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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.11.2023

Eine gelungene Fortsetzung

Die Zuckerbaronin
1

Auch der zweite Band rund um die Schmugglerfamilie Schinder ist sehr gut gelungen. Hier können wir die Lebenswege der drei Schwestern Martha, Gwendolyn und Helena verfolgen.

Diesmal steht Gewndolyn im ...

Auch der zweite Band rund um die Schmugglerfamilie Schinder ist sehr gut gelungen. Hier können wir die Lebenswege der drei Schwestern Martha, Gwendolyn und Helena verfolgen.

Diesmal steht Gewndolyn im Mittelpunkt, die sich aufgrund ihrer Hochzeit mit dem Sohn des Zuckerfabrikanten von ihrer Herkunftsfamilie lossagen musste. Während sie sich mit ihrer Schwiegermutter, die die Schwächen ihres Sohnes Alexander kennt, arrangiert hat, ist der Schwiegervater selbst auf dem Sterbebett noch unversöhnlich. Dass die Ehe kinderlos bleibt, ist eine zusätzliche Bürde. Gewndolyn kann ihre Geschäftstüchtigkeit und Umsicht gekonnt einsetzen.

Nebenbei werfen wir einen Seitenblick in das Leben von Martha, die nach wie vor den Schmuggel von Saccharin betreibt. Doch dann kommt es, wie es kommen muss: Die Schmuggler werden erwischt und Martha, die inzwischen schwanger ist, muss ins Gefängnis.

Von der dritten Schwester erfahren wir, dass einem gewalttätigen Geschäftspartner gerade noch rechtzeitig vor der Hochzeit entfliehen kann, obwohl Martha aus Geschäftsgründen dieser Verbindung gerne zugestimmt hätte.

Noch sind nicht alle Rätsel und Verwirrungen aufgelöst, so dass ein dritter Teil mit Helena im Mittelpunkt durchaus im Raum stehen könnte.

Fazit:

Eine gut gelungene Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 19.03.2023

Eine Hommage an eine starke Frau

Die rebellische Pianistin. Das Leben von Johanna Kinkel
1

Johanna Kinkel zählt, wie so viele hochbegabte Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts zu den fast Vergessenen. Die jungen, bürgerlichen Mädchen werden zwar gefördert, wenn es ums gefällige Musizieren und Malen ...

Johanna Kinkel zählt, wie so viele hochbegabte Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts zu den fast Vergessenen. Die jungen, bürgerlichen Mädchen werden zwar gefördert, wenn es ums gefällige Musizieren und Malen von (Blumen)Bildern geht. Diese Begabungen dienen aber nur dazu, einen gut situierten Ehemann zu finden und ihn als „Zierde des Hausstandes“ zur Seite zu stehen.

Verena Maatman, deren Romanbiografie „Signorina Vivaldi“ ich schon mit Begeisterung gelesen habe, entreißt mit diesem Buch Johanna Kinkel dem Vergessen.

Wer ist sie nun, die Johanna?

Johanna Kinkel (1810-1858) wird als einziges Kind des Gymnasiallehrers Peter Mockel und seiner Frau Anna Maria in Bonn geboren. Die Begabung des Mädchens wird recht schnell sichtbar, die Sturheit auch: Johanna will Komponistin werden, ihr eigenes Geld verdienen und denkt gar nicht daran, zu heiraten.
Doch manchmal kommt es anders als man denkt und die fortschrittliche Frau heiratet Johann Paul Mathieux. Nach wenigen Monaten kehrt Johanna in ihr Elternhaus zurück und will die Scheidung von ihrem tyrannischen Mann. Die lässt natürlich auf sich warten und erst nach zähem Ringen ist sie ihn endlich los.

Mit ihrem zweiten Mann Gottfried Kinkel trifft sie es besser, hat vier Kinder mit ihm und muss ihn dann mit den revolutionären Gedanken, die 1848 zu seiner Verhaftung führen, teilen.

Meine Meinung:

Verena Maatman gelingt es vorzüglich, das Umfeld in dem Johanna aufwächst und später lebt, darzustellen. Es ist die Zeit nach den Napoleonischen Kriegen, die Zeit der Zensur, die Zeit in denen die Herrscher ihre Untertanen knechten, um ihre angekratzten Herrschaftsansprüche durchzusetzen - kurz, wir befinden und im Biedermeier und Vormärz. Die Menschen ziehen sich in ihre Wohnungen zurück und frönen der Musik und der Literatur. Aus so manchem literarischen Zirkel wird ein politischer.

Die Frauen haben nichts zu sagen, sind meistens hübscher Aufputz der Männer. Da fallen Frauen wie Bettina von Arnim, Rebecka Mendelsohn-Bartholdy, Fanny Hensel oder eben Johanna Kinkel auf. Johanna lernt diese Künstlerinnen in ihren Berliner Jahren kennen. Im Gegensatz von Fanny Hensel, deren Bruder Felix Mendelsohn-Bartholdy, ihre Werke nicht veröffentlicht sehen will, gelingt es Johanna, zahlreiche Musikstücke zu veröffentlichen. Einige davon werden später beinahe zu Revolutionsliedern.

Dass Frauen, die sich nicht der gängigen Lebensweise anpassen, ein schweres Leben haben, muss Johanna am eigenen Leib erfahren.

Autorin Verena Straatman zeichnet ein großartiges Bild dieser starken Frau, die sich aller Widerstände zum Trotz nicht unterkriegen lässt und Pläne schmiedet, ihren Mann Gottfried aus dem Gefängnis zu befreien.

Wenn ich den Diskussionen der Wiener Philharmoniker verfolge, die nach wie vor ein Dirigat einer Frau ablehnen, muss ich feststellen, dass sich im Musikbusiness seit 200 Jahren wenig verändert hat.

Fazit:

Dieser penibel recherchierten und grandios erzählten Romanbiografie muss ich 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung geben.

Veröffentlicht am 26.09.2021

Enttäuschend und langamtig

Die letzte Tochter von Versailles
1

er französische König Ludwig XV. hat ein Faible für blutjunge Mädchen. Sein Kammerdiener Lebel sucht ständig in den ärmlichen Straßen von Paris nach Nachschub. So gerät die junge, schöne Véronique seinen ...

er französische König Ludwig XV. hat ein Faible für blutjunge Mädchen. Sein Kammerdiener Lebel sucht ständig in den ärmlichen Straßen von Paris nach Nachschub. So gerät die junge, schöne Véronique seinen Focus. Für Véroniques Mutter, eine Altkleiderverkäuferin, ein gutes Geschäft: ein Maul weniger zu stopfen und erhoffte Beziehungen zum Hof.
Das Mädchen selbst wird in ein Haus am Hirschpark gebracht und lernt, wie man sich am Hof bewegt. Dann wird sie einem „polnischen Grafen“ zugeführt, der natürlich niemand anderer als Ludwig ist. Als sie schwanger wird, ist es vorbei mit dem feudalen Leben, denn als sie erfährt, wer der Kindesvater ist, spricht sie das auch mehrfach aus - ein gefährlicher Fauxpas. Man nimmt ihr, wie üblich das Kind weg. Marie-Louise wächst zunächst als Mündel von Bediensteten auf und wird später an eine Hebamme weitergereicht, deren Beruf sie erlernt.
Sie heiratetet Pierre, einen Advokaten, und kurz nach der Revolution von 1789 kommt das Gerücht auf, sie sei eine Tochter des Adels.

Meine Meinung:

Ich kenne die historischen Romane der Autorin, die im Zaren-Reich spielen und habe mich auf einen ähnlichen opulenten Roman gefreut. Doch leider wurde ich ziemlich enttäuscht.

Véroniques Geschichte wird einfach langatmig und wenig fesselnd erzählt. Die Autorin verliert sich in zahlreiche nebensächliche Details, die den ohnehin flachen Spannungsbogen weiter abflachen lässt. Selbst die Auftritte einer Madame de Pompadour können die Geschichte nicht retten.

Es dauert gefühlt „ewig und drei Tage“ bis die Leser am Schicksal von Marie-Louise teilnehmen darf. Auch hier, kaum Spannung, obwohl die Handlung während der Französischen Revolution angesiedelt ist, und täglich Köpfe rollen. Da kenne ich spannendere Romane aus dieser Zeit.

Mit den Charakteren werde ich auch nicht so recht warm. Véronique wird als sehr schön, aber etwas dümmlich dargestellt. Sie bemerkt nicht, dass der „polnische Graf“ niemand anderer als der König ist.

Die Dekadenz des Königshofes ist recht gut getroffen. Sie wird unter Ludwigs Enkel, Ludwig XVI. in der Revolution münden.

Fazit:

Dieser historische Roman aus der Zeit des Umbruchs hat mit enttäuscht, daher nur 2 Sterne.

Veröffentlicht am 06.12.2020

Hat mich gut unterhalten

Palais Heiligendamm - Stürmische Zeiten
1

Michaela Grünig, die ich bisher als Co-Autorin von Marc Giradellis Krimis, die im Ski-Weltcup spielen, kenne, hat hier eine spannende Familien-Saga geschrieben.

Sie entführt ihre Leser in das Hotel Palais ...

Michaela Grünig, die ich bisher als Co-Autorin von Marc Giradellis Krimis, die im Ski-Weltcup spielen, kenne, hat hier eine spannende Familien-Saga geschrieben.

Sie entführt ihre Leser in das Hotel Palais Heiligendamm in Doberan an der Ostsee. Mit diesem Hotel hat sich das Berliner Ehepaar Kuhlmann einen lang gehegten Wunschtraum erfüllt. Allerdings gibt jede Menge Arbeit und Konventionen zu beachten. So muss der einzige Sohn Paul, der ein begnadeter Pianist ist, das Hotelfach erlernen, obwohl ihn das so gar nicht interessiert. Die drei Töchter werden auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter getrimmt, ohne Rücksicht auf persönliche Wünsche. Das trifft besonder die mittlere Tochter Elisabeth, die ein Händchen für Zahlen und das Interesse für das Hotel hat.

Neben der Welt der Schönen und Reichen sowie der adeligen Müßiggänger lernen wir den harten Alltag der Hotelangestellten kennen.

Es kommt, wie es kommen muss, die Bank stellt die Kredite fällig und das Hotel läuft in Gefahr, vom missgünstigen Konkurrenten aufgekauft zu werden. Elisabeth fasst sich ein Herz und rettet durch einen gewagten Einsatz das Hotel. Doch das wird nicht die letzte Gefahr sein, denn der Erste Weltkrieg steht vor der Tür ...

Meine Meinung:

Michaela Grünig ist es sehr gut gelungen, die Zeit vor und während des Ersten Weltkriegs einzufangen. Neben Elisabeth Kuhlmann gibt es noch eine zweite weibliche Hauptperson, die eine große Entwicklung durchmacht: das Stubenmädchen Minna.
Der historische Hintergrund ist sehr detailliert dargestellt und zeugt von akribischer Recherche.
Sehr gut herausgearbeitet sind die Konventionen, die Standesunterschiede und Anstandsregeln, denen vor allem die Töchter dieser Familien unterworfen sind. Einen Seitenblick dürfen wir auch auf die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen werfen. Auch der stark aufkommende Antisemitismus spielt eine große Rolle.

Der fesselnde Schreibstil und die Epoche im Aufbruch lassen einen hurtig durch die Seiten fliegen.

Fazit:

Ein toller Beginn einer Familien-Saga, auf deren nächsten Teil ich mich freue. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.12.2019

Countdown bis zum Attentat von 1914

Der Attentäter
1

Autor Ulf Schiewe entführt die Leser in die Woche vor dem 28. Juni 1914. Das tödliche Attentat auf Habsburgs Thronfolger Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie ist der willkommene Anlass der Kriegstreiber ...

Autor Ulf Schiewe entführt die Leser in die Woche vor dem 28. Juni 1914. Das tödliche Attentat auf Habsburgs Thronfolger Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie ist der willkommene Anlass der Kriegstreiber in Deutschland und Österreich-Ungarn, einen Krieg vom Zaun zu brechen. Die verheerenden Folgen hat wohl keiner bedacht.

Obwohl der Ausgang des Buches bekannt ist, liest sich dieser historische Roman wie ein Thriller. Der Leser kann sich manchmal nicht des Gefühls erwehren, ein anderes Ende der Geschichte zu erwarten, zu erhoffen. Doch mit alternativer Geschichtsschreibung hat der Autor nichts am Hut.

Akribisch sind die ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) recherchiert, sind die Viten der Beteiligten bzw. Betroffenen sowie die Orte nachgelesen und in Szene gesetzt. Nur wenige Figuren wie die des k.und k. Geheimdienstoffiziers Rudolf A. Marković, seinem Mitarbeiter Heribert Simon, der Puffmutter Svetlana Marić sowie die der Baronin von Prittwitz, sind erfunden. Alle anderen Personen, von Franz Ferdinand bis Vojislav Tanković, sind historisch belegt. Selbst Vukosava Čabrinović, die Schwester von Nedeljko, einem der Attentäter, spielt ihre Rolle.
Großen Raum nimmt die Arroganz und das Unvermögen des Feldzeugmeisters Oskar Potiorek, dem Militärgouverneur und Landeschef von Bosnien-Herzegowina, ein. Er lässt jegliche Umsicht bzw. Vorsicht bei diesem heiklen Besuch vermissen und zeichnet sich durch offen zur Schau getragenen Antisemitismus aus.
Anders als im wirklichen Leben lässt der Autor den k. und k. Geheimdienst nicht gar so schlecht dastehen. Der engagierte Marković versucht, trotz Widerstand und Ignoranz seitens Potiorek, ohne ausreichende Ressourcen, die Attentäter ausfindig und unschädlich zu machen. Doch wie der Lauf der Geschichte gezeigt hat, vergeblich.

„Dafür ist er Feldzeugmeister. Du weißt doch, Rang verpflichtet. Je höher der Dienstgrad, desto dümmer der Mann.“ (S. 376)

In Wirklichkeit war der Geheimdienst mehr als ahnungslos und hat die eine oder andere halbherzige Warnung über ein mögliches Attentat in den Wind geschlagen.

Obwohl Oskar Potiorek die Verantwortung für die laxen Sicherheitsmaßnahmen hatte und den Thronfolger samt Gemahlin nach dem ersten Anschlag nicht umgehend aus der Stadt bringen ließ, bleibt er im und wird sogar noch belobigt. Das wirft ein schlechtes Licht auf Kaiser Franz Joseph und seine Ratgeber. Potiorek wird sogar Oberkommandierender der Balkan-Streitkräfte und scheitert auf Grund von weiteren katastrophalen Fehlern bei der Planung. Erst am 01.01.1915 wird er seines Kommandos enthoben und zwangsweise pensioniert. Eigentlich hätte er sich, dem Ehrenkodex eines Offiziers entsprechend, nach dem Attentat selbst erschießen müssen. Hat ihm das niemand nahegelegt?

Interessant ist der Blick auf die Attentäter und ihre Führungsoffizier und Hintermänner: Nedeljko Čabrinović, Gavrilo Princip, Trifun „Trifko“ Grabež, Cvetko Popović sowie Muhamed Mehmedbašić.
Auch die Rolle der serbischen Regierung und der diversen Geheimbünde wird beleuchtet.

Obwohl natürlich das Attentat per se als unmoralisch verurteilt werden muss, stellt Ulf Schiewe die Attentäter durchaus menschlich dar. So wäscht Princip seine Unterwäsche, um gegebenenfalls in sauberer Wäsche zu sterben. Auch seine Verliebtheit in Schulkollegin Jelena, die er kurz vor den Attentat mehrmals trifft und
mit der er seine erste (und letzte) Liebesnacht haben möchte, ist glaubhaft dargestellt. Genauso wie sein Zorn, als sich ihm Jelena verweigert und er sich „hereingelegt“, weil provoziert fühlt. An manchen Stellen hegen sie durchaus Zweifel an ihrem Vorhaben. Denn, zwischen den Gedankenspielen zum „Tyrannenmord“ (wie es ihnen eingetrichtert wird) und der Ausführung eines solchen, liegen doch Welten. Doch dann kommt der Punkt, an dem sie nicht mehr zurück können und das Unheil nimmt seinen Lauf.

Nach dem Attentat werden Princip, Čabrinović, Grabež und Popović gefasst und auf Grund ihres jugendlichen Alters „nur“ zu bis zu 20 Jahren Festungshaft verurteilt. Lediglich Popović überlebt die Haft. Die anderen sterben an der Tuberkulose, an der sie schon zuvor gelitten haben. Eine Verurteilung zum Tode und die sofortige Exekution wäre humaner gewesen.

Fazit:

Ein akribisch recherchierter historischer Roman, der auf Grund der Ereignisse und deren Folgen zum fesselnden Thriller wird. Für mich ein besonderes Highlight dieses Jahres. Deshalb gebe ich 5 Sterne (mehr geht leider nicht) und eine unbedingte Leseempfehlung.

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