Familientreffen für einen Sommer
DamalsEine Familie - vier Geschwister und ihr Anhang unterschiedlicher Art - trifft sich nach langer Zeit in ihrem gemeinsam Haus. Viele Erinnerungen hängen daran, hier wurden gemeinsame Sommer verbracht und ...
Eine Familie - vier Geschwister und ihr Anhang unterschiedlicher Art - trifft sich nach langer Zeit in ihrem gemeinsam Haus. Viele Erinnerungen hängen daran, hier wurden gemeinsame Sommer verbracht und zwar nicht wenige. Auch an die Verstorbenen, die Mutter und die Großeltern, kann man sich an diesem Ort ganz besonders gut erinnern - wenn man will. Das ist nicht bei jedem so und zudem ist eine schwere Entscheidung zu fällen: soll das Anwesen verkauft oder behalten werden? Dafür gibt man sich etwas Zeit - einen ganzen, gemeinsamen Sommer.
Obwohl die Handlung nur an einem Setting und zu zwei Zeitpunkten stattfand, empfand ich den Roman als jahrzehntelanges Über-die-Schulter-Schauen bei einer englischen Familie über Generationen hinweg. Trotz des gekonnten Stils empfand ich dieses Buch als überaus anstrengend und habe es nach der Lektüre so erschöpft beiseite gelegt, als hätte ich den ganzen Tag körperliche Schwerstarbeit geleistet.
Für meinen Geschmack gibt Tessa Hadley zu viel preis, erzählt mitunter zu ausgiebig, bezieht zu viele Nebenfiguren mit ein - wobei das bei einer ganzen Armee von Hauptdarstellern eigentlich nicht verwunderlich ist. Dadurch kommt zwar ein Stimmungsbild zustande, das durch den Einschub aus der Vergangenheit mehr Kraft und Vehemenz erhält, mich jedoch relativ emotionslos zurücklässt. Und ich bin ganz sicher, dass dies gerade nicht die Intention der Autorin ist. Was Ian McEwan - an ihn fühlte ich mich aufgrund der Thematik erinnert - bei mir mühelos vermag, nämlich mich mit einer alltäglichen Problematik tief zu beeindrucken - das konnte diese Autorin nicht erreichen.
Dies ist der erste Roman der in ihrer englischen Heimat bereits seit längerem bekannten Autorin Tessa Hadley, der ins Deutsche übersetzt wurde. Aus meiner Sicht braucht nichts weiter nachgeschoben zu werden, da ich sowieso nicht zu den Büchern greifen werde, doch warne ich Sie: lassen Sie sich nicht zu sehr von meiner etwas mißmutigen Stellungnahme beeinflussen. Ich gebe zu, ich hatte entsprechend hohe Erwartungen und bin nun etwas enttäuscht. Aber es kann sein, dass dieser Stil, dieser Blick auf eine Familie, der in England durchaus Tradition hat - man denke nur an Jane Austen oder auch an Virginia Woolf - sie anders als mich zu fesseln oder gar zu beflügeln vermag!