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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2020

Phantasievoller und zauberhafter Jugendroman mit viel Charme und Spannung

Ruby Fairygale (Band 1) - Der Ruf der Fabelwesen
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Dieses Buch habe ich als Überraschungspaket von der Autorin Kira Gembri zugesendet bekommen. Kira Gembri kenne ich schon länger als selbstpublizierende Autorin aber auch von ihren frisch-frechen Jugend-Liebesromanen. ...

Dieses Buch habe ich als Überraschungspaket von der Autorin Kira Gembri zugesendet bekommen. Kira Gembri kenne ich schon länger als selbstpublizierende Autorin aber auch von ihren frisch-frechen Jugend-Liebesromanen. Mein großer Dank gilt aber auch dem Loewe Verlag, der mir dieses Buch als Rezensionexemplar überlassen hat. Ruby Fairygale ist nun Kiras erstes Kinder- und Jugend-Fantasybuch.

Coverbild
Das gesamte Cover ist in einem fröhlichen Grün gehalten. Im oberen Drittel ist der Buchtitel mit roten handgeschriebenen Lettern gesetzt, der von grünen Pflanzenranken eingerahmt wird. Darunter sieht man ein freches Mädchengesicht mit stechend grünen Augen, vielen Sommersprossen und einer wallenden, roten Mähne, die sich über die gesamten zwei Drittel verteilen. Das handgezeichnete Bild passt perfekt zu der auf Irland spielenden Geschichte und ist ein typisches Kinder- und Jugendbuchcover.

Handlung
Die junge Ruby Fairygale lebt mit ihrer Großmutter auf einer kleinen aber sehr idyllischen Insel in der Nähe der Westküste Irlands. Gemeinsam kümmern sich die beiden um die Tiere der Insel. Aber die beiden teilen sich auch ein Geheimnis, denn sie betreiben auch eine Krankenstation für die Fabelwesen der Insel. Doch das Geheimnis ist in Gefahr als bekannt wird, dass ein amerikanischer Junge auf der Insel Urlaub machen soll. Und zunächst macht sich Noah auch bei den Inselbewohnern durch sein verzogenes Verhalten auch nicht gerade sehr beliebt.
Buchlayout / Haptik
Das gesamte Buch wurde durchweg unheimlich liebevoll gestaltet. Die Illustratorin Verena Körtling zeichnet sich nicht nur für das Buchcover verantwortlich, sondern auch für die Elemente der Innengestaltung. Jedes Kapitel wird mit einer Illustration und dem Titel des Kapitel in handschriftlichen Lettern eingeleitet. Jede Seitenzahl wird von kleinen Zeichnungen eingerahmt und immer wieder tauchen zwischen den Zeilen kleine hübsche Bildchen auf. Alle Zeichnungen erscheinen in der Anmutung von feinen Bleistiftzeichnungen. Die 315 Seiten werden in 27 Kapitel von angenehmer Leselänge aufgeteilt. Die Schrift ist, für Kinderaugen gerecht, etwas größer gesetzt.

Idee / Plot
Natürlich leben auf einer irischen Insel nicht nur Menschen. Aber in dieser Geschichte geht es um noch so viel mehr. Hier geht es um Vertrauen und auch darauf, auf sein eigenes Herz zu hören und nicht nicht nur das zu glauben, was einem vorgegaukelt wird. Jeder soll eine Chance haben, und sollte nicht vorverurteilt werden, nur weil ihm Gerüchte vorauseilen.

Emotionen / Protagonisten
Das 13 jährige Mädchen Ruby wurde als kleines Baby von Cleo Collins aus dem Wasser gerettet. Seit dem verbindet diese beiden eine ganz besondere Beziehung. Und ganz besonders auch die Liebe zu Tieren und den Fabelwesen der Insel. Ruby ist ein fröhliches Kind, das ihr Herz auf dem rechten Fleck hat.

Sie fasst schnell Vertrauen zu Noah, dem mysteriösen und verschlossenen Typen. Noah ist mit seinem Aufpasser auf die Insel gekommen, um Urlaub zu machen. Aber sein Vater, ein berühmter Architekt in Amerika, möchte den als schwer erziehbar geltenden Jungen am liebsten sofort auf ein Internat schicken. Und obwohl Noah auf der Insel gleich einen schlechten Start hat, entpuppt er sich als ein sehr interessierter und offener Junge, der sehr unter der Abweisung seines Vaters leidet.

Kira Gembri hat noch viele weitere Charakter geschaffen, die alle auf ihre eigentümliche Art bezaubernd sind. Besonders liebe ich den Irish Woolfhound Schmuggel, ein zunächst mürrisch wirkender Windhund, der aber ein ganz treuer und liebevoller Begleiter wird.

Handlungsaufbau / Spannungsbogen
Schon im Epilog wird es spannend und der Leser ist dabei, wie Cleo das kleine Baby aus den Wellen rettet. Danach begleiten wir die junge Ruby bei ihrem Abenteuer mit Noah. Kira Gembri baut die Spannung nach einer Einführungsphase gekonnt aus. Dabei besteht sie nicht nur aus aufregenden Erlebnissen, sondern vor allem in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Das Buch endet nach einem sehr aufregenden Höhepunkt mit einem schönen Happy End, hält aber noch viel Potenzial für weitere Bände bereit. Zumal auch noch nicht geklärt ist, warum Ruby so viel Angst vor Wasser hat und wer ihre wahre Eltern sind.

Szenerie / Setting
Ganz besonders gefällt mir der fantasievolle Zauber, den Kira Gembri in die Geschichte eingebaut hat. Dabei schöpft sie aus den für Irland bekannten Mythen der Fabelwesen. Kira Gembri kann mir die Umgebung absolut bildhaft darstellen und ich fühle direkt das Mythische und Eigentümliche der Insel und seiner Bewohner ohne es zu übertreiben.

Sprache / Schreibstil
Wir erleben die Gesichte aus Rubys Perspektive als Ich-Erzähler im Präteritum. Kira Gembri hat eine wunderbar flüssige und witzige Sprache, die einem mit passenden Metaphern die ganze Szenerie bildhaft darstellen konnte:

»In Fernsehkrimis rannten Spürhunde doch immer sofort los, die Nase dicht am Boden und mit einer Zielstrebigkeit, die perfekt zur spannenden Hintergrundmelodie passte. Schmuggel hingegen benahm sich, als hätte er Fahrstuhlmusik im Kopf.«

Kira Gembri “Ruby Fairygale - Der Ruf der Fabelwesen” S. 266 (©2020 Loewe Verlag GmbH)

FAZIT
Eine wundervoll phantasievolle und aufregende Geschichte für junge Leser und Leserinnen mit der richtigen Portion Spannung, viel irischer Mystic aber auch ein bisschen Romantik. Perfekt für junge Selbstleser*innen aber auch als Vorlesebuch ideal. Absolut bezaubernd!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.04.2020

Fantastisch-magisches Jugendbuch, und doch so philosophisch

Serafin. Das Kalte Feuer
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An dieser Stelle möchte ich den S. Fischer Verlag herzlich dafür Danken, dass ich bei der Aktion mitmachen durfte und dafür alle 4 Bände des Merle Zyklus erhalten habe. Die ersten 3 Bände von Merle hat ...

An dieser Stelle möchte ich den S. Fischer Verlag herzlich dafür Danken, dass ich bei der Aktion mitmachen durfte und dafür alle 4 Bände des Merle Zyklus erhalten habe. Die ersten 3 Bände von Merle hat Kai Meyer vor 20 Jahren geschrieben. Diese hätte ich immer noch sehr gerne als Hörspiel, vor allem auf langen Autofahrten. Mit „Serafin. Das kalte Feuer“ setzt der Autor die Geschichte fort und schafft damit auch einen Abschluss der gesamten Reihe.

Coverbild
Für die Neuerscheinung des Buches wurden auch die 3 Merle Bücher in einer Neuauflage neu gestaltet und alle 4 Bücher erscheinen im gleichen Layout. Die Illustratorin Jana Heidersdorf hat für alle 4 Bücher das Cover neu gezeichnet. Das Cover von Serafin ist ganz in orangegelb gehalten. In der Mitte des Bildes steht ein Junge auf einem Dach, aus seiner Hand wächst eine Feuerkugel. Neben ihm fliegt eine goldene Katze mit Flügeln. Dahinter steht ein Mädchen ganz in schwarz gekleidet mit flatterndem rotem Schal und einen Säbel in der Hand. Es ist ein ganz typisches Cover für jugendliche Fantasy und gefällt mir sehr gut. Alle Bänder ergeben ein wunderschönes Gesamtbild.

Handlung
Auf der Suche nach Merles Vater und vor der Flucht der Kartographen landen die beiden Freundinnen mithilfe Junipas Spiegelmagie wieder in einem der vielen Abbilder von Venedig. Auch hier leben und walten die Personen, die sie auch aus ihrem eigenen Venedig kennen und auf die sie immer wieder in jeder Venedig-Spiegelung begegnet sind. So auch Serafin, der diesmal ein Schlammsammler, der in den leeren Kanälen Venedigs nach Schätzen sucht und so auf die beiden Mädchen stößt. 2 Jahre ist es nun her, seit dem Merle ihren Serafin verloren hat. Doch viel Zeit haben die Mädchen nicht, denn auch in diesem Venedig werden sie von mächtigen Gegnern gejagt. Die einzige Hoffnung ist, Merles Vater zu finden und damit auch das Herz der Stadt.
Buchlayout / Haptik
Die Gestaltung der gebundenen Ausgabe kommt eher schlicht daher. Die Buchdeckel sind in einfachem Karton und die Innengestaltung ist sehr einfach gehalten. So werden die Kapitel lediglich mit einer Ziffer eingeleitet. Da die Erzählung aus zwei Perspektiven erzählt wird, hätte ich mir hier eine optische Hervorhebung des Protagonisten gewünscht. Insgesamt werden die 350 Seiten in sehr angenehme 35 Kapitel eingeteilt.

Idee / Plot
Ganz klar war, dass die Geschichte mit Merles 3. Band, und dem Verlust ihrer großen Liebe Serafin, es keine Wiederauferstehung geben soll. Aber trotzdem ist die Idee, 20 Jahre nach der Erscheinung der Merle-Trilogie in die Spiegelwelten einzutauchen und die Figuren wieder aufleben zu lassen, wirklich grandios. Vor allem begeistert mich die Vorstellung, dass die Welten oder Städte allein durch die Vorstellungskraft existiert:

»Und jede dieser … Manifestierten Städte existiert mehr als einmal?«
»Dutzendfach, vielleicht hundertfach oder sogar noch öfter«, sagte Junipa. »Es hängt davon ab, wie viele Geschichten sich die Menschen darüber erzählen und wie klar die Vorstellung ist, die die Leute davon haben. Über Venedig gibt es so viele Legenden, Märchen, dann all die Bücher … Nicht jeder dieser Versionen manifestieren sich und wird real, aber doch sehr viele.«

Kai Meyer “Serafin - Das Kalte Feuer”, S. 143-144 (© 2020, Fischer Kinder- und Jugendbuchverlag / Sauerländer)

Was für eine hohe philosophische Ansicht! Sind wir wirklich real, oder nur der Vorstellung eines höheren Wesens entsprungen? Wie viele Realitätn gibt es von uns?

Emotionen / Protagonisten
Serafin ist ein anderer Serafin, als der, den Merle und Junipa in ihrem Venedig kannten. Aber er ist trotzdem immer noch ein draufgängerischer und mutiger Junge, der sein Herz am rechten Fleck hat. Um seiner schwerkranken Mutter zu helfen, geht er bewusst Risiken ein, und so war es auch nicht verwunderlich, dass er den beiden Mädchen auf ihrer Suche nach Merles Vater gleich geholfen hat. Ich habe Serafin gleich in mein Herz geschlossen.

Auch Merle und Junipa waren mir von Anfang an gleich wieder sehr präsent und ich konnte immer gut mit ihnen mitempfinden. Mir hat es gefallen, dass Merle sich bewusst ist, dass es ein anderes venedig und ein anderer Serafin ist, aber sie auch wehmütig an ihre Zeit damals zurück gedacht hat. Trotzdem ist sie tapfer mit ihrer Freundin Junipa durch dieses Abenteuer gegangen.

Natürlich gibt es noch viele andere Charakter, die Kai Meyer Leben eingehaucht hat. Zu erwähnen wäre hier Cagliostra, eine fliegende goldene Katze. Die Beziehung zwischen ihr und Serafin hat mir sehr gut gefallen. er ist schnippisch und typisch katzenhaft arrogant, hat aber ein sehr weiches Herz.

Handlungsaufbau / Spannungsbogen
Wie auch schon in den vorangegangenen Merle Büchern wird die Handlung immer stetig vorangetrieben. Es gibt keine Längen und die Spannung wird kontinuierlich aufgebaut. Bis es zum Ende hin noch mal sehr aufregend und spannend wird für die Drei! Und ja, es gibt auch eine Liebesgeschichte, die mir sehr gut gefallen hat und der ganzen fantastisch magischen Welt noch einen zarten Hauch von Romantik verliehen hat, ohne kitschig zu werden.

Auch wenn es ein Folgeband der Merle-Trilogie ist, kann man das Buch unabhängig davon lesen. Was ich aber nicht empfehlen würde. Es gibt doch einige Situationen oder Parallelen, die man besser mit dem Vorwissen verstehen und nachvollziehen kann.

Szenerie / Setting
Wie von Kai Meyer nicht anders zu erwarten hat er auch hier wieder ein fantastisches Setting geschaffen. Denn dieses Venedig ist doch ganz anders als das von der Merle-Trilogie, und doch ist es einfach nur faszinierend und berauschend, wie Kai Meyer dem Leser die Umgebung und die Stimmung passend darstellen kann. Venedig kenne ich selber und es zählt zu meinen Lieblings-Städten, und diese Stadt hat einfach was extrem Magisches.

Sprache / Schreibstil
Wir erleben die Abenteuer der drei Freunde jeweils in der Multiperspektive aus der Sicht von Merle oder von Serafin als personaler Erzähler im Präteritum. Kai Meyer hat einen extrem flotten und eingängigen Schreibstil, so, dass die Seiten einfach nur dahin fliegen und trotzdem sprüht er vor lauter Fantasie.

FAZIT
Es ist eine wundervolle, magisch-fantastiche Geschichte für Jung und Alt und der Beweis, dass Jugendbücher sehr viel philosophischer sein können. Mir hat das Buch unheimlich Spaß gemacht! Ich kann aber nur empfehlen, vorher die Merle-Trilogie zu lesen bevor man sich in den Zauber dieses Buches begibt um die Zusammenhänge doch besser verstehen zu können.

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.03.2020

Überraschend anders, feinfühlig aber spannend und mitreißend

Fluch der Aphrodite
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Wer die GötterFunke-Trilogie kennt, hat bestimmt auch schon sehnsüchtig auf dieses Buch gewartet. Wer hat nicht Apoll lieb gewonnen und hoffte auf eine Fortsetzung mit dem griechischen Gott des Lichts? ...

Wer die GötterFunke-Trilogie kennt, hat bestimmt auch schon sehnsüchtig auf dieses Buch gewartet. Wer hat nicht Apoll lieb gewonnen und hoffte auf eine Fortsetzung mit dem griechischen Gott des Lichts? Natürlich muss ich als eingefleischter Marah Woolf Fan auch diesen Titel lesen und bin regelrecht überrascht!

Coverbild
Auf dem ganz in Lila gehaltenen Cover ist in der oberen Hälfte im Scherenschnitt ein Frauenkopf im Profil zu erkennen. Darunter ist in goldenen Serifen der Titel gesetzt. Das Ganze wird von Ornamenten eingerahmt. Schlicht aber so schön und eine handwerklich saubere Arbeit. Ja, so gefällt mir ein Cover! Und ganz unverkennbar aus der Feder von Carolin Liepins.

Handlung
Im Krieg um Troja kämpfen Apoll und Aphrodite auf der gleichen Seite. Doch der griechische Gigolo hat seine Gedanken und Gefühle ganz woanders und das geht Aphrodite gewaltig gegen den Strich, deswegen verflucht sie Apoll. Auch 3000 Jahre später ist der Fluch immer noch nicht gebrochen. Und obwohl sich Apoll damit abgefunden hat, hat Zeus ihn mit Aphrodite nun zu den Menschen verbannt, um diesen Fluch zu brechen. Aber die modernen Frauen scheinen so gar nicht auf den griechischen Mädchenschwarm abzufahren, geschweige denn sich ernsthaft in ihn zu verlieben. Und dabei sind Tinder oder aktuelle Liebesromane, die bei den heutigen Frauen so gehypt werden, kaum eine Hilfe.

Buchlayout / Haptik
Das Buchlayout ist der Hammer! Auf dem wunderschönen Schutzumschlag, sind der Titel und ein paar Elemente in Blindprägedruck hervorgehoben. Der Vorsatz vorne zeigt am Anfang eine Zeichnung vom Trojanischen Krieg, am Ende gibt es eine Auflistung der 12 olympischen Götter. Zu Beginn führt Marah auch alle wichtigen Personen und Begriffe in einem übersichtlichen Glossar auf. Die einzelnen Kapitel sind etwas länger, teilen aber die 465 Seiten immer noch in angenehme Leseeinheiten auf und sind alle super liebevoll gestaltet, sowie auch jede Seitenzahl. Am Ende gibt es einen Stammbaum über das Trojansich Königshaus und natürlich das Rezept von Heras beliebten Zitronenkuchen.

Idee / Plot
Zwei griechische Götter kommen zu den Menschen um die wahre Liebe zu finden. Und wir wissen ja, dass die griechischen Götter es mit der Liebe ja eigentlich nicht so genau nehmen. Ob sich das nach 3000 Jahren völligen Liebesentzug geändert hat? Auf jeden Fall ist es absolut spannend und auch witzig, wie die eigentlich sonst so überheblichen Götter plötzlich auf den Boden der Tatsachen geworfen werden und erst mal lernen müssen, was wahre Liebe überhaupt bedeutet.

Besonders schön - und das möchte ich gerne noch mal betonen - greift Marah hier die in letzter Zeit hochdiskutierte Thematik der „bad-boys“ (Arschloch-Männer-Protagonist-Thema) in der romantischen Literatur auf. Männer, die sich den Frauen gegenüber abweisend verhalten aber trotzdem von den Protagonistinnen angehimmelt und regelrecht verehrt werden. Aber so ist Apoll überhaupt nicht. Er ist genau das Gegenteil. Auch wenn er im ersten Teil ein Frauenheld ist, ist er stets liebevoll und fürsorglich zu seinen Geliebten, und das macht ihn durchweg einfach liebenswert in seiner ganzen Art!

Emotionen / Protagonisten
Apoll ist der Mädchenschwarm in Mytikas und definitiv kein Kostverächter! Er genießt die Aufmerksamkeit der Damen um sich herum. Über seine Fürsorge dem weiblichen Geschlecht hin vergisst er voll und ganz seine Pflichten dem Trojanischen Volk gegenüber. Auch wenn man ja eigentlich weiß, wie der Trojanische Krieg geendet hat, kann man Aphrodite doch ziemlich gut nachempfinden, warum sie Apoll verflucht hat.

Aphrodite hat sich ganz auf den Krieg fokussiert. Sie wirkt so zart und kann sich ihren Gefühlen kaum erwehren.

Doch 3000 Jahre haben Vieles verändert. Apoll hat sich mit seinem Fluch abgefunden, wirkt aber sehr nachdenklich. Ja, und manchmal handelt er einfach wie ein Mann und steht auch oft ziemlich auf dem Schlauch... Aphrodite hingegen ist eine richtige Zicke geworden. Trotzdem machen beide in der Zeit bei Cayden, Jess, Leah und Josh eine schöne Wandlung durch und lassen einen wunderbar mitfühlen!

Handlungsaufbau / Spannungsbogen
Durch die Zweiteilung erleben wir eigentlich auch zwei Handlungsstränge. Der Trojanische Krieg wird in einem rasantem Tempo erzählt, die Ereignisse passieren Schlag auf Schlag bis sie in das martialische Finale enden, das für Troja ja bekanntlich den Untergang bedeutet hat. Marah hat hier ihr geballtes Wissen geschickt mit einer Liebesgeschichte verknüpft, ohne kitschig oder besserwisserisch zu wirken. Dieser Teil ist insgesamt actionreicher als der Abschnitt in der Gegenwart.

Im zweiten Teil dürfen wir dann Apolls unglücklichen Versuche miterleben, in der Gegenwart eine Frau zu finden, die seinen Fluch brechen soll. Natürlich passieren hier auch Katastrophen und spannende Momente, die Marah gekonnt aufeinander aufbaut und in ein großes Finale enden läßt. Diese Geschichte ist aber gar nicht so sehr auf krasse Plottwists oder ultraböse Antagonisten aufgebaut, sondern vielmehr auf die vielen kleinen Feinheiten zwischenmenschlicher Beziehungen. Trotzdem bleibt es über beide Teile hinweg spannend und hält viele prickelnde Momente bereit.

Szenerie / Setting
Ja, die griechischen Götter… Da hat uns Marah ja mit ihrer GötterFunke-Trilogie schon mal einen netten Einblick gegeben. Im ersten Teil befinden wir uns ganz klassisch in Mytikas und in Troja. Marah zeigt uns ihre Vorstellung dieser Schauplätze mit genau den richtigen Umschreibungen, und lässt trotzdem noch genug Platz für seine eigene Phantasie. Auch in der Gegenwart kann man sich das Studentenleben in Santa Barbara, in dem sonnigen Californien, sehr gut vorstellen und wäre am liebsten gleich mit dabei!
Und - woah - wir dürfen die Götter und ihre Freunde sogar auch in den Hades begleiten! Das hat mir ganz schön Gänsehaut bereitet!

Sprache / Schreibstil
Wer meine Rezensionen über die Bücher von Marah Woolf kennt, weiß, dass ich ihren absolut flotten Sprachstil einfach liebe. Keine unnötigen Details, immer knackig und direkt. Auch hier komme ich auf meine volle Kosten. Wir erleben Apolls Geschichte aus seiner Perspektive als Ich-Erzähler im Präsens. Das gelingt Marah wie immer ausgesprochen gut.

Gekonnt bindet sie auch immer wieder die bad-boy-good-girl Thematik in die Geschichte ein:

“Ich lege das Buch zur Seite und lösche das Licht. Aphrodites gleichmäßige Atemzüge begleiten mich in den Schlaf. Dieser Hardin ist eigentlich ein unausstehlicher Kerl, trotzdem mag Tessa ihn. Was wollte July mir bloß mit diesem Buch sagen? Ich bin oft nicht gerade nett zu Aphrodite, allerdings käme sie nie auf den Gedanken, mich deswegen anziehend zu finden. Aber sie ist ja auch klug.”

Marah Woolf “Fluch der Aphrodite” (©2020 Marah Woolf in Selbstpublikation)

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Veröffentlicht am 25.06.2019

Geballte Emotionen in erschütternden Schicksalen

Wind in deinen Segeln
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Jessica Winter gehört inzwischen zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen. Ihre Bücher sind immer sehr bewegend mit echten und authentischen Schicksalen. Da war es schnell klar, dass ich mein Glück auf ...

Jessica Winter gehört inzwischen zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen. Ihre Bücher sind immer sehr bewegend mit echten und authentischen Schicksalen. Da war es schnell klar, dass ich mein Glück auf Vorablesen.de versuchen wollte um Jessicas neuesten Titel schon vor der Veröffentlichung lesen zu können. Ich danke der Vorablesen-Losfee für die Möglichkeit und freue mich richtig über dieses Buch!


Coverbild

Bei dem Coverbild bin ich ein bisschen hin- und hergerissen. Ein umschlungenes Pärchen in zarten rosa bis himmelblauen Tönen gegen die Sonne fotografiert. So lieblich und versonnen… nein, dieses Cover kann nicht wirklich das zeigen was dieser Roman ist. Denn es ist keine “klassische” Liebesschmonzette mit weichgespülten Charakteren in sonnigem Setting. Es ist wesentlich mehr! Schön finde ich die Zeichnung des kleinen Papierbootes, welches sich auch im Buch als visuellen Absatztrenner wiederfindet.


Handlung

Emerald West hat ihren jüngeren Geschwistern das Versprechen gegeben an ihrem 18. Geburtstag wieder zurück zu kommen, zu ihnen nach Hause. Doch irgendwo mitten im Niemandsland, auf irgendeiner Interstate zwischen Illinois und Iowa, bleibt Em mit ihrem alten Ford stecken. Sie versucht alles, um ihr Auto wieder fit zu bekommen. Doch ausgerechnet Gabriel Brooks, der einzige in dem Kaff Ceasar City, der einen Abschleppwagen und die dazugehörige Autowerkstatt besitzt, ist Em gegenüber total abweisend und schrecklich schroff. Zu allem Überfluss verhindert ein Unglück nach dem anderen Ems Weiterreise und Gabe und Em müssen sich immer weiter zusammenraufen.

Gabe steht mit einem Fuß immer noch im Knast, er ist nur auf Bewährung draußen. Und ausgerechnet jetzt kommt ihm Em über den Weg gelaufen. Ihm ist klar, dass er sich keinen Ausrutscher erlauben darf. Aber Em macht es ihm schwer, seine Mauern ihr gegenüber aufrecht zu erhalten.


Buchlayout / eBook

Die 372 Seiten werden in 29 Kapitel eingeteilt. Jedes Kapitel wird mit der ausgeschriebenen Kapitelnummer eingeführt und den Namen, aus dessen Perspektive das Kapitel geschrieben ist. Außerdem sind die ersten Wörter mit Kapitälchen abgesetzt. Insgesamt ist die Gestaltung des eBooks einfach aber hübsch, vor allem mit dem kleinen Papierboot.


Idee / Plot

Wie viel lassen sich Kinder von ihren Eltern gefallen und wie viel Verantwortung darf auf den Schultern älterer Geschwister liegen? Hier zeigt Jessica Winter ganz gnadenlos den sozialen Mißstand in den weniger gut aufgestellten Gesellschaftsschichten, gerade in der USA. Das, was hier in Deutschland Usus ist, eine gesetzliche Krankenversicherung und Schulpflicht, das können sich viele Menschen in der USA nicht leisten. Da gibt es Bundesstaaten, in denen es gestattet ist, die Kinder zu Hause im Heimunterricht zu schulen. Aber wenn die Eltern selber am untersten sozialen Limit kratzen, wie soll das funktionieren? Welche Chance haben diese Kinder? Man ist abgestempelt. Genauso wie ein vermeintlicher Verbrecher, der zu unrecht verurteilt wurde. Auch wenn dann das Unrecht anerkannt wurde, bleibt man in der Gesellschaft mit einem Stempelaufdruck auf der Stirn zurück. Wie soll man in so einem Umfeld wieder Fuß fassen können?

Bei Jessica Winter gibt es keine seichte Lovestory, sondern immer Schicksale in ihrer ganzen Ehrlichkeit und Wucht. Das Schlimmste dabei ist, dass es diese Schicksale wirklich so gibt und die Gesellschaft davor die Augen verschließt.


Emotionen / Protagonisten

Die nach außen quirlige Emerald ist schlagfertig, frech, und um keinen Spruch verlegen. Mit 14 von zu Hause ausgerissen versuchte sie in New York über die Runden zu kommen. Sie musste sich auf der Straße eine harte Schale aneignen um ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. In vielen Situationen kann ich Em sehr gut nachfühlen, ich finde sie großartig. Ja, sie ist fast 18, aber hat schon sehr viel in Ihrem Leben erleben und ertragen müssen. Wenn ich bedenke, dass meine Tochter gerade 14 Jahre alt ist, bleibt mir ein fetter Kloß im Hals stecken. Das einzige was Em hat, und an dem sie sich fest hält, ist ihr Versprechen.

„Wenn sie lächelt oder lacht, ist es einfach, diese Traurigkeit und Schwere zu ignorieren, die in ihrem Gesicht liegt. Die sie hinter frechen Sprüchen und viel Make-up versteckt, die aber trotzdem immer wie eine Gewitterwolke über ihr hängt, auf den richtigen Moment wartet einzuschlagen”

Jessica Winter, „Wind in deinen Segeln“, Pos. 1205 (© Jessica Winter, kindle Edition 2019)


Was Gabe alles als junger Erwachsener - oder eigentlich fast noch ein Kind - im Knast erlebt haben muss, möchte man nicht wissen, aber man kann es sich denken. Auch wenn er doch auf Bewährung raus gekommen ist, die Narben am Körper und in der Seele verschwinden trotzdem nicht mehr. Er ist genauso verwundbar und misstrauisch wie Em, hat sich aber eine harte Mauer aufgebaut durch Ablehnung und Ignoranz. Und jeder Fehler wird ihm doppelt angekreidet. Manchmal wollte ich ihn schütteln, und dann blitzten so unglaublich liebevolle und herzerwärmende Momente auf.

Mir gefällt vor allem sehr gut, dass beide selbstreflektierend sind und sich über ihre Grenzen, Wünsche und Macken sehr wohl bewußt sind, und wir als Leser das Aufweichen der Mauern miterleben dürfen.


Handlungsaufbau / Spannungsbogen

Jessica Winter hat geschickt die einzelnen Puzzleteile über das Buch verteilt. Man kann sich zwar schon einiges von der Vorgeschichte denken oder erahnen, aber dann plötzlich mit der Wahrheit konfrontiert zu werden hat mich sehr stark berührt. Die Handlung an sich ist erst mal nicht spektakulär. Em bleibt einige Zeit in Ceasar City und wir begleiten Em und Gabe, wie sie sich kennenlernen und beginnen Vertrauen zueinander zu empfinden. Das finde ich toll. Doch dann ab dem 2. Drittel wird es unglaublich ergreifend. Am Ende werden wir mit einem Cliffhanger zurückgelassen, der mich aufschluchzen lies! Um Himmels Willen, ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht!


Szenerie / Setting

Die sozialen Mißstände sind gerade in der USA so deutlich, da hätte diese Geschichte hier in Deutschland nicht funktioniert. Jessica hält sich nicht groß mit Beschreibungen der Umgebung auf. Aber das ist hier auch nicht wichtig und würde diesen emotionalen Roman nur stören.


Sprache / Schreibstil

Zur Sprache kann ich nur sagen, genial! Keine Kapriolen oder aufwendigen Satzkonstruktionen, sondern zum Roman passend sprechen die Protagonisten wie sie denken, authentisch und ehrlich. Kurze Sätze, gern auch Zweiwortsätze oder auch nur ein Wort, unterstreichen die direkten Gedankengänge und die Selbstreflektionen. Die Autorin hat den Präsens als Erzählzeit gewählt, was ich für diese Geschichte richtig finde. Die Kapitel wechseln sich mehr oder weniger regelmäßig als Multiperspektive zwischen Em und Gabe ab. So erhält man immer direkt die Eindrücke der Szenerie aus der jeweiligen Person und kann sich in beide genauso gut hineinversetzen.


FAZIT

Selten hat mich mal wieder ein Buch so berührt und Rotz und Wasser heulen lassen. Was für ein Roman! Das hat nur Marah Woolf mit “Timing is everything” geschafft. Trotz anfänglich sanftem Handlungsaufbau kommt es zum Schluß mit geballter Kraft und Emotion. Keine weichgespülte Liebesschmonzette.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Stimmige und spannende Fortführung mit kriminalistischen Zügen

Das Zeitenmedaillon – Die Seherin
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Den ersten Teil der Zeitenmedaillon-Trilogie “Die Auserwählte” habe ich im Zuge meiner Häppchenlesung-Challenge erst vor kurzem gelesen und es hatte mir sehr gut gefallen. Als nun die Autorin verkündete, ...

Den ersten Teil der Zeitenmedaillon-Trilogie “Die Auserwählte” habe ich im Zuge meiner Häppchenlesung-Challenge erst vor kurzem gelesen und es hatte mir sehr gut gefallen. Als nun die Autorin verkündete, dass der 2. Teil “Die Seherin” auf Netgalley schon verfügbar wäre, habe ich sofort mein Glück versucht. Ich danke Netgalley und dem Verlag 47North Verlag für die Möglichkeit, das Buch schon vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin lesen zu dürfen.

Coverbild

Analog zum Cover des ersten Bandes ist auch dieses gestaltet. In der Mitte sieht man das Zeitenmedaillon, das von zierlichen Blütenranken umrahmt wird. Die grafischen Zeichnungen glänzen golden auf nachtblauem Hintergrund. So simpel, so schön.

Handlung

Als dritte Tochter einer Medaillonträgerin übernimmt Amélie die Bürde ihres Erbes und beginnt ihr Abenteuer der Zeitreise. Nach einem kurzen Sprung in die Zukunft landet sie aber im Jahr 1473. Ein gefährliches Zeitalter, gerade für Frauen, denn die Hexenverfolgung ist allgegenwärtig. Prompt wird Amélie auch gefangen genommen und verschleppt. Zufällig lernt sie dort Holmger kennen, der sie kurzerhand befreit und mit nach Dänemark nimmt. Aber dort werden die Beiden durch eine Intrige am Königshof auf eine harte Probe gestellt und Amélie bleibt nichts anderes übrig als mit ihrem Medaillon in eine andere Zeit zu fliehen.

Buchlayout / eBook

Wie im ersten Band schon ist das eBook eher schlicht gehalten. Die gut 302 Seiten werden in 24 angenehme Kapitel eingeteilt, die jeweils mit der Nummer und nur dem Wort “Kapitel” eingeleitet werden.

Idee / Plot

Die Thematik der Frauenrechte, bzw. nicht vorhandenen Frauenrechte in der Vergangenheit, auch im Vergleich zur Gegenwart, ist auch hier - wie im ersten Band - gut präsent, bleibt aber dezent im Hintergrund und ist mehr auf das Thema Hexenverfolgung verschoben. Amélie bekommt Hilfe, indem sie Zeitsprünge macht und dabei wesentliche Informationen erhält. Aber dieses Wissen kann der Zeitreisenden gerade in der Vergangenheit, wie dem Mittelalter, zum Verhängnis werden. Denn Menschen mit heilenden und zukunftsvoraussehendem Wissen wurden ganz schnell als Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Es ist wohl nicht nötig zu sagen, dass Frauen einen Großteil der Opfer der Hexenverfolgung ausmachten.

Emotionen / Protagonisten

Verständlicherweise ist Amélie Laurent zunächst sehr unsicher auf ihrer Reise, wird aber von Tag zu Tag tougher und mutiger. Bis sie sogar auch moralische Grenzen überschreitet. Mir gefällt sehr gut, dass die Protagonistin nicht den Romantasy typischen, unterschwellig erwarteteten Handlungskonventionen entspricht, sondern auch mal über die Stränge schlägt. Ja, das ist gut so, denn es muss nicht immer moralisch korrekt sein! Und das Mittelalter war auch grausam! Trotzdem bleibt sie reflektiert und setzt sich mit ihrem Gewissen auseinander. Nicht nur die Zeitreisen, sondern auch Träume, die ihr einen kurzen Einblick in zukünftige Ereigne sehen lassen, lässt sie ständig in Gefahr leben.

Sie verliebt sich schnell in ihren Holmger, der sie mit einer List an sich gebunden hat. Holmger von Aalborg ist ein sympathischer, dänischer Abgesandter des Königs. Er verkörpert das nordische, rauhe Temperament mit einem weichen Kern. Er hat sich schnell in Amélie verliebt und ist ihr total ergeben.

Die Beziehung der beiden gefällt mir gut, obwohl ich mir da etwas mehr Tiefe gewünscht hätte. Besonders Holmger ist mir nicht so greifbar. Aber ich kann ihre und seine Handlungen gut nachvollziehen.

Handlungsaufbau / Spannungsbogen

Nach einem Einblick in Amélies Familienleben und ihrer Beziehung zur ihrer Schwester Brigit geht Amélis Abenteuer auch schon gleich los. Das Medaillon führt sie in das 15. Jahrhundert. Die Spannung wird kontinuierlich aufgebaut und weitergetrieben bis es zu einem recht krassen Höheapunkt kommt. Hossa! Tanja Neise hat diesmal auch mehrere verschiedene Zeiten eingebaut und der Wechsel bringt noch mal viel Spannung mit.

Leider tauchen Amélis Träume recht kurzfristig vor dem Ereignis auf, bei dem Amélie das Wissen aus dem Traum benutzen kann. Hier hätte man das vielleicht besser übe das Buchaufteilen können, denn die nächsten Ereignisse wird dadurch nach dem zweiten oder dritten Traum schon fast vorhersehbar.

Trotzdem geht mir vieles zu schnell und ich hätte mir tatsächlich mehr Details gewünscht, auch wenn es dann mehr Seiten bedeutet hätte. Aber die Geschichte hätte definitiv das Potenzial dazu gehabt!

Schön ist aber, wie Tanja Neise mit dem Zeitparadoxon umgeht. In ihrer Zeitreisegeschichte kann und wird zwar die Zukunft durch die Handlungen die Madaillonträgerinnen verändert, das Schicksal der Personen bleibt aber das Gleiche, egal durch welchen Einfluss. Ein sehr spannender Ansatz.


Szenerie / Setting

Die Autorin kann mir alle Zeiten und Orte bildhaft vor Augen führen. Sie baut auch immer wieder geschichtliche Ereignisse oder Persönlichkeiten ein, was mir besonders gut gefällt.

Auch die Protagonistin kann sich in den verschiedenen Zeiten gut zurecht finden, wurde sie ja von ihrer Mutter auf vieles vorbereitet. Besonders lustig sind aber ihre Gedanken, als sie sich in einer jüngeren Zeit, den 80ern befindet. Wie erklärt man einem Menschen aus dem 18. Jahrhundert, wie eine Toilettenspülung funktioniert?

“Im nächsten Moment rauschte frisches klares Wasser wie durch Zauberhand in die Schüssel. Ich zuckte erschrocken zurück und bekreuzigte mich. Das war wie von Hexenhand herbeigeführt. Wie hatte sie das gemacht?”

Tanja Neise “Das Zeitenmedaillon - Die Seherin”, Pos. 3315 (kindle Edition © Tanja Neise, 47North Verlag)

Der technische Fortschritt der Neuzeit wirkt genauso beängstigend auf sie wie sie selber mit ihrem Wissen auf ihre Mitmenschen im 15. Jahrhundert. Hier stellt Tanja eine sehr nette Analogie auf köstlich humorvoller Art her!

Sprache / Schreibstil

Sprachlich hat mich Tanja Neise wieder voll überzeugt. Sie passt die Ausdrucksweise der Zeit angemessen an. Die Sprache ist verschnörkelter und gestelzter, was aber mit dem Setting absolut gut harmoniert. Dennoch lässt es sich sehr gut und flüssig lesen.

FAZIT

Eine wirklich schöne und stimmige Fortsetzung der Zeitreisegeschichte mit teilweise kriminalistischen Zügen. Ich hätte mir mehr Details und manchmal auch mehr Tiefe gewünscht, was aber das Leseerlebnis nur ein wenig beeinflusst. Vor allem die Messages gefallen mir sehr die Tanja durch viele manchmal unauffälligen Kleinigkeiten einfließen lässt.