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Veröffentlicht am 09.09.2020

Liebe oder Karriere?!

Wolfes of Wall Street - Ian
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Ian Bradley ist ganz oben angekommen: Er ist trotz seines jungen Alters einer der erfolgreichsten Broker an der New Yorker Wall Street und hat sich den Weg nach oben mit harter Arbeit selbst erkämpft. ...

Ian Bradley ist ganz oben angekommen: Er ist trotz seines jungen Alters einer der erfolgreichsten Broker an der New Yorker Wall Street und hat sich den Weg nach oben mit harter Arbeit selbst erkämpft. Umso schockierter ist er, als er plötzlich ins Fadenkreuz der Ermittlungsbehörde für Wirtschaftskriminalität gerät, die ihm verbotene Insidergeschäfte vorwirft. Ian ist davon überzeugt, dass jemand seine Karriere zerstören möchte und will unbedingt seine Unschuld beweisen. Doch die für seinen Fall zuständige Ermittlerin Lara McKenzie stellt sich als schwierig zu überzeugen dar: Sie ist hartnäckig davon überzeugt, den Fall anhand der Fakten detailliert zu überprüfen und noch dazu immun gegenüber Ians Charme. Je enger die beiden allerdings zusammenarbeiten, desto weniger lässt sich das Prickeln zwischen ihnen ignorieren – obwohl sie auf unterschiedlichen Seiten stehen und es Laras Job ist, Ians ins Gefängnis zu bringen.

„Wolfes of Wall Street – Ian“ ist der erste von drei Bänden der neuen „Wolfes-of-Wall-Street“-Reihe der NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin Lauren Layne. Jeder der drei Bände rückt einen der drei befreundeten Wall-Street-Broker aus dem „Wolfes“-Büro in den Mittelpunkt, die beiden anderen Protagonisten wurden im Auftaktband bereits eingeführt. Das Cover ist passend, wenn auch etwas unspektakulär: Der Leser erkennt auf den ersten Blick, dass es sich um einen attraktiven Geschäftsmann aus New York handelt. Gut finde ich jedoch, dass Ians Gesicht nicht komplett gezeigt wird und dem Leser somit nicht seine Phantasie genommen wird.

Das Buch beginnt mit einer selbstironischen Eigenpräsentation Ians, bereits hier erfolgt die Direktansprache des Lesers, welche auch im Folgenden von beiden Protagnisten regelmäßig angewandt wird. Der Sprachstil ist sehr anschaulich und flüssig gestaltet, mir haben insbesondere der häufige Wortwitz, die frechen Dialoge und der intelligente Schlagabtausch zwischen den Personen gut gefallen. Auch ist es Lauren Layne gut gelungen, die Anziehungskraft zwischen Ian und Lara plastisch darzustellen. Trotzdem erfolgt ihre Annäherung langsam und durchdacht, zu pietätvoll dargestellten erotischen Szenen kommt es erst recht spät im Buch.

Der Einblick in die Finanzwelt New Yorks war interessant, wobei mir persönlich der geschäftliche Aspekt etwas zu zweitrangig dargestellt war. Ich hätte mir einen stärkeren Bezug zur Wall Street und mehr Informationen aus dem Arbeitsalltag der Broker gewünscht. Es war schwer nachzuvollziehen, worauf sich der Vorwurf der illegalen Insidergeschäfte wirklich begründet.

Ian und Lara sind beides selbstbewusste Protagonisten, die im jeweils anderen einen ebenbürtigen Gegner gefunden haben. Sie sind selbstbewusst und rhetorisch stark, haben jeder für sich aber auch eine verletzliche Seite, die sie von der Außenwelt abschirmen. Lara ist eine Frau mit Prinzipien, die vor allem nach Gerechtigkeit strebt. Wirkt sie auf den Leser zunächst karriereversessen und bieder, lernt man ihre clevere, regelkonforme und loyale Art im weiteren Verlauf des Buches zu schätzen. Sie verfügt des Weiteren über eine gute Kombinationsgabe und ist deshalb so erfolgreich in ihrem Job als Ermittlerin. Eine starke Frauenfigur, die genau weiß, was sie will und sich nicht von den Männern der Wall Street einschüchtern lässt. Ian pflegt zwar sein Image als Playboy und Frauenheld, ist nach dem Blick hinter die Fassade aber sehr sympathisch. Warum er sich hinter dieser wenig schmeichelhaften, luxuriösen Mauer versteckt habe ich aber nicht wirklich verstanden. Super dargestellt wurden auch die Nebenfiguren in Form von Ians Freunden. Diese halten wie Pech und Schwefel zusammen und nebenher lernt man bereits die Protagonisten-Pärchen der Folgebände kennen – und freut sich auf die Bücher, da jede Nebenfigur bereits sehr facettenreich mit eigenen Charakterzügen und Eigenheiten abgebildet wurde. Weitere Nebenfiguren wie beispielsweise Laras Chef blieben indes sehr blass.

Enttäuscht war ich lediglich über die Gründe, weshalb an Ian ein Exempel statuiert werden sollte. In meinen Augen war die „Lösung“ des Falles sehr unrealistisch, unspektakulär und vorhersehbar und somit auch schnell abgehandelt. Das war mir leider etwas zu einfach und klischeehaft gelöst. Auch der „Streit“ zwischen Lara und Ian war kein richtiger und dementsprechend auch sehr schnell beendet. Ich hätte mir mehr Vertrauen und vor allem etwas mehr Kommunikation gewünscht, nach einer kurzen Aussprache ohne weitere Erklärungen oder tiefergehende Gespräche erfolgte eine sehr schnelle Versöhnung . Auch war in meinen Augen das Happy End zum Schluss etwas zu perfekt, um noch realistisch zu sein.

Fazit:
Ein gut geschriebener Enemies-to-Lovers-Roman, bei dem das Prickeln zwischen den Protagonisten spürbar wird und eine gute Mischung aus Beruflichem, Gefühlen und Drama beinhaltet war. Die Geschichte war angenehm zu lesen, wenn auch ein wenig vorhersehbar. Die tollen Haupt- und Nebencharaktere und ihr selbstbewusster, humorvoller Schlagabtausch machen aber inhaltliche Schwächen wieder wett.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 09.09.2020

Mitreißend, authentisch und wahnsinnig spannend!

Schrei nach Rache
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An verschiedenen deutschen Flughäfen kommt es innerhalb kürzester Zeit zu mehreren Morden. Allen gemein ist ihre unglaubliche Brutalität, darüber hinaus kann das Team des LKA rund um die zuständige Ermittlerin ...

An verschiedenen deutschen Flughäfen kommt es innerhalb kürzester Zeit zu mehreren Morden. Allen gemein ist ihre unglaubliche Brutalität, darüber hinaus kann das Team des LKA rund um die zuständige Ermittlerin Nadine Adler keinerlei Verbindung oder Motiv feststellen. Um den Täter psychologisch besser einordnen zu können wendet sich das LKA an Falk Hagedorn, seines Zeichens ehemaliger Polizist und einer der besten Profiler des Landes. Eigentlich möchte der eigenbrötlerische Hagedorn nach vergangenen Vorfällen nichts mehr mit der Polizei zu tun haben, lässt sich aber doch überzeugen, eine Täteranalyse vorzunehmen. Doch dann ergibt sich mit einem neuen Mord auch eine neue Spur: Die an den Tatorten gefundenen Spuren lassen auf eine weibliche Täterin schließen! Und das genetische Material legt nahe, dass diese Frau Falk Hagedorn gut bekannt ist…

„Schrei nach Rache“ ist der zweite Band von Matthias Bürgels Thriller-Reihe rund um den knorrigen Profiler Falk Hagedorn, der sich aber problemlos ohne Kenntnis des ersten Bandes lesen lässt. Sämtliche Hintergrundinformationen aus dem ersten Band werden kurz und prägnant dargestellt, so dass der Leser über alle notwendigen Informationen zum Verständnis der Geschehnisse verfügt. Bereits das Cover von „Schrei nach Rache" wirkt gruselig und spannend - wir befinden uns auf einer Gangway ins Flugzeug, welche aber eher wie ein Gang ins Ungewisse und Böse wirkt. Ein sehr interessantes Cover, das in Verbindung mit dem aufregenden Titel sofort neugierig macht.

Ebenfalls meine Neugier geweckt hat Matthias Bürgel als Autor selbst: Er ist seit dreißig Jahren als Polizist und inzwischen als leitender Kriminalhauptkommissar tätig. Authentischer kann ein Autor gar nicht sein! Als Leser spürt man in jeder Zeile, dass hier jemand vom Fach schreibt, die polizeiliche Ermittlungsarbeit ist durchdacht und voller Fachwissen. Meine hohen Erwartungen an diesen Aspekt wurden mehr als erfüllt! Klasse, dass jemand, der täglich so eine wichtige Arbeit zu unserem Schutz leistet, auch noch „nebenher“ Thriller schreibt und somit etwas Realitätssinn in die häufig (v.a. im TV) überzogen dargestellte Arbeitsweise der Polizei bringt. Meine absolute Hochachtung!

„Schrei nach Rache“ ist somit nicht nur ein sehr realitätsnahes, sondern zudem wahnsinnig spannendes Buch geworden: Von der ersten Zeile an ist man als Leser gefesselt und fiebert mit. Die eher kurz gehaltenen Kapitel erhöhen zusätzlich das Lesetempo und die Spannungskurve wächst ins Unermessliche. Insgesamt ist der Aufbau des Buches sehr durchdacht gewählt, auch wenn man als Leser zunächst etwas verwirrt sein mag, da es verschiedene Handlungsstränge umfasst, die erst spät zusammenlaufen. Der Anfang kommt sehr plötzlich, man ist mitten im Geschehen und kann zunächst nicht einordnen, wo man sich befindet – dieser Prolog wird erst sehr viel später in der Geschichte wieder aufgegriffen. Es folgt eine Nebenhandlung mit Banküberfall, welche ich lange Zeit nicht greifen konnte und die bei mir irgendwann sogar in Vergessenheit geraten ist. Meiner Meinung nach hätte es diese Nebenhandlung nicht unbedingt gebraucht, sie hat aber am Ende doch noch einmal für zusätzliche Aufregung gesorgt: Der Showdown war hochdramatisch und hat mein Herz zum Rasen gebracht. Zwar war mir relativ früh klar, wer der Täter sein muss, aber erst beim Epilog konnten dann endgültig alle Zusammenhänge herstellt werden. Der Abschluss der Geschichte als Ganzes war dementsprechend schlüssig, auch wenn das erhoffte Happy End ausblieb.

Den Plot des Buches empfinde ich als sehr interessant, was psychische Krankheiten und Ausnahmesituationen in Menschen auslösen können ist immer wieder faszinierend. Auch zwischenmenschliche Beziehungen und seelische Abgründe wurden stimmig und nachvollziehbar dargestellt. Insgesamt hat Matthias Bürgel sein Buch in einem sehr anschaulichen, temporeichen Schreibstil verfasst: Es gibt sowohl brutale Szenen, als auch emotionale und traurige Aspekte. Als Leser konnte man dem Geschehen gut folgen und hatte klare Bilder vor Augen. Dies liegt sicherlich auch an den detailreichen Beschreibungen, welche auf eine aufwendige Hintergrundrecherche schließen lassen. Ebenfalls genossen habe ich das auftretende Lokalkolorit, was aber sicherlich auch an meinem persönlichen Bezug zu sämtlichen erwähnten Orten liegen mag.

Falk Hagedorn ist ein sehr spezieller Protagonist, den man aber trotz seiner eher mürrischen Art schnell zu schätzen lernt. Dass unter der harten Schale doch ein weicher Kern verborgen ist blitzt immer mal wieder durch und macht ihn sehr sympathisch. Er lässt sich von seiner Behinderung nicht unterkriegen und geht trotzdem mit großer Tatkraft und Selbstbewusstsein durchs Leben. Auch ist er fachlich ein absoluter Ermittlungsprofi, wenn auch kein einfacher Kollege. Auch die Nebenfiguren wie Bannert, Adler, Nita und Karina sind facettenreich ausgearbeitet und werden dem Leser authentisch nahe gebracht.

Fazit:
„Schrei nach Rache“ ist ein absoluter Pageturner! Hochspannend, dramatisch und aufregend ab Seite eins. Der Background des Autors gibt dem Buch ein Maximum an Authentizität. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der actionreiche, komplexe und gut durchdachte Thriller mag.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 09.09.2020

Schnell abgehandelter Fall in ländlicher Idylle

Bunburry - Nur das Schaf war Zeuge
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Im idyllischen Bunburry gibt es eine neue Attraktion: Der ortsansässige Neil Walker bietet ein Survival-Camp an, um insbesondere verwöhnten Städtern das Landleben nahe zu bringen. Doch einer seiner Teilnehmer ...

Im idyllischen Bunburry gibt es eine neue Attraktion: Der ortsansässige Neil Walker bietet ein Survival-Camp an, um insbesondere verwöhnten Städtern das Landleben nahe zu bringen. Doch einer seiner Teilnehmer stürzt nachts in einen Steinbruch und stirbt. Die Polizei geht von einem tragischen Unfall aus, doch die junge Polizistin Emma sowie das Bunburry-Trio rund um Alfie, Liz und Marge sind sich dessen nicht so sicher: Neil ist als sehr verantwortungsbewusst und vorsichtiger Lagerleiter bekannt und hätte seine Teilnehmer niemals in Gefahr gebracht. Um die Wahrheit herauszufinden nimmt Alfie selbst am Survival-Camp teil – und ist als unerfahrener Indoor-Fan absolut prädestiniert für Undercover-Ermittlungen inmitten von Schafen, Druiden und rauer englischer Natur.

Bei „Bunburry – nur das Schaf war Zeuge“ handelt es sich um die achte Folge der britischen Cosy-Crime-Serie rund um das Bunburry-Trio von Helena Marchmont. Auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände war der Einstieg problemlos möglich. Viele Informationen, von denen nicht alle notwendig waren, wurden während der Geschichte kurz erwähnt, um Neueinsteiger wie mich abzuholen. Auch wurde ein neuer Handlungsstrang eröffnet, welcher in den Folgebänden sicherlich präsenter sein wird, da er hier nur eingeleitet, aber nicht mehr weiterverfolgt wurde.

Das Cover spiegelt dem Leser eine heile ländliche Idylle vor und beim humorvollen Titel musste ich Schmunzeln. Leider wurden bei beidem meine Erwartungen nicht erfüllt, da Schafe eigentlich nicht wirklich eine Rolle im Buch spielen. Cover und der Titel versprechen also mehr, als das Buch geben kann – schade!

Den Schreibstil Helena Marchmonts fand ich hingegen sehr unterhaltsam, da das Buch flüssig und humorvoll geschrieben ist. Insbesondere der britische Humor Oscar de Linnets war einfach nur köstlich! Ebenfalls wurde die entschleunigte, ländliche Atmosphäre Bunburrys gut dargestellt. Das Bunburry-Trio mag sehr sympathisch und vertraut miteinander sein, allerdings gab es doch sehr viele Protagonisten für wenige Buchseiten, so dass ich zwar nicht durcheinandergekommen bin, aber auch nicht das Gefühl hatte, irgendeinen Person wirklich kennengelernt zu haben. Auch hat das berühmte Bunburry-Trio sehr wenig zur Aufklärung des Falles beigetragen.

Des Weiteren empfand ich das Buch mit nur 116 Tolino-Seiten als extrem kurz. Dementsprechend schnell war der eigentliche Fall dann auch abgehandelt, gerade zum Ende hin musste noch viel Story auf wenigen Seiten untergebracht werden – sehr zum Leidwesen des Inhalts. Die Aufklärung des Falles war zwar im Ganzen schlüssig, aber für meinen Geschmack etwas zu einfach und unspektakulär. Ich war enttäuscht vom eigentlichen Inhalt.

Insgesamt war „Bunburry – nur das Schaf war Zeuge“ eine nette, kurzweilige Geschichte, die mich aber keinesfalls vom Hocker gerissen hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
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  • Erzählstil
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 31.08.2020

Die furchtbar passive Ex-Ehefrau

Tagebuch einer furchtbar langweiligen Ehefrau
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Die Kanadierin Diane hat alles, um sich ein erholsames Leben zu gestalten: Ein Häuschen in der Vorstadt, einen ganz angenehmen Job, drei erwachsene Kinder und ihre beständige Ehe mit Jacques, in der sie ...

Die Kanadierin Diane hat alles, um sich ein erholsames Leben zu gestalten: Ein Häuschen in der Vorstadt, einen ganz angenehmen Job, drei erwachsene Kinder und ihre beständige Ehe mit Jacques, in der sie es sich bequem gemacht hat. Doch von einen Tag auf den nächsten gerät ihr Leben aus den Fugen: Jacques gesteht ihr, dass er sich in eine jüngere Frau verliebt hat und Diane verlassen wird, da er sie als zu langweilig empfindet. Diese kann es nicht fassen und reagiert ganz und gar nicht so auf die Nachricht, wie man es von einer braven, biederen Ehefrau erwarten würde.

Das freche und frische Cover hat mich direkt angesprochen, da der gähnende Frauenmund im wilden Muster definitiv Aufmerksamkeit erregt. Auch der Titel des Buches hat mich zum Lachen gebracht und meine Neugier war definitiv geweckt. Ich habe mir einen bitterbösen, bissigen Blick auf die Ehe als Institution versprochen und unkonventionelle Verhaltensweisen, um mit deren Ende umzugehen.

Leider hat das „Tagebuch“ diese Erwartungen nicht wirklich erfüllt. Natürlich verfügt das Buch über humorvolle Stellen und sarkastische Selbstironie der Protagonistin, verliert sich aber leider häufig in Alltagsbelanglosigkeiten und weißt nicht wirklich einen roten Faden oder eine zusammenhängende Handlung auf. Der Schreibstil ist neutral gehalten und lässt sich flüssig lesen, an einigen Stellen werden schöne Metaphern eingebaut und der trockene Humor hat mich einige Male zum Lachen gebracht. Auch hat mir die Situationskomik einiger Szenen gut gefallen. Demgegenüber stehen Szenen, über die ich nur mit dem Kopf schütteln konnte, da ich sie eher als bedenklich und makaber als witzig empfunden habe. Hervorzuheben sind dabei die Überschriften der einzelnen Kapitel, da diese den jeweiligen Inhalt prägnant-ironisch zusammenfassen und somit sehr passend gewählt wurden. Das Ende war irgendwie unbefriedigend für mich, ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass die Trennung für Diane noch nicht ausgestanden ist – es fehlt ein richtiger Abschluss und die tatsächliche Verarbeitung des Erlebten.

Ich-Erzählerin Diane ist eine typische Durchschnittsfrau. Ich war ihr gegenüber häufig zwiegespalten: Einerseits tut sie mir leid, da sie an sich eine sympathische, nette und etwas verrückte Person ist. Ich konnte mit ihr mitfühlen und angesichts ihres Verlustes auch mitleiden. Andererseits hat sie mich genervt, da sie vor Selbstmitleid schier zerflossen ist und häufig für mich nicht nachvollziehbar gehandelt hat, beispielsweise durch kurzentschlossene Übersprungsreaktionen. Nach der Nachricht ihres Ehe-Aus war sie zudem sehr passiv und hat nur auf das reagiert, was ihr wiederfahren ist, anstatt Dinge von sich aus voranzutreiben. Der Ex-Mann Jacques an sich tritt selbst gar nicht in Erscheinung und bleibt somit blass.

Insgesamt hat mich das Buch zwar ganz nett unterhalten, mehr aber nicht. Die erhoffte bitterböse und erfrischend andere Sichtweise über die Ehe blieb leider aus, auch wenn der humorvoll-sarkastische Schreibstil an vielen Stellen doch durchaus amüsant war.

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  • Handlung
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Veröffentlicht am 15.08.2020

Großstadtpflanze trifft Biobauern

Nur noch ein bisschen Glück
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Stockholmerin Stella Wallin geht es gut: Sie liebt ihr Großstadtleben, ihren weltmännischen Freund Peder, die gemeinsame Wohnung und ihren Job in einer schicken Modeboutique. Doch dann kommt heraus, dass ...

Stockholmerin Stella Wallin geht es gut: Sie liebt ihr Großstadtleben, ihren weltmännischen Freund Peder, die gemeinsame Wohnung und ihren Job in einer schicken Modeboutique. Doch dann kommt heraus, dass Peder sie betrügt und von einem Moment auf den nächsten steht Stella vor den Scherben ihres Lebens. Obdachlos, arbeitslos, beziehungslos und perspektivlos besinnt sie sich auf ihren alten Traum, an der renommierten Modeschule in New York Modedesign zu studieren. Doch hierfür benötigt Stella Geld, dass sie nicht hat. Glücklicherweise haben ihre Großeltern ihr ein Häuschen hinterlassen, welches sie nun veräußern möchte, um ihrem Ziel näher zu kommen. Und so macht sich das Großstadtmädchen auf den Weg ins ländliche Laholm, in dem es noch nicht einmal ein Taxi weg vom Bahnhof gibt. Zum Glück trifft Stella dort aber auf den attraktiven Biobauern Thor, der nicht nur seine Hilfe anbietet, sondern sich auch als direkter Nachbar entpuppt. Nach und nach lernt Stella immer mehr die Vorzüge des Landlebens kennen, was nicht zuletzt mit Thor zusammenhängt, dem sie immer näher kommt – was sie, die eigentlich auf dem Sprung nach New York ist, ja gerade so gar nicht gebrauchen kann…

Bereits das Cover von „Nur noch ein bisschen Glück“ ist ansprechend sommerlich und sprüht schier über vor Lebensfreude. Meiner Meinung nach ist es somit sehr passend zum Inhalt des Buches, welcher ebenfalls gute Laune macht. Schwedens „Queen of Romance“ Simona Ahrstedt hat einen tollen, kurzweiligen Schreibstil, die Zeilen fliegen beim Lesen nur so dahin und ich musste des Öfteren laut auflachen. Die Mischung aus optimistisch-positiven Szenen, emotionaler Liebesgeschichte und ernsthaften Themen war gut gewählt. Auch vorkommende erotische Sequenzen wurden pietätvoll geschrieben und haben zu keiner Zeit billig gewirkt. Die Idylle auf dem Thors Hof wurde gut eingefangen, aufgrund der beschriebenen Atmosphäre hat man als Leser sofort einen Ort zum Wohlfühlen im Kopf. Der Schluss des Buches war sehr emotional gestaltet und hat mich persönlich doch sehr überraschend. Teilweise war er mir allerdings fast etwas zu überfrachtet vor lauter Glück, es war einfach zu perfekt um noch authentisch zu sein. Des Weiteren wurde hier ein wichtiger Nebenhandlungsstrang schnell noch positiv aufgelöst, ohne dass der Leser Näheres zum Weg dorthin erfahren hätte. Dazu hätte ich mir noch ein paar zusätzliche Zeilen gewünscht, so wie es dargestellt wurde war die Thematisierung fast unnötig und too much.

Die Personen in „Nur noch ein bisschen Glück“ sind gut und authentisch dargestellt, sie sind größtenteils sehr liebenswert und haben ihre menschlichen Ecken und Kanten. Stella ist eine selbstbewusste, verständnisvolle und sehr empathische junge Frau, die es im Leben bisher nicht leicht hatte. Sie ist mir direkt ans Herz gewachsen, auch wenn ich sie in manchen Szenen als etwas zu blauäugig und gutgläubig empfunden habe. Auch hat mich gestört, dass sie beinahe wie eine Heilige dargestellt wurde, indem sie zahlreiche Freundschaften und Beziehungen gerettet hat – so viele, dass es schon wieder unglaubwürdig war. Thor ist einfach nur ein toller Mann, der unter dem frühen Tod und seiner großen Verantwortung für Kinder, Tiere und Hof zu leiden hat. Er ist aber eine sehr starke und zuverlässige Persönlichkeit, der alles dafür tut, dass es seinen Lieben gut geht. Auch ihn mochte ich auf Anhieb und habe auf ein Happy End mit Stella gehofft. Der Autorin ist es ebenfalls gelungen, authentische Nebenfiguren wie beispielsweise Thors Kinder, Klas oder auch die Tiere gut zu beschrieben.

Insbesondere besticht das Buch durch seine Realitäts- und Lebensnähe. So werden auch alltägliche Herausforderungen wie z.B. das Leben als alleinerziehender Vater von zwei Teenagern nachvollziehbar thematisiert sowie Stellas Suche nach sich selbst. Ihre Entwicklung hin zur Erkenntnis, was ihr im Leben wirklich wichtig ist und wo ihr Weg hingehen soll wurde toll dargestellt und hat mich berührt. Als störend hingegen habe ich die große Anzahl an weiteren ernster Themen empfunden, die gefühlt alle „abgearbeitet“ werden mussten: Emanzipation, Homosexualität, Mobbing, Freundschaftsverlust, Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Vegetarismus, Sinnsuche, Rassismus, etc. An sich finde ich es gut und wichtig, gesellschaftliche Missstände anzuprangern, aber hier hat mir eindeutig der Fokus gefehlt. Vor allem das Thema Feminismus und Gleichberechtigung wurde derart überstrapaziert, dass es mich beinahe schon genervt hat.

Fazit: Ein toll geschriebenes Buch mit kleineren Störfaktoren, bei dem man sich aber an leichten Sommerabenden ganz wunderbar wegträumen kann.

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