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Veröffentlicht am 10.07.2017

Zerrissenes Vietnam

Die Tochter des Seidenhändlers
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Inhalt: 

Vietnam in den 1950er Jahren:
Nicole, Tochter eines französischen Vaters und einer (toten) vietnamesischen Mutter, ist gerade 18 geworden. Sie bekommt einen kleinen Seidenladen, während ihre ...

Inhalt: 

Vietnam in den 1950er Jahren:
Nicole, Tochter eines französischen Vaters und einer (toten) vietnamesischen Mutter, ist gerade 18 geworden. Sie bekommt einen kleinen Seidenladen, während ihre fünf Jahre ältere Schwester Sylvie komplett in das Familiengeschäft eingebunden wird.
Nicole verliebt sich, aber durch den Krieg der Vietminh gegen die französischen Besatzer weiß sie bald nicht mehr, wem sie trauen kann, und auf welcher Seite sie steht.

Meine Meinung:

Mit 'Die Tochter des Seidenhändlers' ist Dinah Jefferies ein faszinierender Roman gelungen. Über die Zeit der französischen Besetzung Vietnams war mir vorher nichts bekannt, und so war ich dann sehr gespannt auf das Buch. Ich wurde nicht enttäuscht. Man erfährt einiges über die Kultur Vietnams, sowie darüber, wie es zu der Teilung des Landes überhaupt kommen konnte. Wie in so vielen anderen Ländern, beginnen die politischen Unruhen und Kämpfe damit, dass die Ureinwohner endlich die Fesseln der Besatzer abschütteln wollen. Natürlich stellt das eine Zerreißprobe dar, denn inzwischen gibt es viele Familien, die gemischt sind. So auch Nicole: über ihre vietnamesischen Wurzeln weiß sie praktisch nichts, lernt aber nach und nach, dass es neben der französischen auch eine vietnamesische Seite in ihr gibt, und sie muss sich entscheiden, wo sie hingehört.
Natürlich ist das nicht leicht, sie sieht die Fehler und Grausamkeiten beider Seiten.
Dass nichts nur schwarz oder nur weiß dargestellt wurde, betrachte ich als eine große Stärke des Romans. Entsprechend hin- und hergerissen ist Nicole auch. Sie fühlt sich zu keiner Seite 100% zugehörig, und wird von keiner Seite vollkommen akzeptiert.
Irgendwie muss sie ihren Weg in diesem zerrissenen Land finden, und das ist nicht leicht.

Die ersten beiden Drittel des Buches waren sehr spannend und anschaulich beschrieben, im letzten Drittel war die Luft jedoch raus.
Die Charaktere bleiben recht farblos, und Nicole bleibt trotz allem, was sie erlebt hat, sehr vertrauensselig und naiv. Das konnte mich nicht richtig überzeugen. Allerdings waren die Umstände sehr schwierig, so dass ich ihre Entscheidungen nicht gänzlich unverständlich fand. Die Absätze erscheinen zum Teil recht übergangslos, was abgehackt wird und den Lesefluss unterbricht.
Schön ist der kurze historische Abriss am Ende des Buches, welcher dabei hilft, die Geschehnisse zeitlich einzuordnen.
Insgesamt ein sehr lesenswerter historischer Roman, wenngleich ich mir gewünscht hätte, dass die Charaktere besser herausgearbeitet worden wären.

Vielen Dank an Bastei Lübbe für das Rezensionsexemplar und die Leserunde.

  • Einzelne Kategorien
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  • Atmosphäre
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  • Figuren
  • Gefühl
Veröffentlicht am 27.04.2017

Unglaubliche Zustände

Sein blutiges Projekt
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Dieses Buch hat mich sehr fasziniert. Es ist unglaublich, welche Fortschritte wir seit dem 19. Jahrhundert gemacht haben, besonders im medizinischen und psychologischen Bereich. Die Experten in dem Buch ...

Dieses Buch hat mich sehr fasziniert. Es ist unglaublich, welche Fortschritte wir seit dem 19. Jahrhundert gemacht haben, besonders im medizinischen und psychologischen Bereich. Die Experten in dem Buch waren für ihre Zeit recht aufgeschlossen, wenngleich sie natürlich Opfer ihrer eigenen, damals gängigen, Vorurteile waren. So wurden die hart-arbeitenden, armen Leute kriminalisiert und stigmatisiert -- natürlich von denen, die eine gute Erziehung und Ausbildung genossen hatten, weil sie höheren Kreisen angehörten. Betrüblicherweise hat sich in d e r Hinsicht auch heutzutage noch nicht viel geändert.
Das Buch liest sich so, als habe das alles tatsächlich stattgefunden. Alle Dokumente und Aufzeichnungen sind so geschickt verknüpft, dass man als Leser am Schluss nur eines sicher weiß: wer die Tat begangen hat, und welches Urteil gefällt wurde. Man wird sehr überzeugend ins Schottland des 19. Jahrhunderts versetzt, in eine Gegend wo Hunger und Armut vorherrschen, und wo die Herrschenden ihre ganz eigne "Gerechtigkeit" praktizieren.
Wer der englischen Sprache mächtig ist, dem würde ich übrigens unbedingt die Hörbuchversion im Original empfehlen.

Veröffentlicht am 13.03.2017

Achterbahn der Gefühle

Warten auf Bojangles
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Wenn es ginge, würde ich diesem Buch sechs Sterne geben, dabei ist es schwer, in Worte zu fassen, warum.

Es ist poetisch, eindringlich, lustig, traurig, verrückt, wundervoll -- mir fehlen die Adjektive.
Es ...

Wenn es ginge, würde ich diesem Buch sechs Sterne geben, dabei ist es schwer, in Worte zu fassen, warum.

Es ist poetisch, eindringlich, lustig, traurig, verrückt, wundervoll -- mir fehlen die Adjektive.
Es ist ein Büchlein (aber schön ausgestattet, sogar mit Lesebändchen), und jede/r sollte die Zeit finden, es zu lesen. Am Besten igelt man sich für ein paar Stunden ein und taucht ab. Aber Achtung: man sollte sich nicht nur mit Getränken, sondern auch mit Taschentüchern ausrüsten. Man wird sie brauchen, und das nicht nur wegen des Verlaufes, den die Geschichte nimmt, sondern weil sie einfach zum heulen schön ist.

Ich werde gar nicht versuchen, den Inhalt zu beschreiben, denn man kann diese Achterbahn der Gefühle sowieso nicht in Worte fassen.
Es fängt recht lustig an, und irgendwie ist es auch verrückt, aber dann mehren sich die ernsten Momente, bis man zu dem Punkt kommt, wo man Böses ahnt, und die Luft anhält... Trotzdem war ich auf das Ende nicht vorbereitet. Vielleicht hätte ich es den Andeutungen entnehmen können, und unterbewusst habe ich es auch gemacht, aber ich wollte es nicht wissen.

Tja, und da saß ich dann mit verweinten Augen -- und ich bin nicht der sentimentale Typ.
Es ist aber alles so realistisch beschrieben, auch wenn es so grotesk wirkt. Ich habe ähnliche Situationen in meinem Leben erlebt, vielleicht ging es mir deswegen so unter die Haut.
Egal, welche Genres man gerne liest, dies ist ein Buch das sicher jeden ansprechen wird.

Ich danke dem Piper Verlag und Literaturschock für das Rezensionsexemplar.

Veröffentlicht am 13.03.2017

Liebe, Freundschaft, Vertrauen, Verrat

Elias & Laia - Eine Fackel im Dunkel der Nacht
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Dies ist eine großartige Fortsetzung von 'Elias & Laia - Die Herrschaft der Masken'!

Laia und Elias versuchen das Kauf Gefängnis zu erreichen, wo Darren gefangengehalten und gefoltert wird, aber sie sind ...

Dies ist eine großartige Fortsetzung von 'Elias & Laia - Die Herrschaft der Masken'!

Laia und Elias versuchen das Kauf Gefängnis zu erreichen, wo Darren gefangengehalten und gefoltert wird, aber sie sind Feind Nr. 1 des Empires, und Elias' beste Freundin Hel ist ihnen auch auf den Fersen.
Wie sollen sie das Gefängnis erreichen? Wird Darren überhaupt noch am Leben sein, wenn/falls sie dort eintreffen? Der Kommandant scheint jede ihrer Handlungen vorauszuahnen.

Laia und Elias leiden beide unter Schuldgefühlen wegen der vielen Tode, die sie verursacht haben -- aber da scheint kein Ende abzusehen zu sein.
Besonders Elias und Helena müssen folgenschwere Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen sie kaum absehen können.

Auch hier liegt wieder eine wunderschöne Geschichte vor über Tyrannei, Folter, Liebe, Freundschaft, Vertrauen und Verrat.
Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung, auch wenn ich bis 2018 warten muss.
Obwohl es weitergeht, habe ich diesmal keinen Stern abgezogen, denn die Geschichte könnte hier zu ende sein.

Veröffentlicht am 26.02.2017

Bruno verliert den Überblick

Frevel
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Ich habe kürzlich 'Heresy', das erste Giordano Bruno Buch gehört, und es war klasse. Meine Neugier war geweckt, also kaufte ich mir die Fortsetzung.

Das Tempo ist nicht hoch, erst ziemlich zum Schluss ...

Ich habe kürzlich 'Heresy', das erste Giordano Bruno Buch gehört, und es war klasse. Meine Neugier war geweckt, also kaufte ich mir die Fortsetzung.

Das Tempo ist nicht hoch, erst ziemlich zum Schluss nimmt es an Fahrt auf. Trotzdem ist es ein sehr gutes Buch, besonders, wenn man an Geschichte interessiert ist. Neugierig wie ich war recherchierte ich selbst ein bisschen,und zu meiner Überraschung sind nicht nur die englischen Hauptcharaktere belegte historische Persönlichkeiten (wessen ich mir durchaus bewusst gewesen war), sondern auch Giordano Bruno basiert auf einer historischen Person, dessen Ideen, die im Buch dargestellt werden, tatsächlich die Ideen waren, wegen derer er im richtigen Leben von der römischen Kirche verfolgt wurde. Dasselbe gilt für John Dee und Kelley. Ich bewundere die Menge an akribischer Recherche die in die Giordano Bruno Serie geflossen ist.

Im Großen und Ganzen hat mir das Buch gut gefallen, aber es hat einige Längen,so dass ich zeitweise leicht abgelenkt war. Geschichtsfans werden das Buch lieben, Mysteryfans werden möglicherweise enttäuscht sein, denn obwohl Bruno auf Mörderjagd ist, ist dies doch eher ein Aufhänger für ein Bild der politischen Situation der Zeit, mit ihren Verschwörungen und ihrer Spionage. Es vermittelt einen perfekten Eindruck der Maria Stuart - Elizabeth I Problematik mit allem was da so dranhängt.

Ein großartiges Buch mit einigen Schwächen die man leicht vergeben kann aufgrund der Fülle an Informationen die das Buch enthält.