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Veröffentlicht am 07.10.2020

Enttäuschender Abschluss einer genialen Reihe

Beta Hearts
1

„Beta Hearts“ beginnt genau da, wo „Cyber Trips“ aufgehört hat. Marshall versucht die restliche Menschheit an einen sicheren Ort zu bringen und für einen erneuten Gegenschlag gegen KAMI zu bündeln. Außerdem ...

„Beta Hearts“ beginnt genau da, wo „Cyber Trips“ aufgehört hat. Marshall versucht die restliche Menschheit an einen sicheren Ort zu bringen und für einen erneuten Gegenschlag gegen KAMI zu bündeln. Außerdem stellt sich die Frage, was nun mit unseren geliebten Protagonisten ist, z. B. ob Okijen überleben wird.

Allerdings ist die erste Hälfte des Buches zunächst träge und wird langsamer erzählt, als die beiden vorherigen Bände. Trotzdem ist es kurzweilig zu lesen, weil man als Leser nach jedem Umblättern hofft, endlich die ersehnten Antworten zu erhalten. Und später findet die Geschichte auch zu der gewohnten rasanten Achterbahnfahrt der Gefühle und Ereignisse zurück. Figuren überraschen, positiv wie negativ, es wird viel Interessantes über die Vergangenheit erzählt, als die gegenwärtige Regierung gebildet wurde und KAMIs Gedanken sind wieder sehr philosophisch und regen zum Nachdenken an. Ich liebe ihre Kapitel und sie/es ist der beste Bösewicht in Geschichten überhaupt.

>> Dieser Plant ist ein Wunder. Eine Millisekunde auf der Uhr des Alls. [...] Dass ihr hier seid, ist der wunderbarste Zufall, den man sich vorstellen kann. Ein Wunder von so astronomischer Unwahrscheinlichkeit. Und ihr schätzt es einfach nicht. Ihr seid so oft traurig und frustriert und voller Neid und Hass.<<, KAMI, S. 185f

Was mich an dem Abschlussband wirklich enttäuscht hat, waren die fehlenden Antworten auf gewisse Dinge, die sogar wichtig für die Handlung sind. Was ist in der Vergangenheit gewisser Protagonisten passiert? Was ist der Grund für bestimmte Begebenheiten? Ich hab noch nie offene Buchenden gemocht und mir schleicht sich der fade Beigeschmack ein, dass Marie Grasshoff selbst keine gute Begründung gefunden hat und deshalb den Leser bis zum Schluss im Unklaren lies. Die Auflösung des Konflikts von KAMI gegen die Menschheit hingegen fand ich gut. Die Lage war so festgefahren, dass ich mit Bangen an das Ende des Krieges dachte, doch er war wirklich passend. Ich mag auch die Botschaft, die dahinter mitschwingt.


Fazit:
„Neon Birds“ ist eine wirklich tolle Reihe mit einer großartigen Idee und spannender Erzählung, die jedoch nicht bis zum Ende durchdacht ist. Die Spannung in "Beta Hearts" resultiert unter anderem durch die vielen offenen Fragen, die leider nicht alle beantwortet wurden. Nichtsdestotrotz ist der Abschluss des Kampfes zwischen KAMI und der Menschheit zufriedenstellend gelöst worden und die Reihe sehr lesenswert.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.07.2020

Traurig und wunderschön zugleich

Jeden Tag ein neuer Himmel
1

Charlottes kleine Tochter Daisy ist nach einem längeren Leidensweg vor fast einem Jahr gestorben. Um vom bevorstehenden Todestag abgelenkt zu werden und wieder Struktur in ihr Leben zu bekommen, fängt ...

Charlottes kleine Tochter Daisy ist nach einem längeren Leidensweg vor fast einem Jahr gestorben. Um vom bevorstehenden Todestag abgelenkt zu werden und wieder Struktur in ihr Leben zu bekommen, fängt Charlotte wieder an in einem Kinderhospiz zu arbeiten. Eines Tages auf ihrem Heimweg, hört sie den Straßenmusiker Sam ein Lied namens „Daisy“ singen und fängt auf der Straße an zu weinen. Berührt und inspiriert davon versucht Sam Kontakt zu Charlotte aufzunehmen, die sich zunächst aber gar nicht öffnen möchte. Sam ist ein herzensguter Mensch und Musiker mit Leib und Seele, auch wenn er momentan gar nicht davon leben kann. Er lässt sich einfach nicht beirren und hält an seinem Traum fest, was mir sehr gefallen hat. Auch weil er sehr einfühlsam ist, hat er sich immer mehr in mein Herz geschlichen und ist der perfekte Bookboyfriend (Ich möchte auch einen Sam in meinem Leben!).

Ich mag dieses Buch so sehr, weil die Geschichte einfach nur schön ist! Beide Protagonisten sind absolute Sympathieträger und haben auch einen sehr angenehmen Charakter. Obwohl es in Charlottes Kapiteln überwiegend um Tod und Trauer geht, vermittelt dieses Buch doch sehr viel Liebe und ein geborgenes Gefühl. Hamish z. B., Charlottes Patient, ist eine sehr fröhliche Natur und nimmt seinen herannahenden Tod mit Humor. Charlotte ist zwar oft sehr traurig, weil ihre Tochter gestorben ist, aber andererseits spürt man gleichzeitig wie sehr sie ihr Mädchen geliebt hat. Ich konnte mich beim Lesen einfach nur fallen lassen und Gefühle zulassen, anstatt mir über Begebenheiten oder Charaktere Gedanken zu machen.

》 Wo Schatten lauern, muss es irgendwo Licht geben, um diese zu werfen. 《 S. 104f

Und was ist so eine Geschichte ohne Tränen des Lesers? Ich hatte an gewissen Stellen öfters Tränen in den Augen. Der Schreibstil ist absolut feinfühlig und berührt das Herz. Violet Thomas hat schon einige Fantasybücher geschrieben, aber das vorliegende, für sie noch neue Genre beherrscht sie bereits perfekt. Ich habe so viele Lieblingsstellen, weil jede einzelne so schön und besonders ist, wodurch sie mir ein verträumtes Lächeln auf die Lippen gezaubert haben.


Fazit:
„Jeden Tag ein neuer Himmel“ erzählt sehr feinfühlig über eine trauernde Mutter und einen leidenschaftlichen Straßenmusiker. Trotz enthaltener Trauer vermittelt diese Geschichte sehr viel Liebe. Definitiv ein Jahreshighlight!

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 20.10.2019

Die Bücherstadt und Fabelwesen gehören auf die große Leinwand

Die Bibliothek der flüsternden Schatten - Bücherkrieg
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Nusar, Kani und Sam konnten nach der Rettung unzähliger Fabelwesen mit ihnen flüchten. Doch der Konflikt mit der Wüstenhexe Layl ist noch nicht ausgestanden, denn sie möchte mit allen Mitteln ihren König ...

Nusar, Kani und Sam konnten nach der Rettung unzähliger Fabelwesen mit ihnen flüchten. Doch der Konflikt mit der Wüstenhexe Layl ist noch nicht ausgestanden, denn sie möchte mit allen Mitteln ihren König der Nacht, Nusar, zurückhaben. Somit beginnt das Buch wieder sehr spannend und fesselt den Leser, auch wenn die Geschichte sich nach einiger Zeit etwas im Kreis gedreht hat. Aber dann spitzt sich das Geschehen wieder zu und überschlägt sich fast am Ende, weil der Autor die Leser mit einem kleinen Geniestreich schocken kann. Das Buch ist ein würdiger Abschluss der Trilogie und lässt den Leser mit einem passenden Ende zurück.

"[Sam] blickte auf Regale. Sie waren überall. Hunderte Bücher. Für einen Moment zögerte er, über die Türschwelle zu treten. Paramythia war ein Ort, der ihm einen seltsamen Frieden schenkte. Als könnten die Worte in den Büchern sein wild schlagendes Herz ein ums andere Mal beruhigen. Doch hier lauerte auch stets der Tod." S. 153

Der Autor hat nicht nur überaus fantasievolle Ideen, auch die Beschreibung derer ist sehr wortgewaltig. Akram El-Bahay hat einen poetischen und sehr intensiven Schreibstil. Das orientalische Setting steigt direkt vor meinem geistigen Auge auf. Genauso wie Sam bin ich jedes Mal von den gewaltigen Gassen voller Bücherregale oder den außergewöhnlichen Fabelwesen fasziniert. Deshalb würde ich die Geschichte so gerne auf der großen Leinwand sehen.

Die Geschichte rund um die Bücherstadt Paramythia ist irgendwann mehr als nur der Krieg zwischen Layl und Nusar. Es ist das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse, Liebe und die Balance in der Welt. Direkt und indirekt werden diese Themen aufgegriffen und miteinander versponnen. Beim Lesen des dritten Bandes habe ich bemerkt, wie viel wahre und tiefgreifende Worte in Akram El-Bahays Fantasywelt steckt.

„Liebe. Oder Rache. Das eine reimt sich allzu schnell auf das andere, wenn Herzen enttäuscht werden.“ Sam, S. 30

Fazit:
„Der Bücherkrieg“ war wieder durchweg spannend und ein würdiger Abschluss der orientalisch angehauchten Reihe. Akram El-Bahay überzeugt wieder mit seinem wortgewandten und fesselnden Schreibstil und den beeindruckenden Geschehnissen.

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  • Geschichte
  • Fantasie
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  • Figuren
Veröffentlicht am 17.04.2024

Gelungene historische Fortsetzung

Das Opernhaus: Rot das Feuer
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Das Buch setzt einige Jahre später an den ersten Teil an: Elise ist nun mit Adam Jacobi verheiratet, die die kleine Netty adoptiert haben. Elise erfreut sich an ihrem kleinen Wildfang und den Konzerten ...

Das Buch setzt einige Jahre später an den ersten Teil an: Elise ist nun mit Adam Jacobi verheiratet, die die kleine Netty adoptiert haben. Elise erfreut sich an ihrem kleinen Wildfang und den Konzerten auf ihrer Violine. Sie hat sich ein gutes Leben mit Adam aufgebaut, dessen Risse jedoch immer größer werden, als sie ihre alte Liebe Christian wiedertrifft und bemerkt, dass ihr Herz immer noch für den Kulissenmaler der Oper schlägt. Dieser geht immer öfter mit seinen Freunden auf politische Treffen, denn die Bevölkerung will ihre versprochenen liberalen Rechte.

Da Elise die Protagonistin ist, soll die Sympathie vermutlich auf ihrer Seite stehen, aber ich mochte die Eheleute Jacobi gleichermaßen. Es wird richtig anschaulich dargestellt, wie die beiden zwar eine gute, aber doch sehr distanzierte Ehe führen. Adam ist konservativ, streng und schaut auf ihren guten Ruf, während er trotzdem seine junge Ehefrau glücklich machen will. Elise ist distanziert und erfreut sich vielmehr an der Musik und ihrer wilden kleinen Tochter. Die späteren Entwicklungen ihrer Familie haben mich überrascht und teilweise auch schockiert.

Anne Stern schreibt unglaublich gute Bücher! „Rot das Feuer“ habe ich innerhalb weniger Tage weggelesen. Ich kann gar nicht genau sagen, was ihre Geschichten so besonders macht. Ist ihr Schreibstil ausgesprochen spannend, bildhaft oder nah am Buchcharakter? Auf jeden Fall ist Anne Sterns Erzählstil sehr flüssig und leicht zu lesen, wodurch man das Buch einfach nur genießen kann. Außerdem verwebt die Autorin die fiktiven Charaktere gekonnt mit historischen Begebenheiten und Persönlichkeiten, wodurch ich sehr gespannt über die Dresdner Mairevolution gelesen habe. Eigentlich kein Thema, das mich ansprechen würde, aber Anne Stern verpackt Historisches so gut, dass ich diese Aspekte deutscher Geschichte gerne folge.


Fazit:
„Rot das Feuer“ ist ein weiterer spannender und mitreißender Band über Elise, ihre Familie und die Begebenheiten rund um die Dresdner Semper-Oper. Anne Stern schreibt so großartige Bücher, dass ich dieses innerhalb kürzester Zeit beendet und sehr viel Spaß dabei hatte. Fiktion und deutsche Geschichte habe ich hier gleichermaßen gern verfolgt.

Veröffentlicht am 17.04.2024

Poetisch, wortreich, metaphorisch

i fell in love with hope
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Sam, Neo, Sony und C haben sich im Krankenhaus gefunden und versuchen gemeinsam ihren Krankheiten zu trotzen. Diese haben der Freundesgruppe viel genommen, weshalb sie nun einen Plan geschmiedet haben, ...

Sam, Neo, Sony und C haben sich im Krankenhaus gefunden und versuchen gemeinsam ihren Krankheiten zu trotzen. Diese haben der Freundesgruppe viel genommen, weshalb sie nun einen Plan geschmiedet haben, gemeinsam Dinge und Momente „zurückzustehlen“. Als Hikari zu ihnen stößt, sieht Sam die Sonne in ihren Augen, genauso wie damals bei ihrer ersten Liebe. Sam ist die Erzählfigur der Geschichte und beschreibt nicht nur die Abenteuer der fünf in der Gegenwart, sondern schildert auch in der Vergangenheit ihre erste große Liebe und wie sich die Jugendlichen kennengelernt haben.

Gefallen hat mir sehr, dass das Augenmerk eher auf Freundschaft und die Charaktere als die verschiedenen Krankheiten liegt. Natürlich bekommt man hier auch oft Leid mit, das einen berührt, aber vielmehr konnte ich die Abenteuer und Zuneigung der fünf Freunde genießen. Zeitweise habe ich sogar vergessen, welche Krankheit welcher Charakter hat, weil es einfach egal war und nur um die einzelnen Jugendlichen geht. Mich hat der Klappentext zunächst an „Club der roten Bänder“ erinnert, aber eben weil die Behandlungen und Krankheiten in den Hintergrund rücken, ist es kaum vergleichbar, weil diese Geschichte viel wortreicher, intensiver und irgendwie magischer ist.

"Sony findet wieder Freude. Sie sucht sie nicht. Sie wartet in unvollendeten Puzzles und Abenteuern, die sie noch haben wird.", S. 102

Der Schreibstil der Autorin ist sehr besonders, vor allem poetisch, bildhaft und verspielt. Man muss manchmal konzentrierter lesen, damit man versteht, was mit den Metaphern gemeint ist. Das macht das Lesen nicht weniger schön, aber man benötig mehr Zeit und Ruhe. Ich wünschte, ich hätte das Buch zeitnaher lesen können, sodass die Geschichte und Worte intensiver geblieben wären.

Das Buch wird beim Lesen immer tiefgründiger und die Charaktere tiefer und greifbarer, da man durch Rückblicke immer mehr über sie erfährt. Es ist, als würde man ins Meer tauchen, wo noch so vieles unbekannt ist, und Stück für Stück entdecken, während jeder Wassertropfen voller Freundschaft und Liebe der fünf Jugendlichen ist, bis man am Ende Hoffnung am Grund findet. Denn ich hab auf den letzten Seiten einige Tränen in den Augen gehabt, weil es wieder mehr um die Krankheiten geht und emotional wird. Vor allem Sams Geschichte ist berührend, da sie als Erzählerin oft nur von ihren Freund/innen schildert, bis man auch endlich mehr über sie selbst erfährt.

"Der Ort hier – genau die Stelle, an der sich Land und Meer treffen – ist, wo die Welt geboren wurde. Es ist der Ort, an dem Zeit endet, Krankheit schwärt und Tod stirbt. [...] An diesem Ort hier nimmt uns die Freiheit an der Hand, und wir tanzen zu ihrem Rhythmus im körnigen, kühlen Sand und den wilden, uns begrüßenden Wellen.", S. 270f


Fazit:
„I fell in love with Hope“ ist eine berührende Geschichte mit einem wortreichen und verspielten Schreibstil und tief ausgearbeiteten Charakteren. Es geht um vielmehr als Krankheiten, nämlich um die Freundschaft und Liebe der Jugendlichen. Das Cover spiegelt dies sehr gut wieder, die Skeletthand mag abstoßend anmuten, aber die Blumen geben ihr Eleganz und Schönheit: Ein harter, schmerzhafter Roman mit vielen schönen Worten und Momenten.

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