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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.03.2024

Die frische Brise des Atlantiks lässt die Seiten sich viel zu schnell drehen…

Mörderisches La Rochelle
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Mit den emblematischen Türmen des Hafens von La Rochelle entführt das Cover den Leser in die Hauptstadt des Départements Charente Maritime im Südwest Frankreichs. Aufgrund von den Spiegelungen im Wasser ...

Mit den emblematischen Türmen des Hafens von La Rochelle entführt das Cover den Leser in die Hauptstadt des Départements Charente Maritime im Südwest Frankreichs. Aufgrund von den Spiegelungen im Wasser könnte man denken, dass die „ville blanche“ (Die weiße Stadt) ein ruhiges Urlaubsparadies an der Atlantikküste ist. Kein Wunder, dass der Préfet De Daillon den Ruf der Stadt bewahren möchte, was unter den Umständen gar nicht so einfach ist.

Wegen eines Tripelmordes an der Pointe Saint Clément muss nämlich Commissaire Chevalier den Strandbesuch mit seiner Familie abbrechen (wie schön, wenn man an der Atlantikküste wohnt… so fühlt sich jeder Tag wie Urlaub!). Kannten sich die Opfer? Wieso wurden sie überhaupt erschossen? Sind weitere Morde möglich? Clément Chevalier und sein Team müssen alle dieser und einige weiteren Fragen beantworten, um diesen undurchsichtigen Fall zu klären.

Die Ermittlung erweist sich als sehr komplex, mit vielen Überraschungen, auch für die Polizisten. So viele Wendungen bis Chevalier und sein Team den Täter fassen können… Der Plot ist richtig gut eingefädelt und bis zum Ende spannend. Als Leser hat man einfach keine Chance von Anfang an auf die Lösung zu kommen. Und man fiebert bei jedem kleinen Fortschritt der Ermittler mit!

Die Spannung allein macht nicht alles bei einem Krimi. Mit einem klaren und dynamischen Schreibstil hat Jean-Claude Vinet einen Protagonisten mit Ecken und Kanten, sowie einer Vergangenheit und einer Familie, ins Leben gerufen. Trotz seiner Erfahrung als RAID-Polizisten verhält sich nie wie ein Superheld. Auch seine Teamkollegen wirken realistisch und authentisch. Das Team möchte ich gern bei weiteren Ermittlungen begleiten.

Der Gräuel des Tatorts wird durch wunderschönen Beschreibungen und Szenen ausgeglichen, die diese traumhafte Region und den familiären Alltag der Familie Chevalier an der Atlantikküste hervorheben. Der Autor gibt nach und nach gut dokumentierte Informationen zu den Orten (z.B. die „Carrelets“ oder die „Île d‘Aix“) preis, in denen seine Figuren sich bewegen. Auch die Mahlzeiten machen einem den Mund wässrig. Lokalkolorit hoch zehn!

Trotz einiger Ungereimtheiten, die wahrscheinlich nur Franzosen entdecken können, und ein paar Tippfehler, kann ich diesem Krimi keinen Punkt abziehen. Ich freue mich auch schon auf Clément Chevaliers nächsten Fall an der Atlantikküste.

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Veröffentlicht am 18.03.2024

Mehr als nur eine Kindergeschichte

Der Recyclosaurus
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Wie viele Kinder ist Matti ein großer Dinosaurier-Fan. Was für ein Glück, dass eines Tages ein Dino sich in Mattis Zimmer niederlässt… Plastik in allen Farben und Sorten ist sein Lieblingsessen, so dass ...

Wie viele Kinder ist Matti ein großer Dinosaurier-Fan. Was für ein Glück, dass eines Tages ein Dino sich in Mattis Zimmer niederlässt… Plastik in allen Farben und Sorten ist sein Lieblingsessen, so dass er schnell groß wird… Zu groß für Mattis Zimmer!

Mit dem Recyclosaurus hat Anka Schwelgin eine lustige Figur gezaubert, die allen Dino-Fans begeistern wird. Mit dieser entzückenden Kindergeschichte verbringen aber auch Nicht-Dino-Fans und ihre Eltern eine schöne Zeit. Die farbenfrohen Illustrationen sind im ganzen Buch kindergerecht und so lebendig, dass man als (Vor-)Leser sich anfühlt, als ob man selber dem Recyclosaurus begegnen würde.

Nach der Geschichte stellt die Autorin die Problematik um die Plastik vor. Entstehung, Herstellung, Verbreitung, Umweltschädigung und mögliche Lösungen werden den Kindern mit geeigneten Begriffen und Vergleichen näher gebracht. Für Kleinkinder möglicherweise noch nicht ganz begreifbar. Aber, ab der Vorschule eine gute Möglichkeit, mit Kindern über Recycling und Umweltschutz auszutauschen.

Erwähnenswert ist auch das besondere Engagement des Verlags: ausschließlich in Deutschland und vegan hergestellte Bücher, deren Erlöse einen Teil an einem tierischen Stiftung gespendet wird.

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Veröffentlicht am 17.03.2024

Die Rehabilitation einer gründlichen Wissenschaftlerin

Das verborgene Genie
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Mit diesem Buch ehrt die Autorin Marie Benedict eine vergessene Heldin der Wissenschaft, Rosalind Franklin, die die verdiente Anerkennung für ihre richtungsweisende Forschung an der DNA-Struktur zu ihren ...

Mit diesem Buch ehrt die Autorin Marie Benedict eine vergessene Heldin der Wissenschaft, Rosalind Franklin, die die verdiente Anerkennung für ihre richtungsweisende Forschung an der DNA-Struktur zu ihren Lebzeiten nicht genießen konnte. Rosalind Franklins und Raymond Goslings Ergebnisse, die ein langwieriges Sammeln von übereinstimmenden und unumstößlichen Beweisen erforderten, gelangten durch dubiose Listen in den Händen von genau den Menschen, die ihre wissenschaftliche Stringenz verachteten. Diese von Ruhm und Wettbewerb besessenen männlichen Fachkollegen wurden sogar nach Rosalinds frühzeitige Tod für die Entdeckung der DNA-Doppelhelix mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Da Rosalind Franklin in Forschungszentren auf beiden Seiten des Ärmelkanals gearbeitet hat, werden im ganzen Roman die britische und die französische Wissenschaftskulturen der Nachkriegszeit gegenübergestellt. Die Leser:innen bekommen die Gelegenheit, mehreren berühmten Wissenschaftlern dieser Epoche zu begegnen. Forscherinnen scheinen im Buch in Frankreich bessere Karten als in England zu haben, wobei ich mich frage, ob diese Darstellung nicht teilweise verzerrt ist. Die Frauen in Frankreich haben nämlich über 15 Jahre länger warten müssen, als die Engländerinnen, bis sie z.B. wählen durften.

Das herablassende Verhalten einiger Wissenschaftler gilt nicht nur ihren weiblichen Fachkolleginnen, aber auch der politischen Orientierung und sogar den Disziplinen, in denen die Kollegen tätig sind. Der multidisziplinäre Ansatz in der Wissenschaft ist in dieser Zeit gerade noch in den Kinderschuhen. Jedoch ermöglichte es Rosalind Franklin, von der leblosen Kohle zur DNA und lebendigen Viren zu wechseln. Besonders interessant für mich waren zum einen die zahlreichen Szenen im Labor: Die Leser:innen werden mit Beschreibungen der Techniken und Geräten konfrontiert, die Rosalind Franklin und ihre Fachkollegen angewendet haben. Aufgrund der technischen Begriffen kann es auf einigen Leser:innen abschreckend wirken. Aber, ein Buch über eine versierte Röntgenkristallographin, derer Berufung und Leben einzig die Wissenschaft war, muss sich auf ihre Arbeit konzentrieren.

Die für Romanbiografie ziemlich unübliche Erzählung in der Ich-Form wirkt zuerst erfrischend. Der monotone und emotionslose Schreibstils verbreitet leider im Laufe der Seiten zunehmend Langeweile. Aufgrund der von ihr ausgesuchten Form der Romanbiografie und Ich-Form der Erzählung hätte die Autorin sich mehr mit den inneren Gedanken und Gefühlen ihrer Protagonistin auseinandersetzen können. Auch introvertierte Menschen brodeln in solchen ungerechten Situationen, auch wenn man es ihnen nicht ansieht. Die zahlreichen kurzen Kapitel schaffen es auch nicht, dem Buch Spannung zu verleihen, weil sie oft einzelne Ereignisse oder Szenen darstellen, die nicht miteinander wirklich verbunden sind. Es entspricht dem Unterschied zwischen einzelnen Atomen und Molekülen oder Kristallen.

In Ihrem Nachwort berichtet Marie Benedict über zwei Bücher, in denen Rosalind Franklin in ganz unterschiedlichen Weisen dargestellt wurde. Sie gesteht, dass Anna Sayres Biografie, die nach James Watsons Buch ihre langjährige Freundin Rosalind Franklin rehabilitiert, sie zu ihrer Romanbiografie „Das verborgene Genie“ inspiriert hat. Verglichen mit anderer Romanbiografien präzisiert Marie Benedicts Nachwort leider nicht, welche Abweichungen von der Realität sie sich eventuell für ihre Geschichte erlaubt hat.

Fazit: Die Abweichung zwischen Idee und Umsetzung führte zu dieser zwiespältige Bewertung. Für ihre neue Romanbiografie hat Marie Benedict mit der faszinierenden britischen Röntgenkristallographin Rosalind Franklin, derer Arbeit zur Identifikation der DNA-Struktur geführt hat, in der Theorie eine kluge Wahl getroffen… In der Praxis leidet aber die Erzählung unter literarischen Schwächen, wie dem ziemlich monotonen und emotionslosen Schreibstil der Autorin.

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Veröffentlicht am 03.03.2024

Eine besondere Verbindung zwischen Zwillingsschwestern

Die Steine der Zwillinge
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In diesem Roman geht es um die besondere Beziehung, die die zwei Zwillingsschwester Nora und Helene vereint. Da Helene spürt, dass ihre Schwester, die mit ihrem Mann auf einer Wandertour in einem National ...

In diesem Roman geht es um die besondere Beziehung, die die zwei Zwillingsschwester Nora und Helene vereint. Da Helene spürt, dass ihre Schwester, die mit ihrem Mann auf einer Wandertour in einem National Park ist, in Gefahr ist, fliegt sie nach Kanada, um sie zu retten.

Das ist der Plot. Allerdings fokussiert die Autorin nicht nur darauf… Die Vergangenheit der Schwester wird auch sehr detailliert beschrieben, um die telepathische Beziehung zu untermauern, die eine große Rolle in der Rettung spielt. Auch die Familienmitglieder, ihre Geschichte und ihre Reaktionen im Bezug zum Plot werden im Laufe des Romans mehr als ausführlich vorgestellt. Die Autorin hat versucht, sehr viel (zu viel) in dem Buch einzupressen. Dadurch verliert die Geschichte oft an Spannung. Die Verbindung der Schwester und die Rolle der Steine gehen auch dabei unter.

Durch die kurzen Kapitel kommt man trotzdem gut voran. Die wechselnden Perspektiven unterzeichnen die Verbindung zwischen Nora und Helene. Leider werden dabei mehrmals die Namen und Geschichten der Zwillingsschwester verwechselt. Meistens flüssig wirkt der Schreibstil auf mich in einigen Situationen holprig: besonders in Kanada werden viele einzelne Wörter und Fragezeichen genutzt, die vermutlich für die Ungewissheit oder die verstörte Wahrnehmung in Noras Situation stehen.

Trotz fehlendes Fokus und einiger Ungereimtheiten verbringt man als Leser einige unterhaltsamen Lesestunden in Deutschland und Kanada. Das Cover wurde sorgfältig gewählt und passt gut zu Noras kanadischen Abenteuer.

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Veröffentlicht am 11.02.2024

Wenn Cosy Crime auf Chick Lit trifft

Das Mörderarchiv
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Was für viele Jungendlichen wie Humbug klingt, lässt die siebzehnjährige Frances Adams nicht unberührt. Die geheimnisvolle mörderische Prophezeiung der Wahrsagerin auf dem Jahrmarkt wird ihr ganzes Leben ...

Was für viele Jungendlichen wie Humbug klingt, lässt die siebzehnjährige Frances Adams nicht unberührt. Die geheimnisvolle mörderische Prophezeiung der Wahrsagerin auf dem Jahrmarkt wird ihr ganzes Leben prägen und dafür sorgen, dass sie als exzentrische alte Lady im beschaulichen Castle Knoll gilt.

Eines Tages ändert Frances Adams ihren Testament zugunsten von ihrer Großnichte, der angehenden Schriftstellerin Annabelle „Annie“ Adams. Überrascht folgt Annie die Einladung dieser unbekannten Großtante nach Castle Knoll, die sie leider nicht mehr lebend kennenlernt. Die Verwirklichung der Prophezeiung ist für Annie der Ausgangspunkt einer herausfordernden Ermittlung gegen die Zeit und weitere Wettbewerber.

Union Jack, viktorianisches Herrenhaus… und ein rosaroter Rolls Royce: Das Cover verfügt über alle nötigen Zutaten, um die Aufmerksamkeit der Fans von Cosy Krimis „made in Great Britain“ auf sich zu lenken. Eine Einladung, sich in den Sessel vor dem mit knisternden Feuer im Kamin Platz zu nehmen und im idyllischen Dorset einzutauchen…

In ihrem ersten Krimi hat die in Großbritannien lebende Amerikanerin Kristen Perrin verschiedene facettenreichen Figuren zum Leben erweckt. Trotz der Treuherzigkeit einer Romanheldin von Sophie Kinsella entwickelt die liebenswerte Protagonistin Annie im Laufe der Ermittlung die nötigen Scharfsinn und Mut, um ihrer Großtante Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Der Roman ist in zwei abwechselnden, aber durch eine unterschiedliche Schriftart klar erkennbaren Zeitebenen aufgebaut. Die Verkettung der Ereignisse in der Gegenwart um Frances Großnichte macht die Erzählung sehr spannend, so dass man mit ihr mitfiebert. Trotz einiger Versuche der Mitstreiter, ihr ein Bein zu stellen, und ihrer eigenen Unerfahrenheit ist Annies Vorgehensweise methodisch und nachvollziehbar. Ihr Beobachtungsgabe ist ihr auch eine große Stärke.

Die andere Zeitebene basiert auf einem Notizbuch der jungen Frances, das Annie gefunden hat. Mehr oder weniger die erste Ermittlungsakte, die Frances wie ein Tagebuch verfasst hat. Die unterschiedlichen Zeitangaben führen teilweise zur Verwirrung, wenn man als Leser mitermitteln möchte, aber nicht achtsam genug liest.

Einige Unstimmigkeiten, zum Beispiel zum familiären Verhältnis zwischen Saxon und Ford, haben sich im Laufe der Erzählung eingeschlichen, wobei es sich auch um Fehler bei der Übersetzung handeln könnte. Im Großen und Ganzen ist der Plot aber richtig gut eingefädelt. Der lockerer und flüssiger Schreibstil der Autorin, der am Scheideweg zwischen Cosy Crime und Chick Lit steht, ist erfrischend und kurzweilig.

Brodelt denn schon das Wasser für den obligatorischen Tee? Es wird nämlich schwer, das Buch zur Seite zu legen, bevor der Fall gelöst ist!

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