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Veröffentlicht am 27.03.2023

Klassischer 0815 Thriller

Das Sanatorium
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Was den Thriller „Das Sanatorium“ auszeichnet, ist die detaillierte Beschreibung des Handlungsorts, der Umgebung und der Atmosphäre. Das ist wirklich gelungen. Aber reicht das schon für einen sehr guten ...

Was den Thriller „Das Sanatorium“ auszeichnet, ist die detaillierte Beschreibung des Handlungsorts, der Umgebung und der Atmosphäre. Das ist wirklich gelungen. Aber reicht das schon für einen sehr guten Thriller? Nein, auf keinen Fall! Ich empfand die Lektüre des Buchs als ziemlich langatmig. Es werden die klassischen Muster eines Thrillers bedient, es gibt nichts Innovatives, was ihn auszeichnet und die Spannungsintensität ist mau.

Der Handlungsort zeichnet sich durch Exklusivität, Abgeschiedenheit und Isolation aus. Zugleich weist er eine unheilvolle Vergangenheit als Klinik für Tuberkulosepatienten auf. Die Charakterzeichnung der Hauptfiguren ist für einen Thriller in Ordnung, auch die Beziehungsverhältnisse zwischen den Figuren sind durchdacht. Aber es ist halt das, was man aus vielen anderen Thrillern auch schon kennt, eben nichts Besonderes. Leider.

Die Autorin hält zu Beginn viele „Handlungs-Bälle in der Luft“. So verschwindet die Verlobte von Isaac (Laure), dem Bruder von Elin. Und es gibt etwas Traumatisches, das die Familiengeschichte von Elin und ihrem Bruder Isaac auszeichnet. Ein weiteres Thema: Ein Architekt des Luxushotels wird vermisst (Daniel). Und als ob das noch nicht reichen würde, ist auch das Zimmermädchen Adele spurlos verschwunden. Nach und nach lösen sich dann die verschiedenen Handlungsfäden auf. Mich hat es jedenfalls nicht vom Hocker gehauen, was ich so gelesen habe. Altbekannte Muster und noch dazu eine Ermittlerin, die natürlich von einem Trauma heimgesucht wird.

Was auf der Strecke bleibt, ist ganz klar die Spannung. Selbst eine Lawine, die zu einer Evakuation des Hotels führt und einen begrenzten Personenkreis im Hotel verbleiben lässt, kann die Spannung leider nicht anheizen. Als ein erstes Opfer gefunden wird, geht es so weiter, wie man es auch aus vielen anderen Thrillern kennt. Auch hier nichts Neues. Leider. Es folgen die Vernehmungen von Zeugen, Elin sucht nach einem Motiv, die übliche Suche nach einem möglichen Täter beginnt, falsche Fährten folgen (die leider vorhersehbar sind). Kurzum: Wiederholung von klassischen Mustern und gähnende Langeweile. Natürlich werden auch Geheimnisse rund um das Hotel zu Tage befördert. Und natürlich gerät Elin als Ermittlern selbst auch in Gefahr, als sie dem Täter zu nahe kommt.

Fazit: Langweilig, vorhersehbar, altbekannte Muster werden abgerufen, keine innovativen Ideen. Ein Thriller, wie man ihn schon tausendfach gelesen hat. Wer so etwas mag, der kann hier gerne zugreifen. Leser:innen, die gerne mal etwas anderes als das Altbekannte lesen wollen, rate ich von dem Buch ab. 2 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

Innere Echokammer

Macht
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Der Roman „Macht“ ist das Debut von der norwegischen Autorin Heidi Furre und widmet sich sehr eindringlich dem Thema „sexualisierte Gewalt“. Im Zentrum steht ausschließlich die Protagonistin Liv, die gedanklich ...

Der Roman „Macht“ ist das Debut von der norwegischen Autorin Heidi Furre und widmet sich sehr eindringlich dem Thema „sexualisierte Gewalt“. Im Zentrum steht ausschließlich die Protagonistin Liv, die gedanklich völlig von dem Trauma, das sie erlebt hat, vereinnahmt wird. Nach außen wahrt sie den Schein und funktioniert, doch in ihr drinnen sieht es dramatisch aus. Sie macht auf mich einen depressiven Eindruck und zeichnet sich durch Emotionslosigkeit aus. Dieser Zustand wird durch die sprachliche Gestaltung des Romans noch unterstrichen. Liv beschreibt ihren Tagesablauf sachlich, nüchtern, distanziert, in einer Art Protokollstil. Zwischen innen und außen scheint eine unsichtbare Mauer zu existieren, auf mich wirkt Liv oft teilnahmslos und unbeteiligt. Ihren Job als Altenpflegerin übt sie mehr mit Pflichtbewusstsein als mit Leidenschaft aus. Ihr Blick auf die Patienten ist reserviert. Sie funktioniert lediglich und fügt sich den zu erledigenden Alltagsroutinen. Nach außen demonstriert sie ein gewisses Maß an Normalität. Und ihr Umfeld scheint von ihrem krisenhaften inneren Zustand überhaupt nichts mitzubekommen, vor allem ihr Mann nicht.

Das Innenleben der Protagonistin nimmt viel Raum ein. Und die vielen Gedanken zum Ausdruck zu bringen und das Gedankenkreisen um immer das gleiche Thema zu gestalten, das ist anspruchsvoll. Da ziehe ich vor der Autorin meinen Hut. Die Gedanken von Liv kreisen um sie selbst, Beziehungen zu anderen Figuren werden so gut wie gar nicht geschildert, was ich etwas schade fand. Aber es ist klar, warum die Autorin diesen Weg der Beschreibung gewählt hat. Es wird auf diese Weise deutlich, dass Liv traumatisiert ist und immer noch in der Opferrolle verharrt und sich aus ihrem inneren Gefängnis nicht befreien kann. Die Erinnerung an das Geschehene vereinnahmt sie völlig. Erschütternd! Kritische Leser:innen mögen beanstanden, dass sich der Inhalt recht schleppend liest und dass sich vieles wiederholt. Und ja, die Lektüre ist anstrengend. Das Thema der Vergewaltigung kehrt immer wieder und das erlebte Trauma wird immer wieder in neue Worte gekleidet und vertieft. Doch ich bin mir sicher, dass die Autorin dies bewusst so gestaltet hat, um das Gedankenkarrussell von Liv auf diese Weise zu veranschaulichen. Die Erinnerung lässt sie nicht los, verfolgt sie. Sie lässt sich einfach nicht unterdrücken. Und das wiederum ist realistisch!

Als Leser:innen sind wir sehr stark an die Perspektive von Liv gewunden. Was um sie herum passiert, das bekommt man kaum mit. Zu sehr ist sie mit ihrem inneren Erleben beschäftigt. Der innere Monolog überwiegt, die Selbstreflexion nimmt viel Raum ein. Die Auseinandersetzung mit den vergangenen Dämonen ist das, was den Roman ausmacht. Darauf muss man sich einlassen wollen. Keine leichte Lektüre. Auf Dauer ist die Lektüre schon auch anstrengend. Kritische Leser:innen mögen bemängeln, dass auf diese Weise das Thema „sexualisierte Gewalt“ womöglich überreizt wird. Auch wird der ein- oder andere Leser womöglich kritisieren, dass es unrealistisch ist, dass Livs Umwelt von ihrem inneren Zustand nichts mitbekommt. Doch ich würde diesen Kritikpunkten widersprechen. Erst durch das immer Wiederkehrende wird klar, wie sehr Liv in der Opferrolle verharrt. Und tatsächlich ist es bei psychischen Krisen häufig so, dass das unmittelbare Umfeld nichts mitbekommt, weil die Betroffenen nach außen den Schein wahren. Natürlich habe ich mir auch gewünscht, dass Liv Hilfe erhält. Aber die Initiative dafür muss von ihr selbst ausgehen.

Im Klappentext ist von einem „Befreiungsschlag“ der Protagonistin die Rede. Soweit würde ich nicht gehen. Man merkt zwar Liv an, dass sie sich nicht länger mit ihrer Opferrolle zufrieden geben will. Sie stellt Überlegungen an, wie sie selbst die Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnt und sie stellt erste Schritte dazu an. Aber von einer Befreiung ist sie noch weit entfernt. Deshalb hat mich das Ende auch etwas unbefriedigt zurückgelassen. Ich fand es wenig hoffnungsvoll. Für mich hat Liv noch einen sehr langen Weg vor sich, bis ihre Wunden heilen. Hier hätte ich mir eine andere Botschaft gewünscht. Das innere Leiden ist bis zum Schluss des Buchs spürbar. Ich hätte Liv eine deutlich positivere Entwicklung gewünscht.

Fazit: Ein Roman, der den Leidensweg eines Vergewaltigungsopfers thematisiert. Keine leichte Lektüre. Liv wird völlig von ihrem vergangen Trauma vereinnahmt und verharrt in der Opferrolle. Viel Raum nehmen Selbstreflexionen und Gedankenkreisen um das wiederkehrende Thema der erlebten Gewalt ein. Der psychische Zustand von Liv wird auf diese Weise gut deutlich. Man wünscht ihr Hilfe und dass sie die Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnt. Leider ist der Roman wenig hoffnungsvoll. Ich hätte Liv eine positivere Entwicklung gewünscht. Ich empfehle das Buch solchen Leser:innen, die nicht vor dem schwierigen Thema „sexualisierte Gewalt“ zurückschrecken und die sich auf die ausführliche Beschreibung des inneren Leidens der Protagonistin einlassen wollen.

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Veröffentlicht am 21.03.2023

Freundschaft und Tierliebe

Internat Schloss Sommerberg - Fünf Pfoten retten Ferdinand Nuss
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Das Kinderbuch „Internat Schloss Sommerberg. Fünf Pfoten retten Ferdinand Nuss“ von Susanne Oswald thematisiert in erster Linie die Themen „Freundschaft“ und „Tierliebe“. So haben wir es mit den vier Freunden ...

Das Kinderbuch „Internat Schloss Sommerberg. Fünf Pfoten retten Ferdinand Nuss“ von Susanne Oswald thematisiert in erster Linie die Themen „Freundschaft“ und „Tierliebe“. So haben wir es mit den vier Freunden Dalena, Lilli, Finn und Anton sowie mit dem Hund Sponschdog zu tun, die einander beistehen und sich gegenseitig unterstützen, aber auch einmal auf den Arm nehmen. Und was sich wie ein zweiter roter Faden durch das Buch zieht, ist das umsichtige, tierliebe Handeln der Freunde. So kümmert sich Finn z.B. um den wuscheligen Hund der Schulköchin und baut für ihn sogar einen Parcours. Und die gesamte Klasse um die Lehrerin Frau Flemming führt eine Kröten-Rettungsaktion durch. Nicht zuletzt wird ein verletztes Eichhörnchen versorgt. Hier wird Empathie für die Tierwelt gefördert.

Und was die Geschichte ebenfalls auszeichnet. Es sind relativ unspektakuläre Alltagsbegebenheiten, die den einzelnen Kapiteln Spannung verleihen. So wird am Anfang des Buchs zunächst recht ausführlich der Schulunterricht im Internat thematisiert (sogar bis hin zu einem Tafelbild über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Reptilien und Amphibien), im weiteren Handlungsverlauf geht es dann um den Alltag im Schloss. So muss ein Mädchen mit der Information umgehen, dass ihre Mutter in Ohnmacht gefallen ist. Alpakas müssen eingefangen werden, Hausaufgaben wollen erledigt werden, ein Eichhörnchen wird gefüttert etc.

Das einzige, was mich beim Vorlesen etwas gestört hat, ist der Umstand, dass schon an der ein- oder anderen Stelle klassische Stereotype und Geschlechterklischees reproduziert werden. So löst das Fach Mathematik natürlich bei einem Mädchen einen Knoten im Kopf aus. Der Konrektor Krautmann läuft mit einer sauertöpfischen Miene durch das Schulgebäude und hat ständig etwas zu meckern, der Hausmeister der Schule ist stets unfreundlich und engstirnig. Ein Mädchen muss natürlich kreischen, wenn es eine Kröte sieht. Finn ist der klassische unangepasste, wilde Junge.

Fazit: Ein Buch, das mit einer klassischen Freundschaftsgeschichte aufwartet. In meinen Augen ist es ein durchschnittliches Kinderbuch. Es ist kein Buch, das man unbedingt gelesen haben muss. Gestört haben mich die reproduzierten Stereotype und Geschlechterklischees. Was es positiv auszeichnet, ist der Umstand, dass vor allem die Tierliebe häufig thematisiert wird. Ich vergebe 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 20.03.2023

Jugendbuch mit vielen schwierigen Themen

The truth behind your lies
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In die Handlung des Jugendbuch-Thrillers „The truth behind your lies“ von Silke Heimes findet man recht zügig hinein. Auf der einen Seite haben wir Jan, der wie ein Nerd wirkt und einen Racheplan schmiedet, ...

In die Handlung des Jugendbuch-Thrillers „The truth behind your lies“ von Silke Heimes findet man recht zügig hinein. Auf der einen Seite haben wir Jan, der wie ein Nerd wirkt und einen Racheplan schmiedet, und auf der anderen Seite haben wir eine fünfköpfige Clique, in der wir als Leser v.a. Emmys Perspektive begleiten. Sie machen zusammen Urlaub in einer Ferienhütte in den Bergen, die Jan zuvor mit Kameras ausgestattet hat. Über das anfängliche Logikloch, warum sich die fünf Freunde in der Hütte ihres Mobbingopfers einquartieren, muss man großzügig hinwegsehen. Der Rest des Buchs ist durchaus gelungen und nicht uninteressant. Es werden einige jugendspezifische Themen angesprochen, die es in sich haben (Ängste, Selbstverletzungen, suizidale Gedanken, sexualisierte Gewalt, Drogenkonsum, (Cyber)Mobbing). Was die Handlung im Wesentlichen vorantreibt, sind die folgenden Fragen: Was hat Jan genau vor? Warum tut er das? Er macht nämlich eigentlich nicht den Eindruck eines klassischen Täters, dafür wirkt er eigentlich zu empathisch.

Gelungen ist in meinen Augen dann die Darstellung der problematischen Beziehungsverhältnisse zwischen den einzelnen Heranwachsenden, bei denen man als Leser auch recht schnell ahnt, dass einige psychische Probleme zutage treten werden. Alle haben ihr Päckchen zu tragen. Das (teils toxische) Zusammenspiel der Clique wird recht authentisch eingefangen und ist gut ausgearbeitet. Mit echten Freunden scheint man es jedenfalls nicht zu tun zu haben, wenn man sich das Treiben der Fünf so durchliest. Schon länger scheint einiges bei ihnen im Argen zu liegen, Gefühle werden nicht offen angesprochen. Viele Probleme scheinen wie bei einem Eisberg unter der Oberfläche zu liegen.
Das einzige, was ich in diesem Zusammenhang bemängeln kann, ist Folgendes: Stellenweise hätte ich mir schon gewünscht, dass noch mehr Hintergründe deutlich werden. Auch zu Jans Mobbing hätte ich mir noch mehr Informationen gewünscht. Vielleicht hätten dem Buch ein paar mehr Seiten noch gut getan. Dann wären auch die Randfiguren eventuell weniger blass geraten.

Abschließende Frage: Ist dieses Jugendbuch als Unterrichtslektüre denkbar? In meinen Augen sollte man als Lehrer:in keine Berührungsängste mit den oben genannten Themen haben. Das erfordert schon einiges an Fingerspitzengefühl und ist sicherlich herausfordernd. Lehrer:innen sind schließlich keine ausgebildeten Psychiater und Psychologen. Man merkt dem Buch schon an, dass die Autorin hier einen anderen Zugang hat, weil sie selbst als Ärztin in Psychiatrien gearbeitet hat. Als Lehrer:in sollte man sich z.B. darauf einstellen, dass das Finale des Buchs schon sehr unter die Haut geht und mitnimmt. Sensiblere Jugendliche könnten hier in meinen Augen überfordert werden. Der Verlag Ueberreuter stellt auf seiner Homepage auch Unterrichtsmaterial zur Verfügung (leider jedoch ohne Erwartungshorizont). Ich selbst finde, dass das Buch doch zu viele schwierige Themen auf einmal anschneidet.

Fazit: Ein Jugendbuch, das es thematisch in sich hat. Für mich ist es insgesamt „too much“, was die Autorin hier alles in das Buch hineinpackt, vor allem wenn ich an einen Einsatz im Unterricht denke. Das Ende gerät sehr dramatisch. Hier sehe ich schon auch die Gefahr einer Überforderung von sensibleren Schüler:innen.

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Veröffentlicht am 20.03.2023

Daniel und Jorge erklären das Universum

Wo ist die Mitte des Weltalls?
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Wissensvermittlung auf humorvolle und anschauliche Weise? Und das zu einem schwierigen Thema wie der Kosmologie? Ist das überhaupt möglich? Jorge Cham und Daniel Whiteson unternehmen diesen Versuch. Letzterer ...

Wissensvermittlung auf humorvolle und anschauliche Weise? Und das zu einem schwierigen Thema wie der Kosmologie? Ist das überhaupt möglich? Jorge Cham und Daniel Whiteson unternehmen diesen Versuch. Letzterer ist Professor für Physik und Astronomie an der University of California. Und zusammen mit Cham, einem Cartoonisten, der Robotertechnik studiert hat, betreiben beide den Podcast „Daniel and Jorge explain the universe“. Und auf der Grundlage von Leserfragen zu diesem Podcast ist das Sachbuch „Wo ist die Mitte des Weltalls?“ entstanden.

Das Buch enthält 20 Kapitel zu Fragen rund ums Universum (Raum, Zeit, Zeitreisen, Aliens, Schwarze Löcher, Schwerkraft, Wurmlöcher etc.) und weist einen sehr humorvollen Erzählton auf. Darauf muss man sich natürlich einlassen wollen. Für ein Sachbuch ist das schon ungewöhnlich. Und ich gebe zu, dass auch ich mich erst einmal daran gewöhnen musste. Vor allem die auflockernden Cartoons, die immer wieder den Fließtext ergänzen, sind zunächst etwas befremdlich.

Zunächst einmal zum Negativen: Ich finde, dass Zeichnungen schon eine bestimmte Funktion erfüllen sollten. Im Idealfall sollte der Inhalt durch die Cartoons besser verständlich werden. Doch das war längst nicht bei allen Illustrationen der Fall, sondern nur bei wenigen. Oft ging es dann doch nur darum, einen (platten) Gag einzustreuen (über Humor lässt sich schwerlich streiten). Am Anfang der Lektüre hat mich das auch gar nicht groß gestört, aber mit zunehmender Seitenzahl wurde es dann doch anstrengend. Immerhin gibt es 296 Cartoons auf 344 Seiten. Durch die Cartoons wird nämlich der Lesefluss immer wieder unterbrochen und irgendwann habe ich mir die Zeichnungen dann gar nicht mehr angeschaut, weil ich lieber den Text lesen wollte. Aber das mag anderen Lesern natürlich ganz anders ergehen. Das ist wohl wirklich eine Geschmackssache. In meinen Augen hätten weniger Cartoons auch gereicht.

Nun zum Positiven: Was mich nicht gestört hat, war der recht amüsante Erzählton des Fließtextes, in dem auch hin und wieder lustige Beispiele zur Veranschaulichung eingestreut wurden. Überhaupt empfand ich den Inhalt als äußerst interessant. Ich habe alle Kapitel mit wirklich großem Interesse gelesen und auch einiges Neues dazugelernt. Besonders interessant fand ich es immer dann, wenn auch einmal Berechnungen angestellt wurden. Und die Kapitel weisen einen klaren roten Faden und logisch stringenten Aufbau auf. Meine persönlichen Highlights: „Was hält uns davon ab, zu den Sternen zu reisen?“ (S. 132 ff.), „Wo kommt das Universum her?“ (S. 186 ff.), Zwar gab es schon auch einzelne Gedankenspiele, die etwas albern oder auch recht trivial waren (z.B. „Wie lange wird die Menschheit überleben?“, S. 60 ff.), aber meistens betraf das nur bestimmte Passagen. Und was man den Autoren wirklich hoch anrechnen muss: Sie schreiben sehr leserzugewandt, so dass der Inhalt auch von Laien ohne weiteres gelesen und verstanden werden kann. Und der Humor und die ausgefallenen Beispiele sorgen dafür, dass einiges aus dem Buch hängen bleibt. Das ist auf jeden Fall lobenswert!

Letztlich scheint es ein schwieriger Drahtseilakt zu sein, Sachverhalte humorvoll vermitteln zu wollen, aber dabei nicht zu sehr die notwendige Ernsthaftigkeit zu verletzen. Nach meinem Empfinden ist dieser Drahtseilakt mal mehr und mal weniger geglückt, aber letztlich ist das natürlich sehr subjektiv. Was ich als albern empfinden mag, finden andere Leser vielleicht lustig. Möge sich jeder selbst ein Urteil bilden. Wer an Kosmologie interessiert ist, wird auf jeden Fall gut unterhalten und lernt auch etwas Wissenswertes dazu. Das Buch weist eine große Bandbreite interessanter Fragestellungen auf. Und was ich großartig finde: Die meisten Sachverhalte werden anwendungsbezogen vermittelt. Es werden praktische Probleme durchdacht, so dass die Gedankenspiele nicht zu abstrakt geraten.

Fazit: Ein Sachbuch, das sich durch einen ungewöhnlich amüsanten Erzählton auszeichnet. Auf diese Weise memoriert man einzelne Sachverhalte ganz gut, das hat mir gefallen. Die Cartoons haben mir persönlich nicht so zugesagt, es gab einfach zu viele davon und nur wenige hatten eine sinnvolle Funktion. Die Qualität der verschiedenen Kapitel ist recht unterschiedlich. Manches war mir zu albern oder zu absurd (z.B. das Kapitel „Ist ein Leben nach dem Tod möglich?“, S. 224 ff.), andere Kapitel hingegen waren wieder sehr interessant und lesenswert. Manche Sachverhalte sind bereits bekannt und zu trivial (v.a. für kosmologisch versierte Leser), andere Inhalte wiederum sind faszinierend. Es ergibt sich ein sehr uneinheitliches Bild, was ein klares Urteil erschwert. Ich gebe knappe 4 Sterne!

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