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Veröffentlicht am 08.07.2019

Die Bibliothek der flüsternden Schatten

Die Bibliothek der flüsternden Schatten - Bücherstadt
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Sam ist ein Dieb und zudem ein sehr erfolgreicher. Doch sein eigentlicher Wunsch ist es, in die Palastwache des weißen Königs aufgenommen zu werden. Mit einer neuen Identität bewirbt er sich um einen Posten ...

Sam ist ein Dieb und zudem ein sehr erfolgreicher. Doch sein eigentlicher Wunsch ist es, in die Palastwache des weißen Königs aufgenommen zu werden. Mit einer neuen Identität bewirbt er sich um einen Posten und wird zu seiner großen Freude aufgenommen. Doch die Freude währt nur kurz, als er feststellt, dass er nicht den König selbst, sondern dessen Bücher bewachen soll. Sam kann sich nichts Langweiligeres vorstellen. Bücher bedeuten ihm nichts und er sieht Lesen als nutzlosen Zeitvertreib an. Zumal er auch gar nicht lesen kann. Doch schon bald geschehen seltsame Dinge in der Bibliothek von Paramythia und Sam lernt, wie mächtig die Magie der Geschichten und Sagen seiner Kindheit sein kann.

Die Geschichte beginnt direkt stürmisch mit einer kleinen Verfolgungsjagd zwischen Sam und einem Wächter. Sie springen über Dächer, retten sich in letzter Sekunde auf einem Baum, nur im nächsten Augenblick durch einen Angriff des Gegners wieder zu fallen. Fast durchgängig ist das Buch unglaublich actionreich aufgebaut und man findet als Leser nur kurze Momente, um sich von den Eindrücken zu erholen und das Geschehene auf sich wirken zu lassen. Akram El-Bahay schafft es aber, dies durch seine Wortvielfalt etwas auszugleichen, so dass es trotz der vielen Ereignisse nicht zu monoton wird und man immer wissen möchte, wie es aus- oder weitergeht. Die Handlung bleibt so lebendig.
Die Beschreibung der verschiedenen Orte, wie die Bibliothek oder die lebendigen Straßen der oberirdischen Stadt, empfinde ich als sehr detailreich und gelungen, so dass ich sehr einfach in die Welt eintauchen konnte. Die Charaktere der einzelnen Protagonisten dagegen sind, für meinen Geschmack, (noch?) etwas zu blass dargestellt und manche überschwängliche Reaktion war daher nicht immer nachvollziehbar, was meinen Leseeindruck aber nicht nachhaltig getrübt hat. Möglicherweise erfahren wir in den folgenden Büchern ja noch mehr über die Vergangenheit und damit auch über die Beweggründe der verschiedenen Personen.

Mir hat die „Bücherstadt“ gut gefallen und ich fühlte mich auch gut unterhalten. Ich fand die Idee, dass es eine geheime Bücherwelt, in dem Fall, unterhalb der sichtbaren Welt gibt, sehr spannend. Auch der Aspekt, dass es diese Welt und ihr wertvoller Inhalt zu beschützen gilt, entspricht natürlich meiner Ansicht als Büchernarr. Insgesamt war es für mich eine schöne und runde Geschichte, auf dessen Fortsetzung ich schon gespannt bin.

Veröffentlicht am 04.07.2019

Ich kann dich hören - eine Geschichte über die Kraft der Kommunikation

Ich kann dich hören
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Klappentext:

Osman spielt Cello. Er soll es regnen lassen, doch seine Musik lässt sich nicht erweichen. Und daran ist er nicht allein schuld. Sehr vieles gerät in Bewegung, als er hört, was nicht für ...

Klappentext:

Osman spielt Cello. Er soll es regnen lassen, doch seine Musik lässt sich nicht erweichen. Und daran ist er nicht allein schuld. Sehr vieles gerät in Bewegung, als er hört, was nicht für seine Ohren bestimmt war.

In dem Roman „Ich kann dich hören“ begleiten wir Osman, einen Musikstudenten, der auf den ersten Blick ein sorgenfreies Leben lebt. Dieses ist geprägt von seinem Studium und den damit verbundenen Übungseinheiten und verschiedenen Konzerten. Als Ausgleich dazu spielt Osman Fußball oder kocht Nudeln mit seiner WG-Mitbewohnerin. Nichts deutet auf seine Probleme und Sorgen hin, die ihn aber schon bald einholen.
Denn eines Tages ruft seine Tante Elide an und möchte, dass er zu Besuch kommt. Sie brauch seine Hilfe mit dem Vater, der sich die Hand gebrochen hat. Mit diesem Besuch holt ihn die Vergangenheit ein, die er bisher vermeintlich so erfolgreich zu verdrängen versucht hat. Eine Kindheit mit einem Vater, der fast nie für ihn da war, weil er sich in die Musik geflüchtet hat und einer Tante, die ihm Mutter und Vater zugleich sein musste. Doch Osman kann und will Elide nicht helfen. Er flieht so schnell es möglich zurück nach Hamburg.
Doch auch zuhause lässt ihn seine Geschichte nicht los und sie nimmt zunehmend Einfluss auf sein Leben und seine Musik. Gleich zu Beginn beschreibt er Musik als etwas, das er zum Atmen braucht und welche er zum Atmen bringen will. Jetzt fällt es ihm schwer, überhaupt etwas mit seinem Spiel auszudrücken, was auch seinem Lehrer nicht verborgen bleibt. „Sie sind nicht bereit, es nieseln zu lassen, ich merke das schon.“

Kurz darauf findet Osman ein verlorenes Diktiergerät und steckt es ein. Anfangs nur aus Interesse, hört er sich die Aufnahmen darauf an und ist fasziniert. Er hört Ella und ihre Versuche, sich mit ihrer Schwester zu verstehen, die taubstumm ist. Die Aufnahmen bringen ihn zum Nachdenken und zu guter Letzt auch zum Umdenken.

Kommunikation ist ein großes Thema in dieser Geschichte. Sei es der kaum vorhandene Austausch mit seiner Familie, seine vorrübergehende Unfähigkeit, sich durch die Musik auszudrücken oder die manchmal etwas schwierige Verbindung zweier Schwestern.
Es gibt viele Wege, miteinander zu Sprechen oder in Kontakt zu treten und genau das ist die Essenz dieses wunderbaren Romans.
Auch der Sprachstil selber greift immer wieder das Thema auf. Die Wahl der Sprache, im wahrsten Sinne des Wortes, passt sich im Laufe der Geschichte immer mehr an die Situation des Charakters an und unterstützt somit zusätzlich die Handlung. Selbst die Aufnahmen auf dem Diktiergerät entsprechen, so vermute ich, einer Unterhaltung in Gebärdensprache. Ein schönes Detail.
Auch wenn ich zwischendurch etwas hin und hergerissen war, überzeugten mich solche Kleinigkeiten und die unterschiedlichen Perspektiven, die die Handlung wie ein Puzzle zusammensetzen, schnell von diesem Buch. Gerne hätte ich noch mehr über Ella erfahren und ihre Reaktion auf Osman gelesen. Es offen zu lassen, hat aber auch seinen Reiz.

Zum Schluss möchte ich auch das Cover nicht unerwähnt lassen, denn es greift das Thema wunderbar auf. Es ist sehr neutral in Grau und Weiß gehalten und zeigt im Hintergrund den Ausschnitt einer Handinnenfläche. Für mich steht sie stellvertretend für die verschiedenen, bereits erwähnten Möglichkeiten der Kommunikation, wie z.B. der Gebärdensprache. Aber auch ein Musikinstrument wird mit den Händen gespielt und die so erzeugte Melodie erzählt jedem Menschen etwas anderes.

Ich freue mich über den gelungenen Einstieg der Autorin und freue mich über mehr Geschichten wie Diese.

Veröffentlicht am 27.06.2019

Das Uhrwerk der Unsterblichen

Uhrwerk der Unsterblichen
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Zuerst ist mir das Cover des Buches ins Auge gesprungen und hat mich dazu gebracht, mich mit dem Inhalt der Geschichte näher zu beschäftigen und das Buch auch zu kaufen. So gesehen, hat es seine Aufgabe, ...

Zuerst ist mir das Cover des Buches ins Auge gesprungen und hat mich dazu gebracht, mich mit dem Inhalt der Geschichte näher zu beschäftigen und das Buch auch zu kaufen. So gesehen, hat es seine Aufgabe, die Aufmerksamkeit des potentiellen Lesers auf sich zu ziehen, bei mir schon mal erfüllt. Die filigrane Taschenuhr und das, fast schon realistisch anmutende, von oben herabfließende Gold sprachen mich dabei besonders an. Die Bedeutung der Elemente ist auch erst nach dem Lesen des Buches so richtig klar, was ich persönlich ein ganz faszinierendes Merkmal finde und auch noch nicht so häufig bei einem Buch gesehen habe.

Die Idee der Geschichte, dass Magie und damit auch magische Wesen sich unter uns „Normalsterblichen“ in unserer Welt befinden, gefällt mir, wie auch bei anderen Geschichten dieses Typs, sehr gut. Den generellen Handlungsablauf finde ich dafür auch schlüssig und inhaltlich gut aufgebaut. Es beginnt damit, dass wir den Hauptcharakter Avery kennen lernen und was so besonders an ihm ist. Außerdem erhalten wir bereits einen kleinen Einblick darin, welche Probleme auf ihn zukommen. Bei seiner Arbeit in der Pariser Oper trifft er dann auf die Tänzerin Giulia, die seine magischen Fähigkeiten aus noch unerklärlichen Gründen erkennen kann und sich ihm offenbart. Als beide mehr über die Hintergründe erfahren möchten, geschieht ein grausamer Mord und die Geschichte nimmt ihren Lauf. Dabei wird sie immer häufiger unterbrochen von kleinen historischen Einschüben, die für den Ausgang der Geschichte noch interessant werden.

Leider muss ich dagegen halten, dass der für mich durchaus noch flüssige Einstieg, keine so starke Entwicklung erfährt, wie ich es mir erhofft habe. Die Beschreibung der menschlichen Welt und der einzelnen Charaktere bleibt relativ flach.
Ab und zu tauchen zudem Personen auf, die für den weiteren Ablauf der Geschichte keine wirkliche Bedeutung mehr haben und höchstens am Ende der Geschichte nochmal kurz Erwähnung finden. Näher beschrieben wird ihre Rolle im Zusammenhang mit der Geschichte aber nicht.
Häufig gestolpert bin ich auch über das oftmals wechselnde, vielleicht sogar als sprunghaft zu bezeichnende Verhalten vor allem der Hauptcharaktere. Erst wird über Gefühle gesprochen, man berührt sich kurz, errötet, nur um bereits auf der nächsten Seite, genervt von dem Anderen, mit den Augen zu rollen. Allgemein bleibt mir bis zum Schluss, als Giulia eindeutige Worte verwendet, die Art der Beziehung der beiden zueinander unklar.

Die Wahl der Sprache ist besonders in den kämpferischen Szenen im letzten Drittel des Buches sehr graphisch und beschreibt das Geschehen mitunter sehr deutlich. Das macht diese Abschnitte zwar, in meinen Augen, im Vergleich zu dem Rest der Geschichte flüssiger und aufregender zu lesen, jedoch sollte man sowas auch mögen oder sich nicht zu sehr daran stören, sonst geht dieser Aspekt für denjenigen verloren.
Bezüglich des Schreibstils sind mir die häufigen Wortwiederholungen aufgefallen und die eine oder andere grammatikalische Unstimmigkeit, was zu dem eher holprigen Leseeindruck beiträgt.

Im Großen und Ganzen gefiel mir der Roman aber ganz gut und ich habe ihn gerne und ohne große Mühe gelesen. Vieles, was ich als weniger gelungen empfunden habe, wie die Einführung vermeintlich unwichtiger Charaktere als auch die leicht irritierenden Verhaltensweisen, resultiert meiner Meinung nach aus der bereits erwähnten, zu oberflächlichen Vorstellung der einzelnen Personen dem Leser gegenüber. Eine etwas umfangreichere Beschreibung hätte hier dem Roman bestimmt noch mehr Tiefe und Farbe gegeben.
Und auch wenn ich mit ein paar offenen Fragen zurückgelassen worden bin, würde ich mich an einen weiteren Roman des Autors wagen und mich gerne positiv überraschen lassen.

Ich bewundere außerdem den Mut des Autors von seiner eigentlichen Tätigkeit als Coverdesigner, einmal quasi die Seiten gewechselt und dieses Buch geschrieben zu haben und das meine ich wirklich aufrichtig. Ich denke, viele Leute spielen mit dem Gedanken, selber in ein Buch zu schreiben, wagen es jedoch nie. Er selbst beschreibt in seiner Danksagung, dass die Arbeit an einem Buch dem Mount Everest gleicht. Ich finde seine Erstbesteigung hat er trotz allem gut gemeistert.