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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.08.2020

Jardin sauvage - vie sauvage

Das Leben ist ein wilder Garten
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Für Landschaftsgärtner Carlo wird das Leben auf einen Schlag zum wilden Garten, ihm fehlt ganz und gar der Überblick - verlassen von Frau und Tochter, auch wenn letztere "nur" zum Studium im ...

Für Landschaftsgärtner Carlo wird das Leben auf einen Schlag zum wilden Garten, ihm fehlt ganz und gar der Überblick - verlassen von Frau und Tochter, auch wenn letztere "nur" zum Studium im Ausland weilt und ihm nicht die familiäre Zugehörigkeit aufgekündigt hat.

Und dann büxt auch noch die demente Mutter aus der Seniorenresidenz aus - wer das wie ich selbst schon mehrfach erlebt hat, weiß wie man sich dann fühlt. Wenigstens hat er eine Spur, die in ein Grandhotel führt - und dieses hat zum Erstaunen des Sohnes so einiges mit ihrer Vergangenheit zu tun.

Den wilden Garten hält ihm sein Assistent Agon, ein sanfter Riese, der durchaus auch mal die Fassung verlieren kann, zumindest teilweise zusammen. Im direkten wie auch im übertragenen Sinne, denn er bewirtschaftet einen Schrebergarten, der einem Fußballplatz weichen soll - auch hier wieder überraschende Parallelen zu den Ereignissen im Leben der Leserin - also dem meinigen.

Ich war also perplex - heute würde man wohl "voll geflasht" sagen und las begeistert weiter. Und dann verlor sich für mich die Spur im wilden Garten von Carlos Leben und dem der anderen - irgendwie zerfaserte alles und ich blieb äußerst enttäuscht zurück. Aus meiner Sicht führte die Kurve eines vielversprechenden Romans leider steil nach unten. Auch die Figuren kamen mir längst nicht so nahe, wie es der Klappentext verspricht.

Veröffentlicht am 01.08.2020

Kein Bullerbü für Erwachsene! Nein, ganz und gar nicht!

Nur noch ein bisschen Glück
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Denn erstens bleibt es nicht bei munteren Spielchen und zweitens überwiegen - gefühlt - die Kabalen und Intrigen.

Das Sujet: Stella, die aufstrebende Modezarin von Stockholm wird von ihrem Freund ...

Denn erstens bleibt es nicht bei munteren Spielchen und zweitens überwiegen - gefühlt - die Kabalen und Intrigen.

Das Sujet: Stella, die aufstrebende Modezarin von Stockholm wird von ihrem Freund betrogen - und das ausgerechnet mit ihrer langweiligen, stets beigefarben gewandeten Kollegin. Anstatt ihrem Peder hinterherzurennen, macht sie die Biege und zieht sich aufs Land zurück, in das Häuschen ihrer Großeltern, das nun ihr gehört.

Das es nicht mehr als eine Bruchbude ist, die keine Toilette und kein fließend Wasser hat, stört sie zwar, aber nicht so sehr, wie ihr attraktiver Nachbar, der Bio-Bauer Thor sie anzieht. Nach einigen Irrungen und Wirrungen landen die beiden im Bett - und dort bleiben sie gefühlt auch bis zum Ende des Romans. Wer sich dafür interessiert, wer wen wie und warum leckt (das ist - man erfährt es schnell - beider liebstes Spielchen im Bett oder auch daneben), kommt voll auf seine Kosten.

Dass auch gesellschaftskritische Themen wie Mobbing, sexuelle Belästigung und die kindliche Trauer eine Rolle spielen - und zudem sehr gut, sowohl unterhaltsam als auch anschaulich, nur eben viel zu kurz dargestellt sind, stellt man als Leser eher nebenher fest. Und kommt - wenn man wie ich gerade an dieser Thematik besonders interessiert ist, längst nicht auf seine Kosten. Schade eigentlich, denn die Autorin hat Humor und zudem ein Händchen für die Entwicklung von Charakteren. Aber dieser viele Sex in allen Varianten hat mich so ermüdet, als hätte ich mich selbst im Bett ausgetobt, anstatt zu lesen.

Veröffentlicht am 26.07.2020

Abschied von einem cholerischen Loser

Das Meer in meinem Zimmer
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Pax ist tot - nein, er war längst nicht in dem Alter, in dem man normalerweise geht: es war Krebs. Und auch noch vieles, vieles andere dazu.

Pax: Ehemann (von Constanze, Psychologin) und Vater (zweier ...

Pax ist tot - nein, er war längst nicht in dem Alter, in dem man normalerweise geht: es war Krebs. Und auch noch vieles, vieles andere dazu.

Pax: Ehemann (von Constanze, Psychologin) und Vater (zweier wohlgeratener Töchter: Jolanda, 19 und Lilli, 9). Wenn man das alles so liest, fragt man sich, wie sie es mit ihm aushalten konnten. Denn er war nicht nur alles andere als einfach, er war...

Nein, das lesen Sie bitte schön selbst. Aber wenn Ihnen der Ausdruck Despot etwas sagt, dann können sie schonmal rätseln, was genau es wohl auf sich hat.

Der Roman ist aus der Sicht von Jolanda, der älteren Tochter geschrieben und schreibt mir in vielerlei Hinsicht aus dem Herzen. Denn auch ich habe meine Eltern (beide) verloren, als ich in einem ähnlichen (jungen) Alter war. Diese Hilflosigkeit, diese Unfähligkeit, sich an Schmerz und Verlust überhaupt heranzutasten - das kam mir sehr, sehr bekannt vor. Und die Autorin Jana Scheerer stellt es sehr passend dar. Vielleicht nicht einfühlsam (zumindest nicht für jedermann), vielmehr drastisch. Aber: ist es nicht drastisch, wenn der Vater so früh von uns geht? Auch wenn es hier zumindest aus der Sicht des Außenstehenden recht verständlich ist.

Denn Pax war - mit Verlaub - ein Loser. Einer der ersten Kategorie. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber lebenstüchtig - das ist ein Adjektiv, das so gar nicht auf ihn zutrifft.

Autorin Scheerer hat - so glaube ich - viel Kraft aufbringen müssen für diesen Roman. Der voller Schmerz ist, aber auch voller Ironie. Und beides passt. Allerdings kann ich nicht garantieren, dass es beim Lesen nicht ans Eingemachte geht.

Ein heftiger Roman. Einer, den nicht jeder lesen kann oder will. Aber einer, der geschrieben werden musste.

Veröffentlicht am 26.07.2020

Modisches Italien

Die Modeschöpferin
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Rom zu Beginn der 1960er Jahre: Simonetta de Rosa ist seit einigen Jahren die erfolgreichste Modeschöpferin der Stadt und leitet ein großes Atelier. Wir dürfen eintauchen in die Welt der Mode, die Vorbereitungen ...

Rom zu Beginn der 1960er Jahre: Simonetta de Rosa ist seit einigen Jahren die erfolgreichste Modeschöpferin der Stadt und leitet ein großes Atelier. Wir dürfen eintauchen in die Welt der Mode, die Vorbereitungen auf die nächste Modenschau erleben und den Neid der anderen erfahren - es wird sogar kriminell.

Zudem hat Simonetta ein Geheimnis, das sie sorgsam hütet - wird es ihr möglicherweise zum Verhängnis?

Ein Konzept, das nicht neu ist bei Katja Maybach, doch der historische und auch dramatische Kontext ist wie jedesmal vollkommen unterschiedlich zu den Gegebenheiten der vorherigen Romane und wird wie immer eindringlich geschildert.Wie immer bei Katja Maybach - und das mag ich ganz besonders gern - sind es die Frauen, denen eine ganz besondere Rolle und Relevanz zukommt.

Katja Maybach ist eine Autorin, auf die man sich verlassen kann, sowohl hinsichtlich der historischen Einbettung als auch der Erzählkunst, die so gekonnt ist, dass es schwer ist, die Lektüre vor dem eigentlichen Ende zu unterbrechen. Was ich noch an den Romanen von Katja Maybach schätze: ihre Protagonisten sind keineswegs durchgehend Sympathieträger. Wobei das diesmal eher auf Nebenfiguren zutraf - zumindest aus meienr Sicht.

Diesmal weicht die Autorin ein wenig von ihren Gepflogenheiten ab. Anders als sonst so oft hat mich der Abschluss des Romans nochmal ziemlich überrascht - in einer ganz bestimmten, sehr zentralen Angelegenheit.
Alles in allem macht dieses Buch große Lust auf weitere Roman von Katja Maybach, soweit man diese noch nicht alle verschlungen hat. Ich habe jedesmal, wenn ich einen ihrer Romane in die Hand nehme, das Gefühl, ich treffe eine langjährige (beste) Freundin im neuen Kleid oder mit einer neuen Frisur! All das Vertraute, was ich an der Autorin Maybach so gerne mag, ist komplett vorhanden, doch es fehlt auch nicht an Neuem, Besonderem, womit ich mich bei einem neuen Buch gerne überraschen lasse.

Das vorliegende ist wärmstens zu empfehlen für jeden, der gerne mal einen hochwertigen, ausgezeichnet recherchierten historischen Roman liest und beim sich beim Lesen nicht nur in vergangene Zeiten, sondern auch in fremde Länder entführen lässt. Ein sehr dichtes, kluges, anschauliches und spannungsreiches Buch, das eher die weibliche Leserschaft adressiert, doch aufgrund der atmosphärischen Schilderung und der vorzüglichen Rechercheleistung auch dem ein oder anderen historisch interessierten Herren - sofern er einer süffigen Erzählweise mit romantischen Elementen nicht abgeneigt ist - eine interessante Lektüre bescheren könnte. Diesmal empfand ich besonders einige der Nebenfiguren als sehr kraftvoll und lebendig dargestellt. Sie waren die eigentliche Überraschung für mich an diesem stimmungsvollen, atmosphärischen Roman, der mich in ein Rom ohne Corona versetzte, das ich hoffentlich in der Zukunft bald wieder real erleben kann. Ich fühle mich sowohl bewegt als auch in vielerlei Hinsicht bereichert und fiebere schon dem nächsten Maybach-Roman entgegen!

Veröffentlicht am 20.07.2020

Zusammentreffen auf Beaumont

Ein Wort, um dich zu retten
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Die kleine Mittelmeerinsel Beaumont gilt als Insel des Rückzugs - zumindest für den ehemaligen Bestsellerautor Nathan Fowles, der dort sehr zurückgezogen lebt. Bis er - sicher nicht das erste Mal - Besuch ...

Die kleine Mittelmeerinsel Beaumont gilt als Insel des Rückzugs - zumindest für den ehemaligen Bestsellerautor Nathan Fowles, der dort sehr zurückgezogen lebt. Bis er - sicher nicht das erste Mal - Besuch bekommt und zwar gleich zweimal: einmal vom jungen hoffnungsvollen Autor Raphael Bataille, der bemüht ist, den Erfolgsautor zur Lektüre seines neuesten Manuskripts zu bewegen und dann von der Journalistin Mathilde Monney, die seinen Hund zurückbringt, was aber nicht der eigentliche Grund ihres Besuches ist.

Klar, dass Fowles (fast) alles tut, um die beiden abzuwimmeln, aber das ist gar nicht so einfach. Zumal alsbald auf der Insel eine Leiche aufgefunden wird. Kann es sein, dass einer der drei etwas damit zu tun hat und wenn ja, was?

Es beginnt eine lange Reihe weitschweifiger - und leider auch noch abschweifender - Rückblicke, die ein ganzes Heer an Nebenfiguren in Szene setzt und mich zumindest zeitweilig den Faden in diesem eigentlich recht vielversprechenden Spannungsroman verlieren ließ. Aber irgendwann hatte ich wirklich keine Lust mehr, war mir bei Spannungsromanen eigentlich selten passiert. Aber hier wurden die Enden derart umständlich zusammengefügt, dass ich irgendwann einfach keine Lust mehr hatte. Obwohl ich Mussos Werke eigentlich schätze, kann ich dieses leider nicht so recht weiterempfehlen!