Agatha Christie geht neue Wege - teilweise sehr gelungen
Das Eulenhaus"Das Eulenhaus" ist ein für Agatha Christie eher untypischer Krimi und das ist zunächst seine Stärke. Wir haben hier schon fast eher ein Psychogramm als einen Krimi. Das bringt erfreulich frischen Wind ...
"Das Eulenhaus" ist ein für Agatha Christie eher untypischer Krimi und das ist zunächst seine Stärke. Wir haben hier schon fast eher ein Psychogramm als einen Krimi. Das bringt erfreulich frischen Wind hinein, aber leider gab es auch mehrere Schwächen.
Es beginnt noch recht typisch Christie. Diverse Menschen kommen für ein Wochenende in einem Landhaus zusammen, als Gäste von Henry und Lucy Angkatell. Lucy ist die Erste, der wir begegnen und wir merken auch gleich, sie ist ungewöhnlich. Die ältere Dame neigt zu gedanklichen Abschweifungen und exzentrischen Gedankengängen. Was zu Beginn noch etwas Amüsantes hat, wird im Verlauf des Buches zunehmend ermüdend. Viel Platz wird darauf verwandt, Lucys Monolog widerzugeben und die Charaktere versichern und unablässig, wie herrlich charmant und exzentrisch sie ist. Herrlich fand ich es allerdings immer weniger, abgesehen davon, daß es viel zu viel Raum einnahm. Irgendwann weiß man auch schon, in welche Richtung es gehen wird, da diese ganze "charmante" Exzentrik absolut überbenutzt wird.
Die anderen Charaktere sind teilweise sehr interessant und gut gezeichnet, teilweise bleiben sie blass und sind für die Geschichte überflüssig. Interessant war es, einen Einblick in die Gedanken vieler der Charaktere zu bekommen. Wir erleben das Geschehen ausnahmsweise nicht durch die Augen von Hastings, Poirots normalerweise treuem Begleiter, und erfahren so mehrere Perspektiven, lernen die Personen deshalb auch viel besser kennen. Das war erfreulich und oft interessant. Einige Handlungsstränge zogen sich leider ziemlich und hatten keine Relevanz für die Geschichte. So hatte ich am Ende das Gefühl, ziemlich in der Luft hängengelassen zu werden. Zum Ende aber später mehr.
Poirot kommt im Buch vor, aber er spielt keine wirklich Rolle. Ursprünglich war nicht geplant, ihn mitspielen zu lassen und das merkt man. Er ist hier halbherzig eingebunden, ermittelt eigentlich nicht, taucht nur ab und an auf. Überhaupt spielen die Ermittlungen nur eine geringe Rolle. Nachdem der Mord geschieht und viele interessante Fragen aufwirft, widmet sich Christie ihren diversen Charakteren und berichtet uns viel Unnötiges. Allerdings geschieht dies überwiegend durchaus kurzweilig. Während ich in vielen Christie-Büchern die ständigen Verhöre, in den die ewiggleichen Fragen wiederholt werden, oft langweilig fand, gibt es so etwas hier gar nicht. Die Perspektiven wechseln, das Geschehen wechselt, wir gehen von einem zum anderen und das in einem meistens guten Erzähltempo.
Das Ende kommt dann recht unerwartet und natürlich gelingt es Christie wieder, mich damit zu überraschend. Ich hatte bis zum Ende keine Ahnung, wer der Täter ist. Allerdings ist der Weg zur Lösung plötzlich und nicht wirklich nachvollziehbar. Auch eine Entscheidung, die Poirot am Ende trifft, finde ich nicht passend. Während sie interessante Fragen rund um Schuld und Sühne berührt, läßt sie andere wichtige Aspekte außer Acht und wirkt deshalb nicht stimmig für mich. Auch blieben einige Fragen unbeantwortet, bzw. erwiesen sich als irrelevant. Insgesamt hatte mir die Handlung des Buches zu wenig mit dem Ende und der Auflösung des Falles zu tun.