichten Job, als alleinerziehender Vater ganz liebevoll um seine Tochter.
Auf das Team um ihn herum bin ich natürlich auch hier zum ersten Mal gestossen und natürlich fehlen mir die Vergleichswerte aus den vorangehenden Romanen, so dass ich nur den Eindruck aus diesem Roman wiedergeben kann. Seine Partnerin Edie ist wesentlich jünger, mit einem verheirateten Mann liiert, offenbart Max zu Anfang des Romans ihre Schwangerschaft. Ich fand sie als Person schwer zu fassen, die Ereignisse um sie herum (ich will nicht zuviel spoilern) wirken eher listenhaft abgearbeitet, als dass sie sehr in die Tiefe gehen. Als handelnde Person würde ich sie eher in einer Nebenrolle als in einer wirklichen Partnerrolle sehen.
Nicht so gut weg kommt am Anfang die direkte Vorgesetzte von Max und dem Rest des Teams DCI Whitestone, die sich während eines Verhörs sehr unprofessionell verhält. Im Laufe des Romans erfährt man aber die Erklärung ihres Handelns, was aber nicht ihr Tun im allgemeinen rechtfertigt.
Insgesamt hat mir der Anfang des Krimis besser gefallen, der Schreibstil ist hier konsequent und die Geschichte ist rasant erzählt, bestimmt natürlich auch mit Hintergrund der brisanten Thematik. Ab etwa der Hälfte des Buches wird es nach meinem Empfinden erheblich schwächer, zu wenig wird über die Ermittlungsarbeit berichtet, dafür spielt der Zufall zu oft das Zünglein an der Waage.
Dazu werden mehrfach Erzählstränge eröffnet, die nichts mit der Geschichte zu tun haben oder auch doch und dann abrupt enden. Dass man mal eine falsche Finte legt ist ja als stilistisches Mittel durchaus gerechtfertigt, aber durch die Kumulation desselben wird es schnell langweilig und auch vorhersehbar.
Das wäre ein weiterer Kritikpunkt, die überraschende Wende fehlt irgendwie, im Prinzip ist alles vorhersehbar und man ahnt schon nach den ersten Seiten, wie der Krimi ausgeht.
Fazit:
Insgesamt handelt es sich bei „In eisiger Nacht“ um einen Krimi, der durch eine starke Anfangssequenz überzeugt, im Laufe der Geschichte jedoch einige stilistische und inhaltliche Mängel aufweist. Die Hauptfigur ist sehr sympathisch und mal eine schöne Abwechslung zum klassischen Bild eines Chefermittlers. Der Schreibstil gefällt mir insgesamt gut, trotz der inhaltlichen Schwächen bleibt man immer gut an der Sache und auch immer gut unterhalten. Ich werde mir die vorangehenden Fälle von Max Wolfe und seinem Team schon mal als Urlaubslektüre vormerken.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Spannung
Veröffentlicht am 19.01.2018

Gelungene Familiensaga

All die Jahre
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Die Geschichte beginnt 2009, Nora ist auf dem Weg zum Krankenhaus, wo ihr ältester Sohn liegt, der gerade tödlich verunglückt ist. Anhand der Gedanken, die ihr durch den Kopf gehen lernt man schon einige ...

Die Geschichte beginnt 2009, Nora ist auf dem Weg zum Krankenhaus, wo ihr ältester Sohn liegt, der gerade tödlich verunglückt ist. Anhand der Gedanken, die ihr durch den Kopf gehen lernt man schon einige Charaktere kennen.
Dann folgt der Rückblick ins Jahr 1957: Nora ist 21 als sie gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Nora Irland verlässt, um nach Amerika auszuwandern.
Die Schwestern sind grundverschieden, Teresa ist lebenslustig und fröhlich, aber auch belesen und klug. Nora dagegen hat nach dem Tod der Mutter, deren Rolle an den jüngeren Geschwistern übernommen. Sie kann nicht aus ihrer Haut und unterliegt den Zwängen ihres Umfelds und ihrer Zeit. Sie folgt ihrem Verlobten Charlie nach Amerika, sie liebt ihn nicht, aber sie muss und wird ihn heiraten. Für ihre Schwester wünscht sie dich eine bessere Zukunft, sie soll eine Ausbildung machen und unterrichten.
Doch Teresa wird schwanger von einem Mann, der sie nicht heiraten wird. Ende der 50er innerhalb der katholischen irischen Gemeinde ein Unding, ein Geheimnis, das nicht an die Außenwelt dringen darf.
Und so entscheidet Nora das Kind als ihres auszugeben und die Geschichte begleitet den Lebensweg der Schwestern und ihrer Familien. Das passiert abwechselnd durch die Darstellung der Gegenwart, die Vorbereitungen auf das Begräbnis und Rückblenden in die Vergangenheit.
Der Schreibstil ist klar und schnörkellos, fast wie die Protagonistin Nora, als stilistisches Mittel gefällt mir das ganz gut.
Was mir aber fehlt ist die Beschreibung der Personen, ich kann mich an keine ausführliche Personenbeschreibung erinnern, man weiß zwar, dass z.B. Patrick einen Schnauzer getragen hat, aber hat nicht das Bild vor Augen, wie ihn die Autorin sonst sieht. Die einzige Person, die ich lebhaft vor Augen hatte, war Charlie, sein Bild ist das komplexeste und er ist nach meinem Empfinden der sympathischste Charakter.
Das Ende bleibt offen, bis auf kleine Hinweise wie sich die Beziehungen entwickeln könnten, der Rest ist dem Kopfkino überlassen. Es wäre schön gewesen, wenn ein paar Geheimnisse mehr aus der Vergangenheit gelöst worden wären insgesamt jedoch eine wirklich gelungene Familiensaga, die es zu Lesen lohnt.

Veröffentlicht am 14.01.2018

Erfüllt leider nicht die Erwartungen

Töchter wie wir
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Wir lernen die Protagonistin Mona unmittelbar vor ihrem 40. Geburtstag kennen und begleiten sie in der Geschichte für ein Jahr. Schon anhand ihrer ersten Gedanken merkt man, dass in ihrem Leben was fehlt ...

Wir lernen die Protagonistin Mona unmittelbar vor ihrem 40. Geburtstag kennen und begleiten sie in der Geschichte für ein Jahr. Schon anhand ihrer ersten Gedanken merkt man, dass in ihrem Leben was fehlt und sie mit sich und ihrem Umfeld nicht zufrieden ist. Ihre Vergangenheit und vor allem ihr Elternhaus wirken noch bis in die Gegenwart hinein und machen aus ihr einen unentschlossenen Charakter. Im nächsten Schritt lernen wir ihre Mutter Hella kennen, die ebenfalls noch einiges aus ihrer Vergangenheit aufzuarbeiten hat, die beiden Lebensgeschichten werden miteinander verwoben und durch Rückblenden in die Vergangenheit aufgerollt. Die Geschichte wird dann auch in der Folge abwechselnd von Mona und Hella „erzählt“.
Die dritte Protagonistin, die 11-jährige Shirin lernt Mona zufällig kennen, beobachtet sie bei einem Diebstahl in einer Drogerie, hilft ihr aus der Klemme und trifft sie dann durch einen Zufall wieder. In der Folge baut sich auch hier eine Beziehung auf, die Einfluß auf Monas Leben nehmen wird.
Ich muss zugeben, dass ich mir anhand des Klappentextes und auch des Titelbildes mehr erwartet habe, etwas in die Richtung „emanzipatorischer“ Frauenroman, ein Frauenroman ist es auch aber das emanzipatorisch-befreiende fehlt irgendwie.
Mona ist nicht gerade sehr sympathisch, sie ist ewig unzufrieden und ewig mißgelaunt, dazu ist immer ihre Umgebung an allem Schuld, das Elternhaus, die verflossenen Lieben, ihre Chefs usw. Bei allem Verständnis für ihr Verhalten, dass aufgrund eines Schicksalschlags in der Jugend begründet ist, mir fehlt die Entwicklung in dem Charakter und auch die Befreiung aus sich heraus, das bleibt einfach zu diffus.
Insgesamt ist alles sehr konstruiert und auch sehr langatmig. Das Buch liest sich zwar flüssig, dennoch ist der Schreibstil nicht wirklich ausgereift, sondern eher flach, am Schluß nimmt das ganze zwar an Fahrt auf und man fühlt sich besser in die Charaktere ein. Insgesamt sind es dann auch zuviele Nebenschauplätze, die zwar kurz angerissen werden, die aber dann dazu führen, dass das zentrale Thema, die „Tochter-Eltern“-Beziehung nur angerissen und plakativ abgehandelt wird (der unbekannte „biologische“ Vater bei Hella und Shirin, der gefühlskalte Vater von Mona, dem sie nie hat was Recht machen können, der Konflikt zwischen Hella und Mona, der Konflikt zwischen Hella und ihrer Schwiegermutter).
Das Buch von Barbara Kunrath überzeugt weder in der Story, noch im Schreibstil. Die Charaktere bleiben nur oberflächlich angerissen und auch der Schluß der Geschichte ist uninspiriert und vorhersehbar.