Ceecees Rettung
Die Frauen von Savannah"Die Frauen von Savannah" ist im Original mit "Saving Ceecee Honeycutt" betitelt, was besser zum Inhalt paßt. CeeCee, die als Ich-Erzählerin fungiert, ist zwölf Jahre alt und zu Beginn des Buches erfahren ...
"Die Frauen von Savannah" ist im Original mit "Saving Ceecee Honeycutt" betitelt, was besser zum Inhalt paßt. CeeCee, die als Ich-Erzählerin fungiert, ist zwölf Jahre alt und zu Beginn des Buches erfahren wir einiges über ihre Kindheit mit einer Mutter, die psychisch krank ist. Schon der erste Satz des Buches: "Momma ließ ihre roten Satinschuhe mitten auf der Straße stehen" deutet die Thematik an und macht zudem neugierig. Diese traurige Kindheit, die CeeCee verlebt, mit einer selbst leidenden Mutter und einem stets abwesenden Vater, unter gehässigen Schulkameraden und in ständiger Angst, was die Mutter als nächstes "anstellen" wird, geht beim Lesen zu Herzen. Da wir alles durch Ceecee erfahren, können wir uns nur zusammenreimen, was genau mit ihrer Mutter ist und wie der Vater einzuschätzen ist. Das ist ein gutes Vorgehen, weil man gerade über den Vater beim Lesen immer wieder die Meinung ändert und sich viele Schlußfolgerungen selbst überlegen muß. Über die Mutter hätte ich gerne mehr erfahren. Ceecees tiefe Traurigkeit kommt durch die Erzählweise auch sehr gut heraus. So hat dieser Anfang überraschende Tiefe und Vielseitigkeit und ist auf gelungene Weise düster (was ich angesichts des angekitschten Titelbilds (auch da hat die Originalausgabe es besser getroffen) nicht erwartet hatte.
Als Ceecee nach dem Tod ihrer Mutter von ihrer Großtante in Savannah aufgenommen wird, wandelt sich die Atmosphäre sehr. Savannah - die verträumte Stadt im tiefen Süden, deren teils exzentrische Bewohner auch schon beliebtes Thema anderer Romane waren. Beth Hoffman liefert hier vertraute Motive des Südens in den 60ern: wohlhabende Damen in prachtvollen Häusern, die sich der Erhaltung alter Gebäude widmen, Parties geben und elegante Kleider und Hüte ausführen. Die treue Köchin, ein wenig ruppig, aber mit einem Herzen aus Gold. Ein paar Eifersüchteleien unter den Damen mit zu viel Zeit, ein paar belanglose Gespräche, der Rassismus von Ort und Zeit blitzt gelegentlich durch. Dieses etwas geschönte Südstaatenbild wird liebevoll geschildert und man blüht mit CeeCee auf, die plötzlich in die kuschlige Umarmung dieser für sie neuen Welt genommen wird und sich im Laufe ihres ersten Sommers dort wie eine Blume immer mehr entfaltet.
Dieser Sommer wird gemächlich, atmosphärisch und episodisch erzählt. Ceecee hat ihre kleinen Erlebnisse - Ausflüge, neue Bücher und Kleider, heimliches Schwimmen im Pool der Nachbarin, Treffen mit Bekannten ihrer Großtante und deren Köchin Oletta. Das glitt mir teilweise zu sehr ins Belanglose ab und irgendwann sind die diversen liebevoll-exzentrischen Damen ein wenig überbenutzt. Alle, denen Ceecee begegnet, haben irgendeine Eigenheit, die uns detailliert geschildert wird. Manche dieser Leute werden ausführlich beschrieben, um nach einigen Seiten wieder völig aus der Geschichte zu verschwinden, andere tauchen hin und wieder auf, manche spielen eine ständige Rolle. Ein paar weniger dieser Leute und Erlebnisse hätten es auch getan, denn irgendwann wurde ich all dieser originellen kleinen Eigenheiten etwas müde.
Die Tiefe, die das Buch am Anfang hat, findet es ab und an wieder zurück und das sind die besten Szenen. Immer, wenn Ceecee mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird, bekommt das Buch Substanz. Auch die ab und an eingestreute sich verändernde Haltung zu ihrem Vater ist interessant, dazu glaubhaft und gut geschildert. Ein wenig mehr davon und etwas weniger belanglose Episoden hätten dem Buch meines Erachtens sehr gut getan. Während diese Stellen sehr berühren, waren einige der anderen Episoden wirklich albern. Zwei Nachbarinnen führen eine Art Kleinkrieg, der uns die schlechtesten Szenen des Buches bringt - überdreht und platt.
Ein weiterer Punkt, der mir nicht zugesagt hat, war die Tendenz zur Zuckerwattigkeit. An einer Stelle erwähnt Ceecee, dass die Welt um sie herum ganz rosa wirkte und den Eindruck hatte ich auch. Ceecees innere Reise, ihre "Rettung" (wenn man nach dem englischen Titel geht) hätte man auch sehr schön mit weniger ezählerischem Sirup schildern können. Die meisten Probleme lösen sich hier von selbst, oder werden nach einem mit vielen Lebensweisheiten garnierten Gespräch gelöst. Lebensweisheiten werden mit Begeisterung verteilt, keine Gelegenheit für einen Kalenderspruch wird ausgelassen. Auch einige Wendungen waren gar zu zuckrig - der "alles wird innerhalb weniger Wochen gut"-Kurs wird unerbittlich verfolgt.
So war es einerseits sehr interessant, CeeCee - die eine sympathische Ich-Erzählerin ist - zu begleiten, mit ihr zu fühlen und sich zu freuen, wie ihre Seele heilt. Andererseits wäre dies auch mit weniger putzig-originellen Banalitäten und weniger Rosatönung möglich gewesen und hätte mir persönlich dann wesentlich besser gefallen.