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Veröffentlicht am 16.10.2023

Wo ist das Besondere?

Das Glück der Geschichtensammlerin
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Janice ist Putzfrau und deshalb für manche Menschen das unterste Glied in der Kette, für andere ein Kummerkasten oder sogar Freundin. Und so sammelt sie während all der vielen Jahre ihrer Tätigkeit die ...

Janice ist Putzfrau und deshalb für manche Menschen das unterste Glied in der Kette, für andere ein Kummerkasten oder sogar Freundin. Und so sammelt sie während all der vielen Jahre ihrer Tätigkeit die Geschichte der unterschiedlichsten Menschen. Das Buch setzt an, als sie beginnt für die 92-jährige Mrs B zu putzen. Herrisch und intelligent erzählt hingegen sie Janice eine Geschichte, die sich über das gesamte Buch erstreckt, bis Janices eigene Geschichte ans Licht kommt. Währenddessen lernt sie auch den Busfahrer Euan kennen, der ihr vier Geschichten seines Lebens erzählt.

In diesem Buch geht es viel um Geschichten, um Lebensgeschichten unterschiedlichster Menschen, die das Leben der Protagonistin nur gestreift haben, aber hier durch Erzählungen auftauchen. Viele sind herzlich oder gar berührend, aber mit der Zeit werden sie zu knapp hingeworfen, weil sie eben große Gefühle bewirken, dir wir Leser/innen gar nicht fühlen dürfen, weil die jeweilige Geschichte schon auserzählt ist. Insbesondere zum Ende hin nimmt das Buch eine tiefgründigere und trocknere Atmosphäre ein, wo kein Platz mehr für angedeutetes bleibt. Mrs B Geschichte ist nicht langweilig, aber ich habe mich mit jeder Seite gefragt, was an ihrer Geschichte, die nicht mal ihre eigene ist, so besonders sein soll. Auch wenn diese Erzählung etwas Geduld erfordert, wird der Grund am Ende deutlich.

Der Schreibstil ist angenehm trägt durch die Geschichte. Die Autorin bringt uns Janice und die anderen Protagonisten nahe, ist aber nie zu intensiv oder emotional, anfangs oft auch noch amüsant. Besonders der Hund Decius und seine Bemerkungen sind ein sehr schönes Detail des Buches.

Als Janice zum Schluss endlich ihre eigene Geschichte erzählt, war es eine Überraschung und hat ebenfalls Emotionen bei mir hervorgerufen. Denn sie hat früher noch so viel mehr erlebt, als uns das jetzige Abbild ihres Lebens verrät. Sie ist nicht nur Putzfrau und mit einem nervigen Mann verheiratet – sie ist mehr. Apropos nerviger Mann: Sein Verhalten bezüglich seines Berufs und ihrer Ehe wurde von Anfang an immer wieder aufgegriffen, was mich mit der Zeit sehr gestört hat, da es einfach unglaublich nervig und teilweise bedrückend ist, so nervig! Doch so einzigartig Janices Geschichte, so wie jede fiktive im Buch und jede einzelne von uns realen Menschen, auch ist, so wenig besonders empfand ich nach den vielen anderen Schicksalen das von Janice.


Fazit:
„Das Glück der Geschichtensammlerin“ erzählt so viele unterschiedliche, oft zu kurz angerissene Geschichten. Das Buch punktet definitiv mit den besonderen Charakteren auf die Janice trifft, insbesondere der Hund Decius ist eine lustige Konstante. Manchmal ist die Geschichte aber auch nervig (Janices Mann) oder düster (durch einzelne Lebensgeschichten). „Das Glück der Geschichtensammlerin“ ist eine berührende und tragische Geschichte über so viele Lebensgeschichten, die jemanden von uns gehören könnte.

  • Einzelne Kategorien
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.10.2023

Gelungene Fortsetzung für die gruselige Herbstzeit

Der Totengräber und der Mord in der Krypta (Die Totengräber-Serie 3)
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Unter dem Wiener Stephansdom werden Führungen in die Krypta angeboten, wo sich noch viele alte Schädel und Skelette stapeln. Bei einer solchen Führung wird der Gruselfaktor noch erhöht, denn die Schaulustigen ...

Unter dem Wiener Stephansdom werden Führungen in die Krypta angeboten, wo sich noch viele alte Schädel und Skelette stapeln. Bei einer solchen Führung wird der Gruselfaktor noch erhöht, denn die Schaulustigen entdecken eine frische Leiche: Ein Arzt, der einige beliebten spiritistische Sitzungen hat auffliegen lassen. Als Julia, die Tatortfotografin, ihre Bilder entwickelt, entdeckt sie darauf ein Gespenst. Hat sich etwa ein Geist an dem Arzt gerächt? Während Leo sich auf die Suche nach einem lebenden Mörder macht, stoßen der Totengräber Augustin und seine Tochter Anna auf den Nachtkrapp, der Kinder aus dem Kinderheim stehlen soll. Sagengestalten und Geister – was steckt dahinter?

Wie immer schafft Oliver Pötzsch einen spannenden Krimi rund um den Inspektor Leopold und dem Totengräber Augustin. Fesselnd werden die zwei Fälle aufgewickelt und immer detailreicher und aufregender dargestellt. Indizien vermischen sich und die Spannung spitzt sich zu, bis Leo am Ende den oder die Täter überführt, was ich vorher kein bisschen habe kommen sehen. Zwischendurch fragt man sich, ob nicht wirklich ein Geist seine gestaltlosen Finger im Spiel haben könnte. Neben den Geisterfotografien dürfen wir Leser/innen einer Geisterbeschwörung beiwohnen und auch die alte Wissenschaft, dass man anhand der Schädelform Charaktereigenschaften, gar das Böse erkennen könnte, spielt eine Rolle und geben den kriminalistischen Fällen einen leicht unheimlichen Flair.

Ebenfalls wie gewohnt bilden Wien und die damalige Zeit eine faszinierende Rahmenhandlung für den Krimi, weil man den Charakteren auf der im Buch abgedruckten Straßenkarte Wiens folgen kann und sogar als Hochdeutsch sprechende/r Leser/innen ein Glossar mit einigen Begriffen des typischen Dialekts erhält. Außerdem sind auch wieder einige Auszüge aus Augustins neuem Buch enthalten, diesmal schreibt er über „Spuk und Geisterscheinungen“, von denen er als Totengräber womöglich mehr Erfahrung hat als die Geisterbeschwörer. Das Privatleben der Buchfiguren füllt die Geschichte auf, wodurch man ihnen sehr nahe kommt. Sogar Leos Mutter kommt ihn schließlich besuchen und auch ein Herr namens Arthur Conan Doyle verweilt während der Geisterscheinungen in Wien. Leos und Julias Beziehung hat mich zeitweise etwas genervt, weil ich immer mehr davon überzeugt bin, dass die beiden nicht zusammen passen und Julia auch manchmal gegensätzliches gedacht hat, als im zweiten Teil dieser wunderbaren Reihe. Aber am spannenden Ende war ich wieder mit Julia versöhnt und ihrer beider Beziehung zufrieden.


Fazit:
„Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist wieder ein sehr spannender Krimi mit mehreren faszinierenden Fällen, die der Inspektor Leo und Totengräber Augustin auf der Spur sind. Gespickt mit Geisterscheinungen, Spiritismus und Séancen ist dem Autor wieder ein schöner cosy crimi gelungen, der perfekt in die spukvolle Herbstzeit passt. Ich freu mich nun riesig auf den nächsten Fall und kann es kaum erwarten gemeinsam mit dem Totengräber Augustin in neuen Fällen nach aufregenden Hinweisen zu graben.

Veröffentlicht am 23.09.2023

Amüsant, spannend und herzlich

Das Mädchen und der Totengräber (Die Totengräber-Serie 2)
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Die Tatortfotografin Julia befindet sich gleich zu Beginn damit konfrontiert einen jungen Mann, der grausam entstellt und erstochen wurde, bildlich festzuhalten. Das wird leider kein Einzelfall bleiben ...

Die Tatortfotografin Julia befindet sich gleich zu Beginn damit konfrontiert einen jungen Mann, der grausam entstellt und erstochen wurde, bildlich festzuhalten. Das wird leider kein Einzelfall bleiben und zieht noch mehrere solcher Leichenfunde nach sich. Zu fast der gleichen Zeit ist Inspektor Leopold und Julias Freund bei einem eher kuriosen Leichenfund: Eine Mumie, nach ägyptischen Vorbild konserviert und im Sarkophag gelegt, doch diese ist nicht Jahrtausende alt, sondern handelt sich um den kürzlich verschwundenen Professor der Ägyptologie. Der Totengräber Augustin steht Leo mit Rat zur Seite und versichert, dass es sich um Mord handeln muss. Und als wäre das nicht genug, wird noch ein Wärter im Tiergarten von einem Löwen tödlich angegriffen, doch in diesem Fall vermutet Julia, dass mehr dahinter steckt…

Das Buch startet mit einem Auszug aus Augustin Rothmayers neuem Buch „Totenkulte der Völker“, das perfekt zu dem Mumienfund passt und, wie aus dem ersten Teil gewohnt, auch oft zu Beginn einiger Kapitel zitiert wird. Wieder ein toller Zusatz für die Geschichte, weil Augustins Recherche total interessant ist. Danach gibt es den spannenden und faszinierenden Prolog, der einige Jahre vor der eigentlichen Geschichte in Ägypten spielt, was die Thematik rund um die Ägyptologie, Mumien und Grabschätze perfekt einleitet.

Neben den spannenden Fällen, die nur langsam ein stimmiges Bild ergeben und ich bei dem einen Fall bis zum Schluss nichts erahnen konnte, begleiten wir die Protagonisten auch während ihres Privatlebens. Julias und Leos Beziehung wird auf die Probe gestellt, während Augustin äußerlich abschreckend wirken mag, aber doch das Herz am rechten Fleck hat und dem Waisenmädchen Anna helfen will. Den Totengräber Augustin mag ich richtig gerne und hab jedes Mal geschmunzelt, wenn Leo sich ein bisschen über ihn geärgert oder seine Erscheinung begutachtet hat. Und dies alles findet in großartiger Kulisse des vergangenen Wiens statt. Auf dem weitläufigen Wiener Zentralfriedhof, in den Pferdetramways, die auf den Straßen verkehren, Abendlokalen oder dem interessanten Kunsthistorischen Museum. Auch der Wiener Dialekt findet in den Worten einiger Wiener Charaktere Platz und rundet die Geschichte perfekt ab.


Fazit:
„Das Mädchen und der Totengräber“ beinhaltet faszinierende und zugleich abstoßende Fälle, die sehr spannend aufgebaut sind. Und den liebenswertesten Totengräber, den es gibt, und viele andere Charaktere, denen ich gern gefolgt bin. Der zweite Teil rund um den Totengräber und dem Inspektor hat mich berührt, sowie staunen und schmunzeln lassen.

Veröffentlicht am 18.09.2023

Bester Teil der Reihe!

Fräulein vom Amt – Spiel auf Leben und Tod
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Während sich ganz Baden-Baden durch das stattfindende Internationale Schach-Turnier im Schachfieber befindet, bittet eine Kollegin von Alma sie den Tod ihrer Cousine aufzuklären. Gertrude soll bewusst ...

Während sich ganz Baden-Baden durch das stattfindende Internationale Schach-Turnier im Schachfieber befindet, bittet eine Kollegin von Alma sie den Tod ihrer Cousine aufzuklären. Gertrude soll bewusst oder unabsichtlich durch eigene Hand in einer großen Waschtrommel gestorben sein, doch Almas Kollegin bezweifelt dies und Alma stimmt dem nach ersten Recherchen zu. Also begibt sie sich auf die Suche nach einem Motiv und funkt einer weiblichen Diebesbande dazwischen. Steht beides etwa in Zusammenhang?

Einiges was ich im zweiten Teil der Reihe bemängelt habe, ist hier aber gut gemacht, was mich wirklich gefreut hat. Der Fall zieht sich neben den privaten Begebenheiten von Alma und ihrer besten Freundin Emmi kontinuierlich durch die Geschichte. Obwohl Alma sich mehrmals in Gefahr begibt und sogar körperlich bedroht wird, zieht sie auch ihren Freund und Kriminalkommissar Ludwig mit ein. Alma ist gerissen und hat manches Mal wieder sprunghafte Ideen zur Lösung des Mordfalls, die ich jedoch immer nachvollziehen konnte.

Privat und im Setting der 1920er und Baden-Baden wird von dem Autorinnenpaar auch wieder einiges geschickt eingebaut. Durch Almas Vater wird unter anderem der technische Fortschritt eingebunden und auch die damaligen Film-Stars, Literatur und Musik findet in Gesprächen oder Tanzabenden Platz. Vor allem all die Kleinigkeiten der damaligen Zeit haben mir sehr gefallen, z. B. das Spiel Tipp-Kick (ähnlich wie Kicker), die Bildung einer Gartenstadt oder die Nutzung der Elektrizität. Auch politisch und gesellschaftlich wird der Zeitgeist aufgegriffen. Insbesondere Almas Zerrissenheit zwischen ihrer beruflichen Freiheit und den ernsten Gefühlen zu Ludwig ist sehr gut dargestellt und immer wieder Thema. Alma ist gefangen in den Zwängen und Erwartungen ihrer Zeit und auch Emmie findet in ihrem Liebesleben nicht mehr immer Erfüllung.


Fazit:
„Spiel auf Leben und Tod“ ist meiner Meinung nach der beste bisherige Teil der Reihe rund um das ermittelnde Fräulein vom Amt. Der Fall ist kontinuierlich und verständlich aufgebaut und auch der Lokalkolorit und die vielen großen und vor allem kleinen Dinge der damaligen Zeit werden immer wieder ins Geschehen eingebaut. Ein schöner und spannender historischer Krimi, der mir Spaß bereitet hat.

Veröffentlicht am 18.09.2023

Lesenswerte Biografie über drei beeindruckende Frauen

Marie Curie und ihre Töchter
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Über Marie Curie habe ich schon vor einigen Jahren eine Biografie gelesen und bin seitdem von ihr beeindruckt. Dass ihre Töchter ebenfalls eine große Wissenschaftlerin und Diplomatin waren, wusste ich ...

Über Marie Curie habe ich schon vor einigen Jahren eine Biografie gelesen und bin seitdem von ihr beeindruckt. Dass ihre Töchter ebenfalls eine große Wissenschaftlerin und Diplomatin waren, wusste ich allerdings nicht und war deshalb sehr gespannt darauf, mehr über Marie als Mutter und den Lebensweg ihrer Kinder zu erfahren. Wir begleiten die jugendliche Marie und ihre Töchter bis an deren Lebensende. Ihre Leben sind geprägt von Wissenschaft, Politik, Familie, Feminismus und Kampfgeist.

Die Geschichte wird mittels der auktorialen Erzählweise geschildert, denn die Autorin berichtet oft im Stile von „was sie da noch nicht weiß“ und erzählt beispielsweise, was die Bekanntschaften der drei Curie-Frauen später bedeutendes erleben oder tun. Somit ergibt sich ein umfassendes Bild, mit welchen Persönlichkeiten Marie Curie Kontakt hatte und wie alles zusammenhängt. Trotzdem hätte ich mir mehr Lebendigkeit und hautnah miterlebte Momente in diesem Buch gewünscht. Claudine Monteil erzählt eher trocken und faktisch, von Maries, Irènes und Èves Leben, sodass ich dieses Buch weniger als Roman, sondern eher als Biografie bezeichnen würde. Später haben die Sätze auch oft einen seltsamen Aufbau und die Fülle an Informationen hat mich besonders während des 2. Weltkriegs einfach erschlagen.



Fazit:
„Marie Curie und ihre Töchter“ waren alle drei beeindruckende Persönlichkeiten, die viel in der Wissenschaft, Gesellschaft und Politik bewirkt haben. Dieses Buch ist überaus informativ und lesenswert, auch wenn es manchmal zu trocken und somit nicht immer leicht zu lesen ist.

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