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Veröffentlicht am 08.08.2022

Ein Wohlfühlroman, der uns auf eine Reise gen Norden mitnimmt

Fast bis zum Nordkap
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Als ich „Fast bis zum Nordkap“ aufgeschlagen habe, wusste ich genau, was mich erwarten würde: Judith Pinnow würde mich in eine Welt entführen, die sehr reale Probleme und sehr reale Geschichten erzählt, ...

Als ich „Fast bis zum Nordkap“ aufgeschlagen habe, wusste ich genau, was mich erwarten würde: Judith Pinnow würde mich in eine Welt entführen, die sehr reale Probleme und sehr reale Geschichten erzählt, aber nie so dramatisch, so tragisch, so herzzerreißend, wie es in der Realität manchmal ist. Stattdessen gibt uns Pinnow Hoffnung, Romantik und den Glauben, dass wir unser Schicksal selbst in der Hand haben, wenn wir nur auf unser Herz hören.

Und genau das war es dann auch, was mich von der ersten bis zur letzten Seite begleitet hat. Der Schreibstil ist leicht, ich konnte schnell in der Geschichte versinken, und die Figuren sind allesamt liebenswert – mit einer einzigen Ausnahme, die nicht liebenswert sein soll. Jeder hat eindeutig eigene Handlungsmotivationen und Ziele und die Lebenswege kreuzen sich auf authentische Weise, verbinden sich und ergänzen sich. Die Romanze zwischen Bea und Per entwickelt sich ganz natürlich, sie sind in ihrer Gegensätzlichkeit angenehm kompatibel.

Ich weiß, dass man von einer richtig guten Geschichte erwartet, dass es einen zentralen Konflikt gibt, der nur schwer zu überwinden ist. Pinnow ist eine wundervolle Ausnahme zu dieser Regel: Es gibt einen Konflikt, aber er ist klein genug, dass man sich nie schlecht fühlt oder um die Protagonisten sorgt. Das ist die ganze Grundlage dieses Romans: Es ist eine Wohlfühlgeschichte, die zum träumen einlädt, aber dabei nie unrealistisch wird. Die Emotionen gehen nicht durch extreme Höhen und Tiefen, sondern bauen sich Stück für Stück auf, warm, einladend, beruhigend.

Das ist nicht für jeden das richtige, aber für mich war es genau das, was ich in diesem Buch gesucht habe. Die Charaktere und der Plot sind kunstvoll entwickelt und jeder einzelne Schritt entlang des Weges hat mich gefreut. Für mich ist dieses Buch eines, an dem ich rundum nichts auszusetzen finden kann.


Fazit

Der Liebesroman „Fast bis zum Nordkap“ von Judith Pinnow ist eine weiterer wundervolle Geschichte über die Liebe, Träume und Selbstverwirklichung. Die Protagonisten Bea und Per sind liebenswerte Charaktere und jede Nebenfigur reichert die Geschichte mit Charme und Einzigartigkeit an. Dieser Wohlfühlroman beruhigt die Seele und besticht gerade durch seinen leichten Schreibstil und den Fokus auf die sich entwickelnde Liebe. Wer ein Buch sucht, in dem man versinken kann und sich von Anfang bis Ende entspannt fühlt, ist hier genau richtig.

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Veröffentlicht am 30.07.2022

Schwächer als Band 1

Ein Präsident verschwindet
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Nachdem mir „Die Akte Adenauer“ so gut gefallen hatte, musste ich natürlich auch den Nachfolger über Philipp Gerber lesen, „Ein Präsident verschwindet“. Wieder geht es um reale Geschehnisse, die in einen ...

Nachdem mir „Die Akte Adenauer“ so gut gefallen hatte, musste ich natürlich auch den Nachfolger über Philipp Gerber lesen, „Ein Präsident verschwindet“. Wieder geht es um reale Geschehnisse, die in einen fiktiven Thriller verwoben werden, und wieder war der historische Teil sehr stark. Leider konnte mich der zweite Band aber nicht mehr ganz so begeistern wie der erste.


Geschichtsstunde mit farbenfrohen Figuren

Anders als der erste Band spielt sich in diesem Buch ein Großteil der Geschichte in Berlin ab – sowohl in West- als auch in Ostberlin. Damit ist der Hintergrund schon ein anderer und von Beginn an viel brisanter. Obwohl in den 50er Jahren die allgemeine Bevölkerung wohl noch nicht ahnen konnte, wie sich die Trennung Deutschlands in der Zukunft noch gestalten würde, ist die Anspannung auf jeder Seite mit den Händen zu greifen. Gerber ist dieses Mal auch noch mehr persönlich verwickelt in den Fall, und einige Figuren, die man schon vom ersten Teil kennt, treten auch wieder auf.

Die erste Hälfte des Buches ist stark und wird vor allem dadurch getragen, dass die internen politischen Intrigen zwischen den verschiedenen westdeutschen Organisationen, die den Fall aufklären wollen, durch menschliche Zwiste zu einem Pulverfass werden. Auch wenn Eva Herden im Mittelpunkt des Konflikts zu stehen scheint, hat sie kaum Auftritte, und in meinen Augen macht es den Plot stärker. Das Rätseln über ihre Handlungsmotivation auf der Seite von Gerber im Kontrast zu den offensichtlichen Verdächtigungen seiner Gegenspieler gibt dem historischen Konflikt eine mitreißende, persönliche Note.


Eine schwache zweite Hälfte

Umso enttäuschter war ich, als Eva schließlich selbst auftreten, denken, sprechen und handeln durfte. Hier wurde schnell klar, dass sie erneut praktisch keine agency hat. Interessanterweise hat das in diesem Buch auch Auswirkungen auf Gerber selbst. Obwohl er ein hochintelligenter und durchaus kampferprobter BKA-Ermittler ist, verliert er sich ebenso im Plot wie Eva. Immer wieder hatte ich das Gefühl, dass die Handlungsfreiheit aller Figuren eingeschränkt wurde, um die historischen Umstände darzustellen. Nicht die Motive von Gerber geben dem Plot Richtung, sondern äußere Umstände und weit entfernte Randfiguren.

Verstärkt wird dieser Eindruck noch dadurch, dass einige dieser Randfiguren – und auch Eva selbst – zwischendrin die Chance bekommen, über ihr eigenes Leben oder ihre Motive zu sprechen. Jedes Mal erscheint dies unnatürlich, ein langer Monolog über die Vergangenheit inmitten einer Szene, die eigentlich Tempo benötigt. Es wirkt ungelenk, als wollte man die ausgearbeitete Biografie der Figuren im historischen Setting noch einmal schnell unterbringen. Entsprechend ist das Ende unbefriedigend, da einerseits immer wieder das Tempo verloren gegangen ist, andererseits und viel schwerwiegender jedoch der Beitrag der Protagonisten zu gering erscheint.


Fazit

Der historische Thriller „Ein Präsident verschwindet“ fängt wie der erste Band stark an, verliert dann aber Richtung und Tempo. Obwohl Philipp Gerber als Ermittlerfigur nach wie vor spannend ist, gehen seine Beiträge zum Plot beinahe verloren vor dem historischen Hintergrund. Wo der erste Band noch wie ein Thriller, der zufällig zur deutschen Geschichte passt, gewirkt hat, nimmt der historische Kontext hier so viel Raum ein, dass die Geschichte selbst darunter leidet. Dennoch hat mir der zweite Band genug gefallen, um mich auf den dritten Teil, der 2023 erscheinen wird, freue.

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Veröffentlicht am 20.07.2022

Wundervoller Einblick in die Welt des Tees

Der Duft der Kirschblüten
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Wenn es eines gibt, womit man mich immer locken kann, dann ist es Japan und eine Geschichte, in der es um Tee geht. Verpackt als historischer Roman mit einem guten Schuss Romantik war dieses Buch entsprechend ...

Wenn es eines gibt, womit man mich immer locken kann, dann ist es Japan und eine Geschichte, in der es um Tee geht. Verpackt als historischer Roman mit einem guten Schuss Romantik war dieses Buch entsprechend für mich beinahe Pflichtlektüre.



Fokus auf Tee und der historischen Epoche

Das Buch eröffnet ohne Umschweife im Teegeschäft am Ende des 19. Jahrhunderts. Wir lernen eine Familie kennen, deren Mitglieder sich nahestehen, und die allesamt die Leidenschaft für das Geschäft teilen. Von der ersten Seite an konnte ich die Liebe der Autorin zum Tee spüren. Die einfühlsamen Beschreibungen des Geschäfts machten es zu einem Ort des Wohlfühlens und weckten Erinnerungen an den stets gleichen, wundervollen Geruch, den ein Teeladen mit sich bringt. Gleichzeitig ist die Geschichte sehr eindeutig im Jahr 1870 verankert. Nicht nur die Kleidung, sondern vor allem die gerade erst beginnende Modernisierung dank Elektrik und Industrialisierung werden immer wieder beiläufig erwähnt und erinnern uns daran, mit welchen Problemen unsere Protagonistin zu kämpfen hatte.

Dass in dieser Geschichte der grüne Tee als neu und fremdländisch angesehen und von vielen abgelehnt wird, war ein faszinierendes Detail. Japan hat sich im Zuge der Meiji-Restauration erst 1868 der Welt geöffnet, und so war es naheliegend, dass ein japanischer Teehändler in Europa zunächst auf Ablehnung stoßen würde. Die Autorin schafft es, dass dieser historische Prozess nicht nur als Hintergrundkulisse dient, sondern vielmehr für den Plot und die Entwicklung der Figuren wichtig wird. Alles ist verwoben mit dem Tee, der so viel mehr ist als nur Getränk. Der Schreibstil, der stets Ruhe ausstrahlt und zum Träumen einlädt, unterstreicht die Philosophie, die Akeno und Clara in einer Tasse Tee teilen.



Einige Nebenfiguren bleiben blass

Clara ist als Protagonistin von Beginn an greifbar. Fleißig und durchaus im traditionellen Sinne brav und auf Anstand bedacht, hat sie doch ihre Träume und Sehnsüchte nach der weiten Welt. Dass Akeno, der als deutschsprechender Japaner den Tee und viele Geschichten aus der Ferne mit sich bringt, ihre Aufmerksamkeit erweckt, ist natürlich und nachvollziehbar. Aber auch umgekehrt versteht man die Faszination – Clara ist authentisch interessiert am Tee und der Welt, nicht einfach nur geblendet von Exotik, sondern offen für alles, was Akeno als Person darstellt. Beide teilen einen ruhigen Geist, der doch immer nach neuem sucht. Diese beiden Figuren gehen mir nahe und haben mich sofort abgeholt.

Leider ist das nicht mit allen Charakteren so. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht aus dieser Zeit stamme, doch ich habe immer wieder in historischen Romanen damit zu kämpfen, dass ein Mann eine Frau heiraten will, nur weil er es schon immer so geplant hat – insbesondere, wenn die Frau weder Reichtum noch Stand mit sich bringt. In diesem Buch stellt das den zentralen Konflikt dar, und ich habe große Probleme damit, die Handlungsmotivationen zu verstehen. Der Charakter des Ehemanns bleibt blass, was insbesondere deswegen schade ist, weil andere Nebenfiguren durchaus Tiefe haben und nicht nur für den Plot existieren, sondern offensichtlich eigene Ziele haben.

Überrascht wurde ich am Ende davon, dass es noch einen weiteren Band geben wird. Auch wenn so das Ende nicht ganz ein Schlusspunkt ist, habe ich mich doch darüber gefreut – ich kann nächstes Jahr noch mehr Zeit mit den liebgewonnenen Charakteren verbringen.



Fazit

Der Roman „Der Duft der Kirschblüten“ von Rosalie Schmidt ist wie eine Tasse Macha: komplex, mit vielen verschiedenen Nuancen, und am besten in absoluter Ruhe und mit offenem Geist zu genießen. Die Geschichte lädt zum Träumen ein, macht Lust auf Japan, und ist gleichzeitig eine Liebeserklärung an die Liebe. Auch wenn nicht alle Figuren Tiefe erhalten, so nehmen Clara und später auch Akeno den Leser mit auf eine emotionale Reise, die von der ersten bis zur letzten Seite fesselt.

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Veröffentlicht am 12.06.2022

Spannender Anwaltskrimi mit Tempo-Problemen

Pirlo - Gegen alle Regeln
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Obwohl ich schon viele Krimis gelesen habe, war davon keiner bisher so, wie es Pirlo – Gegen alle Regeln vom Klappentext versprach. Ermittlungen tatsächlich aus der Sicht eines deutschen Strafverteidigers ...

Obwohl ich schon viele Krimis gelesen habe, war davon keiner bisher so, wie es Pirlo – Gegen alle Regeln vom Klappentext versprach. Ermittlungen tatsächlich aus der Sicht eines deutschen Strafverteidigers zu sehen, ist für mich eine erfrischende Abwechslung und somit musste ich zugreifen. Der sehr eigene Schreibstil, den man schon auf den ersten Seiten erkennt, hat sein Übriges getan, um mich für das Buch zu begeistern.


Authentische Ermittlungen eines Anwalts

Ich habe nicht Jura studiert und auch nie selbst einem deutschen Gerichtsprozess beigewohnt, entsprechend kann ich wenig dazu sagen, ob die Schilderungen im Buch tatsächlich realitätsnah sind. Die Art, wie die Arbeit des Anwalts vor Gericht, aber auch jenseits davon erzählt wird, erschien mir jedoch authentisch genug, um Pirlo nie in Frage zu stellen. Für mich war es spannend zu lesen, wie Pirlo einerseits zu den Umständen des Mordes eigene Ermittlungen anstellt, gleichzeitig aber auch vergangene Prozesse durcharbeitet, um Präzedenzfälle und Entscheidungen höherer Gerichte auf seinen Fall anwenden zu können. Obwohl das viel in Dialogen zwischen den beiden Protagonisten erzählt wird, bekam ich nie das Gefühl, dass hier plumpes Info-Dumping betrieben wird. Ich war zu jeder Sekunde gefesselt von dem, was die beiden gemeinsam recherchierten.

Besonders reizvoll war für mich, dass es nicht einfach nur um einen Mordfall geht, sondern auch Intrigen und Firmenpolitik eine Rolle spielen. Trotzdem bleibt die Geschichte stets in der Realität verankert, es gibt keine weltumspannende Verschwörung und die Protagonisten sind nie in echter Lebensgefahr. Gerade wenn es um die Machenschaften großer Firmen geht, scheint der Plot oftmals dahin abdriften zu wollen. Das ist hier nicht geschehen und hat mir umso mehr Freude bereitet.

Ebenfalls positiv aufgefallen ist mir, dass die weibliche Hauptfigur tatsächlich etwas zu tun bekommen hat, und tatsächlich eigenständig scheinen durfte. Bei einem harten Kerl wie Pirlo ist das nicht selbstverständlich, und ich freue mich, dass auch dieses Schlagloch erfolgreich vermieden wurde.


Die Sache mit dem Tempo

Ein Krimi ist in erster Linie dazu da, Spannung zu erzeugen und ein Rätsel Stück um Stück aufzuklären. Über weite Strecken gelingt das hier auch sehr gut – aber mit leider zu häufiger Regelmäßigkeit bin ich über einen Nebenschauplatz gestolpert, der alles Tempo zerstört hat. Bis zum Schluss habe ich gehofft, dass die Geschichte um Pirlos Privatleben noch echte Relevanz entwickelt, doch das ist nie wirklich geschehen. Gewiss, es bringt am Ende eine wertvolle Entdeckung, doch dafür hätte es ein deutlich kürzer gehaltener Nebenplot auch getan.

So wichtig Pirlos Privatleben auch ist, um ihm Charaktertiefe zu geben, so sehr hat mich gestört, wie oft wir damit Zeit verbringen mussten. In meinen Augen hätten es weniger Szenen, die dafür vielleicht länger sind, auch getan. Immer, wenn ich gerade wirklich richtig drin war in den Ermittlungen, kam ein Kapitel über Pirlo und seine anderen Probleme, und jedes Mal konnte ich nur mit den Augen rollen.


Fazit

Der Krimi „Pirlo – Gegen alle Regeln“ von Ingo Bott besticht mit einem solide konstruierten Mordfall, dessen Rätsel die beiden Protagonisten auf eine Art und Weise aufklären, die ebenso authentisch wie spannend ist. Mit farbenfrohen Protagonisten und hohem Einsatz nimmt dieses Buch uns gekonnt mit auf eine Reise durch deutsche Gerichtsprozesse. Einziger, leider bisweilen wirklich störender Makel ist das Privatleben von Pirlo, das zu oft Tempo und Spannung nimmt. Abgesehen davon lädt der Krimi dazu ein, mit einem Espresso im kühlen Schatten genossen zu werden. Ich freue mich auf den zweiten Band!

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Veröffentlicht am 04.06.2022

Packender Thriller mit schwachen Figuren

Die Gottesmaschine
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Der Klappentext dieses Buches hat mich an mein Lieblingsbuch, Der Name der Rose, erinnert und so musste ich zugreifen. Tatsächlich ist der Plot selbst auch ähnlich, wobei wir uns natürlich im 21. Jahrhundert ...

Der Klappentext dieses Buches hat mich an mein Lieblingsbuch, Der Name der Rose, erinnert und so musste ich zugreifen. Tatsächlich ist der Plot selbst auch ähnlich, wobei wir uns natürlich im 21. Jahrhundert befinden und somit bestimmte religiöse und philosophische Fragen in einem anderen Kontext stehen. Obwohl die Ähnlichkeit durchgehen vorhanden war, werde ich in dieser Rezension jedoch keinen Vergleich versuchen oder die Bewertung gar davon abhängig machen, wie gut oder schlecht der Vergleich ausfiele – das wäre mehr als unfair diesem Werk gegenüber.


Spannende Thriller-Elemente

Das Buch verspricht von Anfang an Spannung und liefert diese auch. Das Setting in einem abgelegenen Kloster, das dann auch noch jeden Kontakt zur Außenwelt aufgrund eines Sturms verliert, ist ideal für die stetig wachsende Angst der Protagonisten. Die Art, wie das Innere des Klosters beschrieben ist, liest sich klaustrophobisch. Auch wenn ich mir den Grundriss nicht immer vorstellen konnte, so leistet das Buch doch genügend Arbeit, um das uralte Kloster zum Leben zu erwecken und den Ort selbst beinahe als Bedrohung wirken zu lassen.

Obwohl immer wieder längere Gespräche um Philosophie, Religion, Mathematik und diverse benachbarte Wissenschaften stattfinden, verliert die Geschichte nie an Tempo. Im Gegenteil, diese Gespräche erlaubten es mir, durchzuatmen und mich zu erholen von dem beklommenen Gefühl, dass jederzeit etwas passieren könnte. Gleichzeitig waren sie auch genau ausführlich genug, um mir als Laie die grundlegenden Fragen nahezubringen und die versuchten Lösungen verständlich zu machen. Ich habe es geliebt, die Frage nach Gott auf mathematisch-logische Art und Weise präsentiert zu bekommen.


Mangelnde Charakterentwicklung

Auch wenn wir eine größere Anzahl an Personen begleiten, haben wir einen klaren Hauptcharakter sowie seine Partnerin, die uns durch die Geschichte führen. Obwohl beide direkt zu Beginn genügend Hintergrundgeschichte bekommen haben, um echte, lebende Menschen sein zu können, waren sie es doch am Ende, die mich gestört haben. Trotz des Hintergrundwissens konnte ich bis zum Schluss nicht sagen, welche Charaktereigenschaften sie eigentlich auszeichnen. Mir fehlte die tiefere Bindung zu allen Personen, auch zu den Protagonisten. So spannend ihre Gespräche auch waren, so flach blieben die Charaktere selbst.

Es war für mich von Anfang an klar, dass hier der Plot und die Frage nach Gott – sowie der Mordfall – im Mittelpunkt stehen würden. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass noch ein wenig mehr Tiefe für alle Personen, vor allem aber für die Protagonisten fühlbar gewesen wäre. Je näher ich mich den Charakteren fühle, umso stärker wirken Bedrohung und Mysterien.


Fazit

Der Thriller „Die Gottesmaschine“ von Reinhard Kleindl besticht durch einen gut recherchierten Plot, der an einem beklemmenden Ort stattfindet. Je länger man die Charaktere im Kloster begleitet, umso mehr kann man die unsichtbare Bedrohung förmlich spüren. Die Gespräche über Religion, Philosophie und andere Wissenschaften geben dem Mordfall Tiefe, während die Figuren selbst leider bis zum Schluss farblos bleiben. Wer noch etwas mehr über die Welt lernen will, während ein Mordfall geklärt wird, ist bei diesem Buch auf jeden Fall genau richtig.

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