Profilbild von Viv29

Viv29

Lesejury Star
offline

Viv29 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Viv29 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.02.2019

Nicht besonders gut erzählte Geschichte im 08/15-Gerüst

Am dunklen Fluss
0

Anna Romer nimmt die schon unzählig oft benutzten Bausteine solcher Bücher: zwei Frauen in zwei verschiedenen Zeiten; Tagebuch und Briefe, welche der modernen Protagonistin ein dunkles Geheimnis verraten. ...

Anna Romer nimmt die schon unzählig oft benutzten Bausteine solcher Bücher: zwei Frauen in zwei verschiedenen Zeiten; Tagebuch und Briefe, welche der modernen Protagonistin ein dunkles Geheimnis verraten. Natürlich hat die moderne Protagonistin, Ruby, einen kleinen Buchladen - irgendwann wurde es zum festen Bestandteil vieler Frauenromane, daß die Hauptperson Inhaberin eines originellen kleinen Buchladens ist und davon natürlich problemlos leben kann. Selbstverständlich fehlt am Ende auch nicht die Szene, in der der Bösewicht noch detailreich seine dunklen Pläne erklärt und danach überwältigt wird. Dies alles haben wir schon unzählige Male gelesen und es überrascht mich immer wieder, daß so viele Autoren immer noch diesem 08/15-Gerüst folgen.

Nun wäre das halb so schlimm, wenn man dieses Gerüst mit einer interessanten gut geschriebenen Geschichte ummanteln würde. Leider gelingt auch das hier nicht. Die Ansätze sind durchaus da - Australien ist eine nette Abwechslung von all den englischen Landhäusern oä, in dem junge Frauen sonst die Dokumente mit dunklen Geheimnissen entdecken. Die unwirtliche Natur, das Leben der Maori, ihre Rechtlosigkeit, der Rassismus - das alles sind noch recht unverbrauchte Themen, relevant und interessant dazu. Es beginnt auch alles ganz vielversprechend. Wir begleiten abwechselnd Ruby in der heutigen Zeit und Breann im Jahre 1898. Ruby hat ihre Schwester durch einen Unfall (so sagt man ihr jedenfalls) verloren, war damals sogar dabei, hat durch eine Amnesie aber keine Erinnerung und merkt jetzt allmählich, daß irgendwas an der Geschichte nicht stimmt. Dann hat sie noch einen schmierigen Freund mit weiterem Konfliktpotential. (Hier leider auch schon eine irritierende Schludrigkeit, denn des Freundes Augen sind braun, zwei Seiten später dann blau). Die Schmierigkeit des Freundes wird dann so überdeutlich dargestellt, wie auch später im Buch viele weitere Dinge. Der Leser hat im ganzen Buch keine Möglichkeit, eigene Schlüsse zu ziehen, alles wird mehrfach überdeutlich auf dem Silbertablett serviert und zur Sicherheit später noch mal zusammengefaßt.

Rubys Kapitel wurden leider zunehmend langweilig. Sie bestehen aus unzähligen inneren Monologen, ständigen Wiederholungen dessen, was wir schon gelesen haben, wirren Träumen und Erinnerungen und sehr vielen völlig überflüssigen Szenen. Man hätte problemlos 200 Seiten aus dem Buch entfernen können, ohne daß es Einfluß auf die Geschichte gehabt hätte.

Breanns Kapitel sind interessanter, auch Breann selbst ist interessanter als die unentschlossene, konturlose Ruby. Hier gibt es auch eine Handlung, die lesenswert ist - leider fasert sie auch ein wenig aus und leidet an den ständigen Wiederholungen und Erklärungen des Offensichtlichen, aber immerhin sind diese Kapitel nicht zu 80% irrelevantes Füllmaterial wie Rubys Kapitel. Breanns Geschichte alleine wäre ein ganz gutes Buch gewesen. Leider schlägt sich aber auch hier ein weiteres Problem des Buches nieder: die ständigen Beschreibungen. Jeder Raum, jede Person, jede Landschaft, alles wird beschrieben, wir erfahren wo jeder einzelne Stuhl steht, wo welcher Baum wächst, usw. Für die Geschichte ist es selten relevant, für die Gestaltung der Atmosphäre viel zu viel. An manchen Stellen wird die Handlung nach jedem Absatz für eine Beschreibung unterbrochen.

Ich habe an diese "Frau entdeckt Unterlagen mit dunklem Geheimnis"-Bücher keine großen Erwartungen. Es ist nette Zwischendurch-Lesekost; wenn man Glück hat, mit spannend dargestellter interessanter Geschichte. Hier wurden aber sogar meine überschaubaren Erwartungen enttäuscht und das Lesen wurde zunehmend unerfreulicher. Die große Auflösung des dunklen Geheimnisses war dann auch nicht so spektakulär, daß es sich gelohnt hat, sich durch das Dickicht von Wiederholungen, Beschreibungen, Füllszenen und öden inneren Monologen zu kämpfen. Man hätte hier aus der Grundidee ein passables Buch machen können, aber das ist leider danebengegangen.

Veröffentlicht am 09.09.2020

Verunglückte Mischung aus langweilig und albern

Ommh Arsch vorbei geht auch ein Weg
0

Die Buchbeschreibung fand ich ausnehmend interessant – die Autorin probiert verschiedene Wege zur Erkenntnis aus, von traditionell (Kirchbesuch) bis hin zu den abgedrehtesten Ecken der Esoterikwelt. Der ...

Die Buchbeschreibung fand ich ausnehmend interessant – die Autorin probiert verschiedene Wege zur Erkenntnis aus, von traditionell (Kirchbesuch) bis hin zu den abgedrehtesten Ecken der Esoterikwelt. Der Titel versprach einen humorvollen Blick auf diese Erfahrungen. Ich habe mir also ein Buch vorgestellt, das mich schmunzeln läßt und auch einen Blick hinter die Kulissen der Esoterikindustrie bietet, die mit dem guten Glauben der Menschen dicken Profit macht. Bekommen habe ich eine Mischung aus Langeweile und unerträglicher Albernheit. Ich habe mich tapfer ziemlich lange durchgekämpft, aber ganz bis zum Ende habe ich es nicht durchgehalten.

Die Autorin berichtet am Anfang, wie sie überhaupt auf den Gedanken kommt, verschiedene Wege zu Erkenntnis zu suchen, oder eher: sie versucht, es zu berichten. Letztlich wird es nämlich nicht wirklich klar, es scheint eine Momentidee ohne wirklichen Hintergrund zu sein – oder eher einfach eine Buchidee ohne wirklichen Hintergrund? Egal. In verschiedenen Kapiteln wird nun vom Besuch einer Esoterikmesse berichtet, eines Engelsseminars, eines Schamanenkurses usw. An Vielfalt der Erfahrungen mangelt es wirklich nicht.

Zuerst werden die jeweiligen Methoden vorgestellt, das geschieht meistens recht langweilig durch Aufzählungen und Texte, die sich lesen, als ob sie aus Wikipedia oder ähnlichen Seiten kopiert wären. Es gibt sehr viel Theorie, die auch oft zu ausführlich berichtet wird. Dazu gibt es reichlich Links und Adressen – ein Großteil des Buches hat also eher was von einer trockenen Werbebroschüre. Das hätte man alles unterhaltsamer und kürzer zusammenfassen können – die meisten Leser dürften sich für die persönlichen Erfahrungen interessieren. Diese sind leider unfassbar albern geschrieben. Man merkt richtig, wie sehr die Autorin versucht, wahnsinnig komisch zu sein. Die Thematik gibt reichlich her, was man unterhaltsam und amüsant verpacken könnte. Das scheint aber nicht zu reichen, denn es werden haufenweise versucht witzige kreischige Bemerkungen drumherum gepackt. Das sowohl bei den eigenen Erlebnissen wie bei den unecht wirkenden Dialogen mit den zwei klischeehaften Freundinnen und dem Lebenspartner. Alles wird platt, schrill und übertrieben vermittelt. Es gab durchaus interessante Momente bei den jeweiligen Erfahrungen, aber leider werden sie unter dieser unerfreulichen Mischung aus Theorie-Nacherzählungen und dem verkrampften, komplett verunglückten Versuch, witzig zu schreiben, völlig erstickt. Ein vielversprechendes Thema, das bemerkenswert schlecht umgesetzt wurde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.06.2019

Ob der prollige Stil originell sein oder eine schwache Geschichte überdecken sollte?

Die Hirnkönigin
0

Auf den ersten Seiten dachte ich noch „Na ja, schnoddriger Stil, zu schnelle Absatz- und Perpektivwechsel, aber wird schon noch.“ Nun habe ich mich bis Seite 70 durchgekämpft und stelle fest, abgesehen ...

Auf den ersten Seiten dachte ich noch „Na ja, schnoddriger Stil, zu schnelle Absatz- und Perpektivwechsel, aber wird schon noch.“ Nun habe ich mich bis Seite 70 durchgekämpft und stelle fest, abgesehen vom aufgesetzt schnoddrigen Stil wird hier nicht viel geboten. Der Mordfall spielt bislang noch eine ziemliche Nebenrolle und läßt sich ohnehin nicht interessant an.

Hauptsächlich hat der Leser das zweifelhafte Vergnügen, die Journalistin Kyra Berg zu begleiten, die auf diesen 70 Seiten schon einige Leute grundlos angebrüllt hat, ihre Kippen überall herumwirft, kaum einen Satz ohne Beleidigung aussprechen kann, gerne Filmrisse hat und innerhalb von wenigen Tagen zwei Leute tätlich angegriffen hat. Ihre Gedanken beim Geräusch von Flaschen im Glascontainer der Nachbarschaft: „Kyra war noch nicht dahinter gekommen, ob das Balg die Flaschen deshalb so donnerte, weil es auch nicht mitanhören wollte, wie Papi Mami fickte, oder weil es wütend war, dass es nicht zugucken durfte.“ Relevanz für die Geschichte? Keine. Aber voyeuristische Kinder, pardon: Bälger, sind so ein irre origineller Gedanke, nicht wahr?

Auch sonst gibt sich die Autorin redliche Mühe, so oft wie möglich ein Fäkalwort oä einzufügen. Vielleicht will sie so die schwache Geschichte interessanter erscheinen lassen? Der Mordfall läuft wie gesagt so nebenher, weil wir lesen müssen, wie Kyra in der Oper pöbelt, im Restaurant pöbelt, in ihrer Wohnung pöbelt, mit Kollegen pöbelt. Dazu gibt es noch ein paar exaltierte Visionen einer unbekannten Person, eine Prise klassischer Zitate und sinnlose Unterhaltungen.

Auf dem Umschlag steht, das Buch hätte den Deutschen Krimipreis gewonnen. Vielleicht wird es ja noch ganz toll, aber ich habe nicht das geringste Interesse, mir die diversen Ausfälle der nervigen Kyra durchzulesen und darauf zu hoffen, daß dieses verkrampft-gewollte Geschnodder irgendwann lesenswert wird.