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Veröffentlicht am 01.09.2021

Hassliebe

SCHWEIG!
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Familie kann man sich nicht aussuchen ist wohl der Gedanke von Esther, als sie am Tag vor Weihnachten den Weg zu ihrer Schwester auf sich nimmt. Diese führt einen komplett gegensätzlichen Lebensstil als ...

Familie kann man sich nicht aussuchen ist wohl der Gedanke von Esther, als sie am Tag vor Weihnachten den Weg zu ihrer Schwester auf sich nimmt. Diese führt einen komplett gegensätzlichen Lebensstil als die kleine Familie und wohnt alleine und abgeschieden im Wald. Auch sie frohlockt nicht gerade bei dem Gedanken an den alljährlichen Besuch ihrer Schwester. Während Sue diesen Pflichtbesuch nur möglichst schnell hinter sich bringen will, möchte Esther vor allem sicher gehen, dass es ihrer Schwester gut geht, doch nach und nach beschleichen sie immer mehr Zweifel, gerade wenn sie an die Katastrophe des letzten Weihnachtsfestes denkt…

Der Schreibstil ist unglaublich fesselnd und man taucht sofort in die Geschichte ein. Zunächst erlebt man die ganzen Ereignisse aus der Sicht von Esther, die mit ihrer Familie allerhand Vorbereitungen vor dem Weihnachtsfest organisieren muss. Ihr Mann ist nicht begeistert davon, dass sie ausgerechnet an diesem stressigen Tag ihre Schwester besuchen muss, da dies immer in Streitigkeiten endet. So beginnt der Leser sich ein erstes Bild von dieser Schwester zu bilden. Genialerweise wendet sich das Blatt jedoch bald und man liest erstmals die Ereignisse aus Sue’s Sicht und entwickelt auch für ihre Ansichten Verständnis. Die Autorin spielt geschickt mit den vorgefertigten Eindrücken, die man sich über eine Person, nur aufgrund von Erzählungen, bildet.

Dieses Spiel zieht sich einige Zeit durch das Buch, bis man auch Einblicke in die Kindheit der Schwestern und die Sicht von Esthers Mann bekommt und immer mehr Details aus deren Leben enthüllt werden. Wenn man zunächst davon ausgegangen ist, die beiden hätten einfach sehr wenig gemeinsam, so stellt man bald fest, dass in dieser Beziehung mehr im Argen liegt.

Das Buch war die meiste Zeit spannend, auch wenn mir zwischendurch das Hin und Her etwas zu viel wurde. Die Auflösung ist durchaus gelungen und interessant, allerdings konnte ich mich damit nicht wirklich anfreunden, da es zum einen recht abrupt endet und ich es, nachdem man die Charaktere nun sehr gut kennt, für etwas unwahrscheinlich halte.

Die Bezeichnung „Psychothriller“ passt perfekt zu diesem Buch. Eine Empfehlung für alle, die es mögen, wenn mit vorgefestigten Ansichten gespielt wird und am Ende doch alles ganz anders ist. Spannung ist bis auf ein paar kleinere Durchhänger gut vorhanden, sodass man das Buch wirklich zügig beenden kann.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.08.2021

Der Graben zwischen Wissenschaft und Religion, den es nicht bräuchte

Die Gottesmaschine
5

Bischof Lombardi wird von einem alten Freund in ein Kloster geschickt, da dieser sich Sorgen um seinen Ziehsohn, Pater Sébastien macht. In diesem Kloster wird der Versuch unternommen, Glaube und Wissenschaft ...

Bischof Lombardi wird von einem alten Freund in ein Kloster geschickt, da dieser sich Sorgen um seinen Ziehsohn, Pater Sébastien macht. In diesem Kloster wird der Versuch unternommen, Glaube und Wissenschaft zu vereinen. In den alten Gemäuern befindet sich ein Supercomputer, an dem Wissenschaftler aus aller Welt ihre Forschung betreiben können und es sieht so aus, als hätte Sébastien dabei eine alles verändernde Entdeckung gemacht. Da davon nicht alle Ordensleute begeistert sind, trifft Lombardi nicht nur auf viele Geheimnisse, sondern auch auf gefährliche Widersacher, die die Veröffentlichung der Ergebnisse um jeden Preis verhindern wollen.

Ab der ersten Seiten hat man ein ungutes Gefühl. Lombardi wird nicht gerade herzlich aufgenommen und auch mit Informationen halten sich die Äbte sehr bedeckt. Im Laufe der Geschichte lernt man den Bischof zwar besser kennen, erfährt das ein oder andere aus seiner Vergangenheit, trotzdem ist er für mich bis zum Ende nicht wirklich greifbar geworden. Die Figur bleibt distanziert und würde es nicht ab und zu erwähnt werden, würde man ihn auch nicht für einen Mann der Kirche halten. Nichtsdestotrotz ist er ein sympathischer Protagonist. Zur gleichen Zeit befindet sich die Wissenschaftlerin Samira Amirpour für ihre Forschung im Kloster. Ihren Charakter finde ich klasse. Sie weiß ruhig und gelassen Vorurteile mit rationalen Argumenten gegenüberzutreten und sie zu entschärfen. Mit Hilfe dieser beiden Charaktere, schafft es der Autor ganz nebenbei auf verständliche Weise Erklärungen zu religiösen Sachverhalten und Phänomenen der Elementarphysik einfließen zu lassen.

Allerdings gibt es auch ein paar Kritikpunkte. Davon abgesehen, dass ich einen Supercomputer definitiv nicht als göttlich betrachte, gibt es die ein oder andere Situation, die, zumindest für mich, unlogisch erscheinen. Oft ist nicht so ganz klar, wie manches abgelaufen sein soll. Außerdem werden zwar einige Handlungsstränge angeschnitten, aber nicht alle konsequent zu Ende erzählt.

Mir persönlich hat auch etwas die mystische Spannung gefehlt. Die alten Gemäuer, uralte, geheime Bücher und Rituale hätten so viel Spielraum dafür hergegeben. Teilweise tauchen Zeichen und Rätsel auf, deren Lösung aber dann recht rasch vonstattengeht. Vielleicht hat man auch trotz der Bemühung, jedes Buch als eigenständiges Werk zu sehen, die bekannten Werke dieses Genres im Hinterkopf und zieht, auch unfairerweise, Vergleiche.

Dieses Genre anzugehen finde ich definitiv mutig. Denn jede begonnene Geschichte braucht nun mal ein Ende, egal wie es aussieht. Einerseits bin ich hier schwer zufriedenzustellen, vermutlich kann es aber auch einfach kein Ende geben, welches nicht utopisch ist. Dementsprechend war ich vom Ausgang dieser Geschichte leicht enttäuscht. Jedoch warten nochmal einige Wendungen auf, mit denen man sicherlich nicht gerechnet hat und dem Ganzen im Endspurt nochmal richtig Spannung verleihen.

Insgesamt steigt die Spannung mit fortlaufender Geschichte immer mehr an. Man lernt viel über die spannenden Grundkonzepte der Physik und im Bereich der Supercomputer. Die Protagonisten begleitet man gerne durch die Handlung und wird am Ende nochmal richtig überrascht. Für mich ein durchaus lesenswertes Buch mit kleineren Schwächen, die dem Lesevergnügen aber wenig Abbruch tun. Von mir vier Sterne, da ich trotz diesen Kritikpunkten die Lesezeit sehr genossen habe. Als allerletztes erwartet den Leser noch ein Rätsel, welches aufmerksamen Rätselfreunden nochmal ein paar spannende – zumindest in meinem Fall leider – Stunden schenkt. Für mich ein definitiv gelungenes Extra.

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Veröffentlicht am 13.07.2021

Interessanter Auftakt mit Luft nach oben für die Fortsetzungen

Die Verlorenen
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Jonah Colley wird eines Abends von einem ehemaligen Freund angerufen und in eine alte Lagerhalle am Slaughter Quay bestellt. So düster der Name klingt, so düster die Szenerie, die sich Jonah offenbart ...

Jonah Colley wird eines Abends von einem ehemaligen Freund angerufen und in eine alte Lagerhalle am Slaughter Quay bestellt. So düster der Name klingt, so düster die Szenerie, die sich Jonah offenbart als er dort eintrifft. Neben der Leiche seines Freundes bemerkt Jonah, dass weitere Menschen in Plastikfolie und Branntkalk eingewickelt wurden und einer davon lebt. Als er versucht die Frau zu befreien, wird er selbst überwältigt. Er schafft es, sich mit letzter Kraft zu befreien und findet sich mit schweren Verletzungen und als Hauptverdächtiger im Krankenhaus wieder. Es scheint, als würde alles mit einem zehn Jahre alten Fall zusammenhängen, der Jonahs Leben erschüttert hat und ihn und sein Umfeld auch jetzt wieder in das Fadenkreuz des Killers zu ziehen droht.

Für mich war „Die Verlorenen“ das erste Buch von Simon Beckett, weswegen ich hier keine Vergleiche zu den vorangehenden Bestsellern ziehen kann. Ich habe das Buch mit der Erwartungshaltung eines recht brutalen, grausigen Thrillers begonnen, muss aber sagen, dass dies nicht der Fall war, was aber keinesfalls negativ zu bewerten ist. Es war eine ausgewogene Mischung aus Spannung und Brutalität, wobei ich die in „Kokons“ eingewickelten Menschen zu Beginn mit Abstand am Gänsehauterregendsten gefunden habe. Der Schreibstil hat mir wahnsinnig gut gefallen. Er war detailliert, aber nicht unnötig und kam mir rund und stimmig vor.

Einzelne Elemente habe ich als recht vorhersehbar empfunden, was mich hier allerdings nicht gestört hat, da man so die Gelegenheit hatte mitzurätseln und nicht urplötzlich, aus heiterem Himmel ein/e TäterIn vom Himmel fiel. Allerdings musste ich manche Stellen mehrmals lesen, um gewisse Zusammenhänge nachvollziehen zu können. Gewisse Vorgänge sind mir aber auch jetzt noch nicht ganz schlüssig.

Alles in allem ist es ein spannender Thriller, der sich gut und zügig lesen lässt. Da es der erste Band einer Reihe ist, endet er mit einem kleinen, aber nicht zu schmerzlichen Cliffhanger, der mich eher wundern lässt, wie daraus ein ganzer nächster Fall wird, aber ich bin gespannt und freue mich darauf.

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Veröffentlicht am 19.05.2021

Jagd durch Venedig

Venezianische Verwicklungen (Ein Luca-Brassoni-Krimi 1)
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Der Kunstprofessor Konstantin Becker reist mit seiner Assistentin nach Venedig, um ein plötzlich aufgetauchtes Bild auf seine Echtheit zu überprüfen. Es soll sich um einen bislang unbekannten Picasso handeln. ...

Der Kunstprofessor Konstantin Becker reist mit seiner Assistentin nach Venedig, um ein plötzlich aufgetauchtes Bild auf seine Echtheit zu überprüfen. Es soll sich um einen bislang unbekannten Picasso handeln. Kurz darauf wird Becker tot aufgefunden und Commissario Luca Brassoni übernimmt mit seinem Kollegen Goldini die Ermittlungen. Bald stellen sie fest, dass Becker und das Museum, dem das Bild zugespielt wurde, nicht die einzigen sind, die, sollte es sich tatsächlich um einen echten Picasso handeln, auf diesen Schatz aus sind. Der anderen Partei ist jedes Mittel recht, sich den Weg zu dem Gemälde frei zu bahnen.

Die Geschichte rund um die Jagd auf das Gemälde nimmt einen mit auf eine Reise durch Venedig. Die verschiedenen Schauplätze werden detailliert beschrieben und man erhält allerhand Hintergrundinformationen. So schafft es die Story oft, einen gedanklich in die Lagunenstadt zu entführen.

Zeitweise fand ich das Privatleben des Commissarios etwas zu präsent, was ein bisschen Spannung aus der Geschichte genommen hat. Allerdings wird dies vielleicht noch für die folgenden Bände eine Rolle spielen und so hat man Brassoni privat etwas besser kennen lernen können. Ob er momentan ein Sympathieträger ist, bleibt jedoch jedem selbst zu beurteilen.

Die Kulisse Venedigs und der Plot rund um ein altes Gemälde, verleihen dem Krimi eine ganz eigene Atmosphäre. Die Mysteriöse Stimmung wird von einem Ausflug auf die Geisterinsel Poveglia komplettiert und so wird immer wieder für schaurige Momente gesorgt. Eine Verfilmung könnte ich mir hier wunderbar vorstellen.

Da der Commissario auch Wurzeln in Deutschland hat, fließen neben typisch Italienischen auch immer wieder Deutsche, speziell Bayrische, Elemente ein. Durch die Vorliebe Brassonis für Kulinarik, werden vor allem Gerichte immer wieder detailliert beschrieben und man bekommt selbst Lust, direkt zum Italiener des Vertrauens zu gehen. Die Kombination aus guter italienischer Küche und deftigen, bayrischen Gerichten ist wirklich unterhaltsam und sehr gut nachvollziehbar (bis auf die Kombination aus Grießnockerlsuppe und Wurstsalat).

Obwohl die Spannung zwischenzeitlich kurz nachlässt, wartet das Ende wieder mit einem rasanten Showdown auf. Man konnte wunderbar miträtseln und hatte den ein oder anderen Verdacht, der sich dann eventuell bestätigt hat oder auch nicht. Mir hat diese spannende Reise nach Venedig und das Geheimnis rund um das Gemälde gut gefallen und ich bin auf die Fortsetzung gespannt.

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Veröffentlicht am 04.05.2021

Der Donnerstagsmordclub gehört noch lange nicht zum alten Eisen

Der Donnerstagsmordclub (Die Mordclub-Serie 1)
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In der Seniorenresidenz „Coopers Chase“ wird das „Puzzlezimmer“ akribisch genau zwischen verschiedenen Clubs aufgeteilt. Die Treffen der Frankreichbegeisterten finden genauso wie gemeinsames Häkeln zu ...

In der Seniorenresidenz „Coopers Chase“ wird das „Puzzlezimmer“ akribisch genau zwischen verschiedenen Clubs aufgeteilt. Die Treffen der Frankreichbegeisterten finden genauso wie gemeinsames Häkeln zu bestimmten Zeiten statt und so eben auch der Donnerstagsmordclub jeden Donnerstag. Mit von der Partie sind Elizabeth, eine ehemalige Geheimagentin, Ron, ein ehemaliger Gewerkschaftsführer und Ibrahim, ehemals Psychiater. Bisher war auch Penny teil des Clubs und hat als ehemalige Kommissarin, alte Akten und somit interessante Fälle beigesteuert. Da sie nun nicht mehr im Stande dazu ist, wird Joyce, eine ehemalige Krankenschwester mit ins Boot geholt. Plötzlich hat der Club das Glück, nicht nur verstaubte alte Fälle zu analysieren, sondern einen brandaktuellen Mordfall aufzulösen, als plötzlich ein naher Mitarbeiter des Eigentümers in seinem Haus ermordet wird. Alle vier tragen mit ihren jeweiligen Fähigkeiten dazu bei, einen immer größeren Teil der Geschichte zu enthüllen.

Der Roman war durchweg humorvoll erzählt und man musste über viele Situationen, die einem selbst bekannt vorkommen, schmunzeln. Genauso liegt aber eine gewisse Ernsthaftigkeit über der Geschichte und bestimmte Elemente regen sehr zum Nachdenken an. Interessant ist vor allem, dass der Großteil aus der Sicht der Bewohner von Coopers Chase berichtet wird, man also alles aus den Augen einer Person sieht, die unglaublich viel Lebenserfahrung besitzt. Deshalb werden Situationen vielleicht anders bewertet und man bekommt selbst einen neuen Denkanstoß.

Bei den vier sympathischen älteren Herrschaften handelt es sich um eine derart lustige Truppe, dass es einfach nur Spaß macht sie durch den Roman zu begleiten. Die Charaktere sind mit allen ihren Marotten liebevoll gezeichnet. Egal ob die energische, renitente Elizabeth mit einer pfiffigen Idee etwas einfädelt – denn sind wir mal ehrlich, die Fäden hat ganz alleine sie in der Hand – oder die gutmütige Joyce, die um ihre Schwächen weiß und es immer wieder schafft, für eine Überraschung zu sorgen. Gerade im Umgang mit ihrer Tochter beweist sie so viel Scharfsinn und Verständnis, was einen manchmal echt Tränen lachen lässt.

Aufgrund der vielen Verstrickungen und Hintergrund- /Nebengeschichten, musste man sich sehr konzentrieren, um der eigentlichen Geschichte folgen zu können. Vielleicht hätte ein bisschen weniger nicht geschadet, da man oft von dem eigentlichen Fall abgekommen ist und gedanklich erst wieder alles einordnen musste. So ist auf jeden Fall zu empfehlen, keine längeren Lesepausen einzulegen.

Was mir sehr gut gefallen hat ist, dass hier ein positives, hoffnungsvolles Bild von Seniorenheimen gezeichnet wird. Zwar kann man „Coopers Chase“ nicht mit normalen Einrichtungen, zumindest solchen, die mir bekannt sind, vergleichen, die Bewohner jedoch schon. Wie Joyce‘ Tochter so schön zusammenfasste, als sie ihrer Mutter erzählte, dass sie dachte der Umzug in diese Wohnung wäre für ihre Mutter das Ende, jetzt aber würde sie sehen, dass es erst der Anfang gewesen sei. Mir gefällt diese Sichtweise, dass es sich um den Anfang eines neuen Lebensabschnittes hält, der so viel bereithalten kann und definitiv nicht den Stempel „Endstation“ verdient.

Im Buchumschlag heißt es: „Bis nächsten Donnerstag!“ und das würde ich mir auch sehr wünschen! Gerne würde ich noch weiterverfolgen, wie der Donnerstagsmordclub weitere Fälle aufdeckt und die Ermittlungen aufmischt.

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