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Veröffentlicht am 13.12.2020

Die Kult-Gallier für die ganze Familie sind zurück!

Asterix - Der Goldene Hinkelstein
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Ach wie habe ich sie vermisst, die Gallier aus meiner Kindheit! Ich liebe Asterix seit ich lesen kann und inzwischen ist auch meine ganze Familie Asterixverrückt: Wir haben jedes einzelne Heft in unserer ...

Ach wie habe ich sie vermisst, die Gallier aus meiner Kindheit! Ich liebe Asterix seit ich lesen kann und inzwischen ist auch meine ganze Familie Asterixverrückt: Wir haben jedes einzelne Heft in unserer großen Familiensammlung stehen - umso überraschter war ich, vom bisher unveröffentlichten Werk „Asteris und der goldene Hinkelstein“ zu erfahren! Noch dazu, weil dieses noch von den beiden Asterix-Erfindern persönlich illustriert und getextet wurde. Ich war so traurig, als der große Uderzo dieses Jahr gestorben ist und habe es dementsprechend sehr genossen, ein weiteres Werk dieses genialen Künstlers zu lesen.

Bereits das Cover ist wie immer wahnsinnig vielversprechend, ich musste direkt schmunzeln und liebe die Abbildung des Barden Troubadix und die aussagekräftig gezeichneten Figuren. Allein dieses Cover anzusehen macht direkt Spaß! Insgesamt sind die Illustrationen in „Asterix und der goldene Hinkelstein“ sofort als typisch Uderzo zu identifizieren – kunstvoll, wunderschön und einzigartig. Insofern wurde ich sofort in die Asterix-Welt der Gallier entführt und hatte viel Spaß beim Betrachten der Bilder und dem Wiedersehen mit den vertrauten Figuren – auch wenn ich den kleinen Hund Idefix vermisst habe.

Zunächst war mir die Bilderbuch-Form etwas befremdlich, da ich Asterix nur in der Comic-Version mit Sprechblasen über den Figuren kannte. Nach kurzer Zeit bin ich aber gut in die Dialoge hineingekommen und hatte keinerlei Schwierigkeiten beim Lesefluss mehr. Gut gefallen hat mir auch die farbliche Abgrenzung der einzelnen Kapitel.
Auch passt die Idee hinter der Geschichte an sich ist witzig und passt wahnsinnig gut in unsere momentane Zeit voller Castingshows und Gesangswettbewerben - da haben Uderzo und Goscinny bereits 1967 Weitsicht bewiesen. Auch wenn klar war, das Troubadix keinerlei Chancen bei dem Wettbewerb hat war es schön, dass seine Freunde ihn begleitet und schlagkräftig unterstütz haben, sei es gegen Wegelagerer, die typische römische Übermacht oder wie in diesem Fall das Publikum. Alle Figuren sind dabei ihren Charakteren treu geblieben und auch die geliebten Eigenheiten der Personen wurden kreativ eingebaut.

Interessant fand ich auch den Anhang, der die Hintergründe und Entstehungsgeschichte des bisher unveröffentlichten Asterixabenteuers und die enorme Bedeutung des Jahres 1967 für das Asterix-Universum dargestellt hat – sehr informativ.

Asterix gefällt mir zwar als Comic nach wie vor besser, aber dennoch habe ich den Ausflug in mein geliebtes Gallien sehr genossen.

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Veröffentlicht am 13.12.2020

Authentisches Jugendbuch, das in den Schulunterricht gehört

Verraten
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Der 16jährige Sebastian lebt 1986 in der DDR, als das Schicksal gnadenlos zuschlägt: Seine Mutter stirbt an Krebs und seiner Oma traut die Jugendfürsorge nicht zu, auf den Heranwachsenden aufzupassen. ...

Der 16jährige Sebastian lebt 1986 in der DDR, als das Schicksal gnadenlos zuschlägt: Seine Mutter stirbt an Krebs und seiner Oma traut die Jugendfürsorge nicht zu, auf den Heranwachsenden aufzupassen. So wird Sebastian in einem Durchgangsheim untergebracht, in dem schreckliche Verhältnisse herrschen. In diesem „Kinderknast“ lernt er flüchtig Katja kennen, eine Ausreißerin, die sich alles andere als gesellschaftskonform verhält. Glücklicherweise gelingt es einem der Erzieher des Heimes, Sebastians Vater ausfindig zu machen, welcher die Familie vor langer Zeit verlassen hat. Der quasi Unbekannte holt Sebastian aus dem Heim und nimmt ihn bei sich auf. Was Sebastian nicht weiß: Sein Vater gilt in der DDR als Staatsfeind und saß im Gefängnis. Schnell wird die Staatssicherheit somit auf Sebastian aufmerksam und möchte, dass Sebastian für sie arbeitet, indem er seinen Vater, aber auch seine neuen Mitschüler bespitzelt. Die Drohung: Sollte er nicht kooperieren muss er zurück ins Heim. Eine schwierige Situation für Sebastian, der noch dazu ein Geheimnis birgt: Er versteckt Katja, die seine Abholung zur Flucht genutzt hat, auf seinem Dachboden – und bringt sich somit auch selbst in größte Gefahr.

„Verraten“ ist ein Jugendbuch von Grit Poppe, die sich bereits in ihren anderen Büchern intensiv mit der Thematik der Jugendlichen in der ehemaligen DDR auseinandergesetzt hat. Bereits das Cover verdeutlicht für mich die innere Zerrissenheit, die Protagonist Sebastian verspürt: Die rissige Schrift, hinter der das Schwarzweiß-Foto eines resigniert blickenden Jugendlichen sowie das Wappen der DDR abgebildet ist, passt meiner Meinung nach perfekt zum Inhalt des Buches.

Die Geschichte selbst beginnt rasant, die wichtigsten Personen sowie ihre Hintergründe werden ausgiebig dargestellt. Inhaltlich ging es mir an manchen Stellen leider etwas zu schnell, z.B. das Auffinden und die sofortige Zusage des Vaters, Sebastian zu sich zu holen oder das Aufeinandertreffen mit Möller bereits am ersten Schultag. Manche Handlungen hätten sich für meinen Geschmack ruhig etwas langsamer entwickeln können. Überrascht war ich vom Schluss des Buches, da ich bei einem Jugendbuch mit einem Happy End gerechnet hätte – das von Grit Poppe gewählte ist meiner Meinung nach aber absolut realistisch und somit passend und mutig. Einige offene Fragen und Unstimmigkeiten sind geblieben, aber diese tun der Hauptstory keinen Abbruch.

Das Buch ist sowohl aus Sicht von Sebastian, als auch Katja geschrieben, was deren unterschiedliche Lebenserfahrung und Einstellungen verdeutlicht. Während Sebastians Kapitel beschreibend in der dritten Person verfasst sind wurde für Katja die Ich-Erzählperspektive gewählt. Beide erscheinen mir authentisch wie sympathisch und ich glaube, dass sie gerade für jugendliche Leser ein hohes Identifikationspotenzial bieten.
Sebastian ist behütet aufgewachsen und kennt die „harte Realität“ der DDR bisher nicht. Er ist höflich, wohlerzogen und glaubt an das Gute. Umso mehr hat er mir leidgetan, völlig unverschuldet in diese schreckliche Situation geraten zu sein, die er nur schwer fassen kann. Noch dazu ist er den psychologischen Tricks der Stasi hilflos ausgeliefert, da sie mit seinen Ängsten spielen und ihn regelrecht erpressen. Seine innere Zerrissenheit und Verzweiflung wird spürbar und die Veränderung, die mit dem ungeheuren Druck und seiner ungewollten Verantwortung einhergeht ist nachvollziehbar.
Katja hingegen ist mit allen Wassern gewaschen, sie hat in der Vergangenheit bereits lernen müssen, alleine zurecht zu kommen und sich durchzuschlagen – ein wahnsinnig taffes Mädchen! Sie lässt sich von niemandem etwas sagen und zeigt hohe Kreativität darin, sich den Erziehungsmethoden der DDR zu entziehen. Ein wirklich starker Charakter, der aber auch von Angst und Verzweiflung getrieben ist.
Es ist schön zu sehen, wie beide miteinander umgehen, einander helfen und eine Bindung zueinander entwickeln, da sie (zunächst) die einzigen beiden vertrauenswürdigen Menschen füreinander sind.
Auch Nebenfiguren wie Sebastians Vater oder seine Mitschülerin Sabine gewinnen im Laufe des Buches an Tiefe und werden in ihrem Denken und Handeln für den Leser begreifbar.
Eine spannende wenn auch unsympathische Figur war der MfS-Mitarbeiter Möller: Seine "zwei Gesichter" und perfiden Durchsetzungsmethoden einen Jugendlichen gegenüber sich schockierend wie faszinierend gleichermaßen. Erschreckend, welche Taktiken und Erpressungen er dabei ungeschoren anwenden kann und welche Macht er über Sebastian besitzt. Die früheren Stasi-Methoden werden anschaulich und eindrücklich dargestellt und schockieren den Leser umso mehr.

Insbesondere hier, aber auch an vielen anderen Stellen des Buches merkt man deutlich, wie intensiv und umfassend die Autorin recherchiert hat, um „Verraten“ möglichst authentisch zu gestalten – was ihr absolut gelungen ist! Dies ist zudem ihrem bildhaften Schreibstil zu verdanken, der die DDR mit all ihren Gegenständen, Häusern und Personen lebendig heraufbeschwört. Gerade junge Leser, die die DDR-Zeit lediglich aus dem Schulunterricht kennen, können somit den damaligen Alltag und die Repressalien, denen die Menschen ausgesetzt waren, nachempfinden. Auch gut gefallen hat mir, das reale Ereignisse wie die Tschernobyl-Katastrophe in die Handlung eingebaut wurden und der Umgang der Bevölkerung mit dieser Bedrohung dargestellt wurde.
Unterstützt wird der Eindruck der guten Recherchearbeit der Autorin noch zusätzlich durch den Anhang des Buches. Die Informationen inkl. Abdruck der Original-Dokumente und das Interview mit dem Zeitzeugen Christian Ansehl am Ende fand ich wahnsinnig interessant, auch wenn sie mich echt erschreckt haben. Unvorstellbar, wie damals strategisch und perfide die Anwerbung unschuldiger Jugendlicher durch die Stasi vonstattenging, das hat mich wirklich angewidert.

Mein Fazit:
„Verraten“ von Grit Poppe ist ein authentisch geschriebenes Jugendbuch, das auf bildhafte und anschauliche Weise den Alltag zweier junger Menschen in der DDR aufzeigt. Es bietet für die Zielgruppe zahlreiche Ansätze, über die innerhalb des Schulunterrichts diskutiert werden könnte – meiner Meinung nach eine gelungene Möglichkeit, SchülerInnen die damalige Zeit greifbar zu machen und gesellschaftskritisch zu betrachten. So können sich Jugendliche auch noch einmal intensiver mit scheinbar selbstverständlichen Errungenschaften und Werten der aktuellen Zeit auseinandersetzen und überlegen, wie sie sich wohl an Sebastians Stelle verhalten hätten. Ein absolut lehrreiches Buch, das unbedingt in den Schulunterricht gehört.

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Veröffentlicht am 30.11.2020

Wenn das Gedächtnis nachlässt – ein rührendes Buch, das nachwirkt

Marigolds Töchter
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Wenn es einen durch und durch herzensguten und selbstlosen Menschen gibt, dann ist sie es: Marigold ist nicht nur der Mittelpunkt ihrer Familie, um den sich alles dreht, sondern mit ihrem Laden auch das ...

Wenn es einen durch und durch herzensguten und selbstlosen Menschen gibt, dann ist sie es: Marigold ist nicht nur der Mittelpunkt ihrer Familie, um den sich alles dreht, sondern mit ihrem Laden auch das soziale Zentrum des kleinen englischen Dorfes, in dem sie lebt. Immer ein offenes Ohr und tröstende Worte für ihre Mitmenschen und voller Liebe und Wärme zu ihrer Familie. Deshalb freut es sie auch sehr, als ihre älteste Tochter Daisy nach einer gescheiterten Beziehung zurück zu ihren Eltern zieht. Dort wird es nun aber eng, da dort neben Marigold und ihrem Ehemann Dennis auch noch die zweite Tochter des Paares, die egoistische Suze und Marigolds dauernörgelnde Mutter Nan leben. Jeder in der Familie hat seine eigenen Sorgen und Nöte und Marigold tut alles dafür, es ihren Lieben recht zu machen und sämtliche Wogen zu glätten. Da kommt es schon einmal vor, dass sie vor lauter Trubel etwas vergisst. Und etwas anderes. Doch ab wann wird das Vergessen kritisch? Und wann wird es so auffällig, dass ihre Mitmenschen es bemerken?

„Marigolds Töchter“ von Julia Woolf ist ein Roman, der mich sehr überrascht hat. Das verspielt-kitschige Buchcover mit dem süßen Rotkehlchen lässt an eine seichte Story in der abgebildeten, idyllischen englischen Landschaft am Meer denken. Und auch der Beginn des Buches ist noch eher seicht gehalten und zeigt den einfachen Dorfalltag und Marigolds nicht besonders tief gehende Gedankengänge sowie führt in ihre Familiengeschichte und -konstellation ein. Doch das von der Autorin perfekt geschaffene, fast schon langweilig anmutende Idyll zerbricht sehr schnell an der Realität und das Buch nimmt eine traurige Wende – langsam und schleichend, wie es leider im echten Leben auch der Fall ist. Am Ende hatte ich Tränen in den Augen und war nachhaltig betroffen, so schmerzhaft hat mich Marigolds Veränderung getroffen. Dennoch finde ich es wichtig, sich mit dem schwierigen Thema Demenz auseinander zu setzen, auch wenn es hier überraschend für mich kam – diese Schwermut hätte ich dem Buch zunächst gar nicht zugetraut.

Mit Marigold, ihrer Familie und den Dorfbewohnern hat Julia Woolf individuelle und facettenreiche Charaktere erschaffen, wobei manche schon fast überzeichnet wirken wie z.B. die ständig negativ denkende Nan, Suzes Egoismus, Marigolds Aufopferung oder die perfekte Daisy. Das wirkte etwas schwarz-weiß-malerisch, hat aber die jeweiligen Denk-und Handlungsmuster gut unterstützt. Meiner Meinung nach stand die Person Marigold in all den Rollen, die sie vor ihrem Krankheitsbeginn mehr als ideal ausgefüllt hat, permanent im Vordergrund und deshalb fand ich den Titel des Buches, der ja direkt auf Daisy und Suze referenziert, nicht unbedingt passend.

Der Schreibstil der Autorin ist zunächst sehr erzählend und beschreibend, die Figuren werden intensiv kennengelernt und das Dorf sowie die englische Landschaft detailliert beschrieben. Die Bilder im Kopf entstehen beim Lesen von selbst und sind sehr eindrücklich. Diesen ersten Teil des Buches habe ich somit als etwas kitschig aber doch herzerwärmend empfunden. Mit weiterem Verlauf des Buches wird der Schreibstil immer emotionaler, die Gefühle der Protagonisten greifen auf den Leser über und machen ihn betroffen. Insbesondere Marigolds Angst vor der Krankheit wird nachvollziehbar dargestellt und hat mich sehr mitgenommen.

„Marigolds Töchter“ erzählt somit die tragische, aber leider authentische Geschichte des Krankheitsverlaufs einer beliebten, engagierten Frau und Mutter. Ein trauriges Schicksal, das sie nicht verdient hat - und das den Leser somit dazu bewegt, sich mit den unbequemen, aber wichtigen Themen des Alterns und der damit verbundene Krankheiten wie Demenz auseinanderzusetzen.

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Veröffentlicht am 17.10.2020

Plädoyer gegen Mobbing

Wenn das Meer leuchtet
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Marie freut sich auf ihren Neuanfang: Nach schrecklichen Jahren voller Mobbing und Ausgrenzung hat sie die Highschool in Alabama hinter sich gelassen und möchte auf dem College in Monterey, Kalifornien ...

Marie freut sich auf ihren Neuanfang: Nach schrecklichen Jahren voller Mobbing und Ausgrenzung hat sie die Highschool in Alabama hinter sich gelassen und möchte auf dem College in Monterey, Kalifornien noch einmal ganz von vorne beginnen. Große Hoffnung setzt sie dabei auf ihre Zimmergenossin Tiffany, mit der sie sich gerne anfreunden möchte. Nachdem diese aber Maries Geheimnis entdeckt wendet sie sich nicht nur von ihr ab, sondern gegen sie: Als Anführerin der coolsten Clique des College beginnt diese systematisch, Marie das Leben zur Hölle zu machen. Doch plötzlich erhält Marie unverhofft Hilfe von Jayden, Tiffanys Ex-Freund. Kann sie ihm wirklich trauen oder steckt etwas anderes hinter seinem Interesse?

Die Spiegel-Beststeller-Autorin Jessica Koch wendet sich in „Wenn das Meer leuchtet“ einem traurigen und leider immer noch sehr aktuellem Thema zu: Mobbing und psychische Gewalt unter jungen Menschen. Auf eindrückliche Art und Weise schildert sie Maries Martyrium und insbesondere die Folgen der Bösartigkeiten auf ihren emotionalen und seelischen Zustand. Durch die Ausgrenzung und Ablehnung hat sie Angst vor sozialen Kontakten, sehnt sich gleichzeitig aber nach Gesellschaft. Insbesondere die verheerenden Konsequenzen, die dieses Verhalten einer starken Gruppe gegenüber ihrem wehrlosen Opfer nach sich ziehen, fand ich schockierend. Jessica Koch ist es gelungen, mich als Leser emotional komplett abzuholen, ich war in den Mobbing-Szenen gleichsam traurig und wütend und habe sehr stark mit Marie mitgelitten. Ich hoffe, möglichst viele Menschen lesen diese Plädoyer gegen Mobbing und hinterfragen in entsprechenden Situationen auch ihr eigenes Verhalten. Ein Buch, das nachdenklich stimmt.

Insbesondere die Protagonistin Marie wurde von der Autorin sehr realistisch dargestellt und vermittelt das authentische Bild eines Menschen, der die Konsequenzen seelischer Misshandlungen tragen muss: Sie wirkt psychisch gebrochen, hat sich fast schon selbst aufgegeben, sie wehrt sich nicht mehr sondern akzeptiert ihre Opferrolle, was dazu führt dass sie sich zurückzieht und einsam ist. Lediglich für ihren kleinen Bruder lohnt es sich noch zu leben. Tiffany und ihre Clique hingegen sind wahre Hassobjekte für den Leser, so viel Gemeinheit und Bösartigkeit, aber auch Ignoranz und keinerlei Schuldbewusstsein angesichts schlimmster Ereignisse machen sprachlos. Vielleicht wurde hier der Kontrast zwischen Gut und Böse etwas zu stark und eindeutig gezeichnet, aber nur so kann wird das Geschehen in all seiner Niedertracht deutlich und berührt den Leser so stark.

Das Cover des Buches passt sowohl perfekt zum Titel, wie auch zum Inhalt, auch wenn ich in der abgebildeten weiblichen Person nicht unbedingt Marie erkannt hätte (diese wird als eher kurvig beschrieben und würde sich niemals trauen, einen Minirock anzuziehen). Das Farbspiel mit dem hellen Mond, in dem der Titel abgedruckt wird sowie dem blauen Meer und dem Liebespaar auf dem Segelschiff, welches nur als Umrisse erkennbar ist, empfinde ich als absolut ansprechend und stimmig.

Das einzige, was mich an der Geschichte gestört hat, ist Jayden. Ich habe nicht wirklich verstanden, was seinen plötzlichen Sinneswandel hervorgerufen hat und warum genau er sich in Marie verliebt – schließlich hat er zu Anfang beim Mobbing mitgemacht und ein richtiges Kennenlernen hat auch nie stattgefunden. Vielmehr ist der Kontakt aus Mitleid entstanden, tiefgreifende Gespräche zum Kennenlernen gab es nicht. Auch das „Wetten“ fand ich komplett daneben, das hat nicht zu seinem liebenswerten Charakter gepasst, den die Autorin versucht hat zu zeichnen. Für mich war Jayden somit schwer greifbar, sondern aufgrund einiger gegensätzlicher Verhaltensweisen eher unauthentisch und ich habe ihm seine Entwicklung und plötzlichen Gefühle für Marie nicht abgenommen. Insgesamt ging mir die Liebesgeschichte zwischen den beiden viel zu schnell – gerade hatte Marie noch Angst vor ihm und im nächsten Moment kann sie sich fallen lassen und verlieben. Aufgrund des jahrelangen Zurückziehens und der schwere ihrer psychischen Verletzungen kann ich mir nicht vorstellen, dass sie sich so schnell einem ehemaligen Peiniger öffnen kann. Ihre Reaktion auf Tiffanys „Enthüllung“, die zum Showdown und Maries tragischer Reaktion geführt hat war vorsehbar und hätte sich mit Kommunikation vermeiden lassen. Auch das Ende ging mir zu schnell, hier hätten einige Seiten mehr gut getan, um die Hinter- und Beweggründe sowie die neuen Lebensumstände der Protagonisten nachvollziehen zu können.

Mein Fazit:
„Wenn das Meer leuchtet“ ist ein tolles Buch, das eindringlich über ein wichtiges Thema aufklärt und den Leser mitfühlen lässt was es bedeutet, ausgeschlossen zu werden. Der berührende Schreibstil der Autorin macht kleinere inhaltliche Schwächen wett und ich würde das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 09.09.2020

Liebe oder Karriere?!

Wolfes of Wall Street - Ian
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Ian Bradley ist ganz oben angekommen: Er ist trotz seines jungen Alters einer der erfolgreichsten Broker an der New Yorker Wall Street und hat sich den Weg nach oben mit harter Arbeit selbst erkämpft. ...

Ian Bradley ist ganz oben angekommen: Er ist trotz seines jungen Alters einer der erfolgreichsten Broker an der New Yorker Wall Street und hat sich den Weg nach oben mit harter Arbeit selbst erkämpft. Umso schockierter ist er, als er plötzlich ins Fadenkreuz der Ermittlungsbehörde für Wirtschaftskriminalität gerät, die ihm verbotene Insidergeschäfte vorwirft. Ian ist davon überzeugt, dass jemand seine Karriere zerstören möchte und will unbedingt seine Unschuld beweisen. Doch die für seinen Fall zuständige Ermittlerin Lara McKenzie stellt sich als schwierig zu überzeugen dar: Sie ist hartnäckig davon überzeugt, den Fall anhand der Fakten detailliert zu überprüfen und noch dazu immun gegenüber Ians Charme. Je enger die beiden allerdings zusammenarbeiten, desto weniger lässt sich das Prickeln zwischen ihnen ignorieren – obwohl sie auf unterschiedlichen Seiten stehen und es Laras Job ist, Ians ins Gefängnis zu bringen.

„Wolfes of Wall Street – Ian“ ist der erste von drei Bänden der neuen „Wolfes-of-Wall-Street“-Reihe der NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin Lauren Layne. Jeder der drei Bände rückt einen der drei befreundeten Wall-Street-Broker aus dem „Wolfes“-Büro in den Mittelpunkt, die beiden anderen Protagonisten wurden im Auftaktband bereits eingeführt. Das Cover ist passend, wenn auch etwas unspektakulär: Der Leser erkennt auf den ersten Blick, dass es sich um einen attraktiven Geschäftsmann aus New York handelt. Gut finde ich jedoch, dass Ians Gesicht nicht komplett gezeigt wird und dem Leser somit nicht seine Phantasie genommen wird.

Das Buch beginnt mit einer selbstironischen Eigenpräsentation Ians, bereits hier erfolgt die Direktansprache des Lesers, welche auch im Folgenden von beiden Protagnisten regelmäßig angewandt wird. Der Sprachstil ist sehr anschaulich und flüssig gestaltet, mir haben insbesondere der häufige Wortwitz, die frechen Dialoge und der intelligente Schlagabtausch zwischen den Personen gut gefallen. Auch ist es Lauren Layne gut gelungen, die Anziehungskraft zwischen Ian und Lara plastisch darzustellen. Trotzdem erfolgt ihre Annäherung langsam und durchdacht, zu pietätvoll dargestellten erotischen Szenen kommt es erst recht spät im Buch.

Der Einblick in die Finanzwelt New Yorks war interessant, wobei mir persönlich der geschäftliche Aspekt etwas zu zweitrangig dargestellt war. Ich hätte mir einen stärkeren Bezug zur Wall Street und mehr Informationen aus dem Arbeitsalltag der Broker gewünscht. Es war schwer nachzuvollziehen, worauf sich der Vorwurf der illegalen Insidergeschäfte wirklich begründet.

Ian und Lara sind beides selbstbewusste Protagonisten, die im jeweils anderen einen ebenbürtigen Gegner gefunden haben. Sie sind selbstbewusst und rhetorisch stark, haben jeder für sich aber auch eine verletzliche Seite, die sie von der Außenwelt abschirmen. Lara ist eine Frau mit Prinzipien, die vor allem nach Gerechtigkeit strebt. Wirkt sie auf den Leser zunächst karriereversessen und bieder, lernt man ihre clevere, regelkonforme und loyale Art im weiteren Verlauf des Buches zu schätzen. Sie verfügt des Weiteren über eine gute Kombinationsgabe und ist deshalb so erfolgreich in ihrem Job als Ermittlerin. Eine starke Frauenfigur, die genau weiß, was sie will und sich nicht von den Männern der Wall Street einschüchtern lässt. Ian pflegt zwar sein Image als Playboy und Frauenheld, ist nach dem Blick hinter die Fassade aber sehr sympathisch. Warum er sich hinter dieser wenig schmeichelhaften, luxuriösen Mauer versteckt habe ich aber nicht wirklich verstanden. Super dargestellt wurden auch die Nebenfiguren in Form von Ians Freunden. Diese halten wie Pech und Schwefel zusammen und nebenher lernt man bereits die Protagonisten-Pärchen der Folgebände kennen – und freut sich auf die Bücher, da jede Nebenfigur bereits sehr facettenreich mit eigenen Charakterzügen und Eigenheiten abgebildet wurde. Weitere Nebenfiguren wie beispielsweise Laras Chef blieben indes sehr blass.

Enttäuscht war ich lediglich über die Gründe, weshalb an Ian ein Exempel statuiert werden sollte. In meinen Augen war die „Lösung“ des Falles sehr unrealistisch, unspektakulär und vorhersehbar und somit auch schnell abgehandelt. Das war mir leider etwas zu einfach und klischeehaft gelöst. Auch der „Streit“ zwischen Lara und Ian war kein richtiger und dementsprechend auch sehr schnell beendet. Ich hätte mir mehr Vertrauen und vor allem etwas mehr Kommunikation gewünscht, nach einer kurzen Aussprache ohne weitere Erklärungen oder tiefergehende Gespräche erfolgte eine sehr schnelle Versöhnung . Auch war in meinen Augen das Happy End zum Schluss etwas zu perfekt, um noch realistisch zu sein.

Fazit:
Ein gut geschriebener Enemies-to-Lovers-Roman, bei dem das Prickeln zwischen den Protagonisten spürbar wird und eine gute Mischung aus Beruflichem, Gefühlen und Drama beinhaltet war. Die Geschichte war angenehm zu lesen, wenn auch ein wenig vorhersehbar. Die tollen Haupt- und Nebencharaktere und ihr selbstbewusster, humorvoller Schlagabtausch machen aber inhaltliche Schwächen wieder wett.

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